Forschung mit Stammzellen tenten embryonalen Zellen sowie das Klonen beim Menschen vorgebracht. Solche Argumente können allerdings dann nicht angeführt werden, wenn man den Beginn des Menschseins mit der Einnistung der Blastocyste in die Uterusschleimhaut oder später, z. B. mit Einsetzen der Großhirnentwicklung, beginnen lässt. Unter diesen Bedingungen spricht nichts gegen Forschungsarbeiten mit Embryonen, die dem Wohl des Menschen, z. B. dem medizinischen Fortschritt, dienen. Das Kindeswohl wird u. a. gegen die »gespaltene Mutterschaft« ins Feld geführt. Denn diese kann die Identitätsfindung des Kindes erheblich erschweren, weil es sein Leben drei Eltern verdankt. Außerdem sind seelische Konflikte zu erwarten, wenn die Spenderin der Eizelle Einfluss auf die Entwicklung des Kindes zu nehmen sucht oder das Kind bei einer Eizellübertragung mittels Eierstocktransplantation die Tatsache verkraften muss, von einer Toten abzustammen. Als der deutsche Gesetzgeber 2003 bei der Novellierung des Embryonenschutzgesetzes den Einsatz von embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken erlaubte, ging er davon aus, dass embryonale Stammzellen nicht totipotent sind. In der Folge war es möglich, aus embryonalen Stammzellen embryonale Keimbahnzellen herzustellen und sogar einen vollständigen Embryo zu entwickeln. Man kann also aus embryonalen Stammzellen totipotente Zellen erzeugen. Die Voraussetzung dieser gesetzlichen Regelung ist demnach nicht mehr klar und eindeutig. Auch für moderne Reproduktionstechniken gilt, dass man eine Handlung nicht allein deshalb ausführen darf, weil die Natur das Gleiche ebenfalls tut. Danach ist z. B. das reproduktive Klonen des Menschen keineswegs deshalb gerechtfertigt, weil eineiige Mehrlinge natürlicherweise entstehen. Schließlich kann man aus dem Umstand, dass jeder Mensch stirbt, auch nicht den Schluss ziehen, man dürfe Menschen töten. Ganz allgemein kann aus Phänomenen in der Natur (aus etwas, das der Fall ist) nicht abgeleitet werden, was getan werden darf oder zu geschehen hat (was sein darf oder soll). Andernfalls würde man einen naturalistischen Fehlschluss ziehen. Weil die Handlungen des Menschen gut oder böse sein können, müssen sie auch gerechtfertigt werden. Dies erfolgt letztlich mit Bezug auf höchste Werte, nämlich die Würde oder das Wohl des Menschen (s. Erkenntniswege der Biologie 4, S. 521). 435 ENTWICKLUNGSBIOLOGI E Embryonenschutz Die modernen Reproduktionstechniken ermöglichen auch Eingriffe in die Fortpflanzung und die Keimesentwicklung des Menschen. Das betrifft vor allem die Zeit zwischen der Befruchtung und der Einnistung der Blastocyste in den Uterus. Nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz dürfen Eizellen künstlich befruchtet werden, sofern diese innerhalb eines Zyklus auf die Spenderin übertragen werden. Auch dürfen embryonale Stammzellen zu Forschungszwecken verwendet werden, wenn diese vor dem 1. Januar 2001 in Kultur genommen worden sind. Verboten sind dagegen – die Übertragung einer fremden Eizelle auf eine Frau, sodass austragende und genetische Mutter nicht identisch sind (»gespaltene Mutterschaft«); – die Erzeugung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung oder Embryotransfer bei einer Frau, die bereit ist, ihr Kind nach der Geburt auf Dauer abzugeben (»Ersatzmutterschaft«); – die künstliche Befruchtung einer Eizelle beim Menschen mit dem Ziel, das Geschlecht des Kindes festzulegen; – die künstliche Veränderung der Erbinformation einer Keimbahnzelle (Gentransfer); – die künstliche Befruchtung von Eizellen des Menschen zu Forschungszwecken; – die Forschung mit totipotenten Zellen; – das therapeutische Klonen beim Menschen; – das reproduktive Klonen beim Menschen (s. Abb. 380.1, Dolly-Verfahren); – die Erzeugung von Chimären (Verschmelzen von embryonalen Zellen des Menschen von unterschiedlicher Herkunft) oder Bildung von Hybridwesen aus Mensch und Tier. In anderen Ländern, z. B. in Großbritannien und den USA, ist die Forschung mit menschlichen Keimen erlaubt. In Deutschland werden die Einschränkungen sowohl mit der Würde des Menschen und damit dem besonderen Wert des menschlichen Lebens als auch mit dem Wohl des Menschen, insbesondere dem Kindeswohl, begründet. Im ersten Fall wird der Beginn des Menschseins auf den Zeitpunkt der Befruchtung festgelegt. Folglich machen Eingriffe in eine Zygote oder in Blastomeren den Menschen zum Objekt und verletzen damit seine Würde. Falls der Keim stirbt, tasten sie sogar menschliches Leben an. Diese Begründung wird gegen die Forschung an Embryonen bzw. mit totipo-