Der Sternenhimmel im Mai Der Verfasser Ralf Kannenberg Diplomierter Mathematiker, in der Computerbranche tätig. Schon als kleiner Junge hat Ralf Kannenberg mit Begeisterung den Apollo-Astronauten auf ihren Ausflügen im Mond-Auto zugeschaut, wann immer sie im Fernsehen übertragen wurden. Er interessierte sich stets für populärwissenschaftliche Astronomie und begann 1978 aktiv mit dem Beobachten, indem er sich autodidaktisch die Sternbilder angeeignet hat. Ralf bevorzugt Beobachtungen ohne optische Hilfsmittel und ist sehr gut mit den Problematiken und Tücken der Beobachtungen des Sternhimmels vertraut; er weiß aus eigener Erfahrung recht genau, wo man als Laie etwas sieht und wo man nichts sieht; insbesondere hat er gelernt, dass man sich von Fehlschlägen nicht entmutigen lassen sollte. Es ist Ralf ein Anliegen, jungen Menschen die faszinierende Welt des Sternenhimmels nahe zu bringen und dabei auch von seinen eigenen langjährigen Erfahrungen zu berichten. Aus diesem Grunde steht er auch bei individuellen Fragen gerne per E-Mail (an kontakt(at)jugendforum-mithila.de) zur Verfügung. 1. Allgemeines im aktuellen Monat Diese Rubrik ist ein allgemeiner Überblick über den abendlichen Sternenhimmel im aktuellen Monat sowie über den Stand der hellen Planeten. Eine erste einfache Einführung, wie man die wichtigsten Sterne finden kann, findet sich in der dritten Rubrik. Im Mai findet nun der endgültige Wechsel vom Winter in den Sommer statt. Während sich im Herbst durch die immer früheren Sonnenuntergänge der Sternhimmel nach Sonnenuntergang nur sehr langsam ändert, geschieht dies nun aufgrund der immer späteren Sonnenuntergänge sehr rasch. Von der Pracht des Wintersechseckes ist nur noch der linke Teil halbhoch im Westen sichtbar: Capella und Menkalinan, die Zwillinge Castor und Pollux sowie tief im Südwesten Procyon, der einst den Sirius angekündigt hatte; auch sie werden sich in Kürze von der Himmelsbühne verabschieden. Der Löwe, der als erstes Frühlingssternbild am Himmel aufgegangen war, wird nun zusammen mit dem Saturn ebenfalls rasch in den Westen durchgereicht. Der Wechsel vom Sirius und der etwas in seinem Schatten stehenden Capella hin zur Doppelspitze Arktur und Wega, welche den Sternhimmel bis zum Oktober beherrschen werden, ist nun im Mai vollzogen, so dass sich uns ein frühsommerlicher Sternhimmel präsentiert: die Spica in der Jungfrau steht hoch im Süden und das Sommerdreieck ist im Osten bereits vollständig aufgegangen. Im Südosten kann man bei guter Sicht auch das sehr schöne und figürliche Sternbild des Skorpion mit dem tiefroten Hauptstern Antares bewundern. Der Große Wagen steht nun auf dem Kopf oberhalb vom Polarstern, während die Cassiopeia nur noch bei guter Horizontsicht tief im Norden gesehen werden kann. Am Abend kann man bereits in der Dämmerung im Westen die sehr helle Venus bewundern, über die in diesem Monat in der 4. Rubrik berichtet wird; am Morgen vor Sonnenaufgang halbhoch im Osten den hellen Planeten Jupiter sowie den nun wieder heller werdenden Mars. Aus aktuellem Anlass habe ich eine 5. Rubrik erstellt, in der über den neu entdeckten „erdähnlichen" Planeten Gliese 581c berichtet wird. 2. Der Bärenhüter und die Nördliche Krone Der Hauptstern des Bootes, der auch Bärenhüter oder Rinderhirte genannt wird, ist der sehr helle Stern Arktur, der hellste Fixstern des Nordsternhimmels. Man findet ihn sehr einfach, indem man die Deichsel des Großen Wagens verlängert. Arktur heißt „Jäger, der die Bärin im Auge behält" und ist der nächst gelegene Rote Riese von der Sonne im Abstand von gut 30 Lichtjahren. Auch Arktur ist Ausgangspunkt einer allerdings größeren Deichsel; ihr mittlerer Stern ist der zweithellste Bootes-Stern Mirak und ihr äußerer Stern ist die Gemma, der Hauptstern der Nördlichen Krone. Mirak bedeutet „Umhang" und ist ebenfalls ein Roter Riese, im Abstand von fast 200 Lichtjahren. Gemma bedeutet „Edelstein"; sie ist ein weißlicher Stern 2. Größe im Abstand von 80 Lichtjahren. Bei guten Sichtbedingungen kann man um die Gemma einen schönen Halbkreis von Sternen bewundern, welche diese Nördliche Krone bilden. Der dritthellste Stern des Bootes ist Muphrid und steht senkrecht zur Deichsel Arktur - Mirak - Gemma; Muphrid heißt „der Einzelne" und ist wie unsere Sonne ein gelblicher Stern im Abstand von knapp 40 Lichtjahren. Es sei noch der vierthellste Bootes-Stern Ceginus genannt; zu ihm gelangt man, wenn man von der Deichsel des Großen Wagen ausgehend den Bootes erreicht. Ceginus ist ein Stern 3. Größe, sein Name ist die lateinische Form des Sternbildnamens Bootes, der im griechischen Theguius heißt. Ceginus ist ein weißlicher Stern im Abstand von 85 Lichtjahren. 3. Kleine Einführung in die wichtigsten Sterne Verlängert man die Deichsel des Großen Wagens, so gelangt man zunächst zu einem sehr auffallenden Stern 0. Größe, das ist Arktur im Bärenhüter. Arktur heißt „Jäger, der die Bärin im Auge behält" und ist der nächst gelegene Rote Riese von der Sonne im Abstand von gut 30 Lichtjahren. Verlängert man die Bärendeichsel weiter, so gelangt man zum Hauptstern der Jungfrau, das ist die Spica. Spica bedeutet „Kornähre", sie ist ein blauweißlicher Stern im Abstand von gut 250 Lichtjahren. Ausschnitt aus dem Sternenhimmel im Mai mit Blickrichtung Südosten. Aufgrund des großen Ausschnitts erscheint der Horizont als nach oben gebogen. Auch Arktur ist Ausgangspunkt einer allerdings größeren Deichsel, deren äußerer Stern Gemma heißt; das ist der Hauptstern der Nördlichen Krone. Gemma bedeutet „Edelstein" und ist ein weißlicher Stern 2. Größe im Abstand von 80 Lichtjahren; wie die meisten Sterne des Großen Wagens (mit Ausnahme des oberen hinten Kastensternes sowie des äußeren Deichselsternes) gehört auch die Gemma zum Bären-Strom, einer Gruppe von Sternen, die gemeinsam an unserer Sonne vorbei durch unsere Milchstraße ziehen, auch der Sirius gehört diesem Bärenstrom an. - Diese größere Deichsel von Arktur über die Gemma weist auf einen Stern 2. Größe namens Ras Alhague im Schlangenträger, der nun halbhoch im Osten steht. Ras Alhague bedeutet „Kopf des Schlangenträgers" und ist ein gelblich-weißer Stern im Abstand von etwa 60 Lichtjahren. Im Osten ist schon das Sommerdreieck aufgegangen, das aus der hellen Wega in der Leier, aus Deneb im Schwan und aus Atair im Adler besteht. Die Wega ist ein weißlicher Stern im Abstand von knapp 30 Lichtjahren und bedeutet „herabstoßender Adler", Deneb heißt „Schwanz (des Schwanes)" und ist ein blauweißlicher Riesenstern im Abstand von 3000 Lichtjahren und trotzdem ein Stern erster Größe; Deneb ist also einer der hellsten Sterne unserer Milchstraße überhaupt. Atair ist ein sonnennaher Stern, der nur 17 Lichtjahre entfernt ist; er bedeutet „fliegender Adler" und ist wie die Wega ein weißlicher Stern. Im Altertum haben die Menschen also in der Wega und in Atair zwei fliegende Adler gesehen. Spiegelt man im Sommerdreieck den Stern Deneb an der Achse Wega - Atair, so gelangt man ebenfalls zu Ras Alhague im Schlangenträger. 4. Die Venus - Zwilling der Erde Seit Monaten kann man am Abend wunderbar die Venus in ihrem hellsten Glanz bewundern. Was ist das für ein Planet, der nach Sonne und Mond das dritthellste Gestirn am Himmel ist und dem die Menschen schon früh den Namen „Abendstern" und „Morgenstern" gegeben haben? Die Venus ist in zahlreicher Hinsicht eine Zwillingsschwester unserer Erde und sie ist nur wenige hundert Kilometer kleiner im Durchmesser, so dass sie unmittelbar nach der Erde der Deutlich erkennbar sind die bandförmigen Wolkenstruksechstgrößte Planet unturen der Venus. Bild ESA seres Sonnensystems ist. Sie umkreist unsere Sonne in nur knapp drei Viertel Abstand von der Erde, so dass sie, von der Erde aus betrachtet, immer verhältnismäßig nahe an der Sonne steht und deswegen nur abends nach Sonnenuntergang im Westen oder morgens vor Sonnenaufgang im Osten zu sehen ist, aber niemals abends im Osten oder morgens im Westen. Somit kann man sie in den meisten Fällen problemlos vom Jupiter unterscheiden, dem größten Planeten des Sonnensystems, der ebenfalls deutlich heller als die Fixsterne wird. Auch der Planet Mars wird, wenn er günstig zur Erde steht, sehr hell und kann dann aber anhand seiner deutlich orangen Farbe gut erkannt werden. Die Venus ist von einer sehr dichten Atmosphäre umgeben, die jeden Blick auf die Oberfläche verhindert. Daher konnte man erst seit wenigen Jahren, als Raumsonden auf der Venus gelandet sind, einige wenige Bilder von der Venusoberfläche zur Erde übermitteln. Später konnten Raumsonden die Venus-Oberfläche mit Radar abtasten und man entdeckte, dass es dort auch reiche Gebirgslandschaften gibt. Die Venus rotiert sehr langsam und in der „verkehrten“ Richtung in 243 Tagen um ihre Achse, was zur paradox anmutenden Situation führt, dass ein Venustag länger als ein Venusjahr (knapp 225 Tage) dauert. Auf der Venus ist Nur mittels Radarbildern konnte die gebirgige Landschaft der Venusoberfläche enthüllt werden. Bild ESA es fast 500°C heiß und es herrscht ein Druck von knapp 100 bar. Der Grund für diese unwirtlichen Bedingungen ist ein sehr starker Treibhauseffekt einer Atmosphäre, die zu über 96% aus Kohlendioxid und über 3% aus Stickstoff besteht. Im Vergleich dazu: Die Erdatmosphäre besteht zu 78% aus Stickstoff und zu 21% aus Sauerstoff, die Marsatmosphäre indes ist ähnlich wie die Venusatmosphäre aufgebaut, enthält 95% Kohlendioxid und 3% Stickstoff, ist aber viel tausendmal dünner als die Erdatmosphäre. Der Saturnmond Titan hat ebenfalls eine Atmosphäre, hier herrscht ein Druck von 1.5 bar und sie besteht zu 94% aus Stickstoff und zu 6% aus Methan und Argon. Aufgrund dieser unwirtlichen Bedingungen ist es verständlich, dass erst wenige Raumsonden auf der Venus gelandet sind und dort nur wenige Minuten lang Daten zur Erde übermitteln konnten. 5. Gliese 581c - ein erdähnlicher Planet ? So wurde der neu entdeckte Planet vom Künstler dargestellt, da die Forscher ihn tatsächlich noch nicht zu sehen bekommen haben. Bild ESO sungen um den Stern Gliese 581 kann man aufgrund der Periode der Schwankung des Muttersterns ungefähr ableiten, wie lange ein Umlauf des Planeten um die Sonne dauert sowie anhand der Ablenkung die Masse des Planeten. Wenn sich mehrere dieser Schwankungen der Position einer solchen Sonne überlagern, so kann man auf mehrere Planeten schließen. Zusätzlich kann man anhand des Sterntyps der Sonne berechnen, wieviel Energie diese Sonne ausstrahlt und somit, da man ja den Abstand des Planeten aus der Umlaufzeit bestimmen kann, wie warm es dort ist. Aus diesen Angaben konnte man also schließen, dass der Planet Gliese 581c ungefähr 5 Erdmassen hat und am Ort des Planeten eine Temperatur von 40°C vorherrscht. Ob indes ein solcher Planet „erdähnlich" ist, kann nicht beurteilt werden, weil man ja nicht weiß, ob es auf diesem Planeten Wasser gibt und auch keine Ende April 2007 wurde die Entdeckung eines möglicherweise erdähnlichen Planeten um eine Zwergsonne namens Gliese 581 in rund 20 Lichtjahren Entfernung gemeldet. Da solche Zwergsonnen weniger Masse besitzen, ist es viel einfacher, bei ihnen Planeten nachzuweisen. Dieser Nachweis beruht im Wesentlichen darauf, dass sich das System Sonne - Planet um einen gemeinsamen Schwerpunkt bewegt und die Forscher mit Hochpräzisions-Messungen erfassen können, dass diese Sonne geringfügig hin- und herschwankt. Aus den Mes- Der 20 Lichtjahre entfernte Rote Zwerg „Gliese 581“, der vom neu entdeckten Planeten in nur 13 Tagen umrundet wird. Bild ESO Aussagen über die Zusammensetzung der Atmosphäre möglich sind; somit könnte ein solcher Planet beispielsweise aufgrund einer sehr dichten Atmosphäre mit Treibhauseffekt auch „venusähnlich" oder aufgrund einer sehr dünnen Atmosphäre „marsähnlich" sein. Wissenschaftlich bedeutsam ist also nicht die rein-spekulative Erdähnlichkeit dieses neuen Planeten, die diese Entdeckung auf die Titelseiten der Zeitungen bringt, sondern dass es mit den heutigen Beobachtungsmöglichkeiten möglich ist, einen Planeten in ungefährer Erdmasse nachzuweisen. Die in diesem Beitrag verwendeten Bilder sind eigene Bearbeitungen und Bilder auf Basis von Quellen (Astronomie- und Raumfahrt-Organisationen), die für die Zwecke der Bildung genutzt werden dürfen.