Erfahrungsbericht Nr

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Erfahrungsbericht Nr.7
(Ein ganz besonderes Rotholzgewächs)
Kaum eine andere Pflanze auf der Welt wird so oft diskutiert, verflucht und
angebaut wie Coca. Es ist ein immergrüner bis 5m hoher Strauch, der im Anbau
als Nutzpflanze niedrig gehalten wird. Er hat eine rötliche Rinde. Die Blätter
sind wechselständig, elliptisch bis spatelförmig und 5 bis 15cm lang. Aus den
Blattachseln wachsen 1 bis 5 unscheinbare, kleine gelbliche Blüten. Aus den
oberständigen Fruchtknoten entwickeln sich einsamige rote Steinfrüchte.
Die Heimat der Cocapflanze liegt an den Osthängen der Anden in Bolivien,
Peru und im Süden Kolumbiens Hier wächst der Cocastrauch in Höhen
zwischen 300 und 2000m. Diese Länder sind auch heute noch die
Hauptanbaugebiete für Coca mit einem Anteil an der weltweiten Ernte (Stand
2005) von 54% in Kolumbien, 30% in Peru und 16% in Bolivien. Mitte des 19.
Jahrhunderts wurde der Cocastrauch auch in Indien, Ceylon und Java
eingeführt und bis heute in viele andere Weltgegenden, in denen ein Anbau
möglich ist, verbreitet.
Er wird zur Blättergewinnung in Peru, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Teilen von
Afrika, Indonesien, Indien und Sri Lanka angebaut. Die Ausfuhr seiner Samen
aus diesen Ländern ist durchweg verboten.
Getrocknete (bei max. 40°C)
Cocablätter enthalten ca. 0,5
bis 1,3 Prozent Alkaloide,
davon bestehen bis zu drei
Viertel aus Kokain. Beim
Kauen von Coca kann es
sein, dass Drogentests bis
zu 2 Wochen später positiv
ausfallen. Außerdem
enthalten sie relativ große
Mengen an Kohlenhydraten,
Kalzium sowie Proteinen,
Eisen, Vitamin A und Vitamin
B2. Für die ansässigen
Indios war die Pflanze bis
zur Ankunft der spanischen
Conquistadores die einzige
reichhaltige Kalziumquelle.
Das Kauen von Coca-Blättern ist in den Anden sowie im Tiefland des Gran
Chaco seit Jahrhunderten verbreitet. Die Blätter werden als Genussmittel, als
Nahrungsergänzungsmittel, für kultische und medizinische Zwecke genutzt. Sie
helfen Hunger, Müdigkeit und Kälte zu verdrängen und sind sehr wirksam
gegen die Höhenkrankheit, da sie die Sauerstoffaufnahme verbessern. Auch
hatten die Cocablätter eine spirituelle Bedeutung. Die gekauten Blätter bilden,
zusammen mit Kalk und anderen Hilfssubstanzen (zum Beispiel
Pflanzenasche), eine sogenannte „bola“. Der Tee „Mate de Coca“ ist in Peru
und anderen Andenregionen Nationalgetränk. In Peru und Bolivien gibt es ihn,
fertig in Teebeutel abgepackt, in vielen Supermärkten. Seine Wirkung ist mit der
von starkem Schwarztee oder Kaffee vergleichbar, außerdem hilft er gegen
Magenbeschwerden. Sein Geschmack ist eher grasig („grün“), aber nicht
unangenehm. Körperliche bzw. psychische Beschwerden oder Abhängigkeiten die über die von Kaffee oder Tee hinausgehen - werden im Allgemeinen nicht
beobachtet. Die Verarbeitung der Cocablätter zu Tees wird in Peru sogar
staatlich gefördert.
Der Eroberer Gonzalo de Zárate, der im Auftrag von Karl III. von Spanien die
koloniale Macht in Argentinien festigte, lobte den Effekt des Cocablatts: „Die
Indios in den Minen können 36 Stunden unter Tag bleiben, ohne zu schlafen
und zu essen“. Die Cocasteuer wurde in der Folge zu einem wichtigen Pfeiler
der kolonialen Herrschaft. Bis weit hinein ins 20. Jahrhundert blieb Coca ein
unabdingbarer Lohnbestandteil der Indios und Mestizen in den Anden. Zum
Politikum wurde das Cocablatt erst mit dem Übergreifen des kalten Krieges auf
Südamerika. Bereits 1946 setzte die sowjetische Botschaft in Lima zu einer
Kampagne gegen die „Drogensklaverei skrupelloser US-Multis” an. Auf Anstoß
der Minengesellschaft Cerro de Pasco Copper Corporation parierte eine
amerikanische Delegation vor den Vereinten Nationen die Attacke mit einer
Belehrung über die Vorzüge der althergebrachten Cocasitte. Mittlerweile stehen
die Nordamerikaner an vorderster Front im Krieg gegen die Cocastaude,
während die politische Linke im Cocablatt ein Opfer des Kulturimperialismus
entdeckt hat.
Für die UNO-Kommission, die im September 1949 nach Peru reiste, um die
Gefährlichkeit des Cocastrauches wissenschaftlich zu ergründen, war schon bei
der Ankunft in Lima klar: „Wir glauben, dass der tägliche Gebrauch der
Kokablätter nicht nur absolut schädlich ist, sondern auch die Ursache einer
rassischen Degeneration vieler Volkseinheiten und der Dekadenz, die
zahlreiche Ureinwohner und sogar Mestizen bestimmter Zonen Perus und
Boliviens zeigen. Unsere Studien werden dies sicher bestätigen ...“.
Tatsächlich, die Kommission fand die Bestätigung und legte damit die Basis für
die Single Convention der Vereinten Nationen, mit der die Ächtung der
Cocastaude 1961 besiegelt wurde.
Der Anbau von Erythroxylum coca durch die Cocaleros, die Cocabauern, ist in
den Andenländern nur in bestimmten Mengen legal, die Weiterverarbeitung der
Blätter zu Kokain oder seinen Vorprodukten ist streng verboten. Von 1988 bis
2006 galt in Bolivien das Gesetz 1008, welches eine jährliche Anbaufläche von
12.000ha in der Yungas-Region bei La Paz für den traditionellen Gebrauch der
Blätter erlaubt. Am 19. Dezember 2006 gab der bolivianische Präsident Evo
Morales bekannt, dass er bis zum Jahr 2010 20.000 Hektar seines Landes für
den Coca-Anbau zur Verfügung stellen will. Der Anbau auf den übrigen Flächen
wird von der bolivianischen Regierung mit starker Unterstützung der USA
bekämpft. Seit der Wahl Evo Morales’ zum Präsidenten Boliviens im Dezember
2005 ist die Drogenpolitik der Regierung noch offen. Morales strebt eine
Legalisierung des Cocablattes an, auch um die vielfältigen
Nutzungsmöglichkeiten zum Beispiel für Zahnpasta, Shampoo etc. zuzulassen.
Die Ausfuhr der Blätter ist bisher verboten. Ausnahmen bilden Exporte für
pharmazeutische Firmen.
Spekulationen, wonach auch heute noch Cocablätter zur Produktion von CocaCola aus Bolivien in die USA exportiert werden, sind nicht haltbar. Obwohl die
Stepan Company bis heute eine Sondergenehmigung zur Einfuhr und
Verarbeitung von Cocablättern aus Peru und Bolivien innehat, werden zur
Herstellung von Coca-Cola nicht die Blätter von kokainhaltigen ErythroxylumArten verwendet, sondern der Extrakt von zumeist in Afrika angebauten CocaArten, die sich durch hohe Koffeingehalte auszeichnen.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass das Kauen sowie das Trinken
von Coca keinerlei berauschenden Effekt hat. Es ist eigentlich zu vergleichen
mit der Wirkung von Kaffee, nur um einiges sanfter. Coca wird hier in Bolivien
vor allem von der indigenen Bevölkerung gekaut, bei den Menschen aus dem
Tiefland und bei der reicheren Klasse ist es oft als “Indio-Mist” verschrien und
wird nicht konsumiert. Allerdings wird es oft von Jugendlichen als eine leichtere
Form von Ecstasy eingesetzt. Da der Konsum der Pflanze Müdigkeit vergessen
lässt, kauen viele Jugendliche bei Discobesuchen um 4 Uhr nachts eine halbe
Stunde ein wenig Coca und können danach ohne Probleme noch 2 Stunden
weitertanzen.
Natürlich kann man auch die negativen Aspekte des Coca nicht verschweigen,
bei aller Tradition und schöner Wirkungen ist und bleibt es nun mal die Basis für
Kokain. 1859 gelang es Albert Niemann, Kokain aus den Pflanzen zu isolieren
und dieses als schmerzbetäubendes Medikament zu gebrauchen. Kokain
wurde im 20. Jahrhundert zu einer verbreiteten Droge. Gleichzeitig wurde der
Coca-Anbau zum internationalen Politikum. Die USA machten auf viele
lateinamerikanische Länder Druck, den Anbau zu verbieten und die Plantagen
zu vernichten. In vielen Ländern führte dies zu einer Existenzbedrohung für die
Coca-Bauern. Der Widerstand gegen diese Maßnahmen brachte unter anderem
auch Politiker wie Evo Morales hervor, der vom Gewerkschaftsführer der CocaBauern zum Präsidenten Boliviens wurde (siehe oben).
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