32 Marketing & Verkauf Sales Excellence Pragmatische Vertriebsoptimierung durch konzentrierte Verkaufsschübe Kurzer Vorlauf, schnelle Ergebniswirkung am Markt und spürbare Veränderung im Vertrieb: Diese Eigenschaften machen eine ideale Verkaufskampagne aus. Der vorliegende Fachartikel gibt Hinweise darauf, wie eine solche aufzusetzen ist, wenn sowohl eine schnelle Umsatzwirkung als auch eine dauerhafte Verbesserung der Vertriebsleistung in Richtung Sales Excellence erzielt werden soll. Raphael Bürki Mark Sprauer Der englische Begriff Sales Excellence hat sich im betriebswirtschaftlichen Vokabular des deutschen Sprachraums etabliert. Wörtlich mit «Bestleistung im Verkauf» übersetzt, wider- spiegelt er eine zunehmende Professionalisierung im Vertrieb. Selbst dort, wo früher durchaus begrüssenswerte Eigenschaften wie Bauchgefühl oder Verkäuferinstinkt zum Mass aller Dinge erklärt wurden, wird heute oftmals mit grösserer Systematik vorgegangen, es wird geplant, gesteuert und kontrolliert. Was aber noch lange nicht bedeutet, dass echte Sales Excellence erreicht ist (siehe Grafik). Verkaufsprozesse, auf welche – unter Massgabe der gesetzten Verkaufsziele – die gesamte Verkaufsorganisation und Verkaufs- steuerung, vom Kanalmanagement bis hin zur Verkäuferincentivierung, abgestimmt werden muss. Die Durchführung umfassender Projekte zur Vertriebsoptimierung mag der konzentrierteste und damit zumindest auf dem Papier kürzeste Weg in Richtung Sales Excellence sein. Sol- Dimensionen von Sales Excellence Um Sales Excellence näherzukommen, muss der Vertrieb in mehreren Dimensionen verbessert werden. Im Zentrum stehen dabei die Verkaufsorganisation und -dimensionierung Verkaufssteuerung und Anreizmechanismen Transaktional (Box Moving) 1 Kanalmanagement KMU-Magazin Nr. 10, Dezember 2010/Januar 2011 2 3 4 Relational (Solution Selling) 1 2 3 4 5 6 … … … … … … … … … … … … Aufgaben, Fähigkeiten und Profile Verkaufserfolg Verkaufsziele Verkaufsprozesse (abgestimmt auf Kaufverhalten der Kunden) Marketing & Verkauf 33 che Projekte gleichen jedoch dem Spiel mit einem Rubik-Würfel: Es ist komplex und bedingt grosse Erfahrung, alle Dimensionen simultan zu bewegen und innerhalb kurzer Zeit eine konzeptionell stimmige Lösung zu erzielen. Ausserdem beanspruchen solche Projekte intensive Aufmerksamkeit und bedeutenden Kapazitätseinsatz sowohl von Management als auch Vertriebsmitarbeitern. Trotzdem bietet sich dieses Vorgehen insbesondere dann an, wenn ein Vertrieb fundamental reorganisiert werden soll. Optimierung «on the job» Unternehmen mit begrenzten Personalressourcen und einem Vertrieb, der nicht innerhalb kurzer Frist grundlegend neu auf- oder umgestellt werden muss, sei ein verdaubarerer – wenn auch insgesamt vielleicht etwas längerer – Weg in Richtung Sales Excellence vorgeschlagen. Er führt über konzentrierte Verkaufskampagnen, auch Verkaufsschübe genannt, die jeweils zwei Ziele gleichzeitig verfolgen: (1) eine schnelle Umsatzerhöhung und (2) jede für sich die Einführung einer kleinen dauerhaften Verbesserung an Vertriebsprozessen und -organisation – also immer ein kleiner Schritt hin zu Sales Excellence. Dieses Vorgehen ist gerade für KMU gut geeignet, weil es die konzeptionelle Komplexität stark reduziert und den Fokus auf die sofortige Umsetzung legt: Die Verkaufsmannschaft wird in gut zu verarbeitenden Dosen «on the job» trainiert und die angedachten Verbesserungen sind damit sofort am Markt getestet. Auch müssen für dieses Vorgehen nicht zwingend neue Marktaktionen bzw. Verkaufsschübe erfunden werden. Man kann durchaus die im Rahmen der Jahresplanung schon vorgesehenen Kampagnen nutzen (siehe Grafik). 1. Kampagnendesign Die quantitativen Kampagnenziele sind aus den übergeordneten Verkaufszielsetzungen abzuleiten. Ganz wichtig ist in diesem Zusammen- hang, dass die Kampagne nicht einfach eine simple Billigpreisaktion sein soll. Sonst füllen die Kunden zwar ihre Lager, die Kampagne blockiert dadurch aber die Verkäufe in der nächsten Periode. Dies gilt besonders dann, wenn über das Jahr eine höhere Kadenz von Verkaufsschüben durchgeführt wird; dann droht bei schlechtem Kampagnendesign die Gefahr erodierender Preise. Idealerweise sollte der Verkaufsschub deshalb immer einen spezifischen Ansatzpunkt haben, zum Beispiel gezielt ■■ Neukunden zu gewinnen, Kunden zurückzugewinnen, ■■ den Umsatzanteil bei spezifischen Kundensegmenten zu erhöhen, ■■ den Produktmix spezifischer Kunden zu verbessern, ■■ die Wiederkaufzyklen spezifischer Produkte zu beschleunigen, ■■ bestimmte Leistungsangebote zu forcieren, dann eventuell auch mit dem Ziel, Lagerbestände abzuverkaufen oder Produktions­ kapazitäten auszulasten. ■■ verlorene Ablauf eines Verkaufsschubs mit wichtigsten Ergebnissen je Phase Schritt Typischerweise verlaufen die Planung und die Abwicklung eines Verkaufsschubs in der Praxis in vier Schritten: vom KampagnendeDesign Kampagnenziele und Ansatzpunkt festgelegt ■ Potenziale identifiziert und Zielgruppen abgeleitet ■ Kampagnenangebot und Kanäle definiert ■ Timing bestimmt und Budget geschätzt ■ Projektteam eingeschworen Wichtigste Ergebnisse ■ sign (1) über die Vorbereitung (2) und Durchführung (3) bis zum abschliessenden Debriefing (4). Jede dieser genannten vier Phasen Vorbereitung Kampagnenangebot und Verkaufsstory ausgearbeitet ■ Marketingmaterial und Verkaufsunterlagen erstellt ■ Priorisierte Zielkundenlisten erstellt ■ Verkäufertraining durchgeführt ■ Preise kalkuliert und Business Case gerechnet ■ Organisation für den Start der Kampagne fit gemacht ■ umfasst konkrete Schlüsselelemente, die für den Markterfolg von entscheidender Bedeutung sind. Durchführung Reibungslosen Ablauf der Kampagne sichergestellt ■ Enges Controlling und Coaching des Vekaufs vorgenommen ■ Bei Bedarf rasche Korrekturen eingeleitet ■ Gesteckte Ziele erreicht ■ Debriefing Zielerreichung und Budgeteinhaltung gemessen ■ Ergebnisvarianzen analysiert ■ Feedback aller involvierten Stellen eingeholt und ausgetauscht ■ Lehren für künftige Kampagnen und die Vertriebsarbeit allgemein gezogen und sauber dokumentiert ■ Verschiedene Abteilungen involviert: Verkauf, Marketing/Product Management, Controlling, Logistik KMU-Magazin Nr. 10, Dezember 2010/Januar 2011 34 Marketing & Verkauf Um Sales Excellence näherzukommen, ist es nun entscheidend, neben den rein quantitativen Zielen auch verbindliche qualitative Ziele in Bezug auf die Optimierung des Vertriebs zu definieren. Denn jede Kampagne soll genutzt werden, um Verbesserungen in Vertriebsprozessen und -organisationen einzuführen. Dies beginnt für viele Unternehmen mit der sauberen Identifikation der Umsatzpotenziale für eine Kampagne und der daraus folgenden Prio­risierung von Zielkunden und -segmenten. Die noch immer weitverbreitete ABC-Kundenklassifizierung nach realisierten Umsätzen ist dafür meist unzureichend. Wichtiger sind der relative Umsatzanteil im Vergleich zur Konkurrenz oder der effektive Produktmix. Aus diesen Erkenntnissen leitet sich im nächsten Schritt auch das effektive Kampagnenangebot ab: Welche Produkte eignen sich zum Beispiel im Paketverbund zum Cross-Selling, wo ist ein gezieltes Up-Selling-Angebot vielversprechend? Bei welchen Kunden ist eine Ersatzbeschaffung überfällig? Oder wie lässt sich die Hemmschwelle bei einem Erstkauf gezielt senken? 2. Kampagnenvorbereitung Die Erfahrung zeigt, dass ein erfolgreicher Verkaufsschub durch ein interdisziplinäres Projektteam aus verschiedenen Abteilungen aufgesetzt wird. Jede Einheit hat ihre spezifischen Aufgaben: Der Verkauf übersetzt den Kampagnenansatz in eine griffige Verkaufsstory, erstellt und priorisiert Kundenlisten, konzipiert das Verkaufstraining und schult die Verkäufer; das Marketing/Produktmanagement gestaltet die Angebotspakete und erstellt das Promotionsmaterial; die Logistik disponiert die Waren und kümmert sich um die Verfügbarkeit der Kampagnenprodukte; das Controlling rechnet den Business Case und plant das begleitende Kampagnenreporting. zeigt die positive Praxiserfahrung – auch von einem bisher eher selbst gesteuerten Aussendienst schnell als solche erkannt wird. Damit zusammenhängend ist auch die Kontaktanbahnung zu planen – sollen die Zielkunden vorgängig zu einem Aussendienstbesuch mit einem Mailing avisiert oder gar über ein Call Center telefonisch vorqualifiziert werden, inklusive Terminvereinbarung? Und wie läuft der Termin dann ab? Hier bewährt sich eine Strukturierung der vorgesehenen Besuchszeit per Skript, die dann in Verkäufertrainings geschult wird. 3. Durchführung und Begleitung Für ein Maximum an Markterfolg ist eine sehr zeitnahe und enge Kontrolle des Kampagnenverlaufs durch die Verantwortlichen entscheidend. Ist dies mit den vorhandenen Reportingtools nicht möglich, können für die Kampagne einfache Excelanalysen eingeführt werden. Ein bewährtes Beispiel ist die Auswertung des Verkaufstrichters über die gesamte Verkaufsmannschaft (siehe Grafik). Jeder Verkaufsmitarbeiter meldet täglich die Anzahl generierter Leads, hergestellter Kontakte, wahrgenommener Termine, eingereichter Offerten und zu guter Letzt vereinbarter Verträge und Bestellun- Insbesondere der Verkauf ist gefordert, die Vorgaben aus der ersten Phase zu detaillieren: Es ist empfehlenswert, priorisierte Kundenlisten für das Verkaufspersonal zu erstellen. Diese dienen als verbindliche Vorgabe zur Besuchs-/Kontaktplanung im Kampagnenzeitraum – nicht im Sinn einer Bevormundung, sondern als wertvolle Hilfestellung, die – das KMU-Magazin Nr. 10, Dezember 2010/Januar 2011 gen. So lässt sich die Kampagnenentwicklung direkt messen, zusätzlich aber auch erkennen, wo Engpässe den Erfolg blockieren. Fehlen die Leads oder sind die Offerten nicht überzeugend genug? Zeigt sich das Problem allgemein oder nur bei bestimmten Verkäufern, für bestimmte Angebote oder in bestimmten Kundensegmenten? Diese detaillierte «EchtzeitKontrolle» hilft, bei unbefriedigender Kampagnenentwicklung sofort einzugreifen und Korrekturmassnahmen einzuleiten. In der Kampagnenpraxis bewähren sich solche «handgestrickten» Reportinginstrumente meist der­ massen gut, dass sie sich oft nach Kampagnenende dauerhaft durchsetzen, wenn auch vielleicht in niedrigerer Kadenz, beispielsweise auf Monatsbasis. 4. Debriefing Jener Schritt, der aller guten Vorsätze zum Trotz immer wieder der operativen Hektik zum Opfer fällt, ist das saubere Debriefing. Es ist deshalb schon beim Aufsetzen der Kampagne fest einzuplanen. Das Feedback dezentraler Aus­ sendienstmitarbeiter sollte zumindest schriftlich oder über die Linie eingeholt werden, die übrigen projektbeteiligten Instanzen treffen sich persönlich, um über die quantitative und Auswertung Verkaufstrichter nach Aussendienstmitarbeitern Jeder Verkaufsmitarbeitende meldet täglich die Anzahl generierter Leads, hergestellter Kontakte, wahrgenommener Termine, eingereichter Offerten und vereinbarter Verträge und Bestellungen. Dadurch lässt sich die Kampagnenentwicklung stetig messen. Zugleich lässt sich frühzeitig erkennen, wo Engpässe den Erfolg blockieren. Leads 1. Generierte Leads 2. Hergestellte Kontakte 3. Wahrgenommene Termine 4. Eingereichte Offerten 5. Abgeschlossene Verträge Aufträge AD 1 AD 2 AD 3 AD 4 Marketing & Verkauf 35 qualitative Zielerreichung zu diskutieren, allfällige Varianzen in der Zielerreichung unterschiedlicher Vertriebsgebiete, Kundensegmente oder Kampagnenangebote zu analysieren, allgemeine Erfahrungen kurz auszutauschen und Lehren für künftige Kampagnen zu dokumentieren. Im Rahmen des Debriefings ist auch zu entscheiden, ob sich die eingeführten Vertriebsoptimierungen für eine weitere Nutzung im Alltag bewährt haben. Mit jeder Durchführung ermöglicht die so gesammelte «BestPractice»-Erfahrung eine zunehmend reibungslosere und effizientere Reproduzierbarkeit von diesen Verkaufsschüben. Fazit Sind Verkaufsschübe sorgfältig aufgesetzt, können sie in vergleichsweise hoher Kadenz durchgeführt werden, ohne ein Unternehmen in eine Preisspirale nach unten zu zerren. Da die grundlegenden Mechanismen und Prozesse der Durchführung eines Verkaufsschubs un- abhängig vom Inhalt immer dieselben sind, lässt sich der Ablauf nach einem gewissen Ini­ tialaufwand so weit standardisieren, dass sich Multiplikationsaufwand und die Belastung der Organisation minimieren. Dabei wird das An- genehme mit dem Nützlichen verbunden: Es resultieren Mehrumsätze und – wenn auch in kleineren Schritten – eine kontinuierliche Annäherung an Sales Excellence. Kontakt Porträt Mark Sprauer und Raphael Bürki sind bei der Unternehmensberatung Abegglen Management Consultants verantwortlich für das Kompetenzfeld «Market Impact». Beide verfügen über breite Erfahrung in Projekten, die den wirkungsmaximalen Einsatz von Marketing- und Verkaufsressourcen zum Ziel haben. Der Market Impact-Ansatz von Abegglen wurde von der Vereinigung der Schweizer Unternehmensberater (ASCO) anlässlich der ASCO Awards 2009 mit dem Gewinn des Hauptpreises und 2010 mit dem Gewinn des Sonderpreises der Jury ausgezeichnet. Raphael Bürki lic. rer. pol., Projektleiter Tel. 044 908 48 18 [email protected] Mark Sprauer lic. rer. pol., Partner Tel. 044 908 48 15 [email protected] Abegglen Management Consultants AG Binzmühlestrasse 80, 8050 Zürich www.abegglen.com Anzeige Zehntausende Schweizer KMU vertrauen uns Michael Kunz ist einer von mehr als zweihundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hinter Sage stehen. Dem Schweizer Software­ unternehmen, das sich auf die Entwicklung von betriebswirt­ schaftlichen Gesamtlösungen spezialisiert hat. Wir bieten jedem Schweizer KMU die passende Business­Software – unabhängig der Branche und Unternehmensgrösse. Mehr als 60’000 Kunden in der ganzen Schweiz vertrauen uns. KMU Business­Software. 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