Bruno-Thomas Eltschinger in Argentinien MEIN TANGO Reben in Argentinien. «Die Argentinier haben ihr Land mit extremem Klima und ebensolcher Geografie in einen grünen Garten verwandelt. Keine Fläche wird ungenutzt gelassen.» 54 9I2012 FOOD & BEVERAGE WEIN Was tut sich in der Weinszene Argentiniens? Entstehen da bloss Massen- oder Billigweine – oder auch qualitativ hochstehende Erzeugnisse? HotelierWeinexperte Bruno-Thomas Eltschinger war im Herzen Argentiniens unterwegs – und berichtet ganz persönlich aus Mendoza. text und bilder Bruno-Thomas Eltschinger mit dem Malbec «Hotelier»-Kolumnist Bruno-Thomas Eltschinger mit Weingutbesitzer José Manuel Ortega Gil-Fournier. 9I2012 55 Wenn man mit Ortega zusammentrifft, begegnet man einem Winzer mit Leidenschaft. Alles, was er tut, neben Präzision und Perfektion, ist mit Leidenschaft verbunden. Dies führte ihn wohl auch nach Argentinien, wo die Leidenschaft Zuhause ist. Besuch bei der «Queen of Torrontes» Weingutbesitzer José Manuel Ortega Gil-Fournier war Investmentbanker. In der Weinregion Cuyo im Uco Valley erwarb er 290 Hektar Weingärten. Er baute eine futuristische Winery mit Edelstahl, Zement, Holz und Steinen aus den Anden. «El Ufo» nennen die Einheimischen das 18 Meter hohe Bauwerk von Argentiniens berühmtesten Architekten Eliana Bormida und Mario Yanzon. W er eine Reise nach Argentinien tut, nimmt ziemlich viele Klischees mit: Tango, Assado, Malbec und Gaucho Empanadas, Pampas und Anden, Gletscher und Sonne. All diese Vorstellungen und Erwartungen wurden für mich nicht nur erfüllt, sondern auf positive Art und Weise übertroffen. Die Argentinier sind sympathisch und haben das charakteristische Erbe ihrer vorwiegend europäischen Vorfahren bewahrt. Was mir auf diesem Kontinent bereits aus dem Flugzeug ins Auge sticht, ist, dass sie sehr fleissig sind. Sie haben ihr Land mit extremem Klima und ebensolcher Geografie in einen grünen Garten verwandelt. Keine Fläche wird ungenutzt gelassen. Die Pampas dienen als Weideland für die argentinischen Rinder – und immer mehr gehört zu den natürlichen Ressourcen auch der argentinische Wein. Beim fünftgrössten Weinproduzenten der Welt stimmt die Qualität – und das paradoxerweise auch dank billigen Massenweinen! Investmentbanker und Winzer Aufgrund der Wirtschaftskrise wurde es für ausländische Investoren günstig, in Argentinien zu investieren. Auch der Spanier José Manuel Ortega Gil-Fournier, ehemals Investmentbanker und Weingutbesitzer in seiner Heimat, nutzte die Gunst der Stunde. In der Weinregion Cuyo im Uco Valley erwarb er 290 Hektar Weingärten. Mein erster Besuch galt seinem berühmten Weingut Fournier, etwa zwei Autostunden nördlich von Mendoza gelegen. Er baute eine futuristische Winery mit Edelstahl, Zement, Holz und Steinen aus den Anden. «El Ufo» nennen die Einheimischen das 18 Meter hohe Bauwerk von Argentiniens berühmtesten Architekten Eliana Bormida und Mario Yanzon. Sie haben nicht nur eine ästhetische Landmarke am Fusse der 56 Anden gesetzt, sondern ein bis ins letzte Detail durchdachtes Betriebsgebäude für Weinerzeugung geschaffen. Das ganze Gebäude ist so konzipiert, dass für den Transport von Lesegut und Wein hauptsächlich die Gravitation genutzt und der Einsatz von Pumpen auf ein Minimum reduziert wird. Zwanzig Meter tief liegt das Fasslager, wo die Abfüllung ohne Pumpen vorgenommen wird. Die Weinbergsarbeit geschieht selbstverständlich von Hand, was einerseits die Qualität sichert, andererseits der einheimischen Bevölkerung willkommene und sichere Arbeit gibt. Das Erfolgsgeheimnis: Hygiene und Kontrolle Als wichtigsten Teil für die Qualitätssicherung betrachtet Jose Manuel Ortega die Hygiene im Weingut und die Vinifikation. Das optische Highlight bei meinem Weingutsbesuch war der Barrique-Weinkeller. Durch entsprechende Beleuchtung wird das Kreuz des Südens mit Tageslicht nachgebildet. Der Spitzencuvée des Hauses («a Crux») ist ebenso nach diesem Sternbild benannt. Neueste Technik, totale Hygiene und ständige Kontrolle sind die Geheimnisse seines Erfolges. Der Chefönologe Jose Mario Spisso, ein kleiner unscheinbarer Mann mit listigen Äuglein, gilt als Kapazität in Südamerikas Weinbranche. Neben hochdotierten Rotweinen setzen Jose Manuel Ortega und Mario Spisso auch Massstäbe bei den hoch aromatischen Torrontes aus dem Norden und bei den Sauvignon Blancs. Anders als viele Grosskonzerne arbeitet Jose Manuel Ortega ausschliesslich mit Top-Qualität. Das Ziel ist am Ende, nicht nur in Argentinien einer der besten Erzeuger zu sein, sondern auch in Spanien und Chile. Ein Klischee hat sich im Übrigen diesmal nicht bestätigt: Ein Investmentbanker kauft einen Weinberg, weil er sowieso schon alles hat. Meine Weintour führte an­schliessend weiter nach Lujan de Cuyo zu einer nicht weniger leidenschaftlichen Weinpersönlichkeit, zu Susana Balbo vom Weingut Dominio del Plata. Obwohl sie eine sehr vielseitige und interessante Persönlichkeit ist, lässt sie lieber ihre Weine, ihre «Kinder», sprechen. In Argentinien wird sie liebevoll als «Queen of Torrontes» oder «Evita of Wine» bezeichnet. «Die Schaffung meiner Weine bei Dominio del Plata ist für mich die Krönung all meiner Bemühungen als Winzerin, die Ernte von einer Menge Arbeit während vieler Jahre. Für mich ist dieses Weingut wie mein dritter Sohn, ein wahr gewordener Traum», erzählt sie. Darum nennt sie die eine Linie ihrer Weine «Crios», wie Kinder. Ben Marco, ihre zweite Linie, produziert Susana als eine Hommage an den «traditionellen» argentinischen Wein-Stil. Dies sind ausdrucksstarke, hoch konzentrierte Weine, wo die primären Aromen der Trauben im Weinberg und die Frische der Frucht im Vordergrund stehen. Die Premium Line trägt ihren eigenen Namen, «Susana Balbo». Diese Weine sind der ultimative Ausdruck ihrer Fähigkeiten als Winzerin. Eleganz, komplexe Aromen und Raffinesse spiegeln den Geschmack und die Vorliebe von Susana Balbo wider. Ob es an den Menschen oder am Wein liegt, Argentinien hat Suchtgefahr. Wer einmal dort war, kehrt immer H wieder zurück! Der Autor Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutschschweizer Sommelierverbandes (SVS/ASSP), Leiter der Sommelier-Fachschule Zürich und Kolumnist im Magazin «Hotelier». [email protected] 9I2012 FOOD & BEVERAGE WEIN ToP-WEinE aus argEnTiniEn ProDuZEnT Valle de Uco Mendoza, Bodegas y Viñedos Ortega Fournier WEin 2007 B Crux rEBsorTEn Tempranillo, Malbec, WEin 2010 Crios Malbec rEBsorTE Malbec, 10 % Bonarda Cabernet Sauvignon, Syrah lagErFÄhigKEiT Bis 2013 lagErFÄhigKEiT Bis 2019 imPorTEur schWEiZ imPorTEur schWEiZ Baur au lac Vins Mövenpick Weinkeller PrEis CHF 16.30 PrEis CHF 25.– Die in der heissen Ebene von Mendoza vollends ausgereiften Trauben werden von Hand gelesen. Dieser Wein zeigt eine tiefe, dunkle, purpurrote Farbe. Gedörrte schwarze Beeren, Cassis-Aromen in der Nase, dezent geröstete Vanille- und Schokoladennote. Gut strukturierte und süsse Tannine. Mittellanger, weicher und eleganter Abgang. Purpurrot, granatfarbene Nuancen. Brombeeren, schwarze Kirschen und Melasse, auch etwas Lebkuchengewürz und Kokosnoten im facettenreichen Bouquet. Viel angenehmer Trinkfluss mit einer kraftvollen Aromatik schwarzbeeriger Art, ergänzt durch Zimtnoten und etwas Anis, von toller Struktur und feinen Tanninen; vollmundig und intensiv, mit viel eleganter Intensität, die ins andauernde Finale führt. ProDuZEnT Bodega Matias Riccitelli ProDuZEnT Bodega Alta Vista WEin 2009 Malbec Vineyard Selection WEin 2009 Alta Vista Terroir Selection rEBsorTE Malbec lagErFÄhigKEiT Bis 2013 imPorTEur schWEiZ Casa de Vinos Argentinos PrEis CHF 30.– Extrem dicht und dunkel. Kräftiges Rot mit violetten Reflexen. Volles Bouquet mit intensiven Fruchtnuancen. Explosiv, schwarze Kirschen, Cassis und reife Pflaumen, Vanille, Zimt und Zigarrenbox. Ein gaumenfüllendes Erlebnis, starke Tannine mit langem Abgang. Ein Wein mit Fülle und Potenzial. 9I2012 ProDuZEnT Dominio del Plata Malbec rEBsorTE Malbec lagErFÄhigKEiT Bis 2019 imPorTEur schWEiZ Rutishauser Barossa PrEis CHF 18.80 Granatrot mit dunklen Reflexen am Rand. In der Nase zeigt der Terroir Selection ein Aroma aus konzentrierten Schokoladennoten und Pfeffer. Der Gaumen präsentiert sich voll mit einer ausgewogenen Balance. Dieser Wein wird jedem leidenschaftlichen Weinliebhaber grossen Genuss bereiten, da er über viel Kraft und ein tolles Finish verfügt. 57