Sternenhimmel im Juni

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Sternenhimmel im Juni
Der Verfasser
Ralf Kannenberg
Diplomierter Mathematiker, in der Computerbranche tätig.
Schon als kleiner Junge hat Ralf Kannenberg mit Begeisterung den Apollo-Astronauten auf ihren
Ausflügen im Mond-Auto zugeschaut, wann immer sie im Fernsehen übertragen wurden. Er
interessierte sich stets für populärwissenschaftliche Astronomie und begann 1978 aktiv mit dem
Beobachten, indem er sich autodidaktisch die Sternbilder angeeignet hat.
Ralf bevorzugt Beobachtungen ohne optische Hilfsmittel und ist sehr gut mit den Problematiken und
Tücken der Beobachtungen des Sternhimmels vertraut; er weiß aus eigener Erfahrung recht genau,
wo man als Laie etwas sieht und wo man nichts sieht; insbesondere hat er gelernt, dass man sich von
Fehlschlägen nicht entmutigen lassen sollte.
Es ist Ralf ein Anliegen, jungen Menschen die faszinierende Welt des Sternenhimmels nahe zu bringen und dabei auch von seinen eigenen langjährigen Erfahrungen zu berichten. Aus diesem Grunde
steht er auch bei individuellen Fragen gerne per E-Mail (an [email protected]) zur Verfügung.
1. Allgemeines im aktuellen Monat
Diese Rubrik ist ein allgemeiner Überblick über den abendlichen Sternenhimmel im aktuellen
Monat sowie über den Stand der hellen Planeten. Eine erste einfache Einführung, wie man
die wichtigsten Sterne finden kann, findet sich in der dritten Rubrik.
Im Juni kommt der Sternhimmel zur Ruhe; der Löwe verabschiedet sich nun rasch zusammen mit dem Ringplaneten Saturn von der Himmelsbühne und der Sternhimmel wird nun
von den beiden Sternen Arktur im Bärenhüter und der Wega in der Leier beherrscht. Die
Spica in der Jungfrau steht hoch im Süden und das Sommerdreieck ist im Osten bereits
vollständig aufgegangen. Im Südosten kann man bei guter Sicht auch das sehr schöne und
figürliche Sternbild des Skorpions mit dem tiefroten Hauptstern Antares bewundern.
Der Große Wagen steht nun auf dem Kopf oberhalb vom Polarstern, während die Cassiopeia nur noch bei guter Horizontsicht tief im Norden gesehen werden kann.
Am Abend kann man bereits in der Dämmerung im Westen die sehr helle Venus bewundern;
am Morgen vor Sonnenaufgang halbhoch im Osten den hellen Planeten Jupiter sowie den
nun wieder heller werdenden Mars.
2. Die Schlange und der
Schlangenträger
Zwischen Arktur, dem Sommerdreieck und
dem Skorpion finden wir die weniger bekannten Sternbilder der Schlange und des
Schlangenträgers, die zwar vorwiegend aus
Sternen dritter Größe bestehen, die man nun
aber sehr schön und einfach finden kann.
So finden sich die Sterne ausgehend vom charakteristischen Bärenhüter über eine Drachenförmige
Figur zur Schlange und zum Schlangenträger
Wir wissen bereits, dass man durch Verlängerung der Deichsel des Großen Wagen
zum hellsten Stern des Nordhimmels, zu
Arktur, gelangt. Dieser ist selber Ausgangspunkt einer größeren Deichsel, an deren
anderem Ende die Gemma und in der Mitte
der Bärenhüter-Stern Mirak steht. Diese
Deichsel weist auf Ras Alhague, den Hauptstern des Schlangenträgers hin, dessen
Sterne ja schon oft vorgestellt wurden.
Man betrachte nun die Deichsel mit Arktur,
Mirak und Gemma und spiegelt ihren mittleren Deichselstern an der Linie Arktur - Gemma, so gelangt man zu Unuk, einem Stern beinahe 2. Größe, dem Hauptstern der Schlange. Diese Spiegelung allerdings ist etwas länglich und diese Deichsel und Unuk bilden eine geometrische Figur, die wie ein Drachen aussieht.
Unuk ist ein Roter Riese im Abstand von fast
75 Lichtjahren und bedeutet "Hals der
Schlange". Durch Unuk zieht sich eine Sternenkette, die wie auf einem Lineal angeordnet am Himmel steht; die drei ersten Sterne
dieses "Himmelslineals" gehören zum Sternbild der Schlange, die nächsten drei zum
Sternbild des Schlangenträgers, ehe das
Himmelslineal ein wenig nach oben abknickt
zum Stern Sabik, der ebenfalls zum Schlangenträger gehört und der oberhalb des
Sternbildes des Skorpions steht. Auch Sabik
ist ein Stern 2. Größe, ein weißlicher Stern
im Abstand von gut 80 Lichtjahren; Sabik
bedeutet "der Vorangehende".
In diesem "Himmelslineal" gibt es neben
Unuk und Sabik noch zwei weitere hellere
Sterne. Beide stehen im Schlangenträger
und erreichen beinahe 2. Größe: Zeta Ophiuchi ist der unterste und hellste Stern in
dieser Kette, also dort, wo das Himmelslineal
Sternzeichen des Schlangenträgers mit Schlange
zu Sabik abknickt; er ist ein blauweißlicher
Riesenstern im Abstand von fast 500 Lichtjahren. Der andere, Yed Prior - das bedeutet "erstere Hand", ist ein Roter Riese im Abstand
von 170 Lichtjahren. Er ist von oben gezählt der vierte Stern im Himmelslineal; bei ihm findet
der Übergang von der Schlange zum Schlangenträger statt.
Ein weiterer Stern, beinahe zweiter Größe, steht im Schlangenträger schräg unterhalb von
Ras Alhague; dieser Stern heißt Cebalrai, das bedeutet "Schäferhund" und ist ein Roter Riese im Abstand von knapp 100 Lichtjahren. Cebalrai bildet gewissermaßen einen Bogen von
Ras Alhague am Ende der großen Arktur-Deichsel zu Sabik am
Ende des
Himmelslineals.
Jeder kennt
das Apothekensymbol,
eine Schlange, die sich
um den Äskulapstab
windet. Äskulap ist der Symbol des Äskulapstabs
Name des
Schlangenträgers. Die zugrunde liegende Mythologie wurde auch in diesen beiden Sternbildern an den Himmel versetzt. Der Legende zufolge ist
Glaukos, der Sohn des kretischen
Bildliche Darstellung des Schlangenträgers und der
Königs Minos, in ein Honigfass gefalSchlange. Nach Jehoshaphat Aspin, 1850
len und darin erstickt. Der Seher Polyeidos fand den Jungen und der König
befahl ihm, seinen Sohn wieder zum Leben zu erwecken. Beim Versuch kroch eine Schlange
auf den Seher zu, die er tötete, worauf sofort eine zweite Schlange angekrochen kam, die
Kräuter im Maul trug und ihre tote Artgenossin wieder zum Leben erweckte. Der Seher
wandte diese Kräuter beim Königssohn an und konnte ihn wieder zum Leben erwecken. Anderen Legenden zufolge wurde der Königssohn von Äskulap wieder zum Leben erweckt,
dem Sohne des Apollon und seiner Geliebten Koronis. Apollon brachte seine Geliebte aus
Eifersucht um, doch diese erzählte ihm im Sterben, dass sie ein Kind von ihm erwarte. So
rettete Apollon das Kind, also Äskulap, und ließ es von Cheiron, einem weisen Zentauren,
aufziehen, der ihn in der Heilkunde unterwies. So wurde Äskulap ein großer Heiler und Wohltäter für die Menschen. Doch nachdem Aeskulap den Sohn des Königs wiedererweckt hatte,
was ja nur den Göttern erlaubt ist, zog er deren Zorn auf sich und Zeus erschlug ihn mit einem Blitz.
3. Kleine Einführung in die wichtigsten Sterne
Verlängert man die Deichsel des Großen Wagen, so gelangt man zunächst zu einem sehr
auffallenden Stern 0. Größe, das ist Arktur im Bärenhüter. Arktur heißt "Jäger, der die Bärin
im Auge behält" und ist der nächst gelegene Rote Riese von der Sonne im Abstand von gut
30 Lichtjahren. Verlängert man die Bärendeichsel weiter, so gelangt man zum Hauptstern
der Jungfrau, das ist die Spica. Spica bedeutet "Kornähre", sie ist ein blauweißlicher Stern
im Abstand von gut 250 Lichtjahren.
Auch Arktur ist Ausgangspunkt einer allerdings größeren Deichsel, deren äußerer Stern
Gemma heißt; das ist der Hauptstern der Nördlichen Krone. Gemma bedeutet "Edelstein"
und ist ein weißlicher Stern 2. Größe im Abstand von 80 Lichtjahren; wie die meisten Sterne
des Großen Wagen (mit Ausnahme des oberen hinten Kastensternes sowie des äußeren
Deichselsternes) gehört auch die Gemma zum Bären-Strom, einer Gruppe von Sternen, die
gemeinsam an unserer Sonne vorbei durch unsere Milchstraße ziehen, auch der Sirius gehört diesem Bärenstrom an. - Der mittlere Stern dieser größeren Deichsel heißt Mirak, das
bedeutet "Umhang" und ist wie Arktur ein Roter Riese, der allerdings mit fast 200 Lichtjahren
mehr als sechsmal weiter entfernt ist; auch Mirak gehört zum Bärenhüter und ist ebenfalls
ein Stern 2. Größe.
Ausschnitt aus dem Sternenhimmel im Juni mit Blickrichtung Südosten. Aufgrund des großen Ausschnitts erscheint der Horizont nach oben gebogen.
Diese größere Deichsel von Arktur über die Gemma weist auf einen Stern 2. Größe namens
Ras Alhague im Schlangenträger hin, der nun halbhoch im Osten steht. Ras Alhague bedeutet "Kopf des Schlangenträgers" und ist ein gelblich-weißer Stern im Abstand von etwa
60 Lichtjahren. Auf dem Weg von der Gemma zu Ras Alhague kommt man an Rutikulus,
dem hellsten Stern des Sternbildes Herkules, vorbei. Dieser ist ein Stern beinahe 2. Größe,
wie unsere Sonne, ein gelber Stern im Abstand von 150 Lichtjahren. Sein griechischer Name
Kornephorus bedeutet "Keulenträger". Und neben Ras Alhague sieht man auch den Hauptstern des Herkules, einen Stern 3. Größe namens Ras Algethi, was "Kopf des Knienden“
bedeutet. Ras Algethi ist ein Roter Riese im Abstand von fast 400 Lichtjahren.
Im Osten sieht man das Sommerdreieck, das aus der hellen Wega in der Leier, aus Deneb
im Schwan und aus Atair im Adler besteht. Die Wega ist ein weißlicher Stern im Abstand von
knapp 30 Lichtjahren und bedeutet "herabstoßender Adler". Deneb heißt "Schwanz (des
Schwanes)" und ist ein blauweißlicher Riesenstern im Abstand von 3000 Lichtjahren, und
trotzdem ein Stern erster Größe; Deneb ist also einer der hellsten Sterne unserer Milchstraße überhaupt. Atair ist ein sonnennaher Stern, der nur 17 Lichtjahre entfernt ist; er bedeutet
"fliegender Adler" und ist wie die Wega ein weißlicher Stern. Im Altertum haben die Menschen also in der Wega und in Atair zwei fliegende Adler gesehen. Spiegelt man im Sommerdreieck den Stern Deneb an der Achse Wega - Atair, so gelangt man ebenfalls zu Ras
Alhague im Schlangenträger.
4. Die Tierkreiszeichen und das Horoskop
Aufmerksamen Lesern
ist vielleicht schon aufgefallen, dass in den
Horoskopen 12 Sternbilder erwähnt werden,
aber dass man dort vergeblich nach dem Großen Wagen oder dem
Orion sucht. Jedem
Menschen ist aufgrund
seines Geburtsdatums
eines dieser 12 Sternbilder zugeordnet; man
sagt dann, er sei in diesem Sternbild geboren.
Was bedeutet das?
Nun, wäre die Sonne
weniger hell, so könnte
man beobachten, wie sie
im Laufe des Jahres
durch verschiedene
Sternbilder wandert.
Diese Sternbilder sollten
von der Idee her genau
diese Tierkreiszeichen des Horoskopes sein und jemand ist dann in einem dieser Sternbilder
geboren, wenn die Sonne an seinem Geburtstag in diesem Sternbild stand.
Die Bewegung der Sonne durch den Tierkreis. Von der Erde aus gesehen
steht die Sonne im gegenüberliegenden Sternzeichen. Im Laufe eines
Jahres durchwandert die Sonne den ganzen Tierkreis von 360 Grad. Diese
Sonnenbahn, genannt Zodiak, wird in 12 gleiche Einheiten eingeteilt, woraus sich die "astrologischen" Sternzeichen ergeben. So wandert die Sonne vom 21. Mai bis zum 21. Juni durch die Zwillinge. Tatsächlich geht sie
dann aber erst durch das Sternzeichen Stier am Himmel.
Tatsächlich aber wandert die Sonne durch 13 Sternbilder, neben den 12 Tierkreiszeichen
nämlich auch noch durch das Sternbild des Schlangenträgers, das in diesem Monat in der 2.
Rubrik vorgestellt wurde. Wenn im Sommer zahlreiche Politiker in den Ferien weilen und die
Regenbogenpresse deswegen keinen Skandal aufdecken kann, dann wird mitunter auch
diese "sensationelle" Entdeckung, dass die Horoskope eigentlich 13 Sternbilder umfassen,
auf der Titelseite präsentiert. Dazu ist zu sagen, dass das auch schon den alten Griechen
bestens bekannt war.
Da unsere Erde aus physikalischer
Sicht ein riesiger Kreisel ist und
somit die Erdachse Präzessionsbewegungen macht, deren Periode
ungefähr 25'000 Jahre dauert, hat
sich der Tierkreis in den letzten
2000 Jahren um knapp ein Sternbild verschoben. Deshalb steht die
Sonne am Geburtstag eines Menschen, der astrologisch in einem
bestimmten Sternbild zur Welt
kam, astronomisch in einem Sternbild davor (d.h. westlich davon). Ich
bin beispielsweise ein Stier, das
heißt die Sonne stand im Sternbild
des Widders, als ich zur Welt kam.
Wäre ich aber vor 2000 Jahren zur
Welt gekommen, so wäre die Sonne tatsächlich im Sternbild des
Stieres gestanden.
In dieser Abbildung ist der Himmel als Globus dargestellt
(celestial sphere). Der 12-teilige Tierkreis entspricht der Sonnenbahn durch die Sternzeichen. Die Erde ist um 23,5 Grad
zur "Sonnenebene" geneigt, daher verläuft auch der Himmelsäquator (celestial equator) im entsprechenden Winkel.
Die Erdachse (braun) macht in rund 25'000 Jahren eine Runde
(wie ein taumelnder riesiger Kreisel), was Präzession genannt
wird. Aufgrund dessen haben sich die Sternbilder seit 2000
Jahren um etwa ein Zeichen verschoben!
Nicht nur die Sonne wandert durch
diese 13 Sternbilder, sondern auch
der Mond und alle Planeten. Dies
bedeutet, dass sich die Erde, der
Mond und alle Planeten ungefähr
in derselben Ebene befinden. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf
die Entstehung unseres Sonnensystems ziehen.
Die in diesem Beitrag verwendeten Bilder sind weitgehend eigene Bearbeitungen auf Basis von Quellen (Astronomie-Organisationen), die für die Zwecke der Bildung genutzt werden dürfen.
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