Eigenfinanzierung stärken - M.Consult Unternehmensberatung GmbH

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Dr. Marcus Ruf, Advanteq Unternehmensberatung
Eigenfinanzierung stärken
Neben Alternativen zur Bankfinanzierung können Unternehmen
Möglichkeiten zur Innenfinanzierung nutzen und aus
vorhandenen Quellen zusätzliche Liquidität schöpfen.
Viele mittelständische Unternehmen
stehen hinsichtlich ihrer
Finanzierung vor einer
herausfordernden Situation, da bei
günstigem konjunkturellem Verlauf
und in unternehmerischen
Wachstumsphasen die
Finanzierungserfordernisse
schneller steigen als sich dies aus
den selbst erwirtschafteten Mitteln
abbilden lässt. Insbesondere
produzierende Unternehmen
benötigen Mittel nicht nur für die
Investitionen in zusätzliche
Anlagen, sondern auch die
Betriebsmittel müssen finanziert
werden; entwickelt sich das
Geschäft dynamisch, sind nicht
unerhebliche Vorleistungen
hinsichtlich der Finanzierung zu
erbringen. Besonders
Zulieferbetriebe geraten dabei nicht
selten in eine Sandwichposition –
Materiallieferanten mit starker
Verhandlungsposition auf der einen
Seite und Großunternehmen als
Abnehmer, die ebenso hart um
Konditionen verhandeln, auf der
anderen.
Bankfinanzierungen stehen vor dem
Hintergrund der Auswirkungen an
den Finanzmärkten und der
Berücksichtigung der Basel-IIIRegelungen nicht mehr
uneingeschränkt zur Verfügung; die
Ratingsystematik der Banken
korrespondiert mit den
Erfordernissen aus den genannten
Basel-Bestimmungen, aber nicht
notwendigerweise mit den positiven
Zukunftsperspektiven der
Unternehmen. Die Vorbereitung auf
die ab Januar 2013 geltenden
Basel-III-Kriterien verstärkt dies ein
weiteres Mal.
Die Anforderungen an Kreditnehmer
steigen, ebenso die Kosten. Basel
III, die Euroschuldenkrise, die
Notwendigkeiten, die sich hieraus
für einzelne Geldhäuser ergeben,
besonders die gestiegenen
Eigenkapitalanforderungen, müssen
sich letztlich in den Entscheidungen
der Kreditinstitute niederschlagen.
Die Politik hat nicht umsonst in der
jüngsten Vergangenheit immer
wieder versucht, den Bankensektor
so mit Liquidität zu versorgen, dass
eine Kreditklemme für die Wirtschaft
möglichst vermieden wird. Es ist
dennoch davon auszugehen, dass
die effektiven
Kreditvergabemöglichkeiten de
facto einschränkt sind. Klassische
Bankfinanzierungen stehen daher
oft selbst erfolgreichen
Mittelständlern nicht mehr in
ausreichendem Maße zur
Verfügung. Für schnell wachsende
Unternehmen kommt erschwerend
hinzu, dass die
vergangenheitsorientierte
Ratingsystematik im Falle von
neuen Aufträgen, die es zu
finanzieren gilt und die sich erst in
der Zukunft im Ergebnis
niederschlagen, nur bedingt hilfreich
ist.
Mittlerweile gibt es vielfältige
Möglichkeiten für alternative
Finanzierungen
Die Möglichkeiten alternativ zu
finanzieren sind vielfältiger, als man
zunächst erwartet. Neben
eigenkapitalähnlichen Darlehen und
Beteiligungen privater Investoren
haben sich Leasing und Factoring
etabliert. Leasing und Factoring
verkürzen die Bilanzsumme, das
Eigenkapital steigt in der Relation
zur dann niedrigeren Bilanzsumme.
Um den Eigenkapitalanteil zu
stärken, sind bei den Alternativen
insbesondere Mezzaninemittel
interessant, die - mit Rangrücktritt
versehen - Eigenkapital darstellen
und somit erheblichen Einfluss auf
ein Bankenrating haben. Solche
eigenkapitalähnlichen Darlehen
stehen stark im Focus bei den
nutzbaren Instrumenten. Dies gilt
ähnlich für die Möglichkeiten der
Beteiligungsfinanzierung, sei es
klassisches Private Equity oder
auch Venture Capital, wobei hier die
Geldgeber tatsächlich
Mitgesellschafter des
Unternehmens werden. In diesen
Fällen ergibt sich eine gänzlich
andere Ausgangslage als im Falle
von Mezzaninekapital, auch aber
nicht nur im Hinblick auf
Ausstiegsregelungen der
Finanzinvestoren.
Eigenkapitalzuführung durch einen
Börsengang ist für die
überwiegende Mehrzahl kleiner und
mittlerer Unternehmen in der Regel
selbst bei hohen Wachstumsraten
nicht realistisch.
Private Unternehmensanleihen, die
sich in den letzten beiden Jahren
steigender Beliebtheit erfreuen,
stehen nicht allen Mittelständlern
offen. Neben Volumina und
Anforderungen an die
Finanzstruktur muss eine Anleihe
auch vermarktet werden. Hier tun
sich bekannte Unternehmen
leichter, alle benötigen jedoch eine
hierfür speziell abgestimmte
Vermarktungskampagne. Zudem
gilt es, die Entwicklung der Anleihen
prominenter Emittenten zu
beobachten und die denkbaren
Auswirkungen auf mögliche neue
Emissionen zu überlegen.
Darüber hinaus haben sich
inzwischen neue Anbieter etabliert,
die Angebote speziell für die
Projekt- und Auftragsfinanzierung
geschaffen haben und den
Erfordernissen der Vorfinanzierung
der mittelständischen Kunden
Rechnung tragen. Diese speziellen
Angebote sind wertvolle
Instrumente, bank-unabhängiger zu
finanzieren.
Neben all diesen
Finanzierungsmöglichkeiten
besitzen die meisten Unternehmen
ein hohes Maß an eigenem
Vermögen. Daher sollte man
zunächst einmal eruieren, welche
Reserven noch im eigenen
Unternehmen stecken. Neben den
stillen Reserven im
Anlagevermögen ist besonders das
Umlaufvermögen ein großer,
nutzbarer Hebel zur
Eigenfinanzierung.
Finanzierungspotentiale im
eigenen Unternehmen – stille
Reserven heben
Die Aufdeckung stiller Reserven
etwa mittels Sale-and-Lease-Back
und Nutzung des Mittelzuflusses für
die Finanzierung des weiteren
Wachstums stellt einen
Finanzierungsansatz mit oftmals
großer Hebelwirkung dar. Neben
dem unmittelbaren Zufluss an
erheblicher Liquidität reduziert sich
die Bilanzsumme, und es wird ein
außerordentlicher Ertrag im
laufenden Geschäftsjahr generiert.
Wer dies nicht als Initialzündung in
einer Situation mit Verlustvorträgen
nutzt, wird die steuerlichen Aspekte
bei seiner Entscheidung mit
berücksichtigen.
Darüber hinaus gibt es weitere
Potentiale, die in Betracht gezogen
werden können.
Auch Factoring bewirkt eine
Bilanzverkürzung, wenn die so aus
den Forderungen gegen Kunden
unmittelbar gewonnene Liquidität im
Unternehmen wieder eingesetzt
wird. Da sich neben dem
klassischen Factoring mittlerweile
eine Reihe von Sonderformen
gebildet haben, kann dies ein
Ansatz innerhalb einer
Gesamtfinanzierung sein, sogar
wenn Factoring an sich schon
genutzt wird. In solchen Fällen sind
jedoch zusätzliche formale Aspekte
zu beachten, denn die
Zessionsbedingungen müssen dies
zulassen.
Gebundenes Kapital im
Umlaufvermögen – eine
nutzbare Geldquelle
Maßnahmen aus dem Unternehmen
heraus beinhalten auch
Ansatzpunkte zur Reduktion des
gebundenen Kapitals. Dies ist ein
eigener Ansatz, der individuell auf
das jeweilige Unternehmen
abgestellt konsequent verfolgt
werden muss, um die
Finanzierungserfordernisse zu
senken und gebundenes Kapital
freizusetzen.
Nicht selten wird das im
Materiallager, in der Fertigung und
im Fertigteilelager vorhandene
Vermögen als unabänderlich
betrachtet. Dies stimmt oft nicht,
wenn man mit den richtigen
Instrumenten daran arbeitet.
Anreize lassen sich über die
Einräumung von
Skontomöglichkeiten schaffen,
wobei Kosten und Nutzen
abzuwägen sind.
Vorratsvermögen und
Kapitalbindung während der
Leistungserstellung
Hat man sich für einen
Factoringpartner entschieden, der
auch das Inkasso übernimmt, hat
die Konsequenz eines Dritten
manchmal überraschende positive
Folgen.
In allen produzierenden
Unternehmen sind erhebliche Werte
im Prozess der Leistungserstellung
gebunden. „Prozess“ ist hierbei das
richtige Stichwort, denn die Abläufe,
die Regeln hinter der Fertigungsund Bevorratungssystematik sind zu
überprüfen, in Frage zu stellen und
neu festzulegen, wenn man hier
Erfolge erzielen will. Verkürzt man
beispielsweise Reaktions- und
Durchlaufzeiten, kann man die
Bestände an vielen Stellen
reduzieren, und dennoch die dem
Kunden zugesagte Lieferbereitschaft aufrecht erhalten.
Optimierung des
Forderungsmanagements
Der Ansatz ist simpel: Die den
Abnehmern maximal gewährten
Zahlungsziele müssen durchgesetzt
werden. Hierzu gehört ein
stringentes Mahnwesen, und oft
auch die Einbindung der
Abteilungen, die den engsten
Kontakt zum Kunden haben, etwa
der Vertrieb oder der Außendienst.
Bei großen Positionen, die überfällig
sind, hilft zudem der Kontakt von
Chef zu Chef.
Forderungsmanagement ist
operative Fleißarbeit, und diesem
sollte von der Unternehmensleitung
hohe Aufmerksamkeit geschenkt
werden.
Verhandlungen mit Lieferanten
versus Skontierung
Lieferanten können nach Jahren
vertrauensvoller und erfolgreicher
Zusammenarbeit sehr hilfreich beim
Bewältigen von Finanzierungslasten
sein. Gibt es kurzfristig keine
bessere Alternative, darf man mit
den Geschäftspartnern auch reden.
In der Regel sind diese Ansätze
erfolgreich und helfen den
Unternehmen. Äußerste Priorität
kommt hierbei der Einhaltung
einmal getroffener Absprachen zu.
Die Lieferanten sollten aber nicht
zum dauerhaften Finanzierer über
die üblichen Zahlungsziele hinaus
werden, denn auch dieser Kredit hat
Kosten, und die sind beim Verzicht
auf Skontierung erheblich. Zudem
bekommen gute Zahler oft
günstigere Konditionen, denn der –
insbesondere mittelständische Lieferant ist nicht selten in einer
vergleichbaren Situation wie das
betreffende Kunden-Unternehmen;
der Lieferant muss ebenfalls seine
Finanzierungserfordernisse regeln.
Daher sollte es ein Ziel sein, mit
anderen hier beschriebenen Mitteln
Liquidität zu schöpfen und
Lieferanten möglichst im Rahmen
von Skontofristen zu bezahlen.
Unabhängigkeit und
Handlungsoptionen steigen
Schöpft man Liquidität aus dem
eigenen Umlaufvermögen, stärkt
dies die eigene Unabhängigkeit und
spart in aller Regel bares Geld. Als
weitere Konsequenz sinkt die
Finanzierungsnotwendigkeit bei
Umsatzzuwächsen, da nun weniger
Kapital für die gleiche Menge an
Umsatzsteigerung benötigt wird.
Wer einmal betrachtet, wie viel
Liquidität im Umlaufvermögen
gebunden ist, wird sofort erkennen,
über welchen potentiellen Hebel
man hier spricht.
Frühzeitig Maßnahmen zur
Steuerung des gebundenen
Kapitals einleiten
Gebundenes Kapital reduziert sich
nicht im Hau-Ruck-Verfahren. Ohne
Zweifel haben Lösungen mittels
Sale-and-Lease-back oder
Factoring unmittelbare
Auswirkungen. Sie sind aber besser
in ein Gesamtkonzept eingebunden,
und dies sollte man zuerst
anstreben, bevor man einzelne
Maßnahmen realisiert.
Das Heben der Schätze, die im
eigenen Umlaufvermögen
gebunden sind, erfordert einen
konsequenten, längerfristigen
Ansatz, denn hier gilt es Abläufe
neu zu gestalten, zu verkürzen, und
Ballast aus den bestehenden
unternehmensinternen Prozessen
zu nehmen, um letztlich Kapital
freizusetzen. Dies muss stringent
und kontinuierlich verfolgt werden.
Punktuelle Ansätze oder einzelne
Aktionen verpuffen; Erfolge erzielt,
wer mit der nötigen Konsequenz
dauerhaft Ablaufoptimierungen
sucht und umsetzt. Dies geht nicht
über Nacht. Der Lohn solcher
Bemühungen in Form von
Unabhängigkeit, Flexibilität und
Kostenreduktionen ist jedoch hoch.
Dr. Marcus Ruf
Advanteq Unternehmensberatung
Frankenstrasse 152
D-90461 Nürnberg
April 2012
Literatur:
Handelsblatt online, 26.04.2012, Kredite unter Basel III – Bundesbank will den Mittelstand nicht leiden sehen,
www.handelsblatt.com/ unternehmen/mittelstand/kredite-unter-basel.iii, 26.04.2012
Häger, M./Elkemann-Reusch, M., Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Berlin, 2004
Hess, R., Private Equity - Finanzierungsalternative für den Mittelstand, Berlin, 2007
N-TV, 27.1.2012: Angst vor Kreditklemme wächst; www.n-tv.de/wirtschaft/Angst-vor-Kreditklemme-waechstarticle4340916.html
Roth, M., Finanzierung im Mittelstand - Auch Alternativen nutzen, in: Wirtschaft in Mittelfranken, April 2012, S. 3031
Stahl, G./Wiehle, U./Diegelmann, M./Deter, H., Praxis-Leitfaden Corporate Finance, Wiesbaden, 2005
WirtschaftsWoche online, 28.01.2012: Draghi und Rousseff warnen vor Europas Sparkurs,
www.wiwo.de/politik/ausland/brasilien -und-ezb, 28.01.2012
WirtschaftsWoche online, 21.11.2011: So machen Unternehmer sich für Geldgeber attraktiv,
www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/kapitalsuche, 21.11.2011
WirtschaftsWoche, Nr.3, 2012, 16.01.2012, Seite 9: Bankenaufsicht – Hilfe für den Mittelstand
WirtschaftsWoche Nr.14, 2.4.2012, Überflüssiges Geld, S.88 – S.93
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