Bernd Rabanus

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durchblick 4/2013
V ORGESTELLT
B ERND R ABANUS
G
roß, breitschultrig, dynamisch und mit wachem
Blick kommt Bernd Rabanus in die Redaktion
des durchblick. Schriftlich, in markanter, kantiger Architektenschrift hat er sein Anliegen vorgelegt:
„Wir sind die erste Generation in der Geschichte der
Menschheit, die genau den Überblick hat. Deshalb ist das
jetzt alles darstellbar.“
Bernd Rabanu's Zielgruppe sind junge Menschen. Ihnen will er das Universum, unsere physikalische Wirklichkeit in Projekten näherbringen. Welcher Siegener
kennt, nicht den Planetengarten beim Gasbehälter vor
dem Ziegenberg, die Bronzefigur des Sternenguckers
neben der Nordschule mit der dahinterliegenden
„Himmelsleiter“, oder am Krebs, dem Aussichtspunkt im oberen Schlossgarten, die Städtewappen? Immer sind Schüler und Lehrer bei der
Entstehung seiner Projekte einbezogen. Die
Mädchen und Jungen wissen, was diese
Figuren und Bilder bedeuten. Mit großer Begeisterung arbeiten sie aktiv
an der Planung und Entstehung
4/2013 durchblick
mit und so wird ihr Wissen über die Zusammenhänge
der Welt im astronomischen Sinn erweitert. Er belehrt
nicht – Bernd Rabanus nimmt die Kinder mit auf die
abenteuerliche Reise zum Verstehen unserer phantastischen und wunderschönen Welt. Denn schon als
kleiner Junge war er selber von Planeten und Sternen
verzaubert und beschäftigt sich sein Leben lang mit deren Erforschung. Erst jetzt im Alter konnte er seinen
Traum wahrmachen und sein Wissen an die nächsten
Generationen weitergeben.
Vier Mal die Wirklichkeit, was meint Bernd Rabanus mit seiner Kernaussage?
Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des
Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums und Auszubildenden
des Aus- und Weiterbildungszentrums Bau der Bauinnungen Siegen-Wittgenstein und Olpe erarbeitete er ab
1999 neben dem Ziegenberg an der Achenbacher Straße
den Planetengarten. Der ehemalige Kugelgasbehälter aus
Baustahl von 1934/35 (Durchmesser ca. 15,7 m) steht
für die Sonne, um die unsere Erde und andere Planeten
kreisen. Im Maßstab zur symbolischen Sonne steht !
Collage: Gottfried Klör29
Vorgestellt
daneben die Erde als 14,3 cm große Bronzekugel und weitere fünf Planeten, mehrere Kleinplaneten und 14 Monde aus
Edelstahl. Es fehlen noch die beiden größten Planeten Saturn
und Jupiter. Dann ist alles, was in unserem Sonnensystem
mehr als 1.000 km Durchmesser hat, dargestellt. Vom Bau
des Siegener Planetenmodells gibt es einen Dokumentationsfilm, den Dieter Kopelke aus Siegen hergestellt hat.
Am Wochenende trifft man bei schönem Wetter und mit
etwas Glück am Oberen Schloss auf dem Krebs Bernd Rabanus persönlich. Mit Leidenschaft erklärt er Besuchern das
Städteprojekt. Es veranschaulicht unsere Position auf dem
Erdball, also die Entfernungen von Siegen zu anderen Orten.
Die Städtewappen sind genau
in der Richtung eingebaut, wo
die Stadt hinter dem Horizont
liegt. Durch die Globalisierung
und das Internet ist uns diese
allgegenwärtige Vernetzung
sowieso geläufiger als früheren
Generationen. Hier am Oberen Schloss lässt sich die Kugelgestalt der Erde real erleben. Auf dem Krebs plant Rabanus
und die beteiligten Sprachenschülerinnen und -schüler mit
Wappen von 142 Städten, die Entfernungsangaben und somit
die symbolischen Verbindungen zu zeigen. 12 Wappen sind
bisher an der Mauer eingebaut. Immer verbinden die Projektbeteiligten diese Städtewappen mit realen Kontakten zu der
jeweiligen Stadt in Briefen. So wird gleichzeitig die Mehrsprachigkeit der Schüler und Studenten aktiviert. Natürlich
geben die Bürgermeister gern ihr o.k. für so eine Initiative
von Schülern, die die Sprache lernen, die in ihrer Stadt gesprochen wird. Ushuaia (Feuerland), Granada, Nantes und
Genf sind die nächsten Wappen, die hergestellt werden und
vielleicht schon im November eingebaut werden.
Die Himmelstreppe hinter der Nordschule soll das Sternengeflecht über uns am Himmel veranschaulichen. Uns
sind die 12 Tierkreiszeichen (der Astrologie) geläufig. Ich
frage ihn, was er von der heute boomenden Astrologie und
von Horoskopen hält. „Dazu sage ich nichts“, ist sein eindeutiger Kommentar. „In der Wissenschaft sind 88 Sternbilder
international definiert, so wie auch das Klavier 88 Tasten
hat“, erklärt Bernd Rabanus. Zufall? Nordschul-Kinder haben zu diesen Sternbildern seit 2007 Entwürfe gemacht – das
Projekt ist noch lange nicht abgeschlossen – und Schüler der
Fritz-Busch-Musikschule – die nächstes Jahr ihr 60-jähriges
Bestehen feiert – interpretieren die 88 Sternbilder in kleinen,
eigenen Kompositionen. Geplant ist die Herstellung eines
Films gemeinsam mit den Studierenden der Medienwissenschaften an der Universität Siegen und den Musikschülern,
die ihr Werk an ihrem Instrument vortragen. Mit viel Kreativität, Leidenschaft und mit allen Sinnen vermittelt Bernd
Rabanus sein Wissen und seine „Wirklichkeit“. Er selbst
spielt auch verschiedene Instrumente. Spannend ist es, die
Schlagzeug-Komposition eines
kleinen Jungen zum Sternbild
„Drachen“ zu hören. Die Himmelstreppe, der Siegbergweg
zwischen Nord- und Marburger Straße, ist – wie auch die
Bronzefigur (2011) des Sternenkindes, das eine Weltkugel hält, neben der Schule – auf
den Polarstern ausgerichtet. Der Nordstern ist der scheinbar
fixe Punkt am Himmel, weil er in der Verlängerung der Drehachse der Erde nach Norden liegt, wo sich doch sonst für uns
alles dreht und bewegt.
Das vierte Thema ist die Zeit. Rund um das Löhrtor-Gymnasium erarbeitet er mit Schülerinnen und Schülern seit einigen
Jahren das Projekt Weltzeit, das sich wissenschaftlich und sehr
subjektiv, also mit unseren unterschiedlichen Empfindungen,
dem Thema „Zeit“ widmet. Vor der Stadtbühne gestalteten sie
„Sonnen-Weltzeit-Uhren“ für die Poller auf der Straße. Wenn
bei uns die Sonne scheint, dann kann man im Vorbeigehen am
Schatten der Pfosten erkennen, wie die Uhrzeit an anderen
Orten auf der Erde ist. Das Projekt wird die Arbeitsgruppe
noch länger beschäftigen. Auch die Siegener Weltzeituhr soll
musikalisch untermalt werden. Diesmal allerdings mit Kompositionen aus den Ländern, die die Schülerinnen und Schüler
des Gymnasiums Am Löhrtor für die Zeitzonen der Erde ausgewählt haben. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
Auch um die Finanzierung der Projekte kümmert sich
Rabanus. Nicht die Stadt öffnet ihre strapazierte Schatulle.
Möglichst viele Sponsoren werden eingebunden – vom
kleinen Beitrag bis zu großen Summen sammelt Bernd Rabanus bei Bürgern und Unternehmen im Siegener Raum.
„Die Ergebnisse sind hier in Siegen nur möglich durch die
Zusammenarbeit von ca. 700 bis 1.000 Schülerinnen und
Schülern gemeinsam mit ca. 7.000 bis 10.000 Spendern und
Sponsoren“, erklärt er. Nicht zu vergessen den Hauptakteur
und Initiator: Bernd Rabanus.
Erkenntnisse zum Sonnensystem, zur weltweiten Vernetzung, zu den Sternen und zur Zeit möchte Bernd Rabanus
der nächsten Generation mitgeben, seine „Vier Wahrheiten“.
Geboren 1950 in Siegen, Beruf Architekt. Sein bevorzugtes Gebäude in der Geschichte der Architektur ist übrigens die Berliner Philharmonie von Hans Scharoun, in Siegen ist das Obere Schloss sein Favorit.
Tessie Reeh
Immer sind Schüler und
Lehrer bei der Entstehung
seiner Projekte einbezogen
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