Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 287 1etv5-1 5 Wechselstromkreise Bei der Berechnung von Gleichstromkreisen waren die dargelegten Sachverhalte dadurch gekennzeichnet, dass die betrachteten elektrischen Größen Strom und Spannung zeitunabhängig waren. Bei der Behandlung der Induktionsvorgänge hatten wir allerdings festgestellt, dass infolge der Bewegung eines Leiters im Magnetfeld im allgemeinen eine zeitlich veränderliche Spannung induziert wurde. Als Ergebnis einer Drehbewegung entstand dabei eine periodische Zeitfunktion der elektrischen Größe. Grundsätzlich sind die elektrischen Vorgänge gleicher Natur wie bei Gleichstrom, aber es entstehen zusätzliche Vorgänge eigener Prägung, die eine gesonderte Behandlung erfordern. Von den periodischen Zeitfunktionen haben die Wechselgrößen eine besondere Bedeutung. In der Energietechnik erfolgt die Erzeugung, Übertragung und Wandlung fast ausschließlich mit Wechselgrößen von Strom und Spannung, in der Nachrichtentechnik haben Wechselgrößen dominierende Bedeutung. 5.1 Grundbegriffe sinusförmiger Zeitfunktionen Der Lernende kann - erläutern, was eine zeitabhängige periodische Größe ist und die Begriffe Periodendauer und Frequenz definieren - den Begriff Wechselgröße anhand des arithmetischen Mittelwertes erläutern - die sinusförmige Wechselgröße beliebiger Lage im Zeitkoordinatensystem mathematisch formulieren und die Begriffe Augenblickswert, Scheitelwert und Nullphasenwinkel definieren - den Gleichwert einer zeitlichen periodischen Funktion berechnen - den Effektivwert einer Wechselgröße physikalisch erläutern - den Effektivwert einer sinusförmigen Wechselgröße berechnen und den Zusammenhang zwischen Effektivwert und Scheitelwert nennen 5.1.1 Definition der Wechselgröße Da Wechselgrößen sind periodische Zeitfunktionen. Wir wollen zunächst eine periodische Zeitfunktion definieren. Eine periodische Zeitfunktion x(t) ist eine Funktion, deren Funktionswerte sich nach einer Zeit T in gleicher Weise wiederholen. In Abb.5.1.01 ist eine periodische Zeitfunktion dargestellt. Sie lässt sich durch Gl.(5.1.01) beschreiben. x(t) = x(t + n ⋅ T) n = 1, 2, 3... (5.1.01) Die Zeit zum Durchlaufen einer Periode T wird als Periodendauer bezeichnet. Der reziproke Wert der Periodendauer ist die Frequenz f. 1 (5.1.02) T Für Periodendauer und Frequenz ergeben sich folgende Maßeinheiten: 1 1 [T] = s (Hertz) [ f ] = = = Hz [T ] s f= Heinrich Hertz (1857-1894) deutscher Physiker Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 288 1etv5-1 Der Zahlenwert {f } der Frequenz mit der Maßeinheit [ f ] = Hz gibt die Zahl der Schwingungsperioden in der Sekunde an. Beispiel 5.1.01 Zu berechnen sind die Periodendauern für die Frequenzen f1 = 50Hz und f2 = 1kHz. 1 1 1s 1 1 1s T1 = = = = 20ms T2 = = = = 1ms f1 50Hz 50 f2 1kHz 1000 x t+T t t T x (t + T ) x (t) T Abb.5.1.01 Periodische Zeitfunktion Die Wechselgröße ist eine spezielle periodische Zeitfunktion. Nach DIN 5488 ist eine Wechselgröße vom Augenblickswert x eine periodische Funktion der Zeit mit einem arithmetischen Mittelwert über eine Periode gleich Null. Der arithmetische Mittelwert über eine Periode ist nach Gl.(5.1.03) definiert t+T 1 (5.1.03) x = ∫ x(t) ⋅ dt T t Bei der Bildung des arithmetischen Mittelwertes wird das Integral über eine Periode, das heißt die Fläche unter der Kurve über eine Periode, durch ein flächengleiches Rechteck ersetzt, dessen eine Seite die Periodendauer T und die andere der arithmetische Mittelwert x ist. t+T x⋅T = ∫ x(t) ⋅ dt t Arithmetischer Mittelwert über eine Periode gleich Null bedeutet, dass die Fläche unter der Kurve innerhalb einer Periode gleichgroße positive und negative Anteile haben muss. In Abb.5.1.02 sind einige periodische Zeitfunktionen dargestellt, die. diese Bedingung erfüllen und demzufolge Wechselgrößen sind. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 289 1etv5-1 X0 X0 1 2 T − X0 T X̂ 1 2 t − X0 T T t 1 2 T T t − X̂ Abb.5.1.02 Wechselgrößen 5.1.2 Sinusförmige Zeitfunktionen Wechselgrößen mit sinusförmiger Zeitfunktion haben eine besondere Bedeutung und werden als Wechselgrößen im engeren Sinne bezeichnet. Im Folgenden wollen wir unter Wechselgrößen nur noch solche mit sinusförmigen zeitlichen Verläufen verstehen, nach DIN 5488 werden sie auch als Sinusgrößen bezeichnet. Ein sinusförmiger Zeitverlauf kann mathematisch durch eine Sinusfunktion oder eine Kosinusfunktion beschrieben werden. Da die Kosinusfunktion hinsichtlich ihrer Symmetrie einige mathematische Vorteile besitzt , wird im Folgenden fast ausschließlich die Kosinusfunktion verwendet. In Abb.5.1.03 ist der zeitliche Verlauf der Wechselgröße x als reine Kosinusfunktion dargestellt. Der zu einem bestimmten Zeitpunkt t vorliegende Wert x(t) der Wechselgröße wird als Augenblickswert bezeichnet. Der größte positive Augenblickswert ist der Scheitelwert X̂ . Da der Kosinus nur von einem Winkel gebildet werden kann, wird die Wechselgröße zunächst nur als Funktion einer Winkelkoordinate α angegeben. Die Funktion lässt sich nach Gl.(5.1.04) formulieren. ˆ ⋅ cos α x=X Die Maßeinheit des Winkels ist [α] = rad (Bogenmaß) oder [ α ] = (5.1.04) o (Grad), wobei die Umrechnungsbeziehungen gelten: 180o π 1rad = 1o = rad (5.1.05) π 180 Um den Augenblickswert als Funktion der Zeit anzugeben, stellen wir mit Abb.5.1.03 die Verhältnisgleichungen auf: Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 290 1etv5-1 x X̂ 1 2 t1 T T 2π π α1 t α Abb.5.1.03 Wechselgröße in Winkel- und Zeitabhängigkeit α 2π 2π = α1 = ⋅ t1 (5.1.06) T t T Damit wird aus Gl.(5.1.04) ˆ ⋅ cos 2π ⋅ t x=X (5.1.07) T In der Zeit T wird der Winkel 2π zurückgelegt. Damit lässt sich die Winkelgeschwindigkeit ω definieren: α 2π ω= = (5.1.08) t T ˆ ⋅ cos ωt (5.1.09) x=X xl X̂ x x αl ϕ α ϕ αl α Abb.5.1.04 Wechselgröße allgemeiner Lage a) ϕ > 0 xl X̂ αl α αl α b) ϕ < 0 Wenden wir uns jetzt der Darstellung der Kosinusfunktion allgemeiner Lage zu. Der zeitliche Verlauf ist in Abb.5.1.05 dargestellt. Um die Funktion im Koordinatensystem Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 291 1etv5-1 α zu formulieren, ist es zweckmäßig, eine Koordinatentransformation durchführen. Im Koordinatensystem αl gilt nämlich Gl.(5.1.04) ˆ ⋅ cos αl x=X Es wird der Winkel ϕ zur Markierung des positiven Maximums im Koordinatensystem eingeführt. Der Winkel ϕ ist vorzeichenbehaftet. ϕ >0 Der Richtungspfeil beginnt beim positiven Maximum, zeigt in Richtung der Zeit- oder Winkelachse und endet bei α = 0 . ϕ <0 Der Richtungspfeil beginnt beim positiven Maximum, zeigt in die negative Zeitachsenrichtung und endet bei α = 0 . Um die Beziehung zwischen den Winkeln α und αl herzustellen, rechen wir mit den Winkeln wie am Zahlenstrahl und erhalten α‘ = α + ϕ (5.1.10) Damit ergibt sich die allgemeingültige Gleichung für die Zeitfunktion der Wechselgröße ˆ ⋅ cos ( ωt + ϕ ) x=X (5.1.11) Beispiel 5.1.02 Es ist die Zeitfunktion der Schwingung anzugeben, deren Scheitelwert X̂ ist und dieser im Koordinatensystem b) bei ωt 2 = 41 π auftritt. a) bei ωt1 = − 41 π a) Nach Abb.5.1.04a liegt das positives Maximum bei ωt1 = − 41 π , damit ist ϕ1 = 41 π und mit Gl.(5.1.11) ˆ ⋅ cos ( ωt + ϕ ) = X ˆ ⋅ cos ( ωt + 1 π ) x=X 1 4 b) Nach Abb.5.1.04b liegt das positive Maximum bei ωt1 = 41 π , damit ist ϕ2 = − 41 π und mit Gl.(5.1.11) ˆ ⋅ cos ( ωt + ϕ ) = X ˆ ⋅ cos ( ωt − 1 π ) x=X 2 4 Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 292 1etv5-1 5.1.3 Mittelwerte Bei Zeitfunktionen werden zur quantitativen Beschreibung Mittelwerte benutzt. a) Arithmetischer Mittelwert: Der arithmetische Mittelwert oder Gleichwert x einer periodischen Funktion wird gebildet, indem man die Fläche unter der Kurve während einer Periodendauer durch ein flächengleiches Rechteck bei gleicher Betrachtungszeit ersetzt (Gl.5.1.03). Für eine Wechselgröße ergibt sich über die Periodendauer der arithmetische Mittelwert t +T 1 x = ∫ x(t) ⋅ dt = 0 T t In Abb.5.1.05 ist die Bildung des arithmetischen Mittelwertes dargestellt. x X̂ ⊕ ⊕ ω ( t1 + T ) ω t1 α = ωt : Abb.5.1.05 Arithmetischer Mittelwert über eine Periodendauer t +T ω( t + T ) 1 1 x(t) ⋅ dt = x ( ωt ) ⋅ d ωt = 0 ∫ ωT ω∫t T t Bei der Integration über eine Periodendauer ist der positive und der negative Flächenanteil gleich groß und damit der arithmetische Mittelwert über eine Periodendauer gleich Null. Der arithmetische Mittelwert wird für periodische Funktionen angewandt, die ein Gleichglied haben, z. B. für die Bestimmung der Ausgangsspannung einer Gleichrichterschaltung. In Abb.5.1.06 ist eine Einweggleichrichtung gezeigt. x= Û L uLN N ud Ud ud uLN Abb.5.1.06 Zur Bestimmung des Gleichwertes bei einer Einweggleichrichtung T t Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 293 1etv5-1 Bei der Mittelwertbildung wird die schraffierte Fläche unter der Kurve über eine Periode durch das grau angelegte Rechteck ersetzt. T Ud ⋅ T = ∫ ud ⋅ dt 0 Die Spannung ud hat folgenden Zeitverlauf Û ⋅ sin ωt 0 ≤ t ≤ T / 2 ud = T/2 ≤ t ≤ T 0 Damit wird T T/2 ˆ ˆ ⋅ sin ωt ⋅ dt = 2 ⋅ U Ud ⋅ T = ∫ ud ⋅ dt = ∫ U ω 0 0 b) Ud = ˆ 2 ⋅U ˆ U ˆ 2 ⋅U ˆ = = = 0.318 ⋅ U ωT π 2π Quadratischer Mittelwert, Effektivwert Für die quantitative Beschreibung einer Wechselgröße wird der quadratische Mittelwert oder Effektivwert verwendet. Der Effektivwert eines Wechselstromes ist folgendermaßen definiert. Fließt der Wechselstrom durch einen Ohmschen Widerstand R, so wird elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Um die von diesem Wechselstrom bewirkte Energieumwandlung beurteilen zu können, wird die während einer Periode umgewandelte Energie mit der Energie verglichen, die eine Gleichstrom im gleichen Widerstand während der gleichen Zeit wandelt. Dieser zeitlich konstante Strom erzeugt also am Widerstand R den gleichen Effekt wie der Wechselstrom und wird als Effektivwert des Wechselstromes bezeichnet. In Abb.5.1.07 ist der Energieumsatz für beide Fälle für eine Periode berechnet. i I R R t+T ∆W = R ⋅ ∫ i (t)dt 2 t ∆W = I2 ⋅ R ⋅ T Abb.5.1.06 Berechnung des Energieumsatzes während einer Periode bei Wechselstrom und bei Gleichstrom Wir setzen diese beiden Energien vereinbarungsgemäß gleich und lösen nach dem Effektivwert des Stromes auf t +T I2 ⋅ R ⋅ T = R ⋅ ∫ i (t)dt 2 t t+T 1 2 (5.1.12) i (t) ⋅ dt T ∫t Diese Beziehung wird nun für die Beurteilung einer beliebigen periodischen Funktion x(t) verwendet. Allgemein erhalten wir den Effektivwert einer periodischen Zeitfunktion nach Gl.(5.1.13) I= Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 294 1etv5-1 X= 1 T t +T ∫ x (t) ⋅ dt 2 (5.1.13) t Im Folgenden wollen wir den Effektivwert einer sinusförmigen Zeitfunktion berechnen. Da der Effektivwert unabhängig von der Lage der Funktion im Koordinatensystem ist, verwenden wir für die Funktion: ˆ ⋅ cos ωt und für die Integrationsgrenzen t = 0 und t + T = T . x=X Eingesetzt in Gl.(5.1.13) ergibt sich T X= ( ˆ2 X T ) 2 1 ˆ X ⋅ cos ωt ⋅ dt = ∫ T0 Mit cos2 ωt = ˆ⋅ X=X 1 2 T ∫ ( cos ωt ) 0 2 T ˆ 2 ⋅ 1 cos2 ωt ⋅ dt ⋅ dt = X T ∫0 (1 + cos 2ωt ) T 1 (1 + cos 2ωt) ⋅ dt 2T ∫0 T ˆ ˆ ⋅ 1 t + 1 sin2ωt = X X=X 2T 2ω 2 0 X= X̂ 2 ˆ =X 2 ˆ ≈ 0.7 ⋅ X 2 X̂ = 2 ⋅ X (5.1.14) Bei einer sinusförmigen Wechselgröße vermittelt zwischen Effektivwert und Scheitelwert der Faktor 2 . Beispiel 5.1.03 Im Niederspannungsnetz haben Spannungen die Effektivwerte ULN = 230V und ULL = 400V. Zu berechnen sind die Scheitelwerte. ÛLN = 2 ⋅ ULN = 2 ⋅ 230V = 325 V ÛLL = 2 ⋅ ULL = 2 ⋅ 400V = 566 V Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 295 1etv5-1 5.2 Wechselstromverhalten der Grundschaltelemente Der Lernende kann - den Wechselstromwiderstand definieren die Bestimmungswerte des Wechselstromwiderstandes nennen - den Wechselstromwiderstand des Ohmschen Widerstandes, des idealen Kondensators und der idealen Spule angeben - die Strom-Spannungsbeziehungen der drei Grundschaltelemente mit ihren Zählzuordnungen angeben - die Zuordnung von Strom und Spannung an den drei Grundschaltelementen im Zeitdiagramm angeben und die Begriffe Voreilen und Nacheilen erklären 5.2.1 Definition des Wechselstromwiderstandes Werden die drei idealen Grundschaltelemente Widerstand, Kondensator und Spule an einer Wechselspannung ˆ ⋅ cos ( ωt + ϕ ) u=U u betrieben und wartet man nach dem Einschalten der Spannung genügend lange, so fließen dann im stationären Zustand Wechselströme i = ˆI ⋅ cos ( ωt + ϕi ) . Das Wechselstromverhalten der Grundschaltelemente wird dann für den stationären Betriebszustand durch den Wechselstromwiderstand beschrieben. Der Wechselstromwiderstand wird durch zwei Größen bestimmt. ˆ an, so Legt man an das Schaltelement eine Wechselspannung mit dem Scheitelwert U ergibt das Experiment, dass ein Wechselstrom mit dem Scheitelwert Î .fließt. Als Scheinwiderstand Z wird der scheinbare Widerstand definiert, der sich nach dem Ohmschen Gesetz aus dem Quotienten der Scheitelwerte von Spannung und Strom ergibt. Nach Gl.(5.1.14) erhält man den gleichen Wert beim Quotienten der Effektivwerte von Spannung und Strom. Û U Z= = (5.2.01) ˆI I Der Kehrwert des Scheinwiderstandes wird als Scheinleitwert Y bezeichnet. 1 ˆI I Y= = = (5.2.02) ˆ U Z U Der zweite Bestimmungswert des Wechselstromwiderstandes ist die Phasenverschiebung ϕ. Die Phasenverschiebung ist die Differenz der Nullphasenwinkel von Spannung und Strom. ϕ = ϕu - ϕi (5.2.03) Bei positiver Differenz der Nullphasenwinkel von Spannung und Strom ist die Phasenverschiebung der Winkel, um den der Strom gegenüber der Spannung nacheilt, bei negativer Differenz der Winkel, um den der Strom der Spannung vorauseilt. Wegen der Differenzbildung ist es unbedingt notwendig, den Nullphasenwinkeln ein Vorzeichen (Zählpfeil) entsprechend Abb.5.1.04 zuzuordnen. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 296 1etv5-1 5.2.2 Wechselstromverhalten des idealen Widerstandes Für den idealen Widerstand gilt die Strom-Spannung-Beziehung nach Gl.(5.2.04) im Zusammenhang mit der Zählzuordnung nach Abb.5.2.01 u = R ⋅i i= u R (5.2.04) u i R Abb.5.2.01 Zählpfeile von Strom und Spannung am Widerstand Mit i = Î cos(ωt + ϕi ) erhalten wir nach Gl.(5.2.04) für die Spannung u = R ⋅ ˆI ⋅ cos(ωt + ϕi ) (5.2.05) Definieren wir die Spannung als ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) u=U u und führen einen Vergleich mit Gl.(5.2.05) durch, dann erhalten wir ˆ = R ⋅ ˆI U ϕu = ϕi Aus diesen Beziehungen lassen sich die Bestimmungswerte des Wechselstromwiderstandes berechnen. ˆ R ⋅ ˆI U = =R ˆI ˆI ϕR = ϕu − ϕi = 0 ZR = (5.2.06) (5.2.07) Der Scheinwiderstand ist gleich dem Widerstand R. Spannung und Strom haben den gleichen Nullphasenwinkel, sie sind phasengleich. In Abb.5.2.02 sind die Zeitverläufe von Spannung und Strom am idealen Widerstand R aufgetragen. u, i u i ϕu ϕi ωt Abb.5.2.02 Zeitverläufe von Strom und Spannung am Widerstand Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 297 1etv5-1 5.2.3 Kondensator Für den idealen Kondensator gilt die Strom-Spannung-Beziehung nach Gl.(5.2.08) im Zusammenhang mit der Zählzuordnung nach Abb.5.2.03 i=C du dt (5.2.08) u i C Abb.5.2.03 Zählpfeile von Strom und Spannung am Kondensator Mit u = Û ⋅ cos(ωt + ϕu ) erhalten wir nach Gl.(5.2.08) den Strom du ˆ ⋅ ω ⋅ ( − sin(ωt + ϕ )) = C ⋅ U ˆ ⋅ ω ⋅ cos(ωt + ϕ + 1 π) (5.2.09) i = C⋅ = C ⋅U u u 2 dt Definieren wir den Strom als i = ˆI ⋅ cos(ωt + ϕi ) und führen einen Vergleich mit Gl.(5.2.09) durch, dann erhalten wir ˆI = ω ⋅ C ⋅ U ˆ ϕi = ϕu + 21 π Aus diesen Beziehungen lassen sich die Bestimmungswerte des Wechselstromwiderstandes des Kondensators berechnen. ˆ ˆ U U 1 = = ˆI ω ⋅ C ⋅ U ˆ ω⋅C ϕC = ϕu − ϕi = ϕu − ( ϕu + 21 π ) = − 21 π ZC = (5.2.10) (5.2.11) Der Scheinwiderstand des Kondensators ist der Frequenz und der Kapazität umgekehrt proportional. Am Kondensator eilt der Strom der Spannung um 90o voraus. Der Strom erreicht sein positives Maximum 41 T früher als die Spannung. In Abb.5.2.04 sind die Zeitverläufe von Spannung und Strom am idealen Kondensator aufgetragen. u, i u i ϕi ϕu π/2 Abb.5.2.04 Zeitverläufe von Strom und Spannung am Kondensator ωt Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 298 1etv5-1 5.2.4 Spule Für die ideale Spule gilt die Strom-Spannung-Beziehung nach Gl.(5.2.12) im Zusammenhang mit der Zählzuordnung nach Abb.5.2.05 u=L di dt (5.2.12) u i L Abb.5.2.05 Zählpfeile von Strom und Spannung an der Spule Mit i = Î ⋅ cos(ωt + ϕi ) erhalten wir nach Gl.(5.2.12) die Spannung di u = L ⋅ = L ⋅ ˆI ⋅ ω ⋅ ( − sin(ωt + ϕi )) = L ⋅ ˆI ⋅ ω ⋅ sin(ωt + ϕi + 21 π) (5.2.13) dt Definieren wir den Strom als ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) u=U u und führen einen Vergleich mit Gl.(5.2.13) durch, dann erhalten wir ˆI = ω ⋅ C ⋅ U ˆ ϕi = ϕu + 21 π Aus diesen Beziehungen lassen sich die Bestimmungswerte des Wechselstromwiderstandes des Kondensators berechnen. ˆ ω ⋅ L ⋅ ˆI U = = ω⋅L ˆI ˆI ϕ = ϕu − ϕi = ϕu − ( ϕu − 21 π ) = 21 π ZL = (5.2.14) (5.2.15) Der Scheinwiderstand der Spule ist der Frequenz und der Induktivität proportional. An der Spule eilt die Spannung dem Strom um 90o voraus. Die Spannung erreicht ihr positives Maximum 41 T früher als der Strom. In Abb.5.2.06 sind die Zeitverläufe von Spannung und Strom an der idealen Spule aufgetragen. u, i u i ϕu π/2 ϕi Abb.5.2.06 Zeitverläufe von Strom und Spannung an der Spule ωt Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 299 1etv5-1 5.2.5 Zusammenfassung In Tabelle 5.2.01 sind alle Zusammenhänge an den Wechselstromwiderständen der idealen Grundschaltelemente Widerstand, Kondensator und Spule zusammengestellt. Diese Zusammenhänge sollten Sie sich sicher einprägen. u i R i u u i C u=iR ϕu = ϕi 1 i ⋅ dt ) C∫ du i=C dt Î Û = ω⋅C I U= ω⋅C ϕu = ϕi − 21 π ZR = R ZC = 1 =G R ϕR= 0 YC = ω ⋅ C i= u R ˆ = R ⋅ ˆI U U = R ⋅I YR = (u = 1 ω⋅C ϕC = − 21 π L u =L⋅ (i = di dt 1 u ⋅ dt) L∫ ˆ = ω ⋅ L ⋅ ˆI U U = ω ⋅L ⋅I ϕu = ϕi + 21 π ZL = ω⋅L 1 ω⋅L ϕL = 21 π YL = Tabelle 5.2.01 Wechselstromwiderstände von Widerstand, Kondensator und Spule Beispiel 5.2.01 Zu berechnen sind die Scheinwiderstände und Phasenverschiebungen folgender Bauelemente mit den Werten R = 100Ω , L = 1H und C = 10µF bei f = 50Hz . Widerstand: ZR = R = 100Ω ϕR = 0 Spule: Kondensator: ZL = ω ⋅ L = 2π ⋅ f ⋅ L = 2π ⋅ 50s−1 ⋅ 1Vs / A = 314Ω ϕL = π / 2 1 1 1 = = = 318Ω ZC = −1 ω ⋅ C 2π ⋅ f ⋅ C 2π ⋅ 50s ⋅ 10 ⋅ 10 −6 As / V ϕC = −π / 2 Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 300 1etv5-1 Beispiel 5.2.02 Die Reihenschaltung der idealen Bauelemente Widerstand, Kondensator und Spule wird vom Wechselstrom i = Î ⋅ cos ωt durchflossen. Zu berechnen sind die Spannungen über den drei Bauelementen. Strom und Spannung sind für jedes Bauelement in einem Diagramm als Zeitfunktionen darzustellen. i uC uR uL Abb.5.2.07 Schaltung zu Beispiel 5.2.02 ˆ ⋅ cos ωt uR = R ⋅ i = R ⋅ ˆI ⋅ cos ωt = U R ˆI ˆI 1 1 ˆ cos ( ωt − 1 π ) uC = ∫ i ⋅ dt = ∫ ˆI ⋅ cos ωt ⋅ dt = sin ωt = cos ( ωt − 21 π ) = U C 2 C C ωC ωC d ˆI ⋅ cos ωt di ˆ cos ( ωt + 1 π ) uL = L ⋅ = L ⋅ = L ⋅ −ˆI ⋅ ω ⋅ sin ωt = ωL ⋅ ˆI cos ( ωt + 21 π ) = U L 2 dt dt ( ) ( ) uC,i uR,i u,i L uL uC uR i i ωt i ωt ωt 1 2 −21 π a) Widerstand b) Kondensator Abb.5.2.08 Strom- und Spannungsverläufe zu Beispiel 5.2.02 c) Spule π Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 301 1etv5-1 5.3 Lineare Netzwerke bei sinusförmiger Erregung Der Lernende kann - den Begriff sinusförmige Erregung erklären - Knoten- und Maschensatz auf lineare Netzwerke bei sinusförmiger Erregung anwenden - die Strom-Spannungs-Beziehungen der Grundschaltelemente mit den zugehörigen Zählpfeilen von Strom und Spannung anwenden - Addition, Subtraktion, Multiplikation mit konstantem Faktor, Differenziation und Integration von sinusförmigen Wechselgrößen durchführen. - erklären, dass alle notwendigen Rechenoperationen nur Einfluss auf Amplitude und Nullphasenwinkel der Ergebnisgröße haben 5.3.1 Berechnungsgrundlagen Grundsätzlich gelten für die Berechnung linearer Netzwerke bei sinusförmiger Erregung die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie bei Gleichstromnetzwerken. Das Besondere besteht darin, dass die Quellengrößen der Spannungs- und Stromquellen zeitlich sinusförmige Spannungs- und Stromverläufe gleicher Frequenz haben. Bedingt durch die Zeitfunktionen der Spannungen und Ströme müssen neben den Widerständen auch die Kondensatoren und Spulen bei der Berechnung berücksichtigt werden. Zur Berechnung benötigen wir Knoten- und Maschensatz sowie die Strom-Spannungs-Beziehungen der Grundschaltelemente Widerstand, Kondensator und Spule. In Tabelle 5.3.01 sind die notwendigen Berechnungsgrundlagen zusammengestellt. Knotensatz ∑i Maschensatz ∑u Spannungsquelle Stromquelle =0 ν ν =0 (5.3.01) (5.3.02) uq i uq = 2 ⋅Uq ⋅ cos ( ωt + ϕuq ) iq iq = 2 ⋅Iq ⋅ cos ( ωt + ϕiq ) Widerstand u=iR (5.3.03) Kondensator du i=C dt u i u (5.3.04) Spule di u =L⋅ dt i C i (5.3.05) R u L Tabelle 5.3.01 Berechnungsgrundlagen für lineare Netzwerke bei sinusförmiger Erregung Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 302 1etv5-1 5.3.2 Analyse der Rechenoperationen Da wir es bei der Berechnung jetzt mit Wechselgrößen zu tun haben, wollen wir zunächst untersuchen, welche Rechenoperationen wir dabei durchführen müssen und wie diese Rechenoperationen mit sinusförmigen Größen ausgeführt werden. Analysieren wir aus dieser Sicht Tabelle 5.3.01, so ergeben sich bei der Anwendung von Knoten- und Maschensatz Addition und Subtraktion zeitlich sinusförmiger Ströme und Spannungen. Bei den Strom-Spannungsbeziehungen der Grundschaltelemente müssen wir Ströme und Spannungen mit konstanten Faktoren R, C und L multiplizieren und die Ströme und Spannungen nach der Zeit differenzieren oder integrieren. Multiplikation und Division von Strömen und Spannungen tritt nicht auf. Die Betrachtung erfolgt genau wie bei den Gleichstromnetzwerken im eingeschwungenen, stationären Zustand, also genügend lange nach dem Einschalten der Quellen. a) Addition, Subtraktion Wir wollen die beiden sinusförmig schwingenden Größen x1 und x2 miteinander verknüpfen. ˆ cos(ωt + ϕ ) x1 = X 1 x1 ˆ x = X cos(ωt + ϕ ) 2 2 x2 x = x1 + x2 ˆ cos(ωt + ϕ ) + X ˆ cos(ωt + ϕ ) = Xcos( ˆ x=X ωt + ϕ x ) 1 x1 2 x2 (5.3.06) Die Addition oder Subtraktion sinusförmiger Größen gleicher Frequenz ergibt eine sinusförmige Größe derselben Frequenz mit der Amplitude X̂ und dem Nullphasenwinkel ϕx . Ohne Herleitung sollen dieser Stelle angegeben werden, wie Amplitude und Nullphasenwinkel für die Summe berechnet werden können. ˆ = X ˆ2 +X ˆ 2 + 2⋅ X ˆ ⋅X ˆ cos(ϕ − ϕ ) X 1 2 1 2 x2 x1 ˆX sin ϕ + X ˆ sin ϕ x1 2 x2 tan ϕx = 1 ˆ cos ϕ + X ˆ cos ϕ X 1 x1 2 (5.3.07) (5.3.08) x2 Für die Subtraktion analoge Ergebnisse nur mit anderen Vorzeichenkombinationen. Jede Subtraktion kann in die Addition einer negativen Größe umgewandelt werden. x = x 1 − x 2 = x1 + ( − x 2 ) ˆ cos(ωt + ϕ∗ x2 ) = X ˆ cos(ωt + ϕ∗ x2 + π) = X ˆ cos(ωt + ϕ ) −x2 = − X 2 2 2 x2 ∗ ϕx2 = ϕ x2 + π (5.3.09) (5.3.10) (5.3.11) Für die Berechnung von Amplitude und Nullphasenwinkel der Differenz können dann wieder die Gl.(5.3.07) und (5.3.08) verwendet werden. Grundsätzlich ist es möglich, die Addition und Subtraktion auch grafisch durchzuführen. Dabei werden zu gleichen Zeiten die Augenblickwerte der Größen addiert beziehungsweise subtrahiert. Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 303 1etv5-1 b) Multiplikation mit konstantem Faktor Multiplikation eines konstanten Faktors mit einer sinusförmigen Größe verändert nur den Scheitelwert bei Beibehaltung der Frequenz und des Phasenwinkels. Wir hatten diese Rechenoperation bereits bei der Berechnung des Strom-Spannungs-Verhaltens des Widerstandes in Gl.(5.2.05) kennen gelernt x = A ⋅ x1 c) ˆ ⋅ A ⋅ cos(ωt + ϕ ) = X ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) x=X 1 x1 x (5.3.12) ˆ =X ˆ ⋅A X 1 ϕ x = ϕ x1 (5.3.13) Differenziation Bei der Differenziation einer sinusförmigen Schwingung bestimmter Frequenz ist das Ergebnis wiederum eine sinusförmige Schwingung gleicher Frequenz veränderter Amplitude (Scheitelwert) und einer um + π/2 veränderten Phasenlage. Wir hatten diese Rechenoperation beim der Strom-Spannungs-Verhalten des Kondensators Gl.(5.2.09) und der Spule Gl.(5.2.13) kennen gelernt. ( ) ˆ dx1 d X1 ⋅ cos ( ωt + ϕx1 ) ˆ ⋅ ( − sin(ωt + ϕ ) x= = = ω⋅ X 1 x1 dt dt ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ + 1 π) = X ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) x = ω⋅ X 1 x1 x 2 ˆ = ω⋅ X ˆ X 1 ϕx = ϕx1 + π 1 2 d) (5.3.14) (5.3.15) (5.3.16) Integration ˆ ⋅ cos ( ωt + ϕ ) ⋅ dt = X̂1 ⋅ sin ( ωt + ϕ ) x = ∫ x1 ⋅ dt = ∫ X 1 x x ω X̂ ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) x = 1 ⋅ cos(ωt + ϕx1 − 21 π) = X x ω X̂ X̂ = 1 ω ϕx = ϕx1 − 21 π (5.3.17) (5.3.18) (5.3.19) Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 304 1etv5-1 e) Zusammenfassung Als Ergebnis aller bei der Berechnung von Wechselstromkreisen verwendeten Rechenoperationen können wir feststellen: 1. Die Ergebnisgrößen sind sinusförmig schwingende Wechselgrößen gleicher Frequenz wie die Ausgangsgrößen. 2. Amplituden und Nullphasenwinkel der Ergebnisgrößen werden durch die Amplituden und Nullphasenwinkel der Ausgangsgrößen bestimmt. Beispiel 5.3.01 Gegeben ist die Reihenschaltung eines Widerstandes mit einer Spule, die von einer Wechselspannungsquelle gespeist werden. Gegeben ist die Zeitfunktion des Stromes i. Zu berechnen sind die Spannungsfälle uR und uL über Widerstand und Spule sowie die Quellenspannung uq. ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) uq = U q q uR i M: R uq M R = 100Ω L = 1H i = 0.71A ⋅ cos ωt L uL f = 50Hz −uq + uR + uL = 0 uR = i R uL = L ⋅ di dt Differenzialgleichung, im stationären Zustand alle Größen sinusförmig uq = R ⋅ i + L ⋅ Abb.5.3.01 Netzwerk zu Beispiel 5.3.01 i = ˆI ⋅ cos(ωt + ϕi ) = 0.71A ⋅ cos ωt Î = 0.71A ϕi = 0 uR = ˆI ⋅ R ⋅ cos(ωt + ϕi ) = 0.71A ⋅ 100Ω ⋅ cos ωt = 71V ⋅ cos ωt ϕuR = 0 ÛR = 71V uL = ˆI ⋅ ω ⋅ L ⋅ cos(ωt + ϕi + 0.5π) uL = 0.71A ⋅ 2π ⋅ 50Hz ⋅ cos ( ωt + 0.5π ) = 223V ⋅ cos ( ωt + 0.5π ) ϕuL = 0.5π ÛL = 223V ˆ ⋅ cos ωt + U ˆ ⋅ cos(ωt + 1 π) = U ˆ ⋅ cos(ωt + ϕ ) uq = U R L q q 2 uq = 71V ⋅ cos ωt + 223V ⋅ cos(ωt + 21 π) di dt Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung " Elektrotechnik 1" 305 1etv5-1 Mit Gl.(5.3.07) und (5.3.08) erhalten wir ˆ = U ˆ2 +U ˆ 2 + 2 ⋅U ˆ ⋅U ˆ cos(ϕ − ϕ ) = 234 V U q R L R L uL uR tan ϕx = ˆ sin ϕ + U ˆ sin ϕ U R uR L uL = 3.14 ˆ ˆ UR cos ϕuR + UL cos ϕuL ϕuq = 72.3o = 0.402π uq = 234V ⋅ cos ( ωt + 0.402π ) In Abb.5.3.02 sind die zeitlichen Verläufe aller Spannungen und des Stromes aufgetragen. In dieser Skizze können Sie auch die grafische Addition der Spannungen uq = uR + uL nachvollziehen, indem Sie zu gleichen Zeiten die Augenblickswerte addieren. u/V i/A 300 234 uL u -π -π/2 3 200 2 100 1 uR i π/2 0 0.402π -100 -1 -200 -2 -300 -3 π ωt Abb.5.3.02 Zeitliche Verläufe der Spannungen und des Stromes zu Beispiel 5.3.01 Beispiel 5.3.01 zeigt, dass Berechnungen mit Wechselgrößen in der gezeigten Form im so genannten Zeit- oder Originalbereich recht aufwendig sind. Hätten wir in der Aufgabenstellung diese Beispiels die Quellenspannung uq vorgegeben und den Strom zu berechnen versucht, wäre die Rechnung noch erheblich umfangreicher gewesen, oder wir hätten zur grafischen Lösung greifen müssen. Wir wollen deshalb in den folgenden Abschnitten eine andere Lösungsmethode behandeln, mit der wir Berechnungen linearer Netzwerke bei sinusförmiger Erregung rationell bewältigen können. Diese Methode beruht auf der Erkenntnis, dass die Ergebnisgrößen in Amplitude und Nullphasenwinkel nur durch die Amplituden und Nullphasenwinkel der Ausgangsgrößen bestimmt werden.