Vorblatt Problem: Hinsichtlich „Levo-(R(-)) Methadon (Polamidon)“, einem Enantiomer des in der Substitutionsbehandlung eingesetzten „Methadon“-Racemats, fehlt bislang die explizite Klassifizierung als Suchtgift. Das zur Gruppe der synthetischen Cathinon-Derivate gehörende „4-Methylmethcathinon“ (Szenenamen u.a. „Mephedron“, „4MMC“, „Magic“, „Charge“ etc.) wird in Österreich und im übrigen Bereich der EU über das Internet zunehmend als legale Alternative zu Ecstasy, Amphetaminen oder Kokain gehandelt. Die einschlägige Informationslage weist darauf hin, dass mit dem Konsum dieser Substanz einerseits starke psychoaktive Wirkungen einhergehen können, andererseits aber auch kardio-vaskuläre Nebenwirkungen nicht auszuschließen sind. Ziel, Inhalt und Problemlösung: Durch explizite Nennung von „Levo-(R(-)) Methadon (Polamidon)“ in Anhang I.1.b. der Suchtgiftverordnung soll Klarheit hinsichtlich dessen suchtmittelrechtlicher Qualifizierung geschaffen werden. In Anbetracht der mit dem Missbrauch von „4-Methylmethcathinon“ verbundenen gesundheitlichen und sozialen Risiken soll die Substanz durch Aufnahme in den Anhang V.2. der Suchtgiftverordnung dem österreichischen Suchtmittelregime unterstellt werden, um so dem Missbrauch zu begegnen und den Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu verbessern. Hinweis: Die erforderliche Festlegung von Grenzmengen für diese Substanzen erfolgt im Rahmen des parallel dem Begutachtungsverfahren zugeleiteten Entwurfs einer Novelle zur die SuchtgiftGrenzmengenverordnung. Alternativen: Beibehaltung der als unbefriedigend zu bezeichnenden geltenden Rechtslage. Auswirkungen des Regelungsvorhabens: - Finanzielle Auswirkungen: Mit der Novellierung der Suchtgiftverordnung werden weder nennenswerte Einsparungen noch Mehrkosten für die Länder verbunden sein. Für den Bund kann im Bereich der Verfolgung künftig illegaler Vorgänge insbesondere im Zusammenhang mit „4-Methylmethcathinon“ bei den Sicherheitsund Justizbehörden ein gewisser Mehraufwand entstehen, der sich im Vorhinein nicht genau absehen lässt. Aufgrund vermehrten Anfalls bei den zu untersuchenden Proben kann es v.a. im Bereich der Kriminaltechnik zu einem Mehraufwand kommen, der aber vorerst ebenfalls nicht bezifferbar ist. -- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich: Keine. -- Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen: Es werden keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen verursacht. - Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht: Keine. - Geschlechtsspezifische Auswirkungen: Keine. Verhältnis der Rechtsvorschriften zur Europäischen Union: Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union. Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens: Keine. Erläuterungen Allgemeiner Teil „Levomethadon“ - Racemat-Bestandteil von „Methadon“ - wird in Deutschland bereits seit Jahren in der Substitutionsbehandlung eingesetzt, die Substanz ist allerdings in Österreich bislang nicht explizit in der Suchtgiftverordnung angeführt, was zu Unklarheiten führt (auch eine wegen der gegenüber Methadon (als Racemat) stärkeren Wirkung erforderliche gesonderte Grenzmenge fehlt). Daher soll die Substanz in die Suchtgiftverordnung aufgenommen werden. „4-Methylmethcathinon“ spielt in der Pharmaindustrie bzw. in der Wirtschaft insgesamt bisher keine Rolle. Die Unterstellung der Substanzen unter das Suchtmittelrecht wird nach derzeitigem Kenntnisstand für die Unternehmen keine Verwaltungskosten nach sich ziehen. Selbst ein allfällig künftiger Einsatz als Arzneimittel würde lediglich marginale Verwaltungskosten nach sich ziehen. Die Unterstellung von Substanzen unter das Suchtmittelrecht hat u.a. zur Folge, dass der allfällig legale Verkehr und die diesbezügliche Gebarung mit den Substanzen genehmigungspflichtig wird (§§ 6 ff des Suchtmittelgesetzes) und mit einer solchen Genehmigung nach der Suchtgiftverordnung auch Dokumentationspflichten einhergehen. Da Levomethadon in Österreich keine nennenswerte Rolle spielt bzw. es keine zugelassene Spezialität gibt, und auch 4-Methylmethcathinonandererseits keine legale wirtschaftliche Rolle spielt, ist nicht von mit der Novelle einher gehenden Verwaltungslasten für Unternehmen auszugehen. Aus demselben Grund wird die Unterstellung beider Substanzen unter das Suchtmittelrecht auch für das Bundesministerium für Gesundheit nicht mit einem Mehraufwand verbunden sein. Im Bereich der Verfolgung künftig illegaler Vorgänge insbesondere im Zusammenhang mit „4-Methylmethcathinon“ kann den Sicherheits- und Justizbehörden u.U. ein gewisser Mehraufwand entstehen, der sich aber nicht genau absehen lässt, weil sich die allenfalls verursachten Änderungen im Aufwand und tatsächlichen Auswirkungen als Reflex auf das Verhalten Dritter, nämlich auf angezeigtes deliktisches Verhalten einerseits, aber auch auf die Intensität der Ermittlungstätigkeit der Sicherheitsbehörden darstellen. Soweit es hier zu erhöhten Aufwänden kommt, werden diese im Budget des Innen- bzw. Justizressorts Deckung finden. In welchem Maß im Bereich der Kriminaltechnik mit einem Mehraufwand aufgrund des Anstieges der zu untersuchenden Proben zu rechnen ist, kann derzeit nicht eingeschätzt werden, sondern wird vom Bundesministerium für Inneres im Rahmen des Begutachtungsverfahrens einzuschätzen sein. Eine explizite Nennung von Levomethadon als Substitutionsmittel ist in der Suchtgiftverordnung entbehrlich, da die Substanz als Racemat-Bestandteil von Methadon von diesem begrifflich miterfasst wird. Besonderer Teil Zu Z 1 (Levomethadon): „Methadon“, in seiner chemischen Bezeichnung „(R,S)-6-Dimethylamino-4,4-diphenylheptan-3-on“, ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid, das über die Kolbe-Nitrilsynthese aus Diphenylacetonitril synthetisiert werden kann. Das Methadon-Molekül besitzt an der Diphenyl-„Brücke“ ein asymmetrisches C-Atom, weshalb es in zwei spiegelbildlichen - nicht deckungsgleichen - Formen (optischen Isomeren) vorkommt. Bei der Standard-Synthese entstehen beide Formen als Mischung in gleicher Menge (sog. Racemat), nämlich aus der (optisch) linksdrehenden Form „Levomethadon (L-Methadon, R(-)-Form)“ und der rechtsdrehenden Form „Dextromethadon (D-Methadon, S(+)-Form)“. In der Medizin kann neben dem Methadon-Racemat auch die enantiomere Form „Levo-(R(-)) Methadon (Polamidon)“ zum Einsatz gelangen. Im Gegensatz zu Ersterem, welches unter der Bezeichnung „Methadon“ im Anhang I.1.b. der Suchtgiftverordnung gelistet ist, findet „Levo-(R(-)) Methadon (Polamidon)“ bislang in der Suchtgiftverordnung keine explizite Erwähnung. Um diesbezüglich bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der suchtgiftrechtlichen Qualifizierung von „Levo-(R(-)) Methadon (Polamidon)“ entgegenzutreten, soll dieses ebenfalls im Anhang I.1.b. der Suchtgiftverordnung explizit Erwähnung finden. Zu Z 2 (Mephedron): Die Substanz (chemische Bezeichnung = 4-Methyl-Methcathinon; Systematischer IUPAC Name = (RS)2-methylamino-1-(4-methylphenyl) propan-1-one) zählt zur Gruppe der synthetischen Cathinon-Derivate, sie findet (derzeit) keine therapeutische Verwendung in der Human- oder Veterinärmedizin und hat auch sonst kaum wirtschaftliche Bedeutung. In kleinem Umfang wird es als sog. „Feinchemikalie“ für Forschungszwecke verwendet. In der Drogenszene wird es wegen seines psychoaktiven Wirkungspotentials unter verschiedenen Szenenamen, wie insbesondere „Mephedron“ (aber auch „Meph“, 4MMC“, „Magic“, „Charge“ etc.) zunehmend als (noch) legale Alternative zu Ecstasy, Amphetaminen oder Kokain gehandelt. Die Produktion findet durch pharmazeutisch-technische Labors in Asien - (meist) ohne dokumentierte Qualitätskontrolle. - statt. Mephedron wird meist als HydrochloridSalz (HCl-Salz) als feines weißes oder leicht gelbliches Pulver verkauft. In der „Eventszene" wird es auch in Pillen verpresst und (als 'Ecstasy') verkauft. Es ist eine starke pharmakologische Wirkung auf das Noradrenalin-Transportersystem beobachtet worden. Dadurch lässt sich die starke sympathomimetische Wirkung dieser Verbindungen auf periphere Organe (wie Herz und Gefäßsystem) erklären. Pharmakologische Daten wurden zu Mephedron bislang kaum publiziert, es kann auf ähnliche Wirkungen wie bei den besser untersuchten Cathinonen daher nur geschlossen werden. Cathinon und Methcathinon bewirken generell amphetamin-ähnliches stimulatorisches Verhalten. Über die Wirkung von Mephedron ist man im Moment nur auf (anekdotische) Berichte von Konsumenten und Konsumentinnen angewiesen. Bei durchschnittlicher Dosis von ca. 200 mg bewirkt die Substanz demnach gehobene Stimmung, Euphorie, generelle Stimulation mit Gefühl von mehr Energie (Aktivierung), verstärktes Musikerleben, Unterdrückung von Feindseligkeit und gering-gradige sexuelle Stimulation. Nach ca. 45 Minuten lässt die Wirkung plötzlich nach, es besteht jedoch ein starker Drang, weiter zu konsumieren. Es wird berichtet, dass nach wiederholtem Mephedron-Konsum eine Tendenz besteht so lange weiter zu konsumieren, bis die verfügbare Menge aufgebraucht ist. Dieser Umstand führt zu einem erhöhten Risiko von Überdosierungen und zur Möglichkeit von vermehrten kardio-vaskulären Problemen. Die toxikologischen Nebenwirkungen (Erhöhung der Herzfrequenz, des Blutdrucks, Herzrasen und unregelmäßiger Herzschlag) können bei Co-Konsum anderer Drogen noch weiter verstärkt werden. Über Langzeit-Toxizität von Mephedron sind infolge der vergleichsweise erst kurzen Verbreitung in der Drogen-Konsumszene kaum Berichte dokumentiert. Bei Konsum dieser Substanz zeigen sich starke psychoaktive Wirkungen, die entaktogen wie MDMA, gleichzeitig aber auch antriebssteigernd wie nach dem Konsum von Kokain sind. Die psychoaktive Wirkung hält (je nach Konsumform) relativ kurz an, was häufig zu einer unmittelbaren Wiederholung des Konsums („Bingeing“) führt. Mit einer gleichzeitigen Toleranzentwicklung kommt es in der Folge rasch zu einer Dosissteigerung. Neben der psychoaktiven Wirkung können starke kardio-vaskuläre Nebenwirkungen (Blutdrucksteigerung, Herzrasen, Erhöhung der Köpertemperatur etc.) auftreten, deren Verstärkung durch den Beikonsum von Alkohol und/oder anderen Drogen anzunehmen ist. Das psychische Abhängigkeitspotential von „4-Methylmethcathinon“ ist nicht bekannt; jedoch dürften Konsumenten nach längerem, regelmäßigem Konsum ein „Craving“ entwickeln. Analog den Amphetaminen dürfte ein längerfristiger Konsum zu einem Zyklus von zwanghaftem raschem Konsum und nachfolgenden depressiven Stimmungsschwankungen führen. Nach Absetzen reagierten diese Personen mit transienten Psychosen, Stimmungsschwankungen und Hypomanie als Entzugssymptomatik. Es wurden (international) aber noch keine Fälle von stationärer Behandlung von MephedronAbhängigkeit in Behandlungseinrichtungen berichtet. Seitdem sich „4-Methylmethcathinon“ europaweit im Freizeit-Drogenkonsum etabliert, ist eine Reihe von Todesfällen bekannt geworden (nicht in Österreich), bei denen die Substanz möglicherweise eine Rolle gespielt hat. Im Bereich der Europäischen Union ist „Mephedron“ suchtmittelrechtlich derzeit in Deutschland, Dänemark, Estland, Irland, Rumänien, Schweden und im Vereinigten Königreich, arzneimittelrechtlich in den Niederlanden und Finnland kontrolliert. Frankreich, Italien und Polen haben eine suchtmittelrechtliche Erfassung der Substanz bereits avisiert. Auf EU-Ebene ist gegenwärtig ein Risikobewertungsverfahren gemäß der im Beschluss 2005/387/JI des Rates diesbezüglich vorgesehenen Bestimmungen anhängig, auf Grundlage dessen Ergebnisse vom Rat die Einführung EU-weiter Kontrollmaßnahmen analog den einschlägigen UN-Übereinkommen beschlossen werden kann. Eine entsprechende Beschlussfassung auf EU-Ebene gilt als nicht unwahrscheinlich. Auf die Erläuterungen zum parallel dem Begutachtungsverfahren zugeleiteten Entwurf einer Novelle zur die Suchtgift-Grenzmengenverordnung wird hingewiesen. In Anbetracht der Ausbreitung und der mit dem Missbrauch von „4-Methylmethcathinon“ verbundenen gesundheitlichen und sozialen Risiken soll die Substanz auch in Österreich durch Aufnahme in den Anhang V.2. der Suchtgiftverordnung der Suchtmittelkontrolle unterstellt werden, um so dem Missbrauch zu begegnen und den Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu verbessern.