UNSERE LÄNDLICHE FARBKULTUR Mit dieser Farbkarte werden die Eigenart und die Qualitäten unserer Farbkultur aufgezeigt, wie sie sich über eine lange Zeitspanne aus der hiesigen Bau- und Handwerkskultur entwickelt haben. Die Farbkarte zeigt die Resultate von Farbabnahmen an verschiedenen Bauten, welche bis ins 19. Jahrhundert entstanden sind. Die Gebäude stammen also aus einem Zeitraum, bevor die Erzeugnisse der chemischen Industrie – wie neue Bindemittel, Pigmente und Verputze – auf die Bauweise und die Farbgebung eingewirkt haben. FASSADENFARBEN Die Farbigkeit der Fassaden ist durch die traditionellen Baumaterialien der Region mitbestimmt: den Stein, den Sand und den Kalk. Diese Materialien zeichnen sich mehrheitlich durch eine helle, warmtonige Farbigkeit aus. Die Palette für die Hausfassaden reicht von diesem sehr hellen Beige bis zu ockerfarbenen und graustichigen Farbtönen. Aufgrund der gemeinsamen Basis der lokalen Baumaterialien sind die Farben untereinander sehr stimmig und fügen sich ausgezeichnet ins Orts- und Landschaftsbild ein. Die Weiler und Dörfer leben, aus der Ferne betrachtet, insbesondere vom Wechselspiel der mächtigen roten Ziegeldächer mit den charakteristischen hellen Putzen, die oft Naturputze sind. EIN FARBIGES KLEID FÜR UNSERE HÄUSER Vergleicht man die Fenster unserer Häuser mit den Augen, so liegt die Verbindung der Farbgestalt eines Hauses mit einem Kleid nahe. Die Farbgebung zeichnet ein Haus aus und bindet es gleichzeitig in seine Umgebung ein. Der Blick in die Geschichte zeigt, dass die Farbwahl für ein Haus stets bestimmt wurde durch seine Aufgabe und Bedeutung. Öffentliche Gebäude wie ein Rathaus markierten ihre Präsenz mit Rot, während das Bauernhaus die Farbigkeit des verwendeten Materials aus der Gegend zeigt. Die Farbwahl wurde und wird zudem bestimmt durch den jeweiligen Baustil: Im Barock herrschten in unserer Region die kühlen Weiss- und Grautöne vor, während im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen neuer Farbmaterialien Fassaden, Fenster und Türen bunter gestrichen worden sind. Heute, im 21. Jahrhundert, können – rein materialtechnisch gesehen – alle nur denkbaren Farbnuancen gestrichen werden. Diese Freiheit stellt uns vor neue Herausforderungen. Die vorliegende Farbkarte soll mithelfen, umsichtig und verantwortungsvoll die richtige Farbwahl zu treffen. ACHT EMPFEHLUNGEN FÜR FARBENTSCHEIDE 1. Machen Sie sich die spezifischen räumlichen und farblichen Qualitäten des Ortes bewusst. 2. Erfreuen Sie sich am breiten Spektrum dieser traditionellen Farben und wählen Sie die einzelnen Farbnuancen mit Umsicht. 3. Suchen Sie gestalterisch und materialtechnisch Unterstützung bei Fachpersonen aus den Bereichen Handwerk, Denkmalpflege und Farbgestaltung. 4. Arbeiten Sie, wenn immer möglich, mit traditionellen Materialien wie Ölfarbe, Kalk oder Kalkkaseinfarbe. 5. Lassen Sie die Farbgebung grossflächig an Ort und Stelle bemustern und überprüfen Sie die Muster in unterschiedlichen Lichtsituationen. 6. Denken Sie langfristig, und behandeln Sie die Oberflächen so, dass sie dank regelmässiger Pflege lange Zeit als Schutzschicht dienen und ästhetisch ansprechend bleiben. 7. Bei historisch wertvollen Bauten und Schutzobjekten soll ein Farbuntersuch vorgenommen werden; die Neufassung soll sich am historischen Befund orientieren. 8. Übernehmen Sie Mitverantwortung für ein stimmiges Ortsbild. Brigitte Frei-Heitz, Kantonale Denkmalpflegerin AKZENTFARBEN Begibt man sich in das Dorf hinein, gewinnen die Akzentfarben von Fensterund Türrahmungen sowie diejenigen der Fensterläden an Bedeutung. Als einziger Schmuck der Häuser schaffen sie Kontraste und beleben das Fassadenbild. Die Fenster- und Türeinfassungen sind praktisch immer gestrichen. Das Spektrum reicht von warmem Grau bis zu erdigem Rot, das mit dem Farbton von rotem Sandstein verwandt ist. Die Fensterläden sind mehrheitlich grün, mit vereinzelten grauen oder rotbraunen Beispielen. Was nach Einschränkung klingt, sind bei näherer Betrachtung vielfältige Grünnuancen, die einen grossen Gestaltungsspielraum eröffnen. Der Ausdruck eines Einzelbaus kann durch den Dreiklang von heller Fassade mit grauen oder rötlichen Fenster- und Türfassungen und grünen Fensterläden je nach Zusammenstellung der einzelnen Nuancen stark variieren. Allein durch den Farbklang kann ein Gebäude entweder elegant, ruhig, traditionell, unauffällig, frisch oder zurückhaltend wirken. RENOVATIONEN Es ist nicht allein der Farbton, der die Wirkung eines Gebäudes ausmacht. Das verwendete Material prägt in hohem Masse den Charakter von Bauten. Darum ist es wichtig, dass bei Renovationen historischer Bauten, die das Dorf prägen, auch traditionelle Materialien und Techniken zum Einsatz kommen. Fassaden und Einfassungen sollten mineralisch gestrichen werden, das heisst mit Kalk- oder Mineralfarbe. Für Fensterläden und anderes Holzwerk ist Ölfarbe auch heute noch die erste Wahl. Es geht bei der Materialentscheidung um einen in sich stimmigen konstruktiven Aufbau und um eine möglichst lange Haltbarkeit. Zudem ist es besonders wichtig, dass Anstriche würdig altern. Das bedeutet, Oberflächen verwittern mit den Jahren ohne Abplatzungen und Pilzbefall und legen eine qualitätvolle Patina an. Nur so entsteht in den Dörfern ein stimmiges und gepflegtes Miteinander von frisch renovierten Bauten und solchen mit charakteristischen Spuren der Zeit. Farbkultur ist das Ergebnis von über Generationen hinweg getroffenen Entscheidungen einer Gesellschaft. Damit diese Kultur weiterhin lebt und gestaltet wird, sind Privatpersonen und Bauherren ebenso in der Pflicht wie Behörden und Planer, Handwerker und Industrie. Jeder ist im Rahmen seines Handelns und seiner Entscheidungsbefugnisse dazu aufgefordert, Qualität zu fördern. Dabei sollen weniger individuelle Vorlieben und Interessen im Vordergrund stehen, sondern der sorgfältig gestaltete gemeinschaftliche Lebensraum. WIE KAM ES ZU DIESER FARBKARTE? Das Kolorit der Farbkarte entstand aufgrund von sorgfältigen Farbabnahmen im historischen Ortskern von Maisprach. Der Ort wurde exemplarisch gewählt, weil er im aktuellen Erscheinungsbild eine mehrheitlich traditionelle Farbigkeit aufweist. Die abgenommenen Farben wurden nachgemischt und in einem zweiten Schritt unter denkmalpflegerischen und farbgestalterischen Erwägungen optimiert und ergänzt. So konnte eine Farbpalette entwickelt werden, die dem historischen Charakter der ländlichen Baukultur im Baselbiet verpflichtet bleibt, ohne sich aktuellen Entwicklungen zu verschliessen. KONTAKTADRESSEN FÜR INFORMATIONEN UND BERATUNG Kantonale Denkmalpflege www.baselland.ch | [email protected] Haus der Farbe Fachschule für Gestaltung in Handwerk und Architektur www.hausderfarbe.ch | [email protected] BSFA Bund Schweizer Farbgestalterinnen und Farbgestalter in der Architektur www.bsfa.ch | [email protected] Beteiligte Kantonale Denkmalpflege Haus der Farbe – Fachschule für Gestaltung in Handwerk und Architektur Fotografien und Gestaltung: icona basel Druck: Schwabe AG, Basel Mit freundlicher Unterstützung von: Gemeinde Maisprach Hans Schmidt Stiftung Maler- und Gipserunternehmerverband Baselland FARBKULTUR IM BASELBIET Farbkarte für die ländliche Baukultur Kantonale Denkmalpflege Baselland | Haus der Farbe FARBKULTUR IM BASELBIET Farbklänge von Einzelbauten 1 Fassaden 2 Fenster- und Türeinfassungen 3 Fensterläden elegant Farbkarte für die ländliche Baukultur 1 2 3 ruhig traditionell unauffällig frisch zurückhaltend