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ITMAGAZINE
Der Erfolg liegt im Detail
von Ann-Kathrin Schäfer
6. März 2016 - Mit einer Software as a Service für Tourenanbieter startet ein Start-up aus Interlaken durch; trotz
so mancher Hürde. Das Büro liegt nahe dem Bahnhof Interlaken. Einige der Wände sind hellgrün gestrichen, in der Farbe des
Start-up-Logos. Die junge Belegschaft tauscht sich auf Englisch aus, telefoniert und lacht. An der Wand lehnt ein
Skateboard, gegenüberhängt eine Dartscheibe, daneben steht auf einer Tafel in grüner Schrift ein Umsatzziel in
Dollar. Rucksäcke liegen unter Schreibtischen, voll mit Obst, Notizzetteln, Persönlichem. Philippe Willi, Mitgründer und CFO des Start-ups Trekksoft, das Trekking und Software vereint, führt mich in
einen offenen Sitzungsraum mit Softdrinks und angrenzender Küche, im Hintergrund lärmen Möbelmänner. «So
ist das, wenn man wächst», entschuldigt sich der 32-Jährige, «‹Managing the Chaos›, heisst meine
Herausforderung.» Ein schwarzer Labrador legt sich zwischen uns, bellt ab und an, fordert Streicheleinheiten. Er
gehört dem CEO und Mitgründer Jon Fauver, der aus den USA kommt und seit 20 Jahren im Touren-Business
unterwegs ist, etwa Riverrafting in Nepal organisierte. Trekksoft baut und vertreibt seit 2010 Software as a Service an Erlebnisanbieter, womit diese
Buchungsmöglichkeiten auf der eigenen Webseite schaffen und Verfügbarkeiten verwalten. Im Januar 2016
zählte Trekksoft 33 Mitarbeiter, im März 40 und im August will man 60 angestellt haben. Sie kommen aus ganz
Europa, meist direkt von der Uni, sind bereit, ihre Koffer zu packen und nach Interlaken zu ziehen, «für die
Start-up-Experience», wie Philippe Willi sagt. Für die Rekrutierung nutzt Trekksoft die Software-Lösung
Workable mit Schnittstelle zu Linkedin. Eine HR-Abteilung entsteht erst, gleichzeitig zur Besetzung der
Vakanzen. Sie wird dringend benötigt. «Wir motivieren Mitarbeiter seit langem mit gewissen Boni», erzählt Willi.
«Mit wenig Mitarbeitern war das schnell gemacht, jetzt ist es fast zur Mehrtagesübung geworden.» Expansionsziel hiess weltweit
Begonnen hat mit Trekksoft alles klassisch. Philippe Willi und Jon Fauver waren selbst Erlebnisanbieter in
Interlaken und bauten eine Software-Lösung für den eigenen Gebrauch. Ihr CTO und ebenfalls späterer
Trekksoft-Mitgründer Valentin Binnendijk kam mit der Idee, diese mandantenfähig zu machen. Das erste
Expansionsziel hiess: Queensland in Neuseeland, Interlaken in gross und weit weg sozusagen. Und gleich im
Anschluss die ganze Welt, bitteschön. «Wir waren damals sehr naiv», blickt Willi zurück. «Auf hundert Kunden
kamen wir schnell, aber irgendwann reichen Netzwerk und Empfehlungen nicht mehr, und du musst die Akquise
von Neukunden konkret angehen.» Die Strategie war zunächst, jeden zu nehmen, der kam. Die Kaltakquise lief via Telefon. Die Einnahmen sollten
über ein Kommissionsmodell hereinkommen: 6 Prozent der Transaktionseinnahmen, die Kunden mit Trekksoft
machten, sollten an das Start-up gehen. «Wir haben viele Erlebnisanbieter generiert, die vorher mit Notizblock
oder Excel gearbeitet haben, und noch nicht für den Schritt ins digitale Zeitalter bereit waren», erzählt der
Interlakener. Die Kundenzahl stieg mit diesen quantitativ, nicht aber qualitativ. Die digital wenig bewanderten
Kunden nutzten die Software nicht aktiv, wodurch die auf Kommission basierten Umsätze nicht wie geplant
hereinkamen. Gleichzeitig eröffnete das Schweizer Start-up 2014 ein Büro in New York City – Meilenstein und Kostenblock in
einem. Hinzu kam: Auch die Zusammenarbeit mit dem Team gestaltete sich nicht zuletzt wegen der anderen
Zeitzone schwierig. Und nicht zu vergessen, die Konkurrenzsituation in den USA. «An einer Messe in Salt Lake
City kamen auf 400 Touren-Anbieter gut zehn Software-Start-ups mit der gleichen Idee», so Willi. «Und wenn es
einen Unterschied zwischen einem amerikanischen und einem Schweizer Start-up gibt, dann, dass ein
amerikanisches mehr Investorengelder im Rücken hat.» Sein Resumé: «Im August 2014 haben wir – eigentlich
fast etwas spät – erkannt, dass es so nicht funktioniert.» Aufstehen, neu denken, fliessen lassen
Das junge Unternehmen wirft die Akquise- und Expansions-Strategie um, denkt neu. Und trifft drei
Entscheidungen: Erstens, die Mitarbeiter aus dem New Yorker Büro nach Interlaken zu holen und die
Überlegung, noch in Südamerika ein Büro zu eröffnen, zu kitten. Das neue Ziel lautet, sich auf bestimmte Märkte
zunächst in Europa zu konzentrieren, Country Manager zu bestimmen, Sales und Marketing zentralisiert von
Interlaken aus zu steuern. Zweitens: Statt auf Telefonakquise auf Inbound beziehungsweise Content Marketing
zu setzen. Das Marketing-Team kreiert in verschiedenen Sprachen – je nach Markt, um den es gerade geht auf
Deutsch, Englisch, Spanisch – für den bestimmten Markt relevante Inhalte. Zum Beispiel Tipps und Tricks, wie
man in der Wintersaison mehr Umsatz generiert. Ausserdem veranstaltet Trekksoft neu Info-Events zu für
Erlebnisanbieter relevanten Themen, bei denen bestehende und potentiell neue Kunden zusammenkommen. Und
drittens: Das Preismodell vom reinen Kommissions- auf einen Mix aus Abo- und Kommissionseinnahmen
umzubiegen. Denn: «Software as a Service funktioniert nur, wenn der Kunde das aktiv nutzt. Und wenn jemand
einen fixen monatlichen Betrag zahlt, wird er sich auch eher damit auseinandersetzen.» Schwarze Zahlen schreibt das bereits preisgekrönte Start-up zwar noch nicht. «Aber so lange wir unsere
Wachstumsziele erreichen, erlauben uns die Investoren auch, weiter Verluste zu schreiben», sagt Philippe Willi,
der ehemalige HSG-Student. Mit 18 Jahren hatte er seine erste Firma ins Leben gerufen: eine Plattform mit alten
Prüfungen für Schüler, über die er durch Werbeeinnahmen zu Geld kam. «Man kommt in ein Fieber», lacht er.
«Mich anstellen zu lassen, kam für mich nie in Frage.» Sein Erfolgsrezept – trotz oder wegen der Rückschläge auf
seinem Weg: «Als Start-up bekommst du wie ein Boxer permanent auf die Fresse und musst immer wieder
aufstehen.» Der ausschlaggebende Punkt, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, liegt seiner Ansicht nach
nicht im Big Picture, wie von vielen gerne gepredigt, sondern im Detail. «Und das findet man nur, wenn man
täglich mit dem Produkt arbeitet und immer wieder dahingehend anpasst, was der Markt wirklich braucht. Was
ich gelernt habe: Den Prozess nie aufhalten wollen, sondern ihn einfach fliessen lassen.» Die Möbelmänner haben fertig aufgeräumt, es ist fast still geworden. Vorbei an den Rucksäcken, die an
Schreibtischen lehnen und nach Aufbruch riechen, geht es hinaus aus dem Büro des einzigen Software-Start-ups
des Schweizer 5300-Einwohner-Abenteuerorts. Copyright by Swiss IT Media 2017 
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