Thomas F. Voigt Mit technischen Lösungen gegen Schädlinge Eine schädlingsfeindliche Gestaltung in Lebensmittelbetrieben ist oft einfacher als man denkt Schädlinge wie Schaben, Fliegen, Motten oder Mäuse sind für die Lebensmittelindustrie eine permanente Gefahr. Auch wenn die Prophylaxe zunehmend an Bedeutung gewinnt, können die Lebensmittelbetriebe selbst eine Vielzahl von technischen Lösungen realisieren, um Schädlinge im Vorfeld zu verhindern oder ihnen zumindest das Leben zu erschweren, was anhand einiger Beispiele erläutert werden soll. Abbildung 1: Positiv- und Negativbeispiel. Positiv, dass ein für Kabel geschaffener Deckendurchbruch nach einer Baumaßnahme wieder verschlossen wurde, um die Ausbreitung von Schädlingen zu unterbinden. Negativ, die Ränder zur Fliese hin weisen bereits erste Risse auf, was Schädlingen Versteckmöglichkeiten bietet. Abbildung 2: Kabelbahnen und Rohrleitungen offen und zugänglich verlegt, bieten Schädlingen keinen Schutz und können leicht gereinigt werden, womit Schädlingen auch Nahrung entzogen wird. Deckendurchbrüche für Elektrokabel bahnen und Rohrleitungen, die in einer blechummantelten Verkleidung verlegt sind. Hervorragende Verstecke und Rückzugsgebiete für Schädlinge, es sind sogar schon Mäusenester in solchen Verkleidungen gefunden worden. Vor diesem Hintergrund sollten Kabel und Rohrleitungen, wie in Abbildung 2 gezeigt, offen und leicht zugänglich verlegt werden. Eine regelmäßige Reinigung ist selbstverständlich. Jeder Lebensmittelindustriebetrieb, der mehrgeschossig produziert, kennt das Dilemma von Deckendurchbrüchen, in denen Kabel oder Versorgungsleitungen verlegt werden. Vielfach bleiben diese Deckendurchbrüche, nachdem die Leitungen verlegt wurden, offen und bieten 8 Schädlingen so hervorragende Verberge- und Ausbreitungsmöglichkeiten. Werden diese Durchbrüche aber nach Abschluss der Baumaßnahmen mit Beton ausgegossen (Abbildung 1), haben Schädlinge hier zur Ausbreitung keine Chance. Kabelbahnen und Rohrleitungen Noch immer findet man in vielen Lebensmittelbetrieben Kabel- Fliesen so hygienisch aber auch so empfindlich Fliesen, von der Optik und Hygiene ohne Zweifel ein Optimum, aber ausgesprochen empfindlich. Ein einmaliges Rammen mit dem Gabelstapler oder einer Palette reicht aus, um die die Fliesen zu beschädigen und damit Hohlräume zu schaffen, die Schädlinge begünstigen. Ein Rammschutz aus belastbarem Kunststoff, wie in Abbildung 3 ge- Abbildung 3: Fliesen – absolut hygienisch, aber auch sehr empfindlich. Ein Rammschutz schützt eine geflieste Wand und verhindert defekte Fliesen, die Schädlingen Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten bieten. zeigt, bietet Schutz und verhindert Beschädigungen und nimmt so den Schädlingen Verbergemöglichkeiten. Problemfeld: vorstehendes Mauerwerk Gerade in älteren Betrieben ist eine verschachtelte Bauweise mit Mauervorsprüngen, sprödem Mauerwerk und rauen Wänden immer wieder ein Problem. Wie in Abbildung 4 gezeigt wurde hier ein im Raum stehender Deckenträger mit einer Edelstahlhülle ummantelt, um so vor Beschädigungen von Flurfahrzeugen zu schützen, sprödes Mauerwerk zu verhindern und eine einfache Reinigung zu gewährleisten. Um Hohlräume zu vermeiden, wurde die Ummantelung mit Beton ausgegossen und die Fugen zum Boden und zu den Fliesen mit einer Silikonnaht abgedichtet. Offene Türen und Tore Abbildung 4 : Säulen/Deckenträger werden mit Edelstahl ummantelt, mit Beton ausgegossen sowie am Boden mit Silikon abgedichtet. Für Schädlinge begünstigende Hohlräume werden vermieden, gleichzeitig bietet die Edelstahlumhüllung Schutz gegenüber mechanischen Einflüssen. 2 2013 Jeder Verantwortliche im Qualitätsmanagement wird es kennen, wenn man durch den Betrieb geht und gerade in den Sommermonaten immer wieder offene Türen und Tore sieht, die einen ungehinderten Zuflug von Insekten und Vögeln sowie einen Zulauf von Schadnagern ermöglichen. Ein weiteres Problem ist, dass Notausgänge nicht verschlossen werden dürfen und Rolltore zum Be- und 9 gestretcht, wird so ein zusätzliches Biotop mit noch höherer Temperatur und Luftfeuchtigkeit geschaffen. Mit Lüftung, einer entsprechenden Luftzirkulation und Gummibändern anstatt Stretchfolie haben die dünnhäutigen Milben, Silberfischchen und Staubläuse keine Chance. UV-Insektenfanglampen Abbildung 5: Dreck und Unordnung, wie hier dargestellt, sind für Schädlinge in jeder Hinsicht begünstigend. Entladen zu öffnen sein müssen, was von den Mitarbeitern gerne zur Lüftung zweckentfremdet genutzt wird. Abhilfe schaffen Rolltore, bei denen einzelne LamellenFenster ausgeschnitten wurden, die man mit einem Insektengitter versieht. Das Rolltor kann geschlossen bleiben, ein Zuflug oder Zulauf von Schädlingen ist trotz zirkulierender Luft unterbunden. Offene Ware und unaufgeräumte Ecken Jeder kennt das Problem, wenn Verpackungen auf dem Transport, beim Be- oder Entladen beschädigt werden und dann die Ware mit beschädigter Verpackung eingelagert wird. Für Vorratschädlinge in der Tat ein gefundenes Fressen, denn hier können die Weibchen von Motten und Käfern ungehindert zur Eiablage gelangen. Offene Ware sollte somit in einem Roh-, Halbfertig- oder Fertigwarenlager tabu sein. Und selbst die Mitarbeiter von der Qualitätssicherung sind mitunter Verursacher offener Ware, wenn nämlich nach der Probeentnahme von eingegangenen Rohstoffen die beschädigten Verpackungen nicht wieder korrekt verklebt werden. Ebenso ein Eldorado für Schädlinge sind unaufge- 10 räumte Ecken. Es ist schon manchmal interessant, was Mitarbeiter in solchen „Schmuddelecken“ so alles sammeln. Ordnung und Sauberkeit ist bei der Schädlingsprophylaxe aber eine unabdingbare Forderung. Erfassung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit Bestimmte Temperatur- und Feuchtigkeitswerte können gerade Insekten in starkem Maße begünstigen, womit der kontinuierlichen Erfassung dieser Faktoren eine besondere Bedeutung beigemessen werden sollte. In Hochregallagern stellt man immer wieder fest, dass die Temperaturen in den oberen Bereichen Richtung Decke immer höher sind als in den unteren Bereichen Richtung Boden. Im Frühjahr werden so in den oberen Bereich eines Hochregallagers viel eher die Temperaturen erreicht, die Schädlinge begünstigen. Ohne oder mit falschem Monitoring kann sich aus einem solchen Bereich ein massiver Mottenbefall im ganzen Lager entwickeln. Oft findet man Läger mit hoher Luftfeuchtigkeit, in denen die Luft regelrecht steht, was Milben und Staubläuse fördert. Ist dann die im Regal stehende Ware zur besseren Stabilität noch mit Folie ein- Kaum zu glauben, aber man findet immer noch Betriebe, in denen uralte UV-Insektenfanglampen mit Spannungsgittern hängen und man sich über Reklamationen wundert, da in der Ware Insektenfragmente gefunden wurden. Sicher bedingt die Neuanschaffung neuer Klebefoliengeräte eine bestimmte Investition, aber Reklamationen der oben genannten Art wird es dann auch nicht mehr geben, denn die fliegenden Insekten bleiben bei diesen neuen Geräten auf der Folie haften und fallen nicht ins Produkt. Ebenso findet man immer noch Betriebe, in denen nicht bekannt ist, dass die UV-Röhren dieser Lampen einmal jährlich gewechselt werden müssen, da sie einem Verschleiß unterliegen. Für das menschliche Auge strahlt die verbrauchte Röhre nach wie vor in sattem Blau, für die Fliege aber ist keinerlei Attraktivität mehr vorhanden. Platz ist oft Mangelware Im Lager sieht man es immer wieder, entweder ist die Ware bis ganz an die Wand gestellt oder die Regale sind unmittelbar an die Wand gebaut. Mit dieser Art der Lagerung werden unzugängliche Bereiche geschaffen, in denen sich Schädlinge jeglicher Art für lange Zeit unbemerkt entfalten können. Einen Schädlingsbefall wird man erst dann bemerken, wenn dieser sich bereits massiv etabliert hat. Leitplanken, wie man sie von den Autobahnen kennt, werden im Abstand von 40-50 cm von der Wand installiert oder Regale in dem Abstand von der Wand entfernt aufbauen, so dass die Ware nicht mehr unmittelbar an der Wand steht. Nun kann man diese Bereiche begehen, kontrollieren, reinigen und einen Befall frühzeitig feststellen. Staub – kann, muss aber nicht sein Nun gibt es Produktionsprozesse oder Abfüllvorgänge, die produktionstechnisch mit einem hohen Staubaufkommen verbunden sind, was auch nicht veränderbar ist. Dennoch müssen nicht zwangsläufig alle umliegenden Produktionseinrichtungen, Kabelbahnen und Schaltschränke ebenso hoffnungslos eingestaubt sein und so Schädlingen reichlich Nahrung bieten. Man kann den Bereich, in dem der Staub entsteht, wie beispielsweise an einer Mehrkopfwaage, mit einem Vorhang aus durchsichtigen Kunststofflamellen abschirmen, womit das Umfeld staubfrei bleibt und den Schädlingen Nahrung entzogen wird. Wie sieht der Schädling meinen Betrieb? Die oben skizzierten Beispiele haben gezeigt, dass die Lebensmittelbetriebe selbst in vielen Punkten dazu beitragen können, den Schädlingen das Leben und die Entwicklung im eigenen Betrieb zu erschweren bzw. sogar ganz zu verhindern. Man sollte sich beim Thema Schädlinge, Prophylaxe und Bekämpfung aber nicht ausschließlich auf seinen externen Dienstleister verlassen, die vielfach genau so betriebsblind sind wie die eigenen Mitarbeiter. Die Verantwortlichen in der Lebensmittelindustrie sollten und müssen ihre Betriebe aus der Sichtweise eines Schädlings sehen, erst dann fällt es wie Schuppen von den Augen, dass man sehr häufig dem Ungeziefer ein Paradies bietet. Pest Control Consult Postfach 12 17 69511 Laudenbach www.mcpcc.de