Die Frau im Islam von A. Zaidan - Meine-Islam

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Die Frau im Islam
Bericht zum DMK-Seminar (Deutschsprachiger Muslimkreis
Berlin) vom 17.02.2001
Referent: Amir Zaidan
Hinweis: Dieser Bericht beruht auf einer Mitschrift, es handelt sich
deshalb um eine sinngemäße, keine wörtliche Wiedergabe des SeminarInhalts. Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Einleitung
Die Stellung der Frau
... als Mutter
... als Ehefrau
... als Tochter
Die Frage der Gleichberechtigung
Berichte über Frauen aus der Zeit des Propheten
Fragen an den Referenten
1.
Teil (ca. 10.30-12:00)
Einleitung
Zu Beginn stellt Amir Zaidan Zaidan die Frage, warum sich die Muslime
in der heutigen Zeit intensiver mit der Frage nach der Stellung der Frau
im Islam auseinandersetzen. Die Antwort liegt für ihn in zwei Punkten:
1.
Einflüsse nichtmuslimischer Religionen und Ideologien
2.
Die Realität der muslimischen Frau
Zu 1.: Als Beispiel wurde das Christentum genannt. In der Geschichte
des Christentums wurde die Frage nach dem Wesen der Frau mehrmals
diskutiert, so z.B. auf einer Synode im 6. Jahrhundert, bei der die Frage
gestellt wurde, ob die Frau überhaupt ein Mensch sei. Die gleiche Frage
wurde noch 1591 von lutherischen Theologen diskutiert.
Die Frauenrechtsbewegung und die Forderung der Frauen nach
Gleichberechtigung ist auch eine Folge dieses negativen Frauenbildes des
Christentums.
Zu 2.: Die Realität der muslimischen Frauen weicht an vielen Stellen von
den Bestimmungen ab, wie sie in Koran und Sunna gegeben sind. Das
Vorhandensein der theoretischen Grundlagen reicht nicht aus, sondern es
muß auch der Wille da sein, diese Grundlagen durchzusetzen und
Traditionen zu überwinden, die ihnen entgegenstehen.
Im Gegensatz zum Christentum wurde im Islam die Frage was die Frau
sei, nie gestellt. Die Frau ist nach islamischem Verständnis genau das
gleiche wie der Mann: ein Mensch, ein Kind Adams, ausgestattet mit
Ehre und Würde:
Und wahrlich, Wir haben die Kinder Adams geehrt und sie über Land und
Meer getragen und sie mit guten Dingen versorgt und sie ausgezeichnet
- eine Auszeichnung vor jenen vielen, die Wir erschaffen haben. (17:70)
[1]
Ihr Menschen! Gewiß, wir erschufen euch aus einem Männlichen und
einem Weiblichen und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr
euch kennenlernt. Gewiß, der Würdigste von euch bei ALLAH ist
derjenige mit am meisten Taqwa. [2] Gewiß, ALLAH ist allwissend,
allkundig. (49:13)
Zur Taqwa sagte der Prophet (s.a.s.): "Taqwa ist hier!" und zeigte dabei
auf sein Herz. Dies wiederholte er dreimal.
Diese Aya (Vers) zeigt, daß vor Gott niemand aufgrund seines
Geschlechts besser oder schlechter ist, sondern daß der einzige Weg,
sich vor Gott zu profilieren, die Taqwa ist.[3]
Eine andere Aya zeigt, daß die Taten von Frauen und Männern von Gott
gleichermaßen anerkannt werden:
Aus 3:195: Gewiß, ICH lasse keine Tat eines Tuenden von euch, ob
männlich oder weiblich, verlorengehen, die einen von euch sind wie die
anderen.
Aufgrund dieser Stellen des Koran (und noch weiterer, auf die nicht mehr
eingegangen werden konnte) hat in der islamischen Geschichte niemals
eine Diskussion über das Wesen der Frau stattgefunden, wie es im
Christentum der Fall war.
Auch in den Aussprüchen des Propheten (s.a.s.) (Hadithe) finden sich
zahlreiche Belege für die absolute Gleichwertigkeit von Mann und Frau:
"Ja gewiß, die Frauen sind die Ebenbürtigen (bzw. die Gegenüber) der
Männer." (Das Arabische Wort schaqa'iq, das hier verwendet wird,
bedeutet "die Hälfte".)
Dieser Hadith geht weiter: "Nur ein edler Mensch behandelt sie gut, nur
ein mieser Mensch behandelt sie schlecht."
In einem anderen Hadith hält der Prophet (s.a.s.) zur guten Behandlung
der Ehefrauen an: "Derjenige von euch, der seine Ehefrau am besten
behandelt, ist der beste von euch. Und ich bin der Beste zu meinen
Frauen."
Ein ähnlicher Hadith lautet: "Diejenigen, die am vollkommensten sind
und diejenigen, die mir am nächsten sind, sind diejenigen, die am besten
mit ihren Ehefrauen umgehen."
Nach diesem Hadith ist also der Maßstab für die Vollkommenheit eines
Muslims sein Umgang mit seiner Ehefrau!
Der Prophet (s.a.s.) hat in seinem Leben niemals eine Frauen
geschlagen, beleidigt oder gekränkt. Wenn er nach Hause kam und seine
Frauen kein Essen vorbereitet hatten, sagte er nur: "Ich faste heute.".
Dies ist die Sunna des Propheten, das Vorbild, an das sich alle Muslime
halten sollen.
Einmal fand der Prophet (s.a.s.) während einer Schlacht mit
Nichtmuslimen eine nichtmuslimische Frau, die getötet worden war,
obwohl sie nicht bewaffnet war. Er war darüber sehr erregt und fragte:
"Wer hat sie getötet?"
Die gute Behandlung und die Ehrehrbietung gegenüber Frauen erstreckt
sich also nicht nur auf muslimische Frauen, sondern auch auf
nichtmuslimische.
In der Geschichte des Islams haben Frauen eine bedeutende Rolle
gespielt:
- Der erste Mensch, der den Islam anahm, war eine Frau: Khadidscha
(r.a.), die erste Frau des Propheten (s.a.s.). Das bedeutet, dass zu einer
bestimmten Zeit die muslimische Gemeinde nur aus einer Frau bestand!
- Der erste Mensch, der für den Islam gestorben ist, war eine Frau:
Summaya (r.a.), die unter den Folterungen der Mekkaner ihr Leben für
den Islam hingab.
- Einer der größten Sahaba (Gefährten) des Propheten (s.a.s.), Umar
(r.a.) wurde von seiner Schwester zum Islam bekehrt. Sie zeigte sich
furchtlos gegenüber ihrem Bruder, der damals für seine Aggressivität
bekannt war, und obwohl er sie schlug, nachdem er hörte, daß sie den
Islam angenommen hatte, machte sie ihn mit dem Islam bekannt.
- Der Prophet (s.a.s.) hat von Anfang an Männer und Frauen zum Islam
eingeladen, und Frauen waren auch an politischen Handlungen beteiligt
(wie z.B. bei der Bay'a (Treueschwur) von Aqaba, die faktisch die
Gründung des islamischen Staates bedeutete).
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Die Stellung der Frau als Mutter
Ein bekannter Hadith zeigt, welch hohe Stellung der Islam der Mutter
gibt:
Der Prophet (s.a.s.) wurde von einem Mann gefragt: "Wen soll ich am
besten behandeln?" Er antwortete: "Deine Mutter." Der Mann fragte
weiter: "Und wen danach?". Der Prophet antwortete: "Deine Mutter." Der
Mann fragte noch einmal: "Und wen danach?" Der Prophet antwortete:
"Deine Mutter." Der Mann fragte wiederum : "Und wen danach?" Da
antwortete der Prophet: "Deinen Vater.".
In einem anderen Hadith sagte der Prophet (s.a.s.): "Das Paradies liegt
zu den Füßen der Mütter."
Ein weiterer Hadith fordert den Gehorsam der Kinder gegenüber der
Mutter: "Allah hat die Widerspenstigkeit gegenüber den Müttern und das
Begraben der Mädchen verboten."
Nach dem Verbot des Schirks (d.h. daß man Allah etwas zur Seite stellt,
und damit Vielgötterei betreibt, was im Islam die größte Sünde darstellt)
kommt das Verbot der Ungerechtigkeit gegenüber den Eltern. Beide
Elternteile sollen gut behandelt weden, aber der Mutter gebührt eine
noch bessere Behandlung.
Im Koran finden wir die Anweisung: Und sage ihnen gegenüber nicht
"uff".
Mit "uff" sind alle möglichen Unmutsäußerungen gemeint, mit denen
man auf Forderungen, Bedürfnisse oder Ansprüche der Eltern reagieren
könnte. Die Aufforderung, so etwas zu unterlassen, gilt insbesondere
gegenüber der Mutter, da die Kinder üblicherweise zu der Mutter einen
engeren Kontakt haben und aus diesem Grund möglicherweise ihr
gegenüberr einen geringeren Respekt zeigen als gegenüber dem Vater.
Daß im Koran an dieser Stelle das kleinste Beispiel für Respektlosigkeit
gegenüber den Eltern gewählt wird, zeigt, daß alles andere, was noch
schlimmer ist (wie Beschimpfen, Vernachlässigen oder gar Schlagen)
noch stärker verboten ist.
Ein Hadith zeigt, welche Folgen die Vernachlässigung der Mutter nach
sich ziehen kann:
Einer der Sahaba des Propheten (s.a.s.) lag im Sterben und seine
Freunde kamen zu ihm und forderten ihn auf, die Schahada [4] zu
sagen, damit er mit "La illaha illa lah" sterben würde. Der Sterbende
konnte jedoch die Schahada nicht aussprechen. Seine Freunde gingen
zum Propheten (s.a.s.) und erzählten ihm davon. Dieser ließ die Mutter
des Sterbenden rufen und erkundigte sich über ihren Sohn. Sie
berichtete, daß ihr Sohn seine Frau ihr gegenüber bevorzugt und sie
vernachlässigt hatte. Der Prophet (s.a.s.) sagte ihr daraufhin, daß ihr
Sohn, wenn sie ihm nicht verzeihen könnte, ohne die Schahada zu
sprechen sterben würde. Da verzieh die Mutter ihrem Sohn. Die Freunde
des Sohnes kamen später zum Propheten (s.a.s.) und berichteten ihm,
daß er gestorben war, aber zuvor die Schahada noch ausgesprochen
hat.”
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Die Stellung der Frau als Ehefrau
Am Beginn dieses Punktes steht eine allgemeine Reflexion über die
Definition von Rechten und Pflichten in der westlichen Welt und im Islam.
In der westlichen Welt wird immer von den Rechten gesprochen, die
jeder Mensch hat, aber es wird nicht festgelegt, wer für die Einhaltung
dieser Rechte zu sorgen hat. Der Koran spricht jedoch von
Verpflichtungen, und aus den Verpflichtungen der einen ergeben sich die
Rechte der anderen. Wenn die Verpflichtungen feststehen und
gleichzeitig festgelegt wird, wer sie einzuhalten hat, entstehen die
Rechte für die anderen daraus automatisch.
Das wichtigste Ziel der Ehe ist die Liebe und die Barmherzigkeit.
(gemäß dem Koranvers: Ebenso zu Seinen Ayat (d.h. Zeichen) zählt, daß
ER für euch von eurem Wesen Partnerwesen erschuf, damit ihr bei ihnen
Geborgenheit findet. Und ER setzte zwischen euch Liebe und
Barmherzigkeit. Gewiß, darin sind doch Ayat für Leute, die nachdenken.)
(30:21)
In Bezug auf die Ehe besteht bei den Muslimen heutzutage das Problem,
daß sie fortwährend bestimmte Fragen des islamischen Rechts (Fiqh)
diskutieren, die nur zur Anwendung kommen, wenn ein Streitfall eintritt.
Stattdessen ist es viel wichtiger, die Liebe und die Kooperation zu
betonen, den Respekt, die Achtung und die Barmherzigkeit - denn alles
andere ist zweitrangig.
Amir Zaidan zieht einen Vergleich zwischen dem Iman (Gauben) und der
Ehe: Beim Iman muß Tauhid [5] im Mittelpunkt stehen, alles andere ist
zweitrangig. Denn Gebet, Zakat, Fasten und Hadsch sind ohne Tauhid
hinfällig und nutzlos. Genauso muß bei der Ehe die Liebe und die
Barmherzigkeit im Mittelpunkt stehen, denn eine Ehe, bei der keine Liebe
und Kooperation entsteht, ist zum Scheitern verurteilt.
Ein wichtiges Thema, das sowohl unter Muslimen als auch unter NichtMuslimen viel diskutiert wird, ist die Frage, ob ein Mann seine Frau
schlagen darf oder nicht. Amir Zaidan hält gleich am Anfang fest, daß
das Schlagen der Frau verboten (haram) ist. Als Beleg dafür gilt die Aya,
die von manchen Muslimen als eine Erlaubnis zum Schlagen der Frauen
ausgelegt wird:
Die Ehemänner tragen Verantwortung den Ehefrauen gegenüber wegen
dem, womit Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat, und
wegen dem, was sie von ihrem Vermögen ausgegeben haben. Die
gottgefällig guttuenden Frauen sind (ALLAH gegenüber) ergeben und
bewahren das vom Verborgenen (zwischen ihnen und ihren
Ehemännern), was ALLAH zu bewahren auferlegt hat. Und diejenigen
Ehefrauen, deren böswillige trotzige Auflehnung ihr fürchtet, diese sollt
ihr (zunächst) ermahnen, dann in den Ehebetten meiden und (erst
danach) einen (leichten) Klaps geben! Und sollten sie wieder auf euch
hören, dann unternehmt nichts mehr gegen sie! Gewiß, ALLAH bleibt
immer allhöchst, allgrößt. (4: 34) [6]
Diese Aya erfordert eine ausführliche Erläuterung:
Im Arabischen steht in diesem Vers "Männer" und "Frauen", gemeint sind
jedoch die Ehemänner und Ehefrauen, weil Männer fremden (d.h.
nichtverwandten) Frauen gegenüber in keiner Weise verantwortlich sind.
Die allgemeine Aussage "Männer sind gegenüber Frauen verantwortlich"
kann auch deshalb nicht zutreffen, weil eine Frau auch die Chefin eines
Mannes sein kann, wie z.B. im Fall von Khadidscha (r.a.), bei der der
Prophet (s.a.s) angestellt war.
Die Verantwortung, die von der einen Seite (den Ehemännern)
übernommen wird, erwartet von der anderen Seite (den Ehefrauen) die
Anerkennung dieser Verantwortung. Verantwortung zu tragen bedeutet,
Verpflichtungen zu übernehmen. Weil der Mann Verpflichtungen
übernimmt, muß er auch die Möglichkeit haben, diese zu erfüllen - was
nicht gewährleistet ist, wenn die Ehepartner keine gemeinsame Richtung
verfolgen.
Ansonsten ist in der Beziehung zwischen den Ehepartnern die
gegenseitige Beratung vorgesehen. Dies war die Praxis des Propheten
(s.a.s.), der sich in in seinen Angelegenheiten mit seinen Frauen beriet,
sogar wenn es um politische Probleme ging. Es ist bekannt, daß er in
einer schwierigen Situation (im Zusammenhang mit dem Friedensvertrag
von Hudaibiya) seine Frau Umm Salama um Rat fragte und ihren Rat
dann auch befolgte.
In der Aya wird weiterhin ein wichtige Verpflichtung der Ehefrauen
genannt: Sie sollen das, was in der Familie vorgeht, bewahren und die
Privatsphäre schützen. Dazu gehört auch, daß man über sexuelle Dinge
zwischen den Eheleuten nicht mit Dritten redet - eine Sache, die der
Prophet (s.a.s.) schwer verurteilt hat. Dies gilt natürlich für Männer
genauso wie für Frauen.
Es geht weiter: ... und diejenigen Ehefrauen, deren böswillige trotzige
Auflehnung ihr fürchtet, ...
Das Verb tachafu (fürchten) bedeutet auch wissen, d.h. man muß sich
über die böswillige Auflehnung sicher sein. Es gibt eine Regel im Fiqh
(Rechtswissenschaft) die besagt, daß auf Spekulation keine Sanktionen
folgen können.
Wir kommen nun zu dem Punkt, warum das Schlagen der Frauen
verboten ist. In der Aya wird die Erlaubnis gegeben, die Frau (leicht!) zu
schlagen, wenn eine bestimmte Ausnahmesituation eingetreten ist,
nämlich die unrechtmäßige, böswillige Auflehnung der Frau, die zudem
trotz der vor dem Schlagen vorgeschriebenen Maßnahmen bestehen
bleibt. Die Fiqh-Regel, die hier zur Anwendung gebracht wird ist mafhum
al-muchalafa, dies ist eine Art Umkehrschluß. Die Bedeutung davon ist
folgende: Weil das Schlagen der Frau in der Ausnahmesituation erlaubt
ist, heißt dies, das es in allen anderen Fällen verboten ist!
Im Kontext dieser Aya, die das Schlagen als eine letzte Möglichkeit zur
Rettung der Ehe erlaubt, geht es um ein familiäres Problem. Dieses
Problem ist die Ausnahme, nicht die Regel. Das Leben einer Familie soll
im Normalfall harmonisch verlaufen und eine Familie, bei der es ständig
schwerwiegende Probleme gibt, ist keine normale Familie.
Die Auflehnung der Frau (nuschuz) wurde von den Korankommentatoren
noch genauer beschrieben. Nach Ibn Abbas handelt es sich um nuschuz,
wenn die Frau die Sexualität als Waffe einsetzt, wenn sie sich also dem
Mann verweigert, um etwas zu erreichen oder um ihn zu kränken. Andere
Kommentatoren waren der Meinung, nuschuz sei, wenn die Frau ihren
Mann in der Öffentlichkeit bloßstelle und verachte. Man sieht in jedem
Fall, daß nuschuz nicht einfach bedeutet, daß die Frau manchmal nicht
kocht oder andere nebensächliche Dinge, die für manche Männer schon
ausreichen, um ihre Frau zu schlagen.
Es gibt für diese Aya auch einen Offenbarungsanlaß: Eine Frau kam zum
Propheten (s.a.s.) und beklagte sich bei ihm, weil ihr Mann sie
geschlagen hatte. Der Prophet (s.a.s.) ließ daraufhin den Mann holen und
ordnete Wiedervergeltung an, d.h. er forderte die Frau auf, ihren Mann
zurückzuschlagen. Hierauf wurde die o.g. Aya offenbart, woraufhin der
Prophet (s.a.s.) sagte: "Ich wollte etwas, aber Allah wollte etwas
anderes."
Das Zurückschlagen wurde zum Schutz der Frau verboten, weil es die
Situation noch verschlimmern könnte. Ein Mann, der bereits zornig ist,
seine Frau schlägt und dann von ihr zurückgeschlagen wird, könnte
vollständig die Kontrolle über sich verlieren und der Frau möglicherweise
eine schlimme Verletzung zufügen. Trotzdem bleibt die Wiedervergeltung
möglich, denn das Schlagen der Frau darf weder Spuren hinterlassen
noch einen empfindlichen Körperteil betreffen. Das Schlagen ins Gesicht
ist nach allen Gelehrten haram (verboten). Tut ein Mann dies trotzdem
oder fügt er seiner Frau eine Körperverletzung zu, ist diese berechtigt,
ihren Mann anzuzeigen, und dann ist es der Richter, der die
Wiedervergeltung anordnet, und der Mann wird wissen, was er getan hat.
Der Prophet selbst (s.a.s) hat wie gesagt niemals eine seiner Frauen
geschlagen, und zum Schlagen sagte er einmal, als sein Diener ihn
verärgerte: "Wenn ich nicht wüßte, daß es im Jenseits Vergeltung gibt,
hätte ich dich mit diesem siwak geschlagen." Der siwak ist ein kleines
Ästchen, das wegen seiner Fasern zum Zähneputzen verwendet wird.
Man sieht also, was sich der Prophet (s.a.s.) unter Schlagen vorgestellt
hat. Aus diesem Grund wird das Veb daraba (schlagen) mit "einen
(leichten) Klaps geben" übersetzt.
Die Gelehrten bezeichnen dieses "Schlagen" als eine Art des
"Wachrüttelns": Der Frau, die trotz Ermahnung und Meidung im Ehebett
ihren Fehler nicht einsehen will, soll dadurch "aufgeweckt" werden und
realisieren, daß sie tatsächlich ihre Ehe aufs Spiel setzt. Die Gelehrten
raten auch davon ab, dieses letzte Mittel einzusetzen, wenn keine
Aussicht auf Erfolg besteht, und stattdessen die Scheidung
auszusprechen.
Man kann sich die Frage stellen, warum der Koran über
dieses Thema überhaupt spricht. Der Grund liegt darin, daß
dieses Phänomen zur Natur des Menschen (bzw. des
huda.de
Mannes) gehört, und wenn darüber nicht gesprochen wird,
wird dem Schlagen nicht Einhalt geboten. Das Thema zu
umgehen, wäre deshalb realitätsfremd.
Linktip:
noch eine
Interpretation von
4,36 in
Nach der Offenbarung dieser Aya dachten manche der muslimischen
Männer, sie könnten ihre Frauen schlagen. Als der Prophet (s.a.s.) dies
erfuhr sagte er: "Die Guten unter euch schlagen ihre Frauen nicht."
Eine Schwester unter den SeminarteilnehmerInnen stellte die Frage, wie
sich eine Frau verhalten solle, die von ihrem Mann geschlagen wird. Die
Antwort des Bruders Amir war, daß die Frau sich in einem solchen Fall
zunächst an vertrauenswürdige Bekannte der Familie wenden soll, damit
diese mit dem Mann reden. Wenn dies keinen Erfolg hat, kann sie ihren
Mann wegen Körperverletzung anzeigen. Falls das Problem bestehen
bleibt, sollte sie sich übelegen, ob sie diese Ehe wirklich fortsetzen will.
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Die Stellung der Frau als Tochter
Zu diesem Punkt gibt es nicht zu viel zu sagen, denn eine Tochter soll
genauso behandelt werden wie ein Sohn. Alle Geschenke, Taschengeld
und ähnliches müssen Söhnen und Töchten gleichermaßen gegeben
werden, niemand darf bevorzugt werden. Einmal kam ein Mann zum
Propheten (s.a.s.) und bat darum, daß der Prophet (s.a.s.) Zeuge für
eine Schenkung an seinen Sohn sein solle. Als der Prophete (s.a.s.)
erfuhr, daß der Mann seinen übrigen Kindern nicht das gleiche schenken
wollte, lehnte er die Zeugenschaft ab.
Die Sitten, die in manchen muslimischen Familien verbreitet sind, daß
nämlich die Tochter den Sohn bedienen muß und ähnliche Dinge, haben
mit dem Islam nichts zu tun.
Da sich viele Menschen über einen Sohn mehr freuen als über eine
Tochter (der Sohn wird später Geld verdienen, er trägt unseren Namen,
die Tochter heiratet später usw.), bezeichnet der Islam die Erziehung der
Töchter als besonders verdienstvoll. Nach einem Hadith kann jemand,
der drei Töchter gewissenhaft erzieht, sich auf den Lohn des Paradieses
freuen. Der Prophet (s.a.s.) wurde daraufhin gefragt, ob dies auch für
zwei Töchter gelte, was er bejahte. Auch die Frage, ob dies auch für eine
Tochter gelte, wurde bejaht.
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Pause (Mittag-Gebet, Essen)
2.
Teil (ca. 13:30 - 14:30)
Die Frage nach der Gleichberechtigung/Gleichstellung
Wie bereits erwähnt, sind Männer und Frauen in ihrer Menschlichkeit
absolut gleich. Ebenso sind sie gleich in ihrer Fähigkeit, Verpflichtung zu
tragen und Rechte zu gewähren.
Die Unterscheidung, die in bestimmten Verpflichtungen getroffen wird,
richtet sich nach der Eignung. Es wird danach gefragt, in welchen
Bereichen die Frau und in welchen Bereichen der Mann mehr Eignung
hat, Verantwortung zu übernehmen.
Die Zeugenschaft von Mann und Frau
Ein Vorwurf, der dem Islam oft gemacht wird, ist, daß die
Zeugenaussage eines Mannes doppelt so viel zähle wie die einer Frau,
und die Frau deshalb nur halb so viel wert sei wie der Mann.
Dazu muß folgendes gesagt werden:
Die Vorschrift, daß bei der Zeugenaussage einer Frau eine weitere Frau
hinzugezogen werden soll, die die erste erinnern soll, findet sich im
Koran im Zusammenhang mit der Zeugenschaft für Kaufverträge. Der
Grund dafür liegt darin, daß die Frauen im allgemeinen in geschäftlichen
Dingen weniger Erfahrungen haben als Männer (was nicht heißt, das es
keine Ausnahmen gibt, aber man richtet sich nach dem Normalfall). Um
die Frau vor einer Falschaussage zu schützen, soll ihre Aussage von einer
zweiten abgesichert werden.
Auf den Einwand einer Schwester, daß heutzutage auch viele Frauen
geschäftlich aktiv sind, entgegnete Amir Zaidan, daß trotz allem
geschäftlich versierte Fraue eher die Ausnahme als die Regel darstellen.
Einer muslimischen Frau ist es aber nicht verboten, ihren eigenen
Geschäften nachzugehen. Die Frau hat im Islam seit 1400 Jahren die
alleinige Verfügungsgewalt über ihr Vermögen und kann selbständig
ihren Geschäften nachgehen, ein Recht, daß sich die Frauen in den
westlichen Gesellschaften erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
erstritten.
Prinzipiell richtet sich die Beurteilung der Zeugnisfähigkeit nach der
Eignung. Wenn z.B. ein Mann in einem Mordfall Zeuge sein soll, von ihm
aber bekannt ist, daß er lügt, wird er als Zeuge nicht zugelassen.
In anderen Angelegenheiten, die besonders Frauen betreffen, werden
Frauen als die Erfahreneren angesehen, und die Aussage einer einzigen
Frau reicht aus.
Ein wichtiger Fall, der zeigt, daß im Islam nicht die Aussage eines
Mannes mehr gilt, weil er ein Mann ist, ist der Verfluchungsschwur
(li'an):
Wenn ein Mann seine Frau wegen Ehebruch anklagt, und dafür keine
weiteren Zeugen anbringen kann, [7] hat er die Möglichkeit, viermal zu
schwören, daß er den Ehebruch wirklich gesehen hat, worauf ein fünfter
Schwur folgt, bei dem er den Fluch Allahs auf sich selbst herabschwört
für den Fall, daß er lügen sollte. Die Frau kann dann in der gleichen
Weise viermal schwören, daß sie keinen Ehebruch begangen hat, und
beim fünften Schwur den Fluch Allahs auf sich herabschwören für den
Fall, daß sie gelogen hat.
In diesem Fall steht Aussage gegen Aussage, keiner Aussage wird
aufgrund des Geschlechts des/der Aussagenden mehr Gewicht gegeben.
Mann und Frau sind absolut gleichwertig.
Die Frau als Richterin, Mufti oder Staatsoberhaupt?
Nach der hanafitischen Rechtsschule kann eine Frau auch Mufti sein, d.h.
sie kann auch eine fatwa (Rechtsgutachten) geben. Ebenso ist es nach
der hanafitischen Rechtsschule möglich, daß sie Richterin ist, allerdings
sind Mordangelegenheiten davon ausgeschlossen. Nach den anderen
Rechtsschulen ist dies nicht möglich.
Nach allen vier Rechtsschulen kann die Frau kein Staatsoberhaupt sein.
Dies liegt daran, daß das Staatsoberhaupt nach islamischem Verständnis
auch gleichzeit der Imam (Vorbeter) ist. Eine Frau kann jedoch nicht für
Männer Imam sein, nur für Frauen. Außerdem wird die Frau aufgrund
ihrer körperlichen Eigenschaften als ungeeignet angesehen
(Schwangerschaft, Menstruation etc.). Wichtig ist hier wiederum, daß
sich diese Einschätzung nach der Eignung richtet und nicht beinhaltet,
daß Männer grundsätzlich besser wären als Frauen.
Abgesehen von der Eignung für bestimmte Bereiche haben Männer und
Frauen prinzipiell die gleichen Rechte und Pflichten:
- in Bezug auf die Ibada (gottesdienstliche Handlungen): Gebet, Zakat,
Fasten und Hadsch sind für Männer wie für Frauen gleichermaßen
verpflichtend, es gibt lediglich für Frauen bestimmte Erleichterungen im
Zusammenhang mit Schwangerschaft und Menstruation.
- in Bezug auf das Streben nach Wissen: Der Prophet (s.a.s.) sagte: "Das
Streben nach Wissen ist Pflicht für jeden Muslim und jede Muslima." Der
Prophet selbst (s.a.s.) hat einen Tag in der Woche auschließlich für
Frauen reserviert, um ihnen Untericht in der Religion zu geben. (An den
anderen Tagen waren Frauen auch anwesend, aber dieser Tag war nur
für Frauen.)
- In der Moschee (Gebet, Predigt, Versammlungen) waren Frauen und
Männer gleichermaßen anwesend. Die Männer standen (saßen) in den
vorderen Reihen, die Frauen in den hinteren, damit sie sich nicht
gegenseitig ablenkten. Amir Zaidan wies bei dieser Gelegenheit darauf
hin, daß eine Abtrennung zwischen Männer- und Frauenteil in der Zeit
des Propheten nicht vorhanden war.
- Die Frau ist im Islam rechtsfähig und wirtschaftlich unabhängig (s.o.).
(Amir Zaidan wies in diesem Zusammenhang auf den interessanten Fakt
hin, daß in Deutschland bis in die 60er Jahre eine Genehmigung des
Ehemannes nötig war, wenn eine Frau ein Konto eröffnen wollte.)
- Die Frau kann nicht zur Ehe gezwungen werden. Eine Ehe, die unter
Zwang zustande kommt, ist nicht rechtskräftig.
- Die Frau kann eine Scheidung verlangen, auch wenn von Seiten des
Mannes kein Fehlverhalten vorliegt. Nach einem Fall zur Zeit des
Propheten (s.a.s.) gibt die Frau in diesem Fall die mahr (Brautgabe) an
den Mann zurück.
- Eine Frau kann genau wie ein Mann Asyl gewähren. Das islamische
Asylrecht unterscheidet sich vom deutschen darin, daß nicht der Staat,
sondern die Einzelperson Asyl gewährt. Eine Frau zur Zeit des Propheten
(s.a.s.) gewährte zwei Mekkanern Asyl, und war bereit, sie mit ihrem
eigenen Leben vor Angriffen der Muslime zu schützen. Der Prophet
(s.a.s.) bezeichnete ihre Handlungsweise ausdrücklich als richtig.
- Die Frau ist genau wie der Mann wahlberechigt. Als sich bei der Wahl
des 3. Kalifen die Kandidaten auf niemanden einigen konnten, wurden
alle Bewohner Medinas befragt, die Frauen ebenso wie die Männer.
Die Erbschaft
Ein weiterer "Beleg" dafür, daß die Frau im Islam "nur die Hälfte des
Mannes wert ist", wird oft darin gesehen, daß die Frau nur halb so viel
erbt wie der Mann.
Daß die Frau die Hälfte des Anteils des Mannes erbt, trifft jedoch nur in
dem Fall zu, daß sie eine Tochter ist und (mindestens) einen Bruder hat.
Es gibt andere Fälle, in denen die Frau genausoviel oder sogar mehr als
der Mann erbt. So erben die Mutter und der Vater eines verstorbenen
Sohnes oder einer verstorbenen Tochter gleich viel, dies ist auch der Fall,
wenn es sich um Großmutter und Großvater handelt. Bei den Großeltern
mütterlicherseits erbt die Großmutter, aber der Großvater nicht. Wenn
jemand stirbt und Töchter hinterläßt, erbt auch seine Schwester, aber
sein Bruder nicht.
Man sieht also, daß die Aussage "Die Frau erbt halb so viel wie der Mann"
den Sachverhalt verkürzt.
Der Grund dafür, daß ein Sohn doppelt so viel erbt wie eine Tochter, liegt
darin, daß er mehr finanzielle Verpflichtungen hat als seine Schwester.
Was der Mann einnimmt muß er teilen - mit seiner Frau, seinen Kindern
möglicherweise auch mit seinen Eltern, aber was die Frau einnimmt,
gehört ihr allein. Sie hat keinerlei finanzielle Verpflichtungen.
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Berichte über Frauen in der frühen Zeit des Islam
Zur Zeit des Propheten (s.a.s.) und der rechtgeleiteten Kalifen haben
Frauen ihre Rechte eingeklagt, sie haben mitgeredet und am öffentlichen
Leben teilgenommen. Dies zeigen verschiedene Hadithe. Drei Beispiele:
Einmal kam eine Frau zum Propheten (s.a.s.) und beklagte sich darüber,
daß ihr Vater sie gegen ihren Willen mit ihrem Cousin verheiratet hatte.
Der Prophet (s.a.s.) sagte ihr, daß sie die Ehe lösen könne, wenn sie dies
wolle. Sie sagte daraufhin, daß sie mit der Wahl ihres Vaters
einverstanden sei, aber sie wollte, daß die anderen Frauen sehen, daß sie
nicht zur Ehe gezwungen werden können.
Während einer Ansprache in der Moschee trug der Kalif Umar (r.a.) ein
Kleid, das aus Stoff gemacht war, der von einem Kriegszug als Beute
mitgebracht worden war. Umar (r.a.) war sehr groß und der Stoff, der für
sein Kleid benötigt wurde, war mehr als der Anteil, der jedem Muslim,
der an dem Krieg teilgenommen hatte, zustand. Eine Frau sagte zu ihm:
"Wir hören und gehorchen nicht, bis du uns sagst, wo du dieses Kleid her
hast." Umar (r.a.) ließ daraufhin seinen Sohn holen und sagte zu ihm:
"Berichte den Leuten!". Sein Sohn bestätigte, daß er seinen Anteil
seinem Vater gegeben hatte, damit dieser sich ein Kleid daraus machen
könne.
Als die Morgengabe (mahr) für die Braut zu einer Zeit immer höher
wurde, so daß manche Männer es sich nicht leisten konnten zu heiraten,
wollte der Kalif Umar (r.a.) die Höhe der mahr beschränken. Eine Frau
aus dem Volk stand auf und sagte ihm, daß dies nicht sein Recht sei und
zitierte einen entsprechenden Koranvers. Umar (r.a.) gab ihr Recht.
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Fragen und Antworten
Im Anschluß an den Vortrag, sowie im dritten Teil (ca. 15:00-16:00 Uhr)
konnten Fragen gestellt werden, von denen hier die meisten
wiedergegeben werden.
Frage: Wie steht es mit der Hausarbeit?
Antwort: Die Frau ist nach der Scharia nicht zur Hausarbeit verpflichtet.
Das heißt, daß sie im Heiratsvertrag festhalten kann, daß sie keine
Hausarbeit machen will. Ansonsten gilt die allgemeine Sitte ('urf), d.h.
wenn es allgemein üblich ist, daß der Mann arbeitet, und die Frau die
Hausarbeit macht, sollte die Frau auch die übliche Hausarbeit machen. Es
sollte jedoch nicht so sein, daß sie mit der Hausarbeit derart belastet ist,
daß sie keine Zeit hat, ihre Kinder richtig zu erziehen oder sich selbst
weiterzubilden. Heutzutage sind viele Frauen viel zu beschäftigt, um ihre
Kinder richtig zu erziehen, oder sie sind zu wenig gebildet und nicht in
der Lage, ihren Kindern Werte und Wissen zu vermitteln. In solchen
Fällen "hüten" Frauen ihre Kinder, anstatt sie zu erziehen. Das ist nicht
das, was sich der Islam unter "Erziehung" vorstellt. Die Frau muß
genügend ausgebildet sein und genügend Zeit haben, um diese wichtige
Aufgabe gut erfüllen zu können.
Amir Zaidan kritisierte in diesem Zusammenhang, daß viele Frauen nicht
nur durch Hausarbeit, sondern auch noch durch Erwerbstätigkeit belastet
sind. Wenn dies nicht unbedingt notwendig sei, sollte man sich fragen,
ob es sinnvoll ist, daß die Frau einer Arbeit nachgeht, nur damit man sich
eine größere Wohnung, eine schöneres Auto etc. leisten könne. Wenn
Mann und Frau arbeiten, dann ist es notwendig, daß der Mann auch im
Haushalt hilft, ansonsten handelt es sich um Ausbeutung.
Frage: Wenn eine muslimische Frau arbeiten oder studieren möchte, wie
ist dies möglich in nicht-islamischen Verhältnissen, wo es keine
Geschlechtertrennung gibt?
Antwort: Solange die islamischen Kleidungs- und Verhaltensregeln
beachtet werden, ist dies kein Problem. Frauen und Männer können in
einem Raum sein, verboten ist lediglich, daß ein Mann und eine Frau, die
nicht miteinander so nah verwandt sind, daß eine Heirat ausgeschlossen
ist (die sich also theoretisch heiraten könnten), sich alleine an einem
abgeschlossenen Ort befinden, zu dem kein Dritter Zugang hat.
Außerdem sollten Männer und Frauen nicht so nah nebeneinaner sitzen,
daß sie sich berühren.
Frage: Wie ist es, wenn eine Frau als Ärztin oder Krankenschwester
arbeitet und männliche Patienten berühren muß?
Antwort : Im Fall von Krankheit handelt es sich um eine Notlage, so daß
es in diesem Fall kein Problem ist, wenn die Frau als Krankenschwester
oder Ärztin einen Mann berührt. Man soll sich jedoch auf das Notwendige
beschränken. Für Leute, die Kranke pflegen, gelten auch andere
Erleichterungen, so ist z.B. ein Mann, der Kranke pflegt, von der Pflicht,
am Freitagsgebet teilzunehmen, entbunden. [8]
Frage: Wann sollte eine Frau heiraten?
Antwort: Wenn sie Lust dazu hat. (Allgemeines Gelächter)
Nachfrage : Es gibt viele Frauen, die sagen, sie wollen erst heiraten,
wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben, oder wenn sie in ihrem Beruf
etwas Bestimmtes erreicht haben. Was ist davon zu halten?
Antwort : Das eine schließt das andere nicht aus. Man kann veheiratet
sein und trotzdem studieren. Verhütung ist im Islam erlaubt, nur
Abtreibung ist verboten. Wenn man sich die Studenten hier anschaut, so
haben die meisten einen Freund oder eine Freundin. Wenn das im haram
(Verbotenen) funktioniert, wieso dann nicht im halal (Erlaubten)? Wenn
eine Frau die Geschlechtsreife erlangt hat und den Wunsch verspürt zu
heiraten, dann sollte sie heiraten.
Frage: Ist es islamisch in Ordnung, wenn die Frau arbeitet und der Mann
zu Hause bleibt?
Antwort : Dies ist als zeitweilige Notlösung in Ordnung, wenn man das
aber dauerhaft so macht, ist dies kein islamischer Lebensstil.
Frage: Gilt dies auch für den Erziehungsurlaub für Väter?
Antwort: Ja.
Frage: Wenn eine Frau arbeiten muß, und sie wird bei der Arbeit vor die
Alternative gestellt, entweder das Kopftuch abzulegen oder die Arbeit zu
verlieren, kann sie das Kopftuch dann ablegen?
Antwort: Gegenfrage: Ist das Kopftuch ein muß? (Antwort: Ja.) Ist
Arbeiten ein muß? (Antwort: Nein, es ist ein kann). Damit ist die Frage
beantwortet. Man kann nicht eine Muß-Vorschrift zugunsten einer KannVorschrift vernachlässigen. Das wäre genauso, als wenn man lauter
freiwillige Gebete macht, aber die Pflicht-Gebete nicht verrichtet - die
freiwilligen Gebete sind dann umsonst.
Man muß sich bewußt sein, daß der Lebensunterhalt (rizq) nicht von der
Arbeit kommt, sondern von Allah. Unsere einzige Aufgabe ist es, uns zu
bemühen. Es handelt sich in diesem Fall um eine Prüfung (des
Glaubens), und was wäre ein Leben ohne Prüfung?
Das Ablegen des Kopftuches ist islamisch nur gerechtfertigt, wenn eine
wirkliche Not besteht, und Not ist islamisch so definiert, daß begründete
Angst um das Leben besteht oder der Verlust eines Körperteils droht. In
Deutschland leidet jedoch niemand Not. Eine Schwester, die vor dieser
Alternative steht, soll sich für das Kopftuch entscheiden, und auf Allah
vertrauen. Wie Allah (s.t.) gesagt hat, geht keinem Menschen sein rizq,
das ihm in seinem Leben zusteht, verloren.
Das gleiche gilt übrigens für Männer, die einen Arbeitsplatz haben, an
dem sie die Gebete nicht einhalten können. Man kann nicht seinen Iman
(Glauben) für seine Arbeit opfern.
Ein Bruder merkte zu diesem Punkt an, daß man nicht so einfach
aufgeben solle, sondern um seine Rechte am Arbeitsplatz kämpfen solle.
In Deutschland besteht das Recht auf freie Religionsausübung, und
dieses müsse man auch einfordern. Die Muslime in Deutschland seien in
dieser Hinsicht noch viel zu wenig organisiert und oft zu untätig.
Frage: Und was ist mit Schülern?
Antwort: Die Schule ist verpflichtet, muslimischen Schülern die
Möglichkeit zum Gebet zu geben.
Frage: Können Frauen alleine reisen?
Antwort: Die Gelehrten legten unterschiedliche Entfernungen/Zeiträume
fest, innerhalb derer eine Frau alleine reisen kann (drei Tagesreisen, eine
Tagesreise, 81 km). Entscheidend ist der Aspekt der Sicherheit.
Heutzutage ist es kein Problem, wenn eine Frau z.B. in Berlin in den Zug
einstiegt (vorausgesetzt, sie kommt sicher zum Bahnhof) dann zu einer
anderen Stadt fährt, wo sie sicher zu ihrem Bestimmungsort kommt.
Gleiches gilt für das Flugzeug. Es ist jedoch nicht erlaubt, daß eine Frau
alleine eine größere Reise unternimmt. Auch wenn heute die
Verkehrsmittel in vielen Länden sicherer geworden sind, Belästigung und
Vergewaltigung gibt es überall.
Frage: Wie ist es mit der Hadsch für alleinstehende Frauen oder wenn
kein mahram (Ehemann oder männlicher Verwandter, der die Frau nicht
heiraten kann) mitkommen kann?
Antwort: Dieses Problem wird gelöst durch die sichere Begleitung.
Hadsch-Reisen werden heutzutage in Gruppen organisiert (z.B. durch das
HDI), mit der die Frau in sicherer Begleitung reisen kann.
Frage: In europäischen Ländern gibt es oft die Konstellation, daß der
Mann ein Ausländer ist und die Frau eine Einheimische. Für den Mann
kann es schwer sein, Arbeit zu finden, so daß er seine Frau auffordert zu
arbeiten, bzw. wenn sie keine Arbeit findet, zum Sozialamt zu gehen.
Was ist dazu zu sagen?
Antwort: Meiner Ansicht nach findet hier jeder Arbeit, wenn er sich
genügend Mühe gibt. Ich erlebe es oft, daß z.B. die arabischen Männer
nach Deutschland kommen, sehen, daß die Frauen hier arbeiten, und das
dann ausnutzen, indem sie ihre (deutsche) Frau arbeiten lassen und sich
selbst aufs Sofa setzen, mit der Ausrede, daß sie als Ausländer keine
Arbeit finden. Was in ihrem Heimatland die größte Schande wäre,
nämlich zu Hause zu bleiben und die Frau arbeiten zu lassen,
praktizieren sie hier in Deutschland.
Nachfrage : Aber was ist, wenn die Frau wirklich vor der Wahl steht,
entweder ohne Kopftuch zu arbeiten oder zum Sozialamt zu gehen, ist es
dann nicht besser, das Kopftuch abzulegen?
Antwort : In einem solchen Fall ist es in Ordnung, Sozialhilfe zu
beziehen, wenn man sich weiter um Arbeit bemüht. Keine Arbeit zu
finden ist eine Situation, in der das deutsche Gesetz die Sozialhilfe
vorsieht, die man dann auch beanspruchen kann.
Zum Thema Sozialhilfe: Amir Zaidan kritisierte in aller Schärfe Leute, die
Sozialhilfe beziehen, obwohl sie eigentlich arbeiten könnten. Er sieht dies
als verbreitetes Übel unter den Muslimen in Deutschland an, was für das
Bild des Islam in Deutschland großen Schaden angerichtet hat. Wer
Sozialhilfe bezieht, obwohl er arbeiten könnte, ist wie einer, der bettelt,
obwohl er für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen kann. Ein Hadith
besagt, daß jemand der bettelt, obwohl er arbeiten könnte, bei der
Auferstehung am Jüngsten Tag kein Fleisch im Gesicht hat.
Noch schlimmer sind diejenigen, die schwarz arbeiten und Sozialhilfe
beziehen. Denn dann handelt es sich um Betrug. Sozialhilfe ist eine Art
Sadaqa, und Sozialhilfe unberechtigterweise zu beziehen ist genauso, als
würde man unberechtigt Sadaqa nehmen.
Frage: Aber was ist mit Leuten, die hier Asyl haben oder nur geduldet
sind und nicht arbeiten dürfen, sollen sie trotzdem arbeiten?
Antwort: Man muß sich an die Gesetze in Deutschland halten. Wenn
man hierher kommt, hat man sich auf die Gesetze und Regeln in
Deutschland eingelassen und dann muß man sie auch befolgen.
Frage: Was ist mit Kindergeld?
Antwort: Kindergeld ist ein Recht, daß der deutsche Staat jedem
gewährt. Es gibt kein Problem, wenn man Kindergeld annimmt. Umar
(r.a.) hat sogar selbst Kindergeld eingeführt.
Frage: Wenn eine Frau nicht Kopftuch tragen will oder andere Pflichten
verletzt, ist der Mann dann für sie verantwortlich?
Antwort: Nein. Der Mann erfüllt seine Pflicht, wenn er seine Frau
ermahnt, das Kopftuch zu tragen oder zu beten oder zu fasten, aber er
kann sie nicht dazu zwingen.
Frage: Kann ein Mann, nur weil es so Sitte in seinem Land ist, der Frau
verbieten, das Haus zu verlassen?
Antwort : Nein. Der Mann kann der Frau verbieten, Leute ins Haus zu
lassen, von denen er nicht will, daß sie das Haus betreten, und er kann
auch von seiner Frau verlangen, daß sie abends zu einer bestimmten
Uhrzeit zu Hause ist (wegen der Sicherheit), aber er kann ihr nicht
generell verbieten, das Haus zu verlassen. Die Frauen sollen die
Möglichkeit haben, ihre Verwandten und Freundinnen zu besuchen, ihre
Angelegenheiten zu erledigen und in die Moschee zu gehen. Es gibt einen
Hadith, der den Männern untersagt, daß sie ihren Frauen verbieten, in
die Moschee zu gehen.
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[1] Die Übersetzung der Koranverse folgt: Amir Zaidan: At-Tafsir.
Einige wenige Ausnahmen nach der Übersetzung von Muhammad
Rassoul: Al-Qur'an al-Karim und seine ungefähre Bedeutung in deutscher
Sprache.
[2] Taqwa: Das Vermeiden von allen Verfehlungen, die sowohl im
Diesseits als auch im Jenseits unerwünschte Folgen nach sich ziehen.
Diese Verhaltensweise formt dann eine Art Frömmigkeit, die ALLAH
(Ta'ala) gegenüber von Ehrfurcht und ständigem Bemühen nach
gottgefällig guten Handlungen ausgeprägt ist. (nach Amir Zaidan, AtTafsir)
[3] Es war eine Sitte bei den vorislamischen Arabern, daß sie
neugeborene Mädchen manchmal lebendig begruben.
[4] Das Islamische Gaubensbekenntnis: La illaha illa lah, muhammadun
rasululah (Es gibt keine Gottheit außer Gott und Muhammad ist sein
Gesandter.).
[5] Tauhid: Der Iman (Glaube) an die Einheit und Einzigkeit Allahs nach
islamischer Definition.
[6] Im Tafsir (Auslegung) zu dieser Aya schreibt Amir Zaidan: "Diese
drei empfohlenen Konfliktlösungs-Schritte erfolgen immer zeitlich
nacheinander, d.h. man geht erst dann zur nächsten Stufe über, wenn
die vorherigen Konflikt-Lösungsvesuche erfolglos blieben. Die letzte Stufe
(vor der Scheidung) sollte nur dann eingeleitet werden, wenn es
unbedingt notwenig ist und wenn Erfolgsaussicht (zur Rettung der Ehe)
besteht und wenn die sich zu Unrecht auflehnende Ehefrau von den bis
dahin erfolgten Schritten unbeeindruckt blieb." Amir Zaidan: At-Tafsir, S.
75)
[7] Um Ehebruch, bzw. vorehelichen Geschlechtsverkehr, zur Anklage zu
bringen, sind vier männliche, erwachsene Zeugen notwendig, die
bezeugen, die beiden Angklagten tatsächlich beim Geschlechtsakt
gesehen zu haben. Diese Regelung soll bewirken, daß niemand
leichtfertig des Ehebruchs angeklagt werden kann.
[8] Die Teilnahme am Freitagsgebet ist für Frauen freiwillig, für Männer
jedoch Pflicht.
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