Kommunalunternehmen Kliniken und Heime des BEZIRKS OBERFRANKEN BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH Deliktpräventive Therapie in der Maßregel nach § 64 StGB – Herausforderungen des Klientels und ihre Implikationen auf Behandlungskonzepte Monika Winter, Dipl. Psych., Leitung Abteilung II, Suchtforensik und Soziotherapie, Klinik für Forensische Psychiatrie, Bayreuth Auftrag des Maßregelvollzugs Schutz der Öffentlichkeit durch Behandlung und Betreuung Kontinuierliche Risikobewertung (Wieder - ) Eingliederung Nachsorge nach der Bewährungsentlassung Methode Deliktpräventive Therapie Behandlung von Risiken mit dem Ziel der Etablierung langfristiger Risikomanagementprozesse Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 2 Wiedereingliederungsgebot Ausrichtung des Maßregelvollzugs ist die Rehabilitation und Resozialisierung des untergebrachten Patienten, unter der Voraussetzung, dass die Gewährleistung angemessener Sicherheit nicht gefährdet wird Ziel = umfassende psychosoziale Stabilisierung nicht nur medizinisch – psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, sondern auch schulische, berufliche und soziale Förderung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 3 Entwicklung des Klientels Im Längsschnitt Verschiebung in Richtung der Unterbringung von Drogenabhängigen, mittlerweile bei anhaltendem Trend 2/3 der Patienten Die Probanden erkranken im Mittel mit 19 Jahren, Drogenabhängige deutlich früher sie sind häufiger erfolglos vorbehandelt § 64 StGB Irsee März 2014 BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 4 Behandlungsherausforderungen Häufiger broken – home Situation, Heimunterbringungen beginnen früher mit dem Substanzkonsum, häufig auf dem Hintergrund von Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend Früher Delinquenzbeginn, oft schon vor der Strafmündigkeit Desolate Schul – und Arbeitsbiographien, nur 22% gingen vor der Inhaftierung einer Beschäftigung nach Mehr abgebrochene Therapien, wenn abgeschlossen dann weniger erfolgreich als Alkoholpatienten im Sinne kürzerer Abstinenz nach Behandlung Stimulanzienabhängigkeit 4 Monate, mit Opiat- oder Cannabispräferenz 8 Monate, alkoholabhängige Patienten bleiben im Schnitt 18 Monate „trocken" Hepatitis C Behandlungen komplizieren Rehabilitationsbehandlung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 5 Multiproblemlagen Chronifizierte Suchterkrankungen Persönlichkeitsstörungen und andere Komorbiditäten Körperliche Begleiterkrankungen Psychosoziale Funktionseinschränkungen in den Bereichen Selbstfürsorge und Alltagsbewältigung, berufliche und familiäre Funktionsfähigkeit und anderen sozialen Rollen und Aktivitäten; Erheblichste Probleme in den Bereichen Wohnen, Freizeit und Beziehungen Faktoren der sozialen Umgebung und der individuellen Lebensbewältigung: Negative Kindheitserlebnisse und Probleme mit der Erziehung Probleme in Verbindung mit Ausbildung und Bildung Probleme bei der Lebensbewältigung und mit der Justiz Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 6 Delinquenz Patienten haben im Mittel 8 Vorstrafen und sehr häufig Bewährungsversagen Anlassdelinquenz 23% 36% Multiple Delinquenz bei mehr als 60 % der Probanden (die Delinquenz erstreckt sich über verschiedene Bereiche) Hohe Bereitschaft zur Aufdeckung der Dunkelziffer, sehr oft weit mehr Gewalt als sanktioniert und Delinquenz 15% häufig vor Sucht 62 % Gewalt im Anlassdelikt! nur Gewaltdelikte 26% nur Eigentumsdelikte nur BTMG - Verstöße Gewalt in Kombination 56% der Patienten haben in ihrem Leben wenigstens ein schweres Gewaltdelikt begangen 15 % Patienten mit dem Status besonders zu sichernder Personenkreis Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 7 Sozialisationsstörungen 70 % haben familiäre Belastungen wie Gewalt, Sucht, Kriminalität erlebt, 71 % berichten von eigenen Auffälligkeiten bis zum 16. Lbj., also viele Patienten mit Bindungsstörungen und Reifungsverzögerungen Etwa 1/3 bringt einen Migrationshintergrund mit Hohe Erwerbslosenquote Geringe schulische und berufliche Qualifikation § 64 StGB Irsee März 2014 BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 8 Traumapathologie Diese Erhebung erfolgte zu Beginn der Behandlung, in der Sucht- und deliktpräventiven Behandlungsphase tauchen noch weit mehr Traumatisierungen auf. Bindungstrauma sex. Trauma Gewalttrauma keine Anzeichen für Trauma Massive Stressverarbeitungsstörungen 30% 38% 24% Eine Traumapathologie muss unbedingt mitbedacht werden! 8% Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 9 Höherer Anteil an Komorbidität 71% Doppeldiagnosen aber kaum ambulante oder stationäre Vorbehandlungen, wobei aktuell fast 40% eine Behandlung wenigstens als erheblich wichtig einschätzten 9% 4% 29% keine hirnorganische Störung 19% Persönlichkeitsstörung F8/F9 Diagnose affektive Störung psychotische Störung 21% Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 18% 10 Patientengruppen in Bayreuth Klassische Suchtpatienten mit Stimulantienproblematik und Beschaffungsdelinquenz bei Strafen über 4 Jahren Junge Intensivtäter mit erheblicher Gewaltproblematik Depravierte chronisch Suchtkranke mit komplexem Rehabilitationsaufwand Psychiatrisch komorbide Patienten mit erheblichen Emotionsregulationsproblemen Patienten mit hoher krimineller Energie und lebensstilassoziiertem Suchtmittelkonsum Patienten mit kurzen Begleitsstrafen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 11 Problematische Entwicklungen Anstieg der Unterbringungen im Zusammenhang mit Anstieg der Unterbringungszahlen Länge der parallel verhängten Freiheitsstrafen Behandlungsdauer Therapeutischer Konzepte Maßstab für erfolgreiche Behandlung Prognose der Legalbewährung Einfluss der öffentlichen Meinung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 12 Resultierende Konsequenzen Überbelegungen Veränderungen des Stationsmilieus Vermehrte Belastung der Mitarbeiter Veränderung der Klinikstrukturen Tendenz zu vermehrten Beendigungen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 13 Prädiktoren für Beendigung Schalast Projektbericht: hochsignifikante Unterschiede Die beiden Gruppen unterscheiden sich deutlich hinsichtlich Hafterfahrung und Anzahl der Einträge im Bundeszentralregister. Patienten mit ungünstigerem Verlauf haben häufiger über Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität in der Kindheit berichtet, und von den Therapeuten werden die Patienten dieser Verlaufsgruppe als reizbarer und anstrengender beschrieben (Anger Rating Index). Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 14 Prädiktoren für Beendigung Mittels Clusteranalyse Identifikation eines besonders problematischen Klientels mit einer Fülle von Risikofaktoren (< 10% Bewährungsentlassungen) Besonders selten bei Eltern aufgewachsen (mehr als 50% Heimaufenthalte), erlebten körperliche Misshandlung, starke Symptomatik kindliches ADHD, Verdacht auf Störung des Sozialverhaltens vor dem 15. Lebensjahr, früher Beginn der Straffälligkeit. Erhöhtes Maß an aktueller Impulsivität und Aggressivität in Selbst- und Fremdeinschätzung; Zitat Schalast: Erhöhte Werte auf den beiden Dimensionen der Psychopathy Checklist (PCL:SV) lassen die negative Gegenübertragung erkennen, die diese Patienten auf sich ziehen. Finanzielle Verschuldung, wobei Arbeitsbereich nicht der Hauptproblembereich ist. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 15 Prädiktoren für Beendigung Gruppe haftgeprägter, therapeutisch eher schwer erreichbarer Süchtiger mit desolater Biographie Im Mittel etwas älter als die der beiden anderen Cluster, deutliche kriminologische Auffälligkeiten in der Vorgeschichte, dennoch werden sie von ihren Therapeuten hinsichtlich Aspekten von Dissozialität und Umgänglichkeit im Klinikalltag eher günstig eingeschätzt. Patienten erscheinen beinahe „ausgeglichen”. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 16 Zielgruppe vs. Fehleinweisung HERAUSFORDERUNG Patienten mit schweren familiären Belastungsfaktoren und Entwicklungsproblemen, einer früh einsetzenden und chronischen Dissozialität sowie ausgeprägter Aggressivität, Impulsivität und Labilität Gefahr negativer Auswirkungen eines konflikthaft verlaufenden und frustrierenden Therapieversuchs Im Vorfeld hinreichend konkrete Aussichten eines Behandlungserfolges besonders kritisch zu prüfen, Gutachter müssen zumindest im Auge behalten, dass den Betroffenen durch erfolglose und frustrierende Therapie zusätzlich geschadet werden kann Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 17 Zielgruppe vs. Fehleinweisung Einschränkend muss betont werden, dass die Ergebnisse natürlich auch die aktuelle Praxis des Maßregelvollzugs widerspiegeln. Schon die erhebliche Streubreite der Erfolgsquoten verschiedener Einrichtungen weist darauf hin, dass es Gestaltungs- und Optimierungsspielräume geben muss (Pollähne und Kemper 2007) Gerade bei den Patienten dieser Gruppe muss man befürchten, dass sie durch negative Erfahrungen in der Unterbringung, das Hin und Her zwischen Strafvollzug und Therapie und die Etikettierung als „aussichtslos” zusätzlich entmutigt und in einer antisozialen Haltung bestätigt werden können. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 18 Steigende Belegungszahlen und Abbrecher? Frage, wie von Seiten der Behandlungseinrichtung das Haltevermögen und der Behandlungserfolg verbessert werden kann Ansatzpunkte: Therapeutische Konzepte Behandlungsdauer Maßstab für erfolgreiche Behandlung Prognose der Legalbewährung Einfluss der öffentlichen Meinung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 19 Effektivität von Straftäterbehandlung Straftäterbehandlung kann erfolgreich sein und Rückfallkriminalität mindern, wenn sie Den gesamten Problembereich umfasst (multimodal), hoch strukturiert und kognitiv-behavioural angelegt ist, auf die kriminogenen Klientenmerkmale abzielt (Bedürfnisprinzip) und Methoden verwendet, welche dem Lernstil der Klienten entsprechen (Ansprechbarkeitsprinzip). Zudem erwies es sich als wirksam, wenn Therapeuten mit Kompetenz und Engagement die Behandlung durchführten (Andrews & Bonta, 1995) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 20 Was nicht wirkt (nach Hofstetter) Bestrafungsstrategien Traditionelle psychodynamische Behandlungsverfahren Angehen nichtkriminogener Merkmale Behandlungskonzepte, welche die multikausale Genese von Kriminalität nicht berücksichtigen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 21 Effekt von Straftäterbehandlung Rückfallrate wird durch Behandlung um ca. 1/3 gesenkt (Schmucker, 2007) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 22 Prädiktoren für Beendigung Gruppe eher klassischer Suchtpatienten mit geringen kriminologischen Auffälligkeiten Weniger Risikofaktoren wie „broken home”, Heimerfahrungen oder deutliche ADHDSymptome Auch sie waren ziemlich häufig dauerarbeitslos vor der Unterbringung, werden aber von den Therapeuten hinsichtlich des Arbeitsverhaltens in der Vorgeschichte weniger negativ bewertet Hinsichtlich strafbaren Verhaltens sind sie relative Spätstarter (erste Straffälligkeit laut BZR im Mittel mit 24 Jahren), und ihr BZR weist viel weniger Einträge auf als das der anderen Gruppen In der Wahrnehmung der Therapeuten sind diese Patienten vergleichsweise umgänglich (niedrige Werte im Anger Rating Index) und geben selten Anlass zur Feststellung einer dissozialen Persönlichkeitsstörung Doch auch in dieser Gruppe ist das Outcome bei über 40 % der Patienten eher ungünstig. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 23 Straftäterbehandlung ist in vielen Fällen wirksam! Die Effekte liegen in einer ähnlichen Höhe wie die vieler medizinischer Standardbehandlungen. Allerdings: Die Wirksamkeit ist deutlich geringer als z.B. bei der Psychotherapie von Depression (d = . 67 bzw. d = .42; Cujpers et al., 2010) Aber: Straftäter sind weniger motiviert, weniger introspektionsfähig, weniger gebildet; unterschiedliche Outcome- Maße (Rückfall vs. Subjektives Befinden) Die entscheidende Frage: Wovon hängt die Wirksamkeit ab und wie erreichen wir unser schwieriges Klientel ? Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 24 Das RNR-Modell Risk principle: Die Intensität der Behandlung soll an der individuellen Gefährlichkeit ausgerichtet werden. Wer ist zu behandeln? Need principle: Die Behandlungsziele sollten den dynamischen Risikofaktoren entsprechen. Was ist zu behandeln? Responsivity principle: Die Art der Behandlung sollte an der individuellen Ansprechbarkeit des Klienten (kognitive Fähigkeiten, Motivation, kultureller Hintergrund) ausgerichtet sein. Wie ist zu behandeln? Quelle: Andrews, D. A. & Bonta, J. (2010). The psychology of criminal conduct (5th ed). New Providence, NJ: Anderson. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 25 Deliktpräventive Effekte Stärkste Effekte, bei Bedürfnis – und Ansprechbarkeitsprinzip, am geringsten bei Gefährlichkeitsprinzip r: risk 0,10 zu need 0,19, zu responsivity 0,23 Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 26 Risikoprinzip Intensität der Behandlung richtet sich nach dem Risikopotential der Klienten Umgekehrt u-förmige Beziehung Verschlechterte Rezidivrate, wenn Probanden mit einer eigentlich niedrigen Wahrscheinlichkeit wieder straffällig zu werden, mit einer hochintensiven Therapie behandelt werden (Bonta, Wallace-Capretta & Rooney, 2000) ? Wie hoch ist das individuelle Risiko? Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 27 Hauptrisikobereiche Schwere des Anlassdelikts spielt untergeordnete Rolle Ausrichtung des Verhaltens nach kurzfristigen, nicht langfristigen Konsequenzen Kriminelles Verhalten als legitimes Mittel zum Erreichen persönlicher Ziele Wenig Kontakte zu Menschen mit prosozialen Einstellungen und Verhaltensweisen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 28 Hauptrisikobereiche Bindungsverhalten Protektive Einflüsse durch Partner oder Verantwortungsübernahme für Kinder Bildung, sozialer Einfluss, der damit verbunden ist; Anerkennung und Verstärkungsaspekte, die Menschen dadurch erhalten Zu kriminellem Verhalten und antisozialen Einstellungen inkompatible Tätigkeiten Suchtschwere zum Deliktzeitpunkt Kaum Einfluss auf Rückfallquoten: Schichtzugehörigkeit, verbale Intelligenz, psychische Störung!!, Furcht vor Bestrafung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 29 Prognoseinstrumente Wer ist wie intensiv zu behandeln? Zugehörigkeit zu Hochrisikogruppen und Vorliegen von Risikofaktoren (PCL, HCR, VRAG, LSI…) Bestimmung der deliktrelevanten Problembereiche Tatanalysen anhand der Ermittlungsakten (FOTRES) Beeinflussbarkeit des strukturellen Rückfallrisikos durch Therapie Ergebnis Delikthypothese und erste Einschätzbarkeit einer Veränderbarkeit durch Therapie Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 30 Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 31 An welchen Stellen setzen wir FOTRES zur Behandlungsplanung und Evaluation ein? Motivationsphase: Entwicklung internaler Therapiemotivation Wem gelingt es in einen deliktpräventiven Behandlungsprozess einzusteigen und kontinuierlich mitzuarbeiten hier FOTRES als Instrument zur Gefährlichkeitsdiagnostik = Strukturelles Risiko und Erfassung der Beeinflussbarkeit der Gefährlichkeit durch therapeutische Massnahmen Therapiephase: Reduktion der Gefährlichkeit durch deliktpräventive Therapie inwieweit lässt sich eine Minimierung des Risikos objektivieren; gelingt sie durch unser Therapieangebot? FOTRES: Ausmaß der dynamischen Risikominderung und ihre Relation zum Strukturellen Risiko Rehabilitationsphase: Gestaltung des Umfeldes und Erreichen einer günstigen Sozialund Legalprognose welche Faktoren der Risikominderung liegen vor? unterschiedliche soziale Empfangsräume, unterschiedlich hoch strukturierte Entlassräume, unterschiedlich differenzierte Weisungen FOTRES: Labile eigenständig risikorelevante Faktoren und dominierender Einzelfaktor Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 32 „Risk-Needs-Assessment“: Level of Service Inventory-Revised (Andrews & Bonta, 1995) Kriminelle Vorgeschichte Freundschaften und Bekanntschaften Leistungsbereich Finanzielle Situation Familie/Partnerschaft Alkohol/Drogenprobleme Emotionale/psychische Wohnsituation Freizeitgestaltung Beeinträchtigungen Normorientierung gute Vorhersagegüte (Mr=.35 - .38) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 33 Bedürfnisprinzip Ansatzpunkt sind die kriminogenen Faktoren der Klientel Nicht alle festgestellten Defizite mit einbeziehen, sondern nur diejenigen, die nach einer spezifisch entwickelten Delikthypothese auch für eine zukünftig zu befürchtende Straftat relevant sind ? Welches sind die kriminogenen Faktoren? Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 34 „Needs“ (Behandlungsziele) Need-Prinzip: Die Behandlung sollte sich auf die kriminogenen Needs richten! Kriminogene Needs ( = dynamische Risikofaktoren) - z.B. kriminalitätsbegünstigende Einstellungen, kognitive Verzerrungen, Suchtproblematik, kriminelles Umfeld, mangelnde Selbstbeherrschung, Dissozialität, negative Emotionalität Nicht-kriminogene Needs: z.B. Selbstwertproblematik, Angst, Unzufriedenheit, geringe Leistungsmotivation Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 35 Gefährlichkeit Gefährlichkeit ist mehrdimensional (Wahrscheinlichkeit, Schwere, Geschwindigkeit des Rückfalls) Statische Risikomerkmale: Vorstrafen, frühere Diagnosen, Probleme in Kindheit, eigene Viktimisierung Dynamische Risikofaktoren: Kriminogene Defizite und Bedürfnisse (Fähigkeiten der Konfliktbewältigung, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz, gewaltaffine Einstellungen, kriminogenes Umfeld, antisozialer Lebensstil, usw.) - stabile : Dispositionen, Einstellungen etc. - akute: Emotionale Zustände, Drogeneffekte etc. Protektive Faktoren (Behandlung, Ressourcen…) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 36 Dynamische Risikominderung Erhöhung der Steuerungsfähigkeit Bewusstseinsnähe herstellen Sensibilisierung Training Wissen und Kompetenz Support (Gruppeneffekte) Verminderung der Deliktmotivation emotional korrigierende Erfahrungen affektive und kognitive Komplettierung Beseitigung persönlicher Defizite Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 37 Verminderung der Deliktmotivation Definition von Ressourcen nach Grawe jeder Aspekt des seelischen Geschehens und darüber hinaus der gesamten Lebenssituation eines Patienten, also z.B. motivationale Bereitschaften, Ziele, Wünsche, Interessen, Werthaltungen, Wissen, Bildung, Fähigkeiten, physische Merkmale wie Aussehen, Kraft, Ausdauer, finanzielle Möglichkeiten, sowie seine zwischenmenschlichen Beziehungen Die Gesamtheit all dessen stellt, aus der Ressourcenperspektive betrachtet, den Möglichkeitsraum eines Patienten dar, in dem er sich gegenwärtig bewegen kann oder, anders ausgedrückt, sein positives Potenzial, das ihm zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse zur Verfügung steht. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 38 Verminderung der Deliktmotivation Die vier Grundbedürfnisse des Menschen nach Grawe 1998 I. II. III. IV. Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung Bindungsbedürfnis Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstschutz Therapieziele sind unter der Problemperspektive zu bestimmen, für die Therapie ist jedoch der Ressourcenaspekt wichtiger und das eigentliche Wirkprinzip der Psychotherapie forensische Therapie muss also auf Ressourcenaktivierung abzielen, ihre Basis ist die stabile therapeutische Beziehung und zu erreichen ist eine ausreichende Aufnahmebereitschaft des Patienten bewältigungsorientierte und bewusstseinsschaffende Interventionen können neue Impulse für Bearbeitung und Lösung von Problemen setzen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 39 Dynamische Risikominderung Die prognostisch entscheidende Frage ist dabei nicht wie, sondern ob es geschieht, also ob der Patient mehr Deliktbewusstsein entwickelt und/oder mehr Risikomanagementkompetenzen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 40 „Needs“ (Behandlungsziele) Ansatzpunkte deliktpräventiver Therapie: a) Kompensationsfähigkeiten (Etablierung kompensatorischer Fähigkeiten ohne Veränderung der Grundproblematik) b) Persönlichkeitsveränderung (risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale werden in ihrer Ausprägung vermindert) c) labile eigenständig risikorelevante Faktoren (Betreuungssituation, Arbeit, Partnerschaft, Wohnsituation, Abstinenz, …) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 41 Ansprechbarkeitsprinzip Abstimmung auf spezifische Lernweisen und Fähigkeiten der Klientel Verschiedene Probanden sprechen auf verschiedene Maßnahmen gut an, Heterogenität der angebotenen Therapiemethoden ? Welches sind die individuellen Lernweisen und Fähigkeiten? Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 42 Responsivity (Ansprechbarkeit) General responsivity: Behandlung sollte kognitiv-behavioral sein! Specific responsivity: Behandlung sollte die individuellen Lernvoraussetzungen berücksichtigen und Behandlungshindernisse überwinden! Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 43 Ansprechbarkeit Hilfreich bei beschriebenem problematischen Klientel mit Bindungsproblematiken: Verständnis von Sucht als Stressregulationsproblematik auf dem Hintergrund von Vernachlässigungstraumata Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 44 Thesen schonende Traumatherapie Suchterkrankungen lassen sich als „traumakompensatorische“Symptomatik bzw. als Stressbewältigungsversuche verstehen Eine an Behandlung der Ursachen ausgerichtete Psychotherapie kann an der Stress bzw. Traumaproblematik ansetzen Ressourcenorientiert eingesetzte konfrontative Behandlung bietet die Chance einer nachhaltigen Stabilisierung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 45 Vernachlässigungstraumata (Prof. Sack) Warum ist Vernachlässigung potentiell so schädlich? Suchtkranke leiden häufig an den Folgen mangelnder Erfahrungen von sicherer Bindung Fehlende Beruhigung und Regulation Fehlendes Gegenüber, auf sich selbst geworfen sein Die eigenen emotionalen Reaktionen werden aversiv erlebt Dissoziation im Sinne verhaltensbezogener und mentaler Vermeidung (van der Hart et al., 2006) Vermeidung der Wahrnehmung eigener Gefühle Störung der Beziehung zu sich selbst Störung der Beziehung zur Umwelt Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 46 Einbeziehung der Traumatherapie Stressreduktion und Ressourcenaktivierung Therapeutische Beziehung (Aktivierung des Bindungssystems) Therapeutisches Setting (Aktivierung eines Sicherheitsgefühls) Dosieren der Belastung während der Bearbeitung der Traumafolgesymptomatik (Distanzierungstechniken, Ressourcenaktivierung) Schutz und Nachversorgung für traumatisierte Ich – Anteile (sog. Innere Kind - Arbeit) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 47 Einbeziehung der Traumatherapie Modifizieren der traumatischen Erinnerung Zuwendung zur inneren Not (Wahrnehmen und Anerkennen von Schmerz, Trauer, Wut, etc.) Exploration des Traumagedächtnisses (fragmentierte Erinnerungsanteile ergänzen) Assoziieren positiver Informationen (Perspektive von heute: ich habe überlebt) Dysfunktionale Kognitionen modifizieren (Arbeit an Scham, Schuldgefühlen, etc.) Verändern des Narrativs (Imaginatives Umschreiben in eine Geschichte mit positivem Ausgang) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 48 Ansprechbarkeit Hilfreich bei beschriebenem problematischen Klientel haftgeprägter, therapeutisch eher schwer erreichbarer Süchtiger mit desolater Biographie : Ansatz achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 49 Wirkmechanismen von Achtsamkeit Klinisch möglicherweise besonders relevant" — Unterbrechung, Deautomatisierung von dysfunktionalen Mustern des Erlebens und Verhaltens" — Bereitschaft zur Exposition bei aversiv erlebten Gefühlen, Gedanken, Körperempfindungen" — Dezentrierung, meta-kognitiver Aspekt, Einsicht" — Reduktion negativer Bewertungen des Erlebens und des Selbst, Zunahme von „Selbstmitgefühl„ Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 50 Erhöhte Emotionstoleranz Potential von Achtsamkeit Fähigkeit entwickeln, starke Gefühle vollständig zu erleben, ohne diese unmittelbar verändern zu müssen, aber auch ohne sie auszuagieren – Sensibilisierung i. S. einer bewussten Wahrnehmung der aktuellen Situation – Desensibilisierung gegenüber (negativen) emotionalen Zuständen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 51 „Urge Surfing“ – innere Abläufe (z.B. Craving) nicht bezwingen, sondern erleben (auch ihre spontane Veränderlichkeit) – dem Drang nicht nachgeben führt zu Schwächung der Suchtkonditionierung • Stärkung von Akzeptanz und Selbstwirksamkeitserwartung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 52 Zusammenfassung: • Achtsamkeitsbasierte Therapie zielt nicht ab auf Symptomreduktion (Verhaltenstherapie), sondern auf die Veränderung des Verhältnisses des Patienten zu seinen Symptomen • Das Leben läuft nicht einfach ab – ich kann innehalten und habe eine Wahl. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 53 MBRP – weitere empirische Ergebnisse Bowen et al. (voraussichtl. 2013) MBRP vs CBT (Rückfallprävention) vs 12-StepProgramm, randomized-controll-trial geringere Rückfallraten bei MBRP selbst bei Rückfall geringere negative Konsequenzen des Substanzkonsums bei MBRP Alter < 30 CBT überlegen gegenüber MBRP Alter 30 – 40 MBRP überlegen CBT längere Dauer der Abhängigkeit: MBRP überlegen Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 54 Ansatzpunkte Straftäterbehandlung Das Hauptaugenmerk in Forschung und Praxis war längere Zeit eher auf kriminogene Defizite und Risikomanagement gerichtet. Seit einiger Zeit wird ergänzend die Good-livesPerspektive (Ward et al.) beachtet, die stärker auf Ressourcen und positive Lebensziele fokussiert und in Behandlungsmodellen von Marshall, Fiedler oder Feelgood/Helmes (Zukunfts-Ich) etabliert ist. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 55 Good lives Perpektive Man versucht, mit den Patienten Lebensziele zu entwickeln bzw. einen Lebensstil herauszuarbeiten, der ihnen entspricht, aber Delinquenz ausschließt. Damit wird primär an der Ebene der Motivation angesetzt. Der Versuch, vorrangig über eine forcierte Entwicklung von Opferempathie den Willen zur Rückfallvermeidung (avoidant active) zu fördern, wird durch die jüngere Forschung zunehmend in Zweifel gezogen. Mit der Entwicklung eigener positiver Lebensziele könnte sich diesbezüglich ein sinnvoller Ersatz, zumindest eine wesentliche Ergänzung abzeichnen. • good-lives Perspektive • ressourcenorientiert • lösungsorientiert Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 56 Good lives Modell Zentrale Idee Erneute Straftaten bei bereits straffällig gewordenen Menschen lassen sich vor allem durch eine postdeliktisch zufriedenstellende Lebensführung verhindern Eine wichtige Wiedereingliederungsmaßnahme besteht darin, Klienten in einer solchen Lebensführung zu unterstützen Ward, T. & Maruna, S. (2007) nach Franqué von, F. & Briken, P. (2013). Das „Good Lives Model“ (GLM) – Ein kurzer Überblick. Forensische Psychiatrie, Psychologie und Kriminologie, 7, 22-27. Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 57 Humanistische Psychologie Straftäter teilen Neigungen und Grundbedürfnisse mit anderen Menschen und sind von Natur aus prädisponiert, bestimmte Primärziele anzustreben „Risikofaktoren sind interne und externe Hindernisse, welche es für einen Menschen schwer machen, den Plan für ein gutes Leben in sozial akzeptabler und persönlich erfüllender Weise umzusetzen“ Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 58 Primäre Güter Gesundheit: auf Faktoren achten, die die körperliche Funktionsfähigkeit erhalten Wissen: bestimmte Dinge über sich selbst, andere Personen oder die Welt zu verstehen Hervorragend sein in Hobby oder Arbeit: sich in bestimmten Aktivitäten fortlaufend zu verbessern Autonomie: eigene Entscheidungen treffen, sich nicht durch andere beeinträchtigen zu lassen, selbstbestimmt eigene Ziele Verfolgen Innerer Frieden: emotional ausgeglichen sein, mit Gefühlen umgehen können Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 59 Primäre Güter Verbundenheit: warme und liebevolle Beziehungen zu anderen Menschen haben Gemeinschaft: zu einer Gruppe von Menschen gehören, die die eigenen Werte, Interessen oder Sorgen teilen Spiritualität: im eigenen Leben einen Sinn oder eine Bedeutung Finden Glück: Spaß und Freude haben, sexuell zufrieden sein, mit dem eigenen Leben einverstanden sein Kreativität: etwas Neues oder neue Wege entdecken, künstlerisch tätig sein Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 60 Prinzip Kritik am RNR der individualisierte Risikobegriff die unzureichende Berücksichtigung des Kontexts, in den Straftäter entlassen werden die Vernachlässigung der Frage, was Straftäter als menschliche Wesen motiviert und das Abstellen auf kriminogene Bedürfnisse, wodurch nicht – kriminogene Bedürfnisse unterschätzt würden Nicht Frage: „was für Programme funktionieren? Sondern: „was hilft Menschen, sich zu verändern? Fragen Menschen, die es geschafft haben, nicht mehr straffällig zu werden, was ihnen geholfen hat Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 61 Bedeutung für uns? Anhand von Biografie und Deliktverhalten Hypothese zu den primären Gütern bilden Gemeinsam alternative Lebensplanung entwickeln: - Welche primären Güter als Ziel? - Plan, wie diese in die Lebensgestaltung integriert werden können - Welche Hindernisse können wie überwunden werden? - Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Verknüpfung der Arbeit an Deliktfaktoren mit Annäherungszielen („Ich will ein zufriedenstellendes Leben führen.“) statt Vermeidungszielen („Ich will einen Rückfall verhindern.“) Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 62 Good lives Perpektive Versuch nötige Kompetenzen zu vermitteln Verhaltenssteuerung und Affektregulation interpersonelle Kompetenzen Selbstwertregulation Problemlösekompetenz moralische Kompetenz alltagspraktische Fertigkeiten ggf. schulische oder berufliche Qualifikation Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 63 Moderatoren des Behandlungseffekts (Quelle: Lösel, 2012) Ambulante Behandlung ist wirksamer als stationäre Behandlung Positives Behandlungsklima wirkt förderlich (Teilweise) individualisierte Behandlung ist wirksamer als voll standardisiertes Behandlungsprogramm Ansprechbarkeit ist wichtiger Faktor für die Wirksamkeit von Therapie Beziehungsqualität ist wesentlicher therapeutischer Faktor Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 64 Wie versuchen wir das umzusetzen Versuch der schnellen Umsetzung von Vollzugslockerungen mit Erleben von Unterstützungsbedarf Rückkehr zur Aufnahme auf Behandlungsstationen mit bestehender therapeutischer Gemeinschaft, stabile Bezugspersonen, unterschiedliche Übertragungsfiguren mit übergreifenden Gruppentherapeuten Vorhalten eines struktuierten Behandlungsangebotes mit Basisprogramm Motivations-, Soziale Kompetenz-, Sucht- und Deliktbearbeitungsgruppe, zu denen versucht wird alle Patienten zu gewinnen; Psychoedukation und Bewerbungssystem sollen eigene Entscheidung betonen, Symbolarbeit und hohes Maß an aktiver Mitgestaltung Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 65 Wie versuchen wir das umzusetzen Differenziertes Behandlungsangebot mit Achtsamkeits-, Körpertherapie, Musiktherapie, Kunsttherapiegruppen; Angebot von Entspannungsverfahren, Meditationstechniken, Imaginationsübungen, Akkupunktur etc. ergänzt wird der Behandlungsplan durch erlebnispädagogische Angebote wie Klettergarten, Kanutouren, Höhlenwanderungen, Besuch von Konzerten, Theater, Sportveranstaltungen um abstinente Lebenslust und Genussfähigkeiten zu aktivieren Die Mitwirkung an Projekten wie Bandprojekt, Treppenhaus- und Stationsgestaltung, Schattentheater und einem Fotoprojekt führen zu einer Identifikation mit der Behandlung und hinterlassen Stolz auf Geleistetes; außerdem dienen sie der Öffentlichkeitsarbeit Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 66 Wie versuchen wir das umzusetzen Im Bereich der Entlassphase haben wir suchtforensische Wohngemeinschaften in Zusammenarbeit mit einem Betreuungsverein gründen können und können somit den zunehmenden Sozialisationsdefiziten und psychosozialen Funktionseinschränkungen gerecht werden Patienten werden in Therapieangebote einbezogen, so entwickelte sich z.B ein Boxtraining, aber auch Nachhilfe, Fit in den Tag, Sprachkurse und Instrumentenunterricht Ansprechbarkeit bedeutet auch Drogenpatienten, wenn möglich die Verantwortung für den Alkoholkonsum selbst zu übertragen; Bedingung tragfähiges eigenes Regelsystem, keine Impulskontrollstörung und keine Straftaten unter Alkohol Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 67 Vorteile Behandlung § 64 StGB Profitiert von langfristiger Milieutherapie Entwicklungen haben Zeit Kann individualisiert und schulenübergreifend stattfinden Finden im Multiprofessionellen Team statt Behandlungsabbrüche nach kurzfristiger Stabilisierung und in Krisen können vermieden werden Auch in weniger kooperativen Phasen kann auf den Patienten eingewirkt und so die Behandlungsmotivation aufrecht erhalten werden Lockerungen schaffen früh ein quasi ambulantes Setting mit ausreichenden Erprobungs- und Erfahrungsmöglichekeiten Einflussnahme auf die sozialen Bedingungen kann ausgeübt, ein passendes Entlassumfeld kann aufgebaut werden Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 68 Ziel der Behandlung § 64 StGB Behandlung muss auf den Hang abzielen, auch um der gesetzlich vorgegebenen zeitlichen Beschränkung gerecht zu werden; ambulante Weiterbehandlung und Kriseninterventionsszenarien bei schwierigen Verläufen?, bedingte Entlassung bei fehlender Motivation zu deliktpräventiver Behandlung bei moderatem Risiko (keine schweren Gewalt/Sexualdelikte)? vollständige Abstinenz zu hohes Ziel für Abhängige? Rückfallkompetenz? kontrollierter Konsum?, Auswirkungen des schädlichen Konsums begrenzen?, Substitution?, keine Alkoholweisung für Drogenabhängige? Vermeidung von Beendigungen um „Hoffnungslosigkeit“ bei endlicher Freiheitsstrafe zu verhindern und Erreichbarkeit für das Hilfesystem zu erhalten Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 69 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Irsee April 2014: Deliktpräventive Therapie BEZIRKSKRANKENHAUS BAYREUTH 70