Algerien - Kirche in Not

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Algerien
Algerien
Einwohner:
Religionszugehörigkeit:
35,4 Millionen
Muslime
98%
Christen
0,2%
Religionslose 1,8%
In Algerien werden religiöse Fragen von der am 28. Februar 2006 erlassenen
Verordnung geregelt, die äußerst restriktiv ist; sie unterwirft die Kultausübung
aller Religionsgemeinschaften – mit Ausnahme des Islam – einer behördlichen Genehmigung und verurteilt jegliche nichtmuslimische Missionstätigkeit. Die Verordnung setzt außerdem eine Haftstrafe von zwei bis fünf Jahren
und eine Geldstrafe von 500 000 bis 1 Million Dinar (5 000 bis 10 000 Euro)
für den fest, der „einen Muslim anstiftet, zwingt oder dazu verführt, zu einer
anderen Religion überzutreten, und zu diesem Zweck didaktische Mittel oder
Einrichtungen für Lehrtätigkeiten, Erziehung, Gesundheit, soziale oder kulturelle Einrichtungen, Ausbildungsstätten, andere Institutionen oder finanzielle Mittel einsetzt“, oder aber „Dokumente und audiovisuelles Material
herstellt, lagert oder verteilt, die dazu dienen, den Glauben eines Muslims zu
untergraben“. Dagegen haben die Muslime die volle Freiheit, zu predigen und
zu missionieren.
Zwei christliche Gemeinschaften sind offiziell anerkannt: die Katholische Kirche, die in vier Diözesen aufgegliedert und seit der Kolonialzeit aktiv ist und
den Krieg um die Unabhängigkeit Algeriens (1962) überlebt hat; dann die sogenannte „Protestantische Kirche von Algerien“, die 1975 die offizielle Anerkennung erhalten hat und Gläubige der Reformierten Kirche und neuer protestantischer Bewegungen umfasst (Evangelikale, Pfingstgemeinden,
Baptisten und Methodisten).
Die Bekehrungen algerischer Muslime zum christlichen Glauben haben seit
einigen Jahren stark zugenommen, vor allem in der Kabylei, obwohl Bekehrungen auch in anderen Regionen Algeriens stattfinden. Die Konvertiten gehören zum Großteil den evangelischen Bewegungen an, die offiziellen Angaben des Jahres 2010 zufolge bis zu sechs Algerier am Tag taufen. Diese
Bewegungen leiden unter einem Mangel an Kirchengebäuden und Gebetsstätten, da die Behörden ihnen keine Baugenehmigungen erteilen. In der Kabylei, vor allem in und um Tizi-Ouzou, sind die Konvertiten einer feindseli18
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gen Haltung der Islamisten ausgesetzt. Einige Muslime interessieren sich für
den katholischen Glauben, da die Katholische Kirche weniger streng gegenüber den Taufanträgen ist als in der Vergangenheit.
Die Arbeit der christlichen Gemeinschaften ist schwieriger geworden, seitdem die algerische Regierung die Zahl und die Gültigkeitsdauer der Einreisevisa für das gesamte Kirchenpersonal – Priester, Ordensleute und sogar
Laien – eingeschränkt hat. Wer ein Einreisevisum erhält, muss seine Tätigkeit
in Algerien auf ein Mindestmaß beschränken. Außerdem werden bei der Einreise oft Gebetbücher beschlagnahmt.
Für einen Algerier hat der Übertritt zum Christentum oft gravierende Folgen,
wie der Fall von Mahmoud Yahou belegt. Er wurde 1994 getauft und ist seit
1998 als Pastor aktiv: „Wir sind täglich Schikanen und Übergriffen ausgesetzt. Es gibt feindliche Blicke, böse Aussagen, absurde Gerüchte über die
Gewohnheiten unserer Gemeinde, ganz zu schweigen von der ständigen Überwachung und den fortwährenden Kontrollen der Polizei“. Man hat Yahou die
Erneuerung seines algerischen Reisepasses verweigert, da er „als Christ ein
Vaterlandsverräter“ sei. Der Bürgermeister von Ath Atteli, dem Dorf in der
Nähe von Tizi-Ouzou, in dem Mahmoud lebt, hat der christlichen Gemeinde
angeordnet, von der Ausübung ihres Kultes abzusehen. Am 12. Dezember
2010 ist Yahou im Verlaufe eines Verfahrens, das gegen ihn angestrengt worden war, weil er in diesem Dorf eine illegale Kultstätte (eine einfache Wohnung) eröffnet und „Ausländern eine Unterkunft gewährt“ habe (obwohl diese
ein regelmäßiges Visum hatten), zu drei Monaten bedingter Haft und zu 10
000 Dinare (100 Euro) Bußgeld verurteilt worden. Zusammen mit ihm sind
vier weitere konvertierte Algerier angeklagt worden.
Zahlreiche ähnliche Fälle von Algeriern, die zum Christentum konvertierten,
sind im zweiten Halbjahr 2010 gemeldet worden. Im September 2010 etwa
sind zwei christliche Arbeiter, Hocine Hocini und Salem Fellak, festgenommen worden, weil sie sich während des Ramadan nicht an das Fastengebot
gehalten hatten. Das Gericht von Aïn El-Hammam (Kabylei) hat sie „wegen
Nichteinhaltung der Vorschriften und Beleidigung des Islam“ verurteilt. Dank
des Einsatzes von Menschenrechtsorganisationen sind sie wieder freigelassen worden.
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Im Mai 2011 musste Karim Siaghi, der 2007 zum Christentum konvertierte,
wegen „Beleidigung des Propheten” vor Gericht erscheinen. Er war von einem
Nachbarn angezeigt worden, da er sich dessen Aufforderung, Mohammed zu
huldigen, widersetzt und ihm im Gegenzug eine DVD über das Leben Christi
gegeben hatte. Er wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Urteil heißt es: „Er
hat die Anschuldigungen zurückgewiesen, doch impliziert seine Apostasie
eine Schuldvermutung.“4
Algerien steht auch unter dem Einfluss der Monarchien der arabischen Halbinsel und der politischen Umwälzungen in den angrenzenden Ländern (Tunesien, Marokko, Libyen), in denen islamische politische Parteien bei den
Wahlen nach den Revolutionen im Jahre 2011 die Mehrheit der Stimmen erzielt haben. Diese Re-Islamisierung hat den algerischen Staat veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen, welche die Freiheit der Muslime einschränken. So ist es
zum Beispiel den Algeriern verboten, ihren Kindern nichtmuslimische Namen
zu geben oder sie in eine private Schule zu schicken, wenn dort der Islam, die
Staatsreligion, nicht unterrichtet wird. Außerdem haben die Behörden die
Schließung zahlreicher Kaffeehäuser, Diskotheken und Kinos, auch in Algier,
angeordnet und wachen auch über die strenge Einhaltung des Fastengebots
durch die Muslime während des Ramadan.
Quellen
Le Figaro
Le Monde
U.S. Department of State: Annual Report on International Religious
Freedom, 2010 + 2011
ZENIT (Nachrichtenagentur)
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