Regionale Folgen der globalen Erwärmung Wann wird es uns zu heiß? Regionale Folgen der globalen Erwärmung Dr. Klaus Müschen Umweltbundesamt ceterum censeo emissiones dioxydi carbonici minuendas esse Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 1 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Kohlendioxid-Trend auf dem Schauinsland (1284m) 1972 - 2006 Kohlendioxid-Trend auf dem Schauinsland, 1972-2005 Werte selektiert nach Windgeschwindigkeit 400 390 380 370 CO2 [ppm] 360 350 340 Selektionskriterium: Windgeschw. Sommer: > 2.5 m/s Winter: > 3.5 m/s 330 320 310 300 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 Jahreszeitliche Schwankungen 1990 1992 Tagesmittel 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 Langzeittrend Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 2 Regionale Folgen der globalen Erwärmung NIEDERSCHLÄGE • Heterogene Trends (1900–2000): - Nordeuropa 10-40 % feuchter - Südeuropa bis zu 20 % trockener Niederschlag Trends (1900–2000): • Projektion: - 1-2% Zunahme pro Dekade in Nordeuropa - bis zu 1 % Abnahmen pro Dekade in Südeuropa Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 3 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Extremereignisse 1976–1999: • Weniger kalte Tage und Frosttage • Mehr Sommertage Sommertage (Tmax >= 25 °C) Veränderung 1976–1999 Projektion: • Weniger kalte Winter; fast vollständiges Verschwinden ab 2080 • Heiße Sommer häufiger Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 4 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Klimawandel findet auch in Deutschland statt • Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 0,8°C in 1901-2005 • Temperaturzunahme vor allem im Winter • Abnahme kalter und Zunahme warmer Extremereignisse • Änderung der Niederschlagsmuster mit abnehmenden mittleren Sommer- und zunehmenden Winterniederschlägen • Zunahme des Ausmaßes und der Häufigkeit von Starkniederschlägen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 5 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Klimafolgen in Deutschland bis 2080 • Abflüsse im Sommer sinken um fast die Hälfte (O, SW), • Bis zu 50% aller Arten können verschwinden, • Anbaueignung für nachwachsende Rohstoffe sinkt von 27 auf 22 Arten, • Waldbrandgefahr wächst, • Holzzuwachs sinkt um 14%, • Untergrenze für Wintersport steigt auf 1000 m, • Gesundheitsgefahren durch Hitzestress, Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 6 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Gegenwärtig besonders stark verwundbare Regionen Zebisch et al. (2005) Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 7 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 8 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Anpassung an die Klimaänderungen • Heißere Sommer und niederschlagsreichere Winter • Betroffen sind insbesondere die Bereiche: • • • • • Land- und Forstwirtschaft Infrastruktur (z.B. Kraftwerke) Siedlungswesen Tourismus Wasserwirtschaft • Vermindertes Wasserangebot im Sommer kann zu Nutzungskonkurrenzen führen • Einrichtung eines Kompetenzzentrums „Klimafolgen und Anpassung (KomPass)“ beim Umweltbundesamt • Bereitstellung regional aufgelöster Daten zum Klimawandel durch Umweltbundesamt Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 9 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Kosten des Nichthandelns Mit dem Klimawandel in Verbindung stehende Schäden könnten sich in Zukunft in Deutschland bis 2050 auf etwa 27 Mrd. € jährlich verstärken BAU 25 Cost of Action BAU Damage Costs in % of GWP in % of GDP 20 +25J +25J 15 10 2°C 2°C 5 0 Ref Scen A 2050 2050 Scen B ScenAlowCS Ref Scen A Scen B ScenAlowCS 2100 2100 Quelle: Kemfert u. Schumacher (2005) Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 10 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Was ist Anpassung? 1. Beispiel: Wasserwirtschaft: Risiken Steigende Gefahr von Hochwasser (Winter/Frühjahr) durch zunehmende Starkregen und weniger Schneefall sowie häufigeres Niedrigwasser (Sommer), sinkende Grundwasserspiegel insbes. in O-Deutschland Anpassung abgestimmte Maßnahmen erforderlich, z.B. Novellierung Hochwasserschutzgesetz (Bemessungshochwasser), geänderte bauliche Schutz- und Vorsorgemaßnahmen in hochwassergefährdeten Gebieten, neue Anbaubedingungen der Landwirtschaft erfordern neue Fruchtwahl, Sortenwahl, Fruchtfolgen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 11 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Was ist Anpassung? 2. Beispiel: Gesundheit Risiken durch Hitzewellen, Stürme, Überschwemmungen, Lawinen oder Erdrutsche verursachte Erkrankungen und Verletzungen sowie veränderte Verbreitungsgebiete vektorübertragener Krankheiten (wie z. B. FSME, Borrheliose) Anpassung neue Risikoberechnungen für Ausbreitung von Infektionskrankheiten notwendig, bundesweit harmonisiertes Hitzewarnsystem erforderlich (Vorbild Hessen), planerische Berücksichtigung künftiger Klimaänderung (Stadtplanung, Gebäudeplanung, etc.) Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 12 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Was ist Anpassung? 3. Beispiel: Finanzdienstleistungen Risiken zunehmende Schäden durch Extremereignisse, veränderte und erhöhte Standortrisiken durch zunehmende Extremereignisse oder Veränderung der klimatischen Standortparameter (Temperatur, Niederschlag) Anpassung Neubewertung und -berechnung der Schadensmodelle der Versicherungen (z.B. Münchner Rück), Neubewertung der Risikoabschätzung und des Risikomanagements, neue Berechnungsgrundlage für Prämien: Prospektives Underwriting (Prämien werden Trendvorhersagen angepasst), neue Risikoumverteilung, Berücksichtigung von Klimaänderung bei Vermögensanlagen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 13 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Anpassungsbedarf des Finanzsektors • starke Erwärmung innerhalb der letzten drei Jahrzehnte hatte massive Auswirkungen Anzahl Großkatastrophen • 1950 bis 2005 haben große wetterbedingte Naturkatastrophen massiv zugenommen • volkswirtschaftliche Schäden vervielfachten sich im selben Zeitraum um den Faktor 5,3 — die versicherten Schäden gar um den Faktor 9,6 Quelle: Münchner Rück, 2006 Gesamtschäden und versicherte Schäden • Trend: Naturkatastrophen werden immer stärker und teurer Quelle: Münchner Rück, 2006 Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 14 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Handlungserfordernis: Nationale Anpassungsstrategie Ziel: Anpassungskapazität Deutschlands stärken und verbessern, um Schäden zu mindern und Chancen zu nutzen, die sich ggf. durch den Klimawandel bieten. Aufgaben für alle Ressorts und für alle Bundesländer: 1. Handlungsfelder, Leitbilder, UQZ, UHZ, Indikatoren, geeignete Maßnahmen einschl. Kosten und Hemmnisse 2. Impulse für Vulnerabilitätsforschung Æ Forschungsplanung, Unterstützung mit Daten 3. Wissenssynthese und Risikoanalyse 4. Risikokommunikation an Entscheidungsträger, um notwendige Handlungsprozesse zu beschleunigen 5. Förderung von Kooperation und Vernetzung der Betroffenen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 15 Regionale Folgen der globalen Erwärmung … und Berlin ? 1. 2. 3. 4. 5. Mit der alternden Bevölkerung wächst bes. in den Hitzesommern die Gefahr von Herz- und Kreislauferkrankungen. Häuser sind so energetisch zu sanieren, dass sie auch im Sommer ein kühles Refugium bieten. Auch das kleinräumige Stadtklima kann durch Bauten und Grünplanung positiv beeinflußt werden – es geht um z.B. um Kaltluftschneisen und ausreichende Belüftung der Innenstadt. Zur Gesundheitsvorsorge gehört auch die erhöhte Aufmerksamkeit für Allergien durch veränderte Zeiten des Pollenfluges, durch zunehmenden Feinstaub in Trockenperioden oder durch neue Krankheitsbilder. Infrastrukturplanung beispielsweise für neue Kraftwerke muss auf die veränderten Bedingungen reagieren. In trockenen Sommern wird die Schiffbarkeit der Flüsse abnehmen und ebenso ihre Aufnahmekapazität zu Kühlzwecken. Daten für Regionale Untersuchungen stehen beim UBA zur Verfügung. Wichtig sind beispielsweise ressortspezifische Studien zu den Auswirkungen (impact), um die Verwundbarkeit und Risiken besser einschätzen und Maßnahmen einleiten zu können. Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 16 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Fazit 1. 2. 3. 4. 5. Schäden an menschlicher Gesundheit und Kapitalbeständen lassen sich durch rechzeitige und gezielte Anpassung an Klimaänderungen begrenzen. Hierzu ist in breiter Dialog mit betroffenen Akteuren aus Politik und Gesellschaft erforderlich. Die Arbeiten auch zu regionalen Anpassungsstrategien sollten jetzt beginnen. Das in Deutschland bestehende Wissen aus Forschung und Praxis zu Klimaänderungen, Auswirkungen und Anpassung sollte effektiv genutzt werden. Dazu hat das UBA KomPass gestartet. Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 17 Regionale Folgen der globalen Erwärmung 21 Thesen zum Klimaschutz des 21. Jahrhunderts • Falls wir zögern, die Klimaschutzziele zu erreichen, wird Klimaschutz teuer. • Politisch und technisch haben wir das nötige Wissen in der Hand, um rasch handeln zu können. • Das Fördern der erneuerbaren Energien, rationelle Energienutzung und eine deutlich steigende Energieeffizienz tragen hierzu in hohem Maße bei. • Deutschland kann das 40%-Ziel bis 2020 erreichen! Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 18 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Energie ist der Schlüssel • Stromsparen: 40 Mio. t CO2/a • Erneuerung des Kraftwerksbestandes: 30 Mio. t CO2/a • Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (26%): 44 Mio. t CO2/a • Verdoppelung der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung: 15 Mio. t CO2/a • Wärmeeinsparung durch Gebäudesanierung und effiziente Energieanlagen : 41 Mio. t CO2/a • Wärme aus erneuerbaren Energien: 10 Mio. t CO2/a • Senkung des spezifischen Verbrauchs im Verkehr: 15 Mio. t CO2/a • Vermeidung unnötiger Verkehre und Verlagerung auf Schiene und Schiff: 15 Mio. t CO2/a Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 19 Regionale Folgen der globalen Erwärmung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Dr. Klaus Müschen Umweltbundesamt [email protected] www.umweltbundesamt.de/klimaschutz ceterum censeo emissiones dioxydi carbonici minuendas esse Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Abgeordnetenhaus von Berlin, 12.03.2007 20