Konzeptionelle Anregungen - inspiriert durch Johann Hinrich Wichern

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Sven Körber
Evangelische Jugendarbeit gestalten
- inspiriert durch Johann Hinrich Wichern!
Sven Körber, Mai 2011
Intro
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Evangelische Jugendarbeit gestalten
- inspiriert von Johann Hinrich Wichern!
Im Rahmen meiner Ausbildung an der Evangelistenschule Johanneum habe ich
mich in meiner Seminararbeit mit Johann Hinrich Wichern, dem wohl bekanntesten deutschen evangelischen Kirchenvater der 19. Jahrhunderts beschäftigt.
Wichern gilt als der Vater der inneren Mission. Unter diesem Begriff fasst er alle
(sozialen) Aktivitäten zusammen, die sich der armen und „sittlich verwilderten“
Menschen annehmen. Er sieht in der inneren Mission das Gegenstück zur äußeren Mission. Für Wicher steht fest – und damit spricht er ganz aktuell auch in
unsere Gegenwart: Es ist an der Zeit, sich wieder neu mit den vielen getauften
Mitglieder der Kirche zu beschäftigen, die sich von selbiger abgewendet haben
und mit dem Evangelium nichts mehr anfangen können.
Viele sehen in Johann Hinrich Wichern auch einen der Begründer unserer heutigen Diakonie. Obwohl Wicherns sozial-diakonischer Ansatz derzeit oft besonders
hervorgehoben wird, verbindet er wie kaum ein anderer beispielhaft
Verkündigung, soziales Handeln und Bildung miteinander. Sein Fundament ist der
Glaube an Jesus Christus. Wichern will die frohe, rettende Botschaft seines Herrn
weitergeben – durch das Wort der Bibel, besonders aber auch indem er das
Evangelium in liebender Tat (also in der praktischen Hilfe für die Mitmenschen)
bezeugt. Er sieht die vielen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt und fordert darum
öffentlich die Kirche auf, sich der inneren Mission anzuschließen.
(Literaturhinweis: Alle hier veröffentlichten Zitate Wicherns findet Ihr ausführlicher bei: „Johann Hinrich Wichern – Sämtliche Werke“, Band I-III: Die Kirche und
ihr soziales Handeln (Hrsg. Peter Meinhold), Berlin u.a. 1962-1968)
Ausgangspunkt meiner Seminararbeit waren Beobachtungen in der Gestaltung
der Jugendarbeit meiner Gemeinde. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass
unterschiedliche Schwerpunkte in der Gestaltung evangelischer Jugendarbeit
gesetzt werden. Die eine „Partei“ legt großen Wert auf die missionarische
Verkündigung des Evangeliums, die andere „Fraktion“ hebt besonders den sozial-diakonischen Ansatz hervor. Schließlich kommt es so leider immer häufiger zu
Meinungsverschiedenheiten darüber, welcher Weg der „bessere“ sei…
Dies zeigt mir, dass Verkündigung, soziales Handeln und Bildung vielerorts oft nur
getrennt voneinander wahrgenommen wird. Eine für mich unbefriedigende
Beobachtung, zumal alle drei Dinge auch im Neuen Testament nicht voneinander
zu trennen sind, was wir besonders auch in den Berichten und Briefen der
Urgemeinde entdecken können.
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Hier sollen nun die Ergebnisse meiner Untersuchungen kurz vorgestellt werden.
Wichern selbst war ein Praktiker. Alle seine Überlegungen und Reformvorschläge
sind aus der Arbeit mit und am Menschen entstanden. Dabei hat er es durch seine
besondere Art verstanden, andere für die Arbeit im Reich Gottes zu gewinnen.
Auch die Ergebnisse meiner Untersuchungen wollen in erster Linie eine Einladung
sein, noch einmal „neu“ darüber nachzudenken, wie wir als Kirche evangelische
Jugendarbeit ganzheitlich gestalten können.
Dies kann aber nur dort gelingen, wo gemeinsam mit engagierten Mitarbeitern
konkret vor Ort überlegt wird, welche Aktivitäten angegangen werden soll: Was
brauchen die Jugendlichen in unserer Gemeinde? Wie gestalten Jugendliche ihren
Glauben? Wo können Jugendliche gefördert werden? Welche Möglichkeiten und
Gaben besitzen die Mitarbeiter?
Dieses kleine Impulspapier möchte sich mit einigen Anregungen an Euren Überlegungen zur Gestaltung von evangelischer Jugendarbeit beteiligen. Ich wünsche
Euch, dass Ihr von Johann Hinrich Wichern motiviert werdet. Er hat die Erfahrung
gemacht, dass Jesus Christus ihn als sein Werkzeug benutzen möchte – und auch
Euch gilt: Gott will mit Euch sein Reich bauen!
Ich freue mich, wenn vielleicht auch einige Anregungen für Eure Gemeinde mit
dabei sind. Lasst Euch von Johann Hinrich Wichern motivieren, denn: Gott will
mit Euch sein Reich bauen!
Sven Körber
„Durch die innere Mission muss die Kirche sich die Aufgabe setzen, nicht zu
ruhen, bis wieder alle die Verkündigung von dem Sohne des lebendigen Gottes
vernehmen. Als einer der
Hauptgrundsätze müsse voranstehen der Satz: kommen die Leute nicht in
die Kirche, so muss die Kirche zu den Leuten kommen. So habe es auch der
Herr Christus gemacht, der zu uns gekommen und nicht gewartet, bis wir zu
ihm gekommen.“
„Meine Freunde, es tut eines not, dass die evangelische Kirche in ihrer
Gesamtheit anerkenne: ‚die Arbeit der inneren Mission ist mein!‘, dass sie
ein großes Siegel auf die Summe dieser Arbeit setze: die Liebe gehört mir
wie der Glaube.“
Zitiert aus Wicherns Rede
auf dem Kirchentag in Wittenberg im Jahr 1848.
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Typisch evangelisch
- Impulse aus der Bibel!
Evangelische Jugendarbeit hat – genau wie jede andere christliche Tätigkeit auch
– ihren Ausgangspunkt immer in der Bibel zu suchen. Ohne die Worte der „heiligen Schrift“ ist evangelische Jugendarbeit leer und „verwechselbar“, das
Entscheidende fehlt! Darum möchte ich allen weiteren Überlegungen beispielhaft
drei Impulse aus der Bibel voranstellen.
Das Fundament evangelischer Jugendarbeit ist das Evangelium von Jesus
Christus: Gott selbst macht sich klein und wird als Mensch angreifbar. Er kommt
auf diese Erde um seinen Geschöpfen zu zeigen: Ich bin bei Dir! Du bist mir wichtig, ganz egal, wie Deine Leben bisher verlaufen ist! Deine Geschichte zählt nicht
mehr, Du darfst mit mir neu beginnen! Ich möchte, dass Du ein erfülltes Leben
führen kannst! So können wir z. B. in den Evangelien lesen: „Jesus Christus
spricht: Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben
sollen.“ (Johannes 10,10)
Als „Zeichen“ für diesen Weg Gottes ist Jesus Christus geboren, gekreuzigt,
gestorben und wieder auferstanden.
Gottes große Liebe zu uns Menschen wird in den Geschichten der Bibel beschrieben, sein großes JA zieht sich wie ein roter Faden durch dieses besondere Buch.
Darum hat evangelische Jugendarbeit immer wieder neu die Aufgabe, die Bibel
„ins Gespräch“ zu bringen. Nur so können Jugendliche erleben, dass dieser alte
Klassiker wirklich etwas mit ihrem eigenen Leben zu tun hat: „Gott will, dass
allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit
kommen.“ (1. Timotheus 2,4)
Die Worte der Bibel trösten, stärken und ermahnen!
Diese Erfahrung hat auch Johann Hinrich Wichern gemacht. Auf einem Porträt,
welches sich auf der ersten Seite der ersten Ausgabe von „Johann Hinrich
Wichern – Sämtliche Werke“ befindet, entdecken wir folgendes Bibelwort: „Alles,
was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der
Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5,4)
Wichern war fest davon überzeugt, dass die Nöte und Sorgen dieser Welt, dass
alle menschliche Schuld und Schwäche durch den Glauben an Jesus Christus
bewältigen werden können.
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Konzept
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Evangelische Jugendarbeit gestalten
- drei zentrale Kernpunkte!
Drei Schwerpunkte aus dem Wirken Wicherns sollen an dieser Stelle besonders
hervorgehoben werden, da ich sie auch als die „zentralen“ Faktoren in der
Gestaltung evangelischer Jugendarbeit bezeichnen möchte:
1.
Wichern begegnet dem einzelnen Menschen, er sucht seine Nähe und will
durch konkrete Beziehungsarbeit helfen. Menschen begegnen! Er geht den
Nöten und Sorgen der Menschen nach und macht sich so ein genaues Bild über
„seine“ Gesellschaft.
2.
Die vielen besonderen Erlebnisse und Erfahrungen, die Wichern beim
Beobachten seiner Gesellschaft macht, fordern ihn auf, Antworten auf die
Probleme und Nöte der Menschen zu suchen und sich ihnen in der tatkräftigen
Liebe des Evangeliums anzunehmen. Evangelium zum Anfassen! Zahlreich
und kreativ sind „seine“ Ideen.
3.
Um die unterschiedlichen Aufgaben anzugehen, ruft Wichern die ganze
Kirche auf, sich der Sache der inneren Mission anzunehmen, jeder einzelne
Gläubige ist gefordert das Evangelium weiterzugeben, denn die Nachfolger Christi
sind Gottes Werkzeug! Darum ist es Wichern ein großes Anliegen „seine“
Mitarbeiter zu begleiten und zu fördern.
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Evangelische Jugendarbeit - und „ihre“ Gesellschaft:
„Menschen begegnen!“
„Menschen begegnen!“ – Wenn ich den Menschen mit seinen Nöten und
Sorgen kennenlernen will, ist es notwendig, dass ich mir ein detailliertes Bild von
seinen sozialen Lebensumstände mache. Dies gelingt dort, wo ich dem Menschen
in seinem Lebensumfeld begegne! (Vgl. auch Matthäus 1,21f; Lukas 1,68; 7,16;
Apostelgeschichte 17,16ff)
„…zu den Leuten gehen!“ – Das bedeutet, die Menschen dort aufzusuchen, wo
sie leben. Durch Hausbesuche kann ich wahrnehmen, wie die einzelnen Menschen
wohnen. Die „eigenen vier Wände“ sagen vieles aus, über die eigenen
Lebensumstände! Mehr noch: „Wenn die Leute nicht zur Kirche kommen, muss
die Kirche zu den Leuten gehen.“ Bin ich bereit dazu, mich diesem Wagnis zu stellen und auf diesem Wege den persönlichen Kontakt zu suchen, bzw. ihn auszubauen? (Vgl. auch Lukas 10,38ff; 15,1ff; 19,1ff)
„Augen auf und hingeschaut!“ – Wenn wir gründlich und detailliert unsere
Gesellschaft beobachten und das Handeln der Menschen wahrnehmen, können
wir Missstände erkennen und benennen, Aufklärungsarbeit leisten und neue
Orientierung durch unseren Glauben an Jesus Christus bieten, z.B. bei Fragen
rund um Familie, Pornographie, Drogen, Politik, Medien, Literatur, etc. (Vgl. auch
Johannes 8,1ff; Apostelgeschichte 17,16ff; 1. Korinther 6,12ff; Römer 14-15)
„Nach-gefragt!“ – An einen Gott der Bibel wollen viele heute nicht mehr glauben, christliche Werte verlieren zusehends an Bedeutung. Die Zahl der
Kirchenaustritte nimmt stetig zu, Gemeinden schrumpfen, Konfirmanden werden
„aus der Kirche hinaus“ konfirmiert. Gehen wir diesen Menschen nach und suchen
das Gespräch mit den Enttäuschten? Es ist bestimmt sehr aufschlussreich, wenn
wir genau diese Menschen nicht aus dem Blick verlieren, sondern einmal „nachfragen“. (Vgl. auch Lukas 19,10; Apostelgeschichte 17,16ff)
„Eine der Hauptaufgaben der inneren Mission bleibt die Ermittlung der
Notstände. Die Not muss von uns recht eigentlich ernst entdeckt, aufgesucht
werden. Das erfordert Fleiß, Aufopferung, Hingabe, Entsagung der mannigfaltigsten Art. Und wie wir, unbeschadet dessen, was jeder für sich im verborgenen zu tun hat, gemeinschaftlich an der Hilfeleistung mitzuarbeiten
haben, so sollten wir einander auch gemeinschaftlich zur Ermittlung der Not
die Hand reichen.“
Zitiert aus dem Artikel „Fragen nach den Notständen in der Kirche“,
erschienen 1849 in den Fliegenden Blättern
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Evangelische Jugendarbeit - und „ihre“ Ideen:
„Evangelium zum Anfassen!“
„Evangelium zum Anfassen!“ – Die frohe, rettende Botschaft von Jesus
Christus fordert dazu auf, sich als gläubiger Christ in seiner Welt zu engagieren.
Den Nächsten durch praktische Hilfe unterstützen. Die „theologische Praxis“ muss
den Menschen und ihren Nöten annehmen und „handfeste“ Antworten geben –
durch die Verkündigung des Wortes, durch das soziale Handeln und der
Vermittlung von Bildung. (Vgl. auch Matthäus 14,13ff; 25,35ff; Lukas 10,25ff;
Apostelgeschichte 6,1ff; 2. Korinther 8,1ff; 1. Timotheus 2,1f)
„ER ist dabei!“ – Der Ausgangspunkt, das Fundament aller christlichen Tätigkeit
ist der Glaube an Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder! Er steht seiner
Gemeinde treu zur Seite! Denn er selbst hat alle Not und Schuld dieser Welt überwunden und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Im Gebet können wir zu ihm kommen und uns von seiner Liebe für die Menschen anstecken lassen. (Vgl. auch
Matthäus 28,16ff; Apostelgeschichte 1,8; Römer 1,16; 2. Korinther 5,19;
Philipper 2,5ff; 1. Johannes 5,4)
„Bibel teilen!“ – Wir brauchen unterschiedliche Formen der Verkündigung. Die
Geschicht der rettenden Liebe Gottes, wie sie uns die Bibel erzählt muss sowohl
durch „altbewährtes“, aber auch durch „neuinspiriertes“ zu den Menschen, in alle
Schichten der Gesellschaft, gebracht werden: Hausandachten, Gottesdienste,
Bibelstunden, Glaubenskurse, etc. – so kann die Bibel mit anderen geteilt werden… (Vgl. auch Apostelgeschichte 8,26ff; 17,16ff; Römer 10,17; Kolosser 3,16f)
„Sozial-diakonisch engagiert!“ – Wenn wir erkennen, woran es den Menschen
in unserer Gesellschaft „krankt“, gilt es sich als Christ sozial zu engagieren, um
meinem Nächsten „ganzheitlich“ zu helfen. Hier fordern unterschiedliche
Bedürfnisse verschiedene Antworten, z. B. Finanzhilfe, Armen- und Krankenpflege, christliche Erziehung der Jugend, bessere Volksliteratur (auch „neue“
Medien), Gefängnisseelsorge, etc. (Vgl. auch Matthäus 25,35ff; Apostelgeschichte 6,1ff; Galater 6,2; 1. Timotheus 2,1ff; Jakobus 5,15)
„Wir haben die lebendig machende Saat: das göttliche Wort trotz aller
Anfeindungen gegen dasselbe; wir haben den lebendigen Segen: die Gabe
und Gnade des heiligen Geistes trotz aller Leugner dieses Geistes; wir
haben den Acker: das schreiende Bedürfnis, trotz derer, die falschen
Frieden verkünden – aber es fehlt die Tat, die theologische Praxis. Nennen
Sie sie, wie Sie wollen: als innere Mission, als Diakonie, spezielle Seelsorge,
ich sehe sie in der Vereinigung dieser drei. Lassen Sie uns nur arbeiten.“
Zitiert aus dem Artikel „Die Bedeutung der Praxis“,
erschienen 1847 in den Fliegenden Blättern
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Evangelische Jugendarbeit - und „ihre“ Mitarbeiter:
„Gottes Werkzeug!“
„Gottes Werkzeug!“ – Gott selbst baut sein Reich, wir sind hier auf Erden sein
Werkzeug. Jesus Christus beruft jeden Einzelnen in seinen Dienst! Im Gebet, in
der Fürbitte dürfen und sollen wir für die einzelnen Arbeiter bitten! (Vgl. auch
Matthäus 9,36ff; 1. Korinther 3,5ff; Galater 1,11ff)
„Jeder ist berufen!“ – Das einzelne Gemeindeglied, jeder Christ kann sich an
der Arbeit beteiligen, mehr noch, es ist seine Pflicht, das Evangelium durch Wort
und Tat zu bezeugen und damit weiterzugeben (Priestertum aller Gläubigen).
Weil mich Jesus Christus berührt und verändert, „soll“ ich auch anderen etwas
von dieser guten Nachricht weitergeben, z. B. in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Schule, auf der Arbeit oder im Sportverein. Dabei kann und soll
gabenorientiert gearbeitet werden. (Vgl. auch Matthäus 28,16ff; Lukas 10,1ff;
Apostelgeschichte 4,20; 1. Korinther 9,16; 1. Korinther 12,1ff; Epheser 4,11f)
„…gemeinsam unterwegs!“ – In der Zusammenarbeit von Kirche und christlichen Vereinen können das Amt der Kirche (durch den Pfarrer) und das
Priestertum aller Gläubigen (durch die Laien) verbunden werden. So werden
unterschiedliche Kräfte gebündelt und gemeinsam für das Reich Gottes eingesetzt. Darüber hinaus ist es sinnvoll sich auch (über-)regional mit
Gleichgesinnten zu vernetzen, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu
motivieren! (Vgl. auch Apostelgeschichte 15,1ff; Römer 16,16; 2. Petrus 13,14)
„Hauptamtliche fördern!“ – Um den Dienst der Laien zu unterstützen, braucht
es qualifizierte hauptamtliche Mitarbeiter, die andere ausbilden und leiten können
und sich darüber hinaus „jederzeit“ um die unterschiedlichsten Bedürfnisse der
Menschen ihrer Umgebung kümmern können. Wen können wir als Kandidaten
dazu (be-)rufen? Wie können wir zukünftige haupt-amtliche Mitarbeiter auf ihre
Ausbildung vorbereiten? Wo können wir (theologische) Ausbildungsstätten unterstützen? (Matthäus 9,36ff; Markus 2,13f; Apostelgeschichte 1,15ff; 2.Timotheus
1,3ff; Titus 1,5)
„‘Die Ernte ist groß, aber wenig sind die Arbeiter; darum bittet den Herrn,
dass er Arbeiter in seine Ernte sende!‘ Fürbitte – so heißt dies Mittel.
Fehlt es daran nicht, so fehlt es auch an Arbeitern nicht. Fehlt es aber an
diesen, so wird das einen Mangel an jenem bezeugen – Wer aber nun wirklich
neu anhebt und jene Fürbitte ernstlich beginnt und lässt solch Gebet sich
eine seiner Lebensaufgaben werden, der wird gewiss erfahren, dass er,
indem er um Arbeiter bittet, selbst zum Arbeiter wird.“
Zitiert aus dem Referat „Wie sind die nötigen Arbeiter für den Dienst zu
gewinnen?“, gehalten auf dem Kongress für innere Mission in Stuttgart 1850
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„Es wird hinreichend sein, einige [Beispiele aus der Arbeit der inneren
Mission] zu nennen, und zwar diejenigen, für welche sich die meisten Zeugen
und Zeugnisse haben vernehmen lassen.
1. Die Sonntagsheiligung (Sabbatfeier)
2. Die Wiedereinführung der Familienandacht
3. Die Erneuerung einer christlichen und kirchlichen Armen- und
Krankenpflege. Hierher gehören auch die Bestrebungen zur Vernichtung und
Verhütung namentlich des Kinderbettels, der an vielen Stellen der ganzen
Bevölkerung den Untergang drohte – In einzelnen großen Städten hat man
angefangen, besondere Stadtmissionare anzustellen nach dem Vorbild der
englischen City-Mission.
4. Die christliche Erziehung der Jugend überhaupt und der verwahrlosten
Jugend.
5. Die Herausgabe einer besseren Volksliteratur und die Verbreitung christlicher Volksschriften und besserer Erbauungsbücher als Gegengift gegen die
schlechte Presse, die in Deutschland übermächtig geworden ist. Die
Aufstellung christlicher, namentlich vieler kleiner Volksbibliotheken, die
Gründung kleiner christlicher Journale usw. haben diese Zwecke gefördert.
6. Die Erneuerung christlicher Pflege besonders verlassener und verwahrloseter Stände.
7. Zuletzt und zuerst die vermehrte öffentliche Predigt des göttlichen
Wortes. Als sehr segensreich haben sich die Einrichtungen von sog.
Bibelstunden, d. h. praktische Bibelerklärungen, erwiesen, sodann die in
Deutschland bis dahin fast unbekannten Sonntags-Abendgottesdienste.
Wir könnten die Aufzählung dieser Maßnahmen noch sehr vermehren. Dies
wird aber hinreichen, um anzudeuten, wie und nach welchen Seiten hin die
Arbeit in den einzelnen Gemeinden, die sich bei der inneren Mission beteiligt
haben, begonnen ist.“
Zitiert aus Wicherns Schrift „Über die Entstehung
der inneren Mission etc. (für England)“ aus dem Jahr 1851.
Seite 11
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Johann Hinrich Wichern
- ein kurzes Lebensbild:
Johann Hinrich Wichern wird am 21. April 1808 als Sohn eines Notars in Hamburg
geboren.
Er ist das älteste von sieben Kindern seiner Eltern. Lesen und Schreiben lernt der
junge Wichern bei seinem Vater, bevor er in Hamburg eine Privatschule und später die Gelehrtenschule Johanneum besucht.
Nach dem frühen Tod seines Vaters, der im August 1823 stirbt, sieht sich Wichern
verpflichtet, die Mutter bei der Versorgung der Familie zu unterstützen. So gibt
er als 15jähriger schon Unterricht für Privatschüler. Die eigenen Schularbeiten
werden erst in den Nachtstunden erledigt. Im Konfirmandenunterricht lernt er,
dass die frohe Botschaft von Jesus Christus auch für sein Leben eine große
Bedeutung hat.
Als Erziehungsgehilfe arbeitet Wichern für drei Jahre an einer privaten
Internatsschule in Hamburg. Zu der Zeit hat er auch Kontakt zu einem christlichen Verein junger Männer, was für ihn damals sehr wertvoll ist.
Wichern studiert von 1828 bis 1831 in Göttingen und Berlin Theologie. Direkt
nach seiner Rückkehr in die Heimatstadt Hamburg, im Alter von 24 Jahren,
nimmt er eine Stelle als Oberlehrer an der Sonntagsschule für arme Kinder in der
Vorstadtgemeinde St. Georg an. Er sieht besonders die Not der Kinder, von denen
ein großer Teil sonst gar keine Schule besucht. Wichern besucht die Familien und
sieht die erschreckende Armut mit eigenen Augen, so dass er sich zum Ziel setzt
in Hamburg eine „Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder“ ins Leben zu rufen.
Am Reformationstag 1833 zieht Wichern als Vorsteher in das Rauhe Haus ein.
Das Rauhe Haus stellt sich als „Rettungsdorf“ dar, in dessen Häusern familienähnliche Gruppen von Kindern und Erziehern leben. In eigenen Werkstätten erhalten
die Jugendlichen eine handwerkliche Ausbildung. Über tausend Kinder haben zu
Lebzeiten Wicherns das Rauhe Haus besucht. Um den Kindern während der
Adventszeit das Warten auf Heiligabend zu erleichtern, montiert Wichern vier
Kerzen auf ein Wagenrad, die an den Adventssonntagen nacheinander angezündet werden.
Für die Ausbildung der Erzieher gründet Wichern eine Brüderanstalt.
Am 29. Oktober 1835 heiratet Johann Hinrich Wichern Amanda Böhme, aus der
Ehe sind neun Kinder hervorgegangen, von denen schließlich sechs den Vater
überlebten.
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Wichern versucht sich auch über die alltägliche Arbeit im Rauen Haus hinaus um
Kirche und Welt zu kümmern. Er ist stark daran interessiert, zu erfahren, was
anderswo geschieht. Er führt mit verschiedenen Personen reiche Briefwechsel
und geht oft auf Reisen. Sein Engagement ist beeindruckend, bringt aber auch
gesundheitliche Folgen mit sich, die sich in späteren Jahren noch rächen sollten.
Im Jahre 1844 gründet er mit den Fliegenden Blättern eine Zeitschrift, durch die
er mit seinen Freunden in ständige Verbindungen treten und seine Gedanken
über die Aufgaben der Zeit ausbreiten kann. Sie wird in der eigens im Rauhen
Haus eingerichteten Hausdruckerei verlegt.
Während die Fliegenden Blätter eine Plattform bieten sich auszutauschen und
verschiedene Hilfstätigkeiten aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands zu
dokumentieren, ist es Wichern darüber hinaus immer wieder auch ein Anliegen
selbst dort praktisch aktiv zu werden, wo es Unterstützung bedarf. So entschließt
er sich, Anfang 1848 nach Oberschlesien zu reisen, weil dort nach Missernten und
Überschwemmungen der Hungertyphus ausgebrochen ist. Wichern macht sich
mit acht Brüdern aus dem Rauhen Haus auf – darunter solche, die für
Krankenpflege, Landwirtschaft, Unterricht und Handwerksarbeit besonders geeignet waren – um ganzheitlich zu helfen.
Auf dem Wittenberger Kirchentag im September 1848 versucht Wichern in seinen Reden sehr überzeugend für die Arbeit der inneren Mission zu werben. Dies
gelingt und es wird der „Centralausschuss für die innere Mission der deutschen
evangelischen Kirche“ gegründet, eine Organisation, die sich als Netzwerk für alle
Unterstützer der inneren Mission versteht. Wichern ist Mitglied im
Centralausschuß und veröffentlich im Januar 1849 seine Reformschrift „Die innere Mission der deutschen evangelischen Kirche. Eine Denkschrift an die deutsche
Nation“. In dieser Zeit ist Johann Hinrich Wichern auf dem Höhepunkt seines
Schaffens, er ist ein gefragter Mann, der bei vielen unterschiedlichen Themen um
Rat gebeten wird.
Schließlich wird Wichern sogar Beauftragter der preußischen Regierung für die
Reformierung des Gefängniswesens. Im Jahr 1857 wird er als in das preußische
Innenministerium berufen. Seine Reformvorschläge zur Verbesserung der
Haftbedingungen werden aber nur teilweise verwirklicht. Auch dem Ruf der zentralen Kirchenbehörde in Preußen folgt Wichern und wird dort Oberkirchenrat.
In den Jahren 1864 bis 1871, während des Deutsch-Dänischen Kriegs, des
Deutschen Kriegs und des Deutsch-Französischen Kriegs ist Wichern für die
Auswahl und Ausbildung der Felddiakone der preußischen Armee zuständig.
Danach kehrt er wieder in seine Heimatstadt Hamburg zurück und übernimmt die
Leitung des Rauhen Hauses, die er jedoch nie ganz abgegeben hatte. Allerdings
steht es nicht gut mit seiner Gesundheit, Wichern erleidet mehrere Schlaganfälle
und muss alle Ämter niederlegen.
Am 7. April 1881 stirbt Johann Hinrich Wichern aufgrund anhaltender gesundheitlicher Probleme.
Seite 13
„Wir laden unsere Freunde ein, uns noch auf einen Weg in jene elende
Kellerwohnung zu begleiten. Die Wohnung sieht kaum einer menschlichen ähnlich; sie enthält ihr spärliches Tageslicht nur durch ein 1 ¼ Fuß hohes
Fensterchen. Das Wasser trieft von den Wänden. Der arme Mann nährt
sich von Schuhflickerei. Die brustkranke Frau hilft ihm bei der Arbeit mit
zitternden Händen im jämmerlichen Bett, nur mit Mühe aufrecht sitzend.
Einige Kinder sind zugleich Lust und Last der beiden Armen. Der
Stadtmissionar fand die Familie in größter menschlicher Verlassenheit. Nie
hatte sich ein Mensch Trost bringend um sie gekümmert; dass es noch
Menschen gebe, welche solchen Jammer mitfühlen, wussten die Eheleute
nicht mehr. Dabei waren sie in ihrer Art reich in Gott. Sie trugen ihr großes
Leid an Krankheit und Armut in der getrosten Zuversicht, dass Gott ihnen
nicht mehr auflege, als sie ertragen könnten. Als um Weihnachten 1849 mehrere derartige Familien jenes Distrikts mit Geschenken bedacht werden sollten, wurden natürlich auch diese Leute nicht vergessen. Einige der Frauen,
welche Weihnachtsbäume mit Weihnachtslichtern und einige Geschenke an
Kleidungsstücken und Lebensmitteln u. dgl. Persönlich in diese Wohnung trugen, kamen auch in diesen Keller, eine Grube der Trübsal. Da wurde es hier
Licht, und der Freudenglanz der tröstlichen Christsonne drang bis in die
Herzen der Beglückten. Und nun der stille Jubel und die Tränen der totkranken Mutter bei der Offenbarung dieser Liebe und beim Anblick ihrer verlassenen Kinder. Noch ein Weilchen zuvor hatte der jüngste Knabe von 10 Jahren
von den Lichtern und den Tannenbäumen, die er in den Häusern der
Nachbarn so glänzen gesehen, erzählt. Da hatte er die Mutter gefragt, ob
das Christkind auch zu ihnen kommen werde. Und sie hatte ihn nicht anders
zu trösten gewusst, als dass es auch in ihr Fensterchen hineingucken werde.
Und nun, rief sie mit Tränen, hat der Heiland nicht bloß die Kinder, sondern
auch uns, die Eltern bedacht! Wie waren sie so reichlich getröstet!“
Zitiert aus Wicherns Bericht „Zweite Nachricht des Vereins
für innere Mission in Hamburg“ aus dem Jahr 1851.
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