SOS-Kinderdorf in Venezuela Lateinamerika Stefan Pleger SOS-Kinderdorf-Archiv SOS-Kinderdorf-Archiv 1 SOS-Kinderdorf weltweit Seit mehr als 60 Jahren macht sich SOS-Kinderdorf für benachteiligte Kinder und Familien stark. Nach den SOS-Kinderdörfern sind weltweit noch viele weitere SOS-Angebote entstanden: SOS-Kinderdörfer (inkl. angeschlossene Jugendeinrichtungen und Kindergärten) SOS-Hermann-GmeinerSchulen SOS-medizinische Zentren SOS-Sozialzentren SOS-Familienstärkungsprogramme SOS-Berufsbildungszentren Bild oben links Mädchen im SOS-Kinderdorf Maracay Bild oben rechts Rund 45.000 Kinder, Jugendliche und Familien werden in 119 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in 36 Ländern betreut Bild unten links Hermann Gmeiner, Gründervater der SOS-Kinderdorf-Idee SOS-Kinderdorf-Angebote im Ausland Der SOS-Kinderdorf e.V. finanziert im Jahr 2014 119 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in 36 Ländern, in denen insgesamt rund 45.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut und beraten werden. (Stand: 01.01.2014) Die Hilfe aus Deutschland ist insbesondere für die ärmeren Länder der Erde unerlässlich, um den Unterhalt der SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in den Ländern, wo das Spendenaufkommen viel niedriger ist als in Deutschland, zu ermöglichen. 2 Venezuela (Lateinamerika) Zahlen im Vergleich (Statistisches Bundesamt, 2011/ 2012) Venezuela Deutschland Einwohner 29,955 Mio. 81,798 Mio. BIP pro Kopf 12.918 USD 41.513 USD Lebenserw. Männer 71,4 Jahre 78,4 Jahre Lebenserw. Frauen 77,4 Jahre 83,2 Jahre Jugenderwerbslosenquote 16,2 % 8,5 % Geographie Die Bolivarische Republik Venezuela liegt in Südamerika und grenzt im Norden an die Karibik, im Osten an Guyana und den Atlantischen Ozean, im Süden an Brasilien sowie im Westen an Kolumbien. Die Hauptstadt Caracas ist ein Schmelztiegel mit ca. 6 Millionen Einwohnern. Venezuela gehörte zu den ersten Kolonien in der "Neuen Welt", die ihre Unabhängigkeit von Spanien erklärten. Wälder mit tropischen Pflanzen, wie Palmen, Korallenbäumen, Mangos und Brasilholz, bedecken ein Drittel der Fläche. Die Tierwelt ist überaus artenreich mit Säugetieren wie Jaguar, Affe, Faultier, Ozelot, Bär, Hirsch und Gürteltier. Zu den Reptilien zählen Krokodile und Riesenschlangen wie Anakonda und Boa. Die politische und wirtschaftliche Lage Seit der Unabhängigkeit 1811 gab es in der Geschichte Venezuelas sowohl demokratische Regierungen als auch autoritäre Herrscher. Während des 19. Jahrhunderts war das Land von politischen Unruhen und Diktaturen geprägt. Die Entdeckung riesiger Ölvorkommen im Maracaibo-See im frühen 20. Jahrhundert prägte die Wirtschaft des Landes und verlieh Venezuela ein großes Gewicht auf der weltpolitischen Bühne. Obwohl das Land durch seine immensen Ölreserven zu den reichsten Ländern Lateinamerikas gehört, ist die Kluft zwischen sehr großem Reichtum und extremer Armut stark ausgeprägt. Die venezolanische Regierung hat in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Ausbau des Sozialsystems und zur Bekämpfung der Armut ergriffen. Dazu zählen u.a. eine kostenlose Gesundheitsfürsorge für die Armen ("Misión barrio adentro") sowie Kampagnen zur Verbesserung der Alphabetisierungsrate, Maßnahmen für den Wohnungsbau, Bildungsinitiativen und Bemühungen für den Umweltschutz. SOS-Kinderdorf-Archiv Bilder oben Kinder im SOS-Kinderdorf Maracay Bild links Außenansicht des SOS-Sozialzentrums Maracay Beispiele der SOS-Kinderdorf-Arbeit Bereits im Jahr 1976 erreichte die Idee Hermann Gmeiners, des Gründers der SOS-Kinderdörfer, auch Venezuela. Bereits zwei Jahre später, 1978, konnte das im Nordwesten des Landes gelegene erste SOS-Kinderdorf La Cañada seine Pforten öffnen. Mittlerweile gibt es im ganzen Land drei SOS-Kinderdörfer sowie diverse Zusatzeinrichtungen. SOS-Kinderdorf Maracay Maracay, die Hauptstadt des Bundesstaates Aragua, gehört aufgrund ihrer sehr guten geographischen Lage und des großen Potentials in den Bereichen Industrie, Tourismus, Bergbau und Landwirtschaft zu den privilegierten und aufstrebenden Regionen Venezuelas. Ihre Nähe zur Bundeshauptstadt, zu Häfen und Flughäfen sowie ihre wirtschaftliche Aktivität machen sie zu einer der wichtigsten nationalen Städte. In Anbetracht der herrschenden Armut sind die vom Staat eingerichteten Sozialprogramme jedoch völlig unzureichend. Die ärmsten Bevölkerungsgruppen können ihre Grundbedürfnisse wie Wohnen, Bildung, Gesundheit, Ernährung und Arbeit in Würde bei Weitem nicht decken. Das 2000 fertig gestellte SOS-Kinderdorf Maracay liegt in der gleichnamigen Stadt in einem Viertel, das überwiegend von Angehörigen der unteren Mittelschicht bewohnt wird und befindet sich gleich neben einer Wohnsiedlung. Das Stadtzentrum von Maracay ist bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und liegt nur etwa zehn Autominuten entfernt. Das SOS-Kinderdorf Maracay besteht aus insgesamt 12 Familienhäusern. Hier finden bis zu 108 Kinder, deren Eltern verstorben sind oder die in so prekären Verhältnissen leben, dass ein Verbleib der Kinder in der Familie nicht möglich ist, ein neues, liebevolles Zuhause. Zusätzlich verfügt das SOS-Kinderdorf über ein Haus für den Dorfleiter, ein Haus für die so genannten SOS-Tanten (in Ausbildung befindliche zukünftige SOS-Kinderdorfmütter oder Familienhelferinnen, die den SOS-Kinderdorfmüttern bei der täglichen Arbeit zur Hand gehen oder sie bei Krankheit und im Urlaub vertreten), sowie einem Verwaltungsbereich. SOS-Jugendeinrichtung Maracay Für die Jugendlichen des SOS-Kinderdorfes wurde im Stadtgebiet eine SOSJugendeinrichtung geschaffen, in der in Ausbildung stehende Jugendliche untergebracht sind. Hier werden sie bereits während der höheren Schuloder Berufsausbildung unter Aufsicht eines Jugendpädagogen im Rahmen von Wohngemeinschaften Schritt für Schritt auf ein Leben in Selbstständigkeit vorbereitet. SOS-Kinderdorf_Archiv Alexander Gabriel Fernando Espinoza 3.1 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in Venezuela Bilder Eindrücke aus dem SOS-Sozialzentrum Maracay SOS-Sozialzentrum Maracay Die Anzahl der verlassenen Kinder und Jugendlichen, die von ihren Eltern aufgegeben wurden und in den Straßen leben, ist sehr hoch. Die Gefahr für Heranwachsende, drogensüchtig oder alkoholsüchtig zu werden, in Prostitu tion und Kriminalität abzugleiten, ist groß. Die Einwohner Maracays haben nur eingeschränkt Zugang zu Konsumgütern. Die Lebensverhältnisse werden instabil, eine Orientierungslosigkeit greift um sich und Kinder müssen bereits sehr früh zum Lebensunterhalt der Familien beitragen und arbeiten gehen bzw. sie verlassen ihre Familien aufgrund von Misshandlungen und Gewalt. Angesichts dieser verheerenden Umstände wurde im Jahre 2001 dem SOS Kinderdorf ein SOS-Sozialzentrum angeschlossen. Hier werden den Menschen aus der Nachbarschaft Beratungen zur Familienplanung, Sexualer ziehung, Ausbildungsworkshops, eine 24 Stunden-Gesundheitsversorgung sowie eine Kinderbetreuung in der SOS-Kindertagesstätte angeboten. 2006 startete SOS-Kinderdorf in Maracay ausgehend vom SOS-Sozialzentrum ein sogenanntes Familienstärkungsprogramm. Ziel dieser Programme ist es, Kindern, die Gefahr laufen, von ihrer Herkunftsfamilie getrennt zu werden, den Verbleib in ihrer Familie zu sichern. Um dies zu erreichen, arbeitet SOS Kinderdorf direkt mit den Familien und den jeweiligen Gemeinden und stärkt sie in ihren Kapazitäten, die Kinder bestmöglich zu betreuen und zu schützen. Organisiert wird diese Präventivarbeit gemeinsam mit lokalen Behörden und anderen Sozialpartnern. Teilnehmende Familie n schließen sich in Familienkomitees zusammen, die in Eigeninitiative Kinderbetreuung in Gemeindezentren oder privaten Wohnhäusern organisieren. Durch das Programm werden die spezifischen Entwicklungsbereiche von Kindern, Frauen, Familien und Dorfgemeinschaften gefördert, um eine ganzheitliche und nachhaltige Stärkung der Familien zu gewährleisten. Die SOS Kinderdorf Familienstärkungsprogramme tragen außerdem zu besseren Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerung bei, indem sie durch eine ganztägige Betreuung, ärztliche Versorgung und eine ausgewogene Ernährung der Kinder bestehende Mangelerscheinungen beheben und den oft alleinstehenden Müttern die Gelegenheit geben, einer Arbeit nachzugehen . Fernando Espinoza SOS-Kinderdorf-Archiv SOS-Kinderdorf-Archiv 3.2 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in Venezuela