Newsletter EDITORIAL „AIDS wird sich weiter in jeden Winkel dieses Planeten verbreiten“, prophezeite Peter Piot letzte Woche anläßlich des UN-Gipfeltreffens zu HIV/AIDS in New York. Trotz dieser düsteren Prognose zeichnete er einen Hoffnungsschimmer auf: Es sei immer noch Zeit, eine weitere Verschlechterung der Lage zu verhindern. Letztlich hänge es von der politischen Führung und vom Willen der internationalen Gemeinschaft ab, wie sich der Kampf gegen Aids entwickle. Die Worte Piot’s treffen letztlich auch auf das Kompetenznetz HIV/ AIDS zu. Denn die Zukunft des überregionalen Forschungs- verbundes hängt entscheidend vom „committment“ seiner Mitglieder und dem Willen der Gesundheitspolitiker ab. Mit einer Datendokumentation von – sage und schreibe – mehr als 12.000 Patienten in der Kohorte können die deutschen HIV-Mediziner zu einem wichtigen Baustein der globalen Aidsforschung werden – vorausgesetzt, alle „ziehen an einem Strang“ und nutzen die Potentiale dieses Datenpools zunehmend für gemeinsame Projekte. Denn im und mit dem Team lassen sich aus den spröden Statistiken innovative Studienideen zum Wohle der Patienten ableiten. Auch die deutsche Politik ist gefordert: Mit dem Kompetenznetz ist in kurzer Zeit eine einzigartige Forschungsstruktur entstanden, die gerade beginnt, die ersten NATIONALES PATIENTENREGISTER Eine unendliche Geschichte Daten von mehr als 12.000 HIV-Infizierten werden fortlaufend aktualisiert Rund 48.000 Patienten in Deutschland sind HIV-positiv, Tendenz steigend. Vor dem Hintergrund der stetigen Zunahme HIV-Infizierter in Deutschland, zum einen durch verbesserte Therapien, die die Sterblichkeit reduzieren, aber auch durch steigende Neuinfektionsraten, ist es notwendig, detaillierte Aussagen treffen zu können, die den Versorgungsalltag spiegeln. Dank der Bereitschaft der Patienten zur Teilnahme am Kompetenznetz HIV/AIDS und der überregionalen Vernetzung von 51 internistischen und dermatologischen Schwerpunktzentren innerhalb der Bundesrepublik, liegen zum jetzigen Zeitpunkt zu 12.000 HIV-News 1/06 Patienten soziodemographische und fortlaufend detaillierte medizinische Daten vor. Bemerkenswert für das Kompetenznetz HIV/AIDS ist die über die Schwerpunktzentren hinausgehende Kooperation mit Pädiatern, Gynäkologen und Neurologen. Mit Experten dieser Disziplinen werden spezielle Module für das Patientenregister entwickelt, sodass durch die Zusammenführung der Daten komplexe Fragestellungen weit über die eigentliche HIV-Infektion hinaus beantwortet werden können. Wissenschaftliche Auswertungen zu dem Neuromodul, welches neben Diagnosen und Früchte des vernetzten Arbeitens zu ernten. Sie bietet Qualität, Effizienz, Kostenersparnis und Transparenz – und entspricht somit den Anforderungen des vielfach postulierten modernen Gesundheitssystems. Diese junge Pflanze gilt es noch zu pflegen, bis sie die ersten ökonomischen Stürme eigenständig bestehen kann (und wird). Ich danke für Ihr Interesse Ihr Norbert Brockmeyer Symptomen auch potenziellen Drogenabusus eruiert, werden Patienten mit neurologischen Erkrankungen zugute kommen. Hypothesen zu einer HIV – Hepatitis-Co-Infektion können durch die Erweiterung um das Hepatitis-Modul generiert und verifiziert werden. In Kürze wird das Register um Datenerfassungsmasken für Kinder und Schwangere erweitert, womit sich ein wesentlicher Kreislauf schließt. Herausragend ist auch hier die Zusammenarbeit des Netzes mit verschiedenen Fachdisziplinen, sodass sowohl spezielle Aspekte der HIV-Infektion in der Schwangerschaft dokumentiert werden, als auch infizierte und exponierte Kinder langfristig beobachtet werden, um Forschungsfragen und neue Therapiestrategien für diese Patientengruppen abzuleiten. Seit Beginn der 2. Förderperiode ist das Koordinierungszentrum für Klinische Studien Köln (KKSK) sowohl für die inhaltliche als auch die technische Betreuung der nationalen Patientenkohorte HIV/ AIDS zuständig. In wöchentlich aktualisierten Online-Auswertungen, die durch das KKSK bereit gestellt werden, können die teilnehmenden Zentren verschiedenste zentrumsspezifische Auswertungsaspekte (Medikation, CDCStadien, Infektionsweg etc.) der von ihnen behandelten Patienten Tatkräftige Unterstützung Meike Brenner begleitet seit 1. April das Onsite-Monitoring in der Geschäftsstelle Bochum und unterstützt das Team nach vollen Kräften. Diese zusätzliche Mitarbeiterstelle wurde durch eine großzügige Spende der Firma Abbott für das Kompetenznetz HIV/Aids gesichert. im Vergleich zu der Gesamtkohorte einsehen und auch individuelle Verläufe des einzelnen Patienten (Viruslast, CD4-Zahl) betrachten. Durch die Kollaboration mit dem Robert Koch-Institut (RKI) konnte eine Schnittstelle zwischen dem KompNet HIV/AIDS und der RKIDatenbank entwickelt werden, die zurzeit in der Pilotphase getestet wird. Diese Schnittstelle ermöglicht es den Behandlungszentren, Daten aus der KompNet HIV/AIDSKohorte an das RKI zu übertragen, ohne der bisher notwendigen, zeitaufwendigen Doppeleingabe. Vor dem Hintergrund der steigenden Neuinfektionszahlen nimmt die Prävention einen großen Stellenwert ein, sodass gemeinsam mit der Deutschen AIDS-Hilfe nach Konzepten gesucht wird, die Kohorte als Basis für Sekundärprävention hinzuzuziehen. Dr. med. Nicole Skoetz Koordinierungszentrum für Klinische Studien der Universität Köln (KKSK) Meike Brenner UNSERE ANSPRECHPARTNER IM KKSK KÖLN Zentrale Partner Die Weiterentwicklung der HIVPatientenkohorte sowie der Entwurf und die Durchführung multizentrischer klinischer Studien stellen hohe klinische, methodische, ethische sowie organisatorische Anforderungen. Das Koordinierungszentrum für Klinische Studien der Universität zu Köln (KKSK) ist für das Kompetenznetz HIV/AIDS in diesen Fragen der zentrale Partner. Mit den Aufgaben sind betreut sind: Projektmanagement: Dr. Nicole Skoetz ist die zentraler Ansprechpartnerin für die komplette Durchführung der klinischen Studie am KKSK. Sie übernimmt die Koordination von multizentrischen Studien, die Dr. Nicole Skoetz HIV-News 1/06 Qualitätssicherung innerhalb der Kohorte wird durch die SOP-Arbeitsgruppe gewährleistet, die aus Experten verschiedenster Projekte des KompNet HIV/AIDS besteht und Qualitätsstandards etabliert. So wird, einzigartig für Register in den deutschen Kompetenznetzen, ein Onsite-Monitoring gemäß Monitoringplan durchgeführt. Ein weiteres Qualitätskriterium ist die Nutzung der kommerziellen Studiendokumentationssoftware MACRO (InferMed Ltd., London) in der validierten IT-Umgebung des KKSK, welche internationale gesetzliche Auflagen erfüllt und dem hohen Qualitätsstandard klinischer Studien (EU-Direktiven, GCP-Verordnung, Leitlinie zur GEP) genügt. Die Zusammenarbeit der beteiligten Wissenschaftler und Institutionen ist einzigartig und setzt neue Standards in der HIVForschung Deutschlands. Kooperation mit Studieneinrichtungen und theoretischen Instituten, die Schulung von Studienper-sonal und die Erstellung von Finanzierungskonzepten. Monitoring: Dr. Dietmar Theisen und Claudia Michalik sind verantwortlich für die Unterstützung der Prüfärzte bei der Vorbereitung und Durchführung der klinischen Studie am Prüfzentrum. Sie tragen wesentlich zur Umsetzung der ICH-GCP Richtlinien und zur zeitgerechten Durchführung der klinischen Studien am Prüfzentrum bei. Informatik: Sven Wiegelmann ist der Ansprechpartner für die Server, Betriebssysteme, Datenbanktechnologie und das Studiensoftwaresystem MACRO. Damit obliegt ihm die Rechnerkommunikation zwischen dem KKSK und den teilnehmenden Zentren. Datenmanagement: Ulrike Bergmann unterstützt das Netz von der Erstellung der Case Report Forms (CRF) bis zur Vorbereitung der Daten für die biometrische Auswertung (Erstellung und Pflege von Datenbanken, Dateneingabe, zentrale Randomisierung, Daten-Queries). Eine der wesentlichen Aufgaben des KKSK ist ausserdem die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzten und Assistenzpersonal im Bereich der Datenerhebung für die Patientenkohorte. Hiezu wurden für das Kompetenznetz HIV/AIDS eine Vielzahl von Veranstaltungen, Kursen und Seminaren angeboten, die regen Zuspruch finden. PARTNERSCHAFT MIT JAPAN Ein Netz zum Fernen Osten gespannt Japanische Forscher haben sich traditionell stark an den USA orientiert. Mit dem „1. Japanisch-Deutschen HIV/ AIDS-Symposium“ Ende 2005 hat sich das geändert. „Das Symposium in Nagoya war der Start zu einer längerfristigen Partnerschaft mit regelmäßigen Tagungen, gemeinsamen Forschungsprojekten, vergleichenden Studien und dem Austausch junger Wissenschaftler“, so Prof. Takashi Okamoto (Nagoya City University, Graduate School of Medical Sciences). Der japanische Wissenschaftler hat bereits im Februar die Ruhr-Universität besucht, um das 2. Symposium vorzubereiten, das am 25./26. November in Bochum stattfinden wird. Es gibt viele Parallelen zwischen den Industrienationen Japan und Deutschland. „Unsere Bevölkerung weiß aber erschreckend wenig über HIV und Aids. Das Problem wird unterschätzt. Wir können viel von Deutschland und den Erfahrungen, die dort schon gemacht wurden, lernen“, so Prof. Seiichi Ichikawa, der an der Nagoya City University zuständig ist für Prävention und Infektion. Eine sechsköpfige Delegation des Kompetenznetzes HIV/AIDS reiste deshalb im Rahmen des „Deutschlandjahres in Japan“ nach Nagoya, um über Grundlagenforschung, klinische Forschung und Sozialwissenschaften zu berichten. „Ein erster Erfahrungsaustausch über den aktuellen Stand der Wissenschaft“, sagt Netzwerksprecher Prof. Dr. Norbert Brockmeyer aus Bochum. Das Ziel sei die zukünftige enge Kooperation der Forscher in beiden Ländern, etwa im Bereich der Impfstoffentwicklung. Darauf setzt auch sein Koorganisator Professor Takashi Okamoto, der im Labor von HIV-Mitentdecker Gallo arbeitete und jetzt an der Nagoya City University nach neuen Hemmstoffen für die Therapie forscht. „Kein Land kann das Problem allein lösen, wir müssen und wollen kooperieren. Was uns in Japan vor allem fehlt, ist ein Überbau wie das exzellente Kompetenznetzwerk.“ Besonders interessant sei die Datensammlung der Kohorte aus 12.000 Patienten. Okamoto und Kollegen wollen in Japan eine ähnliche Struktur schaffen und die Zusammenarbeit mit Deutschland ausbauen. Im November wird ein erneutes Treffen in Nordrhein-Westfalen HIV-News 1/06 stattfinden. Das Bundesland mit der größten japanischen Gemeinde förderte, neben dem Bundesforschungsministerium, auch das erste HIV-Symposium mit Mitteln des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Technologie. Staatssekretär Michael Stückradt hielt die Eröffnungsrede. Ähnlich wie in Deutschland ist die HIVInfektionsrate in Japan bei auch Epidemiologen wie Ichikawa auf den Plan rufen. Sie fordern mehr Geld vom Staat für neue Präventionsmaßnahmen. Außerdem gehen Experten wie Shinichi Oka, der am International Medical Center in Tokio 2000 AIDSPatienten betreut, von einer hohen Dunkelziffer aus. „Viele wissen nichts von ihrer Infektion, lassen In der Universität von Nagoya wird nach neuen Hemmstoffen geforscht Männern mit männlichen Sexualpartnern besonders hoch. Etwa 10.070 Japaner, vor allem Großstädter, tragen das HI-Virus in ihrem Körper. Am Anfang der Epidemie sorgte ein Skandal mit verunreinigten Blutspenden für Aufmerksamkeit. Rund 2.000 Menschen wurden infiziert. Das brachte einerseits hohe medizinische Standards, aber auch Mißverständnisse: Aids wurde zur Krankheit von Fremden, Schwulen und HämophilieKranken – der Zusammenhang zur sexuellen Übertragung wurde vernachlässigt. Das rächt sich jetzt, da Japans Jugend sexuell aktiver wird. Im Jahr 2004 waren es 780 bis etwa 1100 Neuinfektionen – 60 Prozent davon homosexuelle Männer, aber 25 Prozent der Fälle folgten nach heterosexuellen Kontakten, ein Drittel der neuen Betroffenen ist jünger als 30 Jahre. Soweit die offiziell belegten Zahlen, die sowohl Grundlagenforscher als sich nicht testen. Sexualität und damit die HIV-Ansteckungsgefahr ist in den Familien kein Thema. Die Medien berichten wenig über AIDS, und es gibt kaum Aufklärungsplakate, weil man sonst Kinder involvieren könnte“, sagte Okamoto. Die Angst, man würde nicht behandelt, sei hingegen unbegründet, die Gemeinden und das staatliche Gesundheitssystem kommen für die Therapie auf. Zwei- bis fünfmal so hoch könnte die tatsächliche Infektionszahl liegen, schätzt Okamoto, der nach Markern für eine individuell angepaßte Therapie sucht: Ein Beispiel ist das Cytochrom P450 2B6, das die Wirkstoffdosis beeinflusst. Mit dieser Schätzung würde Japan mit seinen 127 Millionen Einwohnern auch in diesem Bereich der Bundesrepublik ähneln. Sonja Kastilan, DIE WELT Neue Projekte CHRONISCHE VIRUSERKRANKUNGEN Charakterisierung der Immunantwort Sowohl bei der HIV-Infektion als auch bei der Hepatitis-C-Infektion ist das Immunsystem mit Erregern konfrontiert, die sich durch eine außerordentliche genetische Variabilität auszeichnen und damit einer Erkennung durch das antigenspezifische Immunsystem entgehen. In einem Projekt der Abteilung Klinische Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover erfolgt die molekular-genetische sowie funktionell-immunologische Untersuchung antigenspezifischer Immunantworten bei Patienten, welche an diesen chronischen Viruserkrankungen leiden. Vorarbeiten hatten gezeigt, dass die strukturelle Diversität der Hepatitis-C-spezifischen T-Zellantwort von außerordentlicher Relevanz für die Entstehung von viralen Escape-Mutationen und damit für den Verlauf der Erkrankung ist. Im Rahmen dieser Arbeiten erfolgte auch eine umfangreiche molekulare Charakterisierung des T-Zellrezeptorrepertoires in verschiedenen Spezies. Aktuell werden Zusammenhänge zwischen der T-Zellrezeptordiversität von HIV-spezifischen CD8+ -T-Zellen und der Pathogenese der HIV-1-Infektion erarbeitet. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Projektes ist der Zusammenhang zwischen der natürlichen und der adaptiven Immunantwort. Dabei war es dem Team gelungen, die Rolle der MHC-Klasse I Expression und Erkennung durch NK-Zellen sowie die NK-Zellfunktion in verschiedenen Modellsystemen bestimmen. „Wir erhoffen uns durch unsere Untersuchungen ein besseres Verständnis der Pathogenese viraler Infektionen, welches für die Entwicklung von immunmodulatorischen Therapieoptionen – zum Beispiel therapeutische Impfstoffe – genutzt werden kann“, so Dirk Meyer-Olsen. Projekt: Evaluation of viral sequence variation within HLA-B*0801 restricted HIV-apecific CTL epitopes Prüfarzt: Dr. med. Dirk Meyer-Olson ([email protected]) HIV UND AKUTE HCV-KOINFEKTION Wie Genveränderungen den Verlauf beeinflussen Patienten mit akuter Hepatitis C weisen sehr unterchiedliche Verläufe auf: Bei etwa einem Drittel der Patienten heilt die Infektion spontan aus, bei anderen wiederum spricht die Kombinationstherapie aus pegyliertem Interferon und Ribavirin nicht an – ohne dass man die Gründe dafür kennt. Die Erforschung der zellulären Immunantwort von HIV-infizierten Patienten mit Hepatitis-C-Koinfektion (HCV) ist ein Schwerpunkt der immunologischen Ambulanz der Universitätsklinik Bonn. Von Interesse ist der Einfluss von Chemokinen, deren Rezeptoren und möglicher Gen-Polymorphismen auf das Infektionsgeschehen. So ist beispielsweise unklar, ob Gen-Polymorphismen der Zytokine IL-6, IL-10, TNFalpha, TGF-beta und IFN-gamma HIV-News 1/06 den Verlauf der akuten HCV-Infektion, aber auch die Ansprechrate auf eine frühzeitige Therapie mit der Kombination aus pegyliertem Interferon und Ribavirin beeinflussen. Für das vom Kompetenznetz HIV/ AIDS unterstützte Teilprojekt werden die Genotype der genannten Zytokine von gesunden Kontrollpersonen, HIV-Monoinfizierten sowie HIV-Infizierten mit chronischer HCV-Koinfektion mit den korrespondierenden Allelen von 59 HIV-Infizierten mit akuter HCVKoinfektion verglichen. Projekt: Chemokine recepotor and cytokine polymorphisms and theit impact on the course and treatment of acute hepatitis C infection in HIV-coinfected patients. Prüfärzte: Martin Vogel, Jacob Nattermann, Ulrich Spengler, Jürgen Rockstroh ([email protected]). PLASMAZYTOIDE DENDRITISCHE ZELLEN Ultrafeine Marker für die natürliche Immunabwehr? Die Zahl der CD4-Zellen sowie die Viruslast im Blut gelten heute als Determinanten der HIV-Infektion und Wegweiser für therapeutische Entscheidungen. Nach Untersuchungen des Teams um Dr. Barbara Schmidt vom Nationalen Referenzzentrum für Retroviren an der Universität Erlangen-Nürnberg gehen Veränderungen der Zahl plasmazytoider dendritischer Zellen (PDC) im Blut diesen bekannten Markern jedoch voraus. Die plasmazytoide dendritische Zelle ist im Blut auf die Erkennung von Viren spezialisiert und reagiert auf eine Infektion mit der Bildung der antiviralen Typ I Interferone IFN-_ und IFN-_. Nach Aktivierung differenzieren sich die PDC zu dendritischen Zellen und stimulieren naive CD4-Zellen. Sie sind somit ein Bindeglied zwischen der angeborenen und der reaktiven Immunabwehr. Es ist daher logisch, dass mit fortschreitender HIVInfektion die PDC-Zahl im Blut abnimmt – und zwar noch bevor es zum Verlust von CD4-Zellen kommt und die Viruslast ansteigt. Die PDC reagieren auch auf die antiretrovirale Therapie: Die Erholung des Immunsystems lässt sich frühzeitig an ihrer steigenden Zahl im Blut ablesen. Ob sich die PDC-Zellzahl in Zukunft zum „Feintuning“ für therapeutische Entscheidungen heranziehen lässt, soll durch vergleichende Untersuchungen aller Parameter von therapienaiven HIV-Infizierten evaluiert werden. Ebenso soll überprüft werden, wie sich die PDC-Zellzahl verändert bei Patienten, die mit resistenten HI-Viren und solchen, die mit Wildtypen infiziert sind. Projekt: Plasmacytoid dendritic cell (PDC) acivation as marker for HIV-1 pathogenicity and immune function Prüfärztin: Dr. med. Barbara Schmidt ([email protected]) KUNSTTHERAPIE UND HIV Sind Patientenbilder Spiegel des Krankheitsprozesses? Der Wandel der HIV-Infektion von einem akuten Zerfallsprozeß zu einer chronischen Erkrankung zeigt sich auch im künstlerischen Ausdruck der Patienten. Tod und Trauer sind nicht mehr die prägnanten thematischen Inhalte. Heute finden sich Landschaften, Stilleben und abstrakte Kompositionen in den Bildern wieder. Die Werke sind so individuell wie deren Schöpfer und ihre Lebenssituationen. Die gewählte Methode der Datenerfassung und Auswertung stammt aus dem Bereich der qualitativen Sozialforschung. Vorangegangene Forschungsarbeiten weisen die Differenzierbarkeit von Patientengruppen durch gestaltete Bilder nach. Rein formal-ästhetische Kriterien bilden hier zunehmend die Basis der Untersuchungen: Nach statistischen Kriterien sind sie als verlässliche Grundlage zur Ein- mer maximal 60 Minuten für die künstlerische Ausgestaltung eines Bildes zur Verfügung. Insgesamt entstehen so sechs Exponate von jedem Teilnehmer. Regine Merz Interessenten für die Teilnahme an der Studie (Verum- und Kontrollgruppe) werden gebeten sich zu melden: Telefonisch unter 0174 / 56 14 897 oder per Email [email protected] Aus diesem Faktum leitet sich die Forschungsfrage ab: Dokumentieren die in der Kunsttherapie entstandenen Werke über die persönliche Entwicklung hinaus auch die Veränderungen im Krankheitsprozeß? Die Aufgabe besteht darin, zu erforschen, in wie weit sich Bilder Der bessere Mensch: Das Bild beschäftigt sich mit dem Thema der Diskriminierung. HIV-positive Menschen müssen damit rechnen ausgegrenzt zu werden Landschaft: Beim Malen mit Acrylfarben kann erlebt werden, dass der Gestaltungsprozess immer wieder veränderbar ist und übermalt werden kann. Der Malende erlebt sich durch die künstlerische Arbeit als kompetent und kraftvoll, er hat jeder Zeit Einfluss auf das Bildgeschehen von Menschen mit HIV und AIDS von denen einer gesunden Vergleichsgruppe unterscheiden lassen und ob formale bildnerische Unterscheidungsmerkmale gefunden werden können. Ein weiteres Anliegen der Untersuchung ist es, auf der Basis der gefundenen formal- ästhetischen Kriterien, Bilder durch Personen verschiedener Berufsgruppen unabhängig voneinander einzuschätzen und eine eindeutige klinische Aussage ermitteln zu lassen. schätzung von Bildern anzusehen. Die Patienten (n = 50) unterschiedlicher Krankheitsstadien und eine Kontrollgruppe, die in Anzahl, Alter, Geschlecht, sexueller Ausrichtung und Herkunft vergleichbar ist, werden aufgefordert eine bestimmte Anzahl von Bildern zu gestalten. Es sollen sowohl freie spontane Themen und auch inhaltlich vorgegeben Themen (Stilleben, Landschaft, Selbstbildnis) bearbeitet werden. In der Therapiestunde stehen jedem Teilneh- HIV-News 1/06 Stilleben: Die Kunsttherapie bietet auch den Raum sich mit klassischen Themen der Malerei auseinander zu setzen WIESBADEN: INTERNISTENKONGRESS Kompetenznetz-Symposium „Differenzierte Therapie für eine unheilbare Krankheit“ Nicht jeder Mensch reagiert in gleicher Weise auf eine HIV-Infektion. Genetische Faktoren beeinflussen den Infektionsverlauf mit und entscheiden unter anderem darüber, wie schnell ein Patient das Vollbild AIDS entwickelt. Über den Einfluss der Genetik auf den Verlauf der HIV-Infektion sowie andere aktuelle Erkenntnisse zur Therapie der ImmunschwächeErkrankung haben Wissenschaftler des "Kompetenznetz HIV/AIDS" bei einem Symposium anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) am 26. April in Wiesbaden berichtet. Aus den Daten des überregionalen Forscherverbundes ist auch bekannt, dass ein Drittel aller HIV-Patienten gleichzeitig mit Hepatitis C-Viren infiziert ist. Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass die Behandlung der Leberentzündung an das jeweilige Stadium der HIV-Infektion angepasst werden sollte, da die Immunschwäche den Krankheitsverlauf oft maßgeblich beeinflusst. Weitere Themen des Symposiums waren Lipodystrophie, Analkrebs bei HIV-infizierten Männern, neue Therapieansätze sowie die Frage, warum die HIV-Infektion nicht heilbar ist. Während des gesamten Kongresses präsentierten sich die „Kompetenznetze in der Medizin“ mit einem gemeinsamen neuen Informationsstand BERLIN: LANGE NACHT DER WISSENSCHAFTEN „Sprechstunde ohne Praxisgebühr“ entwickelt sich zum Publikumsmagneten Unter dem Motto „Wie viel krank ist noch gesund?“ präsentierten sich die Kompetenznetze in der Medizin erneut auf der Langen Nacht der Wissenschaften (LNDW) am 13. Mai 2006 in Berlin. Zwischen 17.00 und 1.00 Uhr erwartete die Besucher – darunter eine große Zahl Jugendlicher – eine geballte Ladung Wissen rund um die Medizin. Erstmals wurde den interessierten Nachtschwärmern im Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Charité Campus Mitte, eine „öffentliche Sprechstunde“ angeboten. Für das „Kompnet HIV“ HIV-Newsletter Ausgabe 1/06, Juni 2006 Kontakt: Sprecher Prof. Dr. Norbert Brockmeyer Klinik für Dermatologie und Allergologie an der Ruhr-Universität Bochum Gudrunstraße 56, 44791 Bochum, Tel.: +49 (0) 234 509 - 34 71, -34 74 Fax: +49 (0) 234 509 - 34 72, -34 75 [email protected] HIV-News 1/06 standen PD Dr. Keikawus Arasteh (Berlin), Dr. Vera Zylka-Menhorn (Köln) sowie Steffen Taubert und Uli Spornhoever (Deutsche AidsHilfe, Berlin) Rede und Antwort. Zusätzlich konnte sich das Publikum auf der großen Ausstellung der Kompetenznetze informieren. Anschauliche Exponate, Selbsttests, Wissensquiz und unterhaltsame Spiele luden die rund 1.700 Besucher zum Mitmachen ein. Um den wissenschaftlichen Hintergrund klinischer Studien „spielend“ zu erfahren, konnten Interessierte auf einem Brettspiel in Lebens- Impressum: Pressestelle Kompetenznetz HIV/AIDS Dr. med. Vera Zylka-Menhorn c/o Publicis Vital PR GmbH Hansaring 97 50670 Köln Tel.: +49 (0) 221-91 27 19 15 Fax: +49 (0) 221-91 27 19 7 [email protected] größe die einzelnen Phasen einer Studie durchlaufen und erleben, welche Schritte die Sicherheit des Patienten und die Zuverlässigkeit des Ergebnisses gewährleisten. Insgesamt hatten 60 Lehrinstitute und Forschungseinrichtungen in Berlin und Potsdam die Türen zu 150 Gebäuden für die klügste Nacht des Jahres geöffnet. 36 ShuttleBusse fuhren Sonderrouten zwischen den Forschungseinrichtungen ab. Mit dabei waren neben Universitäten und Fachhochschulen auch viele außeruniversitäre Einrichtungen wie das Max-PlanckInstitut in Dahlem oder das ZeissGroßplanetarium in Prenzlauer Berg. 8.000 Wissenschaftler und Studierende präsentierten 1663 Programmpunkte.