Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten E13 Hystereseverhalten Aufgabenstellung: 1. Messen Sie eine Schar von Hysteresekurven und leiten Sie daraus die Neukurve ab. Ermitteln Sie für jede Hysteresekurve die Koerzitivfeldstärke und die Remanenz. 2. Stellen Sie die Abhängigkeit der Koerzitivfeldstärke und der Remanenz von der Sättigungsfeldstärke graphisch dar. Berechnen Sie aus den Werten der Neukurve die relative Permeabilität des Kernmaterials. Stellen Sie die relative Permeabilität in Abhängigkeit von der Sättigungsfeldstärke graphisch dar. 3. Bestimmen Sie bei einer Eingangsspannung von 30V die Ummagnetisierungsverlustleistung für einen geblätterten und einen massiven Transformatorkern. Stichworte zur Vorbereitung: Magnetische Induktion, magnetische Feldstärke, Magnetisierung, Permeabilität, Suszeptibilität, Ferro-, Ferri- und Antiferriomagnetismus, Hyterese, Neukurve, Sättigungsfeldstärke, Sättigungsinduktion, Koerzitivfeldstärke, Remanenz, Transformator, Verlustleistung Literatur: W. Schenk, F. Kremer H.Vogel Eichler, Kronfeldt, Sahm W. Demtröder 03.12.2013 Physikalisches Praktikum, 13. Auflage. Kap. 2.0.3 und Kap. 2.5, Teubner Verlag 2011 Gerthsen Physik, 19. Auflage. Kap. 7.44, Springer Verlag Das Neue Physikalische Grundpraktikum, 2. Auflage,Kap. 28., Springer Verlag Experimentalphysik 2, Elektrizität und Optik, 2. Auflage Kapitel 3.5 Materie im Magnetfeld Kapitel 5.6 Transformatoren Springer Verlag 1999 1/6 Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten 1. Theoretische Grundlagen Materie im Magnetfeld Wird ein Stoff in ein magnetisches Feld der Feldstärke 𝐻 eingebracht, so wird er magnetisiert. Die Magnetisierung 𝑀 wird dabei als magnetisches Momentes der magnetisierten Probe je Volumeneinheit aufgefasst und kann makroskopisch als durch das Ausrichten bereits vorhandener oder durch das magnetische Feld erzeugter atomarer magnetischer Dipole im äußeren Feld erzeugtes zusätzliches Magnetfeld verstanden werden. Sie hat die gleiche Einheit wie die magnetische Feldstärke (A/m) und wird als Beitrag des magnetisierten Stoffes zum magnetischen Feld aufgefasst. Bei vielen Stoffen und nicht zu großen Feldern wird im Experiment festgestellt, dass die Magnetisierung proportional und parallel zum äußeren Feld ist: 𝑀 = 𝜒𝐻. (1) Die Proportionalitätskonstante 𝜒 heißt magnetische Suszeptibilität und beschreibt als Materialkonstante die magnetischen Eigenschaften des eingebrachten Materials. Für die gesamte magnetische Induktion 𝐵 im Inneren des Materials gilt 𝐵 = 𝜇/ 𝐻 + 𝑀 = 𝜇/ 1 + 𝜒 𝐻 = 𝜇/ 𝜇𝐻, (2) wobei die (relative) Permeabilität mit der Beziehung 𝜇 = 𝜒2 + 1 eingeführt wird. Ferromagnetische Stoffe im Magnetfeld Ferromagnetische Materialien zeichnen sich durch große Werte der relativen Permeabilität aus. Diese haben ihre Ursache vor allem in unaufgefüllten inneren Elektronenschalen, auch ohne äußeres magnetisches Feld zu größeren Bereiche gleichgerichteter Spinmomente (Elementarmagnete) führen. Ferromagnetische Stoffe sind also in diesen so genannten WEIßschen Bezirken spontan magnetisiert. Bei Erhöhung der Temperatur nimmt die Ordnung der Elementarmagnete ab, oberhalb der so genannten CURIEtemperatur wird sie vollständig zerstört und das ferromagnetische Verhalten verschwindet. Im makroskopisch unmagnetisierten Zustand ist die Ausrichtung der Magnetisierung der WEIßschen Bezirke zueinander regellos verteilt und ergeben so im Mittel keine Magnetisierung. Durch Anlegen eines äußeren Feldes richten sich die magnetischen Domänen zunehmend in Richtung des Feldes aus. Die Magnetisierung ist dabei nicht proportional der Feldstärke, sondern nähert sich bei großen Feldern einem Maximalwert an. Entsprechend ist die magnetische Suszeptilität bzw. die Permeabilitätskonstante feldabhängig und die Auftragung der magnetischen Induktion 𝐵 über der Feldstärke 𝐻 liefert die so genannte Magnetisierungskurve. Die Magnetisierungskurve eines ferromagnetischen Materials ist schematisch in Abb. 1 gezeigt. Bei vollständig entmagnetisiertem Material wächst die magnetische Flussdichte von null ausgehend bis zu einem Sättigungswert an, diesen Kurvenbereich (A) nennt man Neukurve. Bei geringer werdender Feldstärke nimmt die Magnetisierung und damit die magnetische Induktion ausgehend vom Sättigungswert ab (Kurventeil B), es verbleibt jedoch auch ohne äußeres Feld 03.12.2013 2/6 Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten eine gewisse Restmagnetisierung, beschrieben durch die Remananz-Flussdichte 𝐵R (auch kurz Remanenz). Erst durch ein Gegenfeld (Kurventeil C) der magnetischen Feldstärke 𝐻C , die als Koerzitivfeldstärke bezeichnet wird, kann die magnetische Flussdichte auf null gebracht werden. Bei größeren Feldstärken in Gegenrichtung tritt eine wachsende Magnetisierung in entgegengesetzter Richtung ein (D). Im weiteren Kurvenverlauf (E) treten die genannten Beobachtungen mit umgekehrtem Vorzeichen auf. Die Neukurve kann jedoch nicht mehr nur durch Verändern der magnetischen Feldstärke erreicht werden. Dieses Verhalten wird als magnetische Hysterese bezeichnet, die resultierenden Kurvenverläufe als Hysteresekurven. Abb. 1: Magnetisierungskurve (schematisch) Die von der Magnetisierungskurve eingeschlossene Fläche entspricht betragsmäßig der Energie, die für das Ummagnetisieren des Materials bei einem Umlauf aufgewendet werden muss. Je nach Energieaufwand, der zum Ummagnetisieren erforderlich ist, unterteilt man ferromagnetische Materialien in weichmagnetisch (geringe Verluste beim Ummagnetisieren, geringe Remanenz) und hartmagnetisch (große Ummagnetisierungsenergien, große Remanenz). Transformator Ein Transformator ist ein Gerät zur verlustarmen Transformation von Wechselspannungen und Wechselströmen. Er besteht aus zwei Spulen (Primärspule mit Windungszahl 𝑁6 und Sekundärspule mit Windungszahl 𝑁7 ), die induktiv über einen Eisenkern miteinander gekoppelt sind. Durch eine primärseitig angelegte 𝑈E wird in der Primärspule ein Strom fließen, der einen magnetischen Fluß 𝛷 hervorruft. Dieser erzeugt nach dem Induktionsgesetz eine Induktionsspannung 𝑈ind = −𝑁6 03.12.2013 d d? 𝛷 = −𝑁6 d d? 𝐵𝑑𝐴 = −𝑈E , (4) 3/6 Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten die gemäß der Maschenregel der von außen angelegten Spannung entgegengesetzt gleich sein muss. Dabei ist d𝐴 ein von der magnetischen Induktion durchsetztes Flächenelement. Der erzeugte Fluß durchsetzt den Transformatorenkern idealerweise vollständig, so dass er auch in die Sekundärspule greift. Dort wird entsprechend Gleichung (4) die Spannung 𝑈A = −𝑁7 d d? 𝛷 (5) induziert. Durch Einsetzen von Gleichung (4) in (5) wird ersichtlich, dass die primärseitige Spannung im idealen (d.h. verlustfrei, kein ohmscher Widerstand in den Spulen) und unbelasteten (d.h. kein Stromfluss auf der Sekundärseite) Transformator entsprechend der Spannungsübersetzung BE BA =− CD (3) CE in die Ausgangsspannung 𝑈A auf der Sekundärseite überführt wird. In realen Transformatoren treten dagegen Verluste auf. Beispielsweise ist in jeder Periode der primärseitigen Wechselspannung der Eisenkern zweifach komplett umzumagnetisieren. Es sind daher für Transformatorenkerne weichmagnetische Materialien zu bevorzugen. Um zusätzlich die Verluste durch auftretende Wirbelströme im Eisenkern zu vermeiden, werden geblätterte (d.h. schichtweise aufgebaute) Transformatorkerne eingesetzt. 2. Versuchsdurchführung Zur Untersuchung des Hystereseverhaltens wird ein Transformator eingesetzt und die Ummagnetisierung seines Eisenkerns untersucht. Die für den Transformator verwendeten Spulen können als lange Spulen mit den Windungszahlen 𝑁6 bzw. 𝑁7 und den Längen 𝑙6 bzw. 𝑙7 angesehen werden. Für die Messungen wird die in Abbildung 2 gezeigte Schaltung verwendet. R2 > 20kΩ ~ UE C=1μF V UC R1=10Ω V UR Abb. 2: Schaltbild zur Untersuchung der magnetischen Hysterese im Eisenkern eines Transformators. 03.12.2013 4/6 Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten Die Feldstärke 𝐻 des durch die angelegte Wechselspannung 𝑈G hervorgerufenen äußeren magnetischen Feldes kann anhand der Spulengeometrie und des aus dem Spannungsabfall 𝑈H über dem Widerstand 𝑅6 bestimmten Stromes 𝐼durch die Primärspule berechnet werden: 𝐻= CD K L = CD K LHD 𝑈H . (5) Die magnetische Induktion kann aus der gemäß Gleichung (5) durch Induktion hervorgerufenen Sekundärspannung ermittelt werden. Unter der Annahme, dass die magnetische Induktion über den Spulenquerschnitt 𝐴 konstant ist und senkrecht durch ihn hindurch tritt (dann sind 𝐵 und d𝐴zueinander parallele Vektoren) kann d𝛷 = 𝑁7 d(𝐵𝐴) = −𝑈7 d𝑡 (6) geschrieben werden. Die zeitliche Integration kann messtechnisch durch eine Reihenschaltung aus Widerstand und Kondensator realisiert werden: Die induzierte Spannung bewirkt einen Stromfluss durch den Widerstand, der den Kondensator auflädt. Für die auf dem Kondensator nach der Zeit d𝑡 gespeicherte Ladung gilt 6 d𝑄 = 𝐼7 d𝑡 = 𝑈7 d𝑡, H (7) und mit der Kapazität 𝐶des Kondensators und Gleichung (6) kann 6 CE H H 𝐶d𝑈C = 𝑈7 d𝑡 = − d(𝐵𝐴) (8) geschrieben werden. Nach Integration kann nach der gesuchten magnetischen Induktion 𝐵= HE Q RCE 𝑈C (9) umgeformt werden, die so durch Messung der Kondensatorspannung bestimmt werden kann. Nutzen Sie für die Primärspule 1000Windungen und für die Sekundärspule 3000Windungen. Primär- und Sekundärwicklung dürfen nicht verwechselt werden! Die Eingangsspannung 𝑈G wird am regelbaren Netzteil (0 … 42V, 50Hz) eingestellt und mit einem Digitalmultimeter gemessen. Vor Inbetriebnahme ist die Schaltung durch den Betreuer zu prüfen! Testen Sie die Messanordnung anschließend zunächst mit einer Eingangsspannung von 𝑼𝑬 ≈ 𝟏𝟎V. Die Spannungen 𝑈R über dem Widerstand (𝑅6 = 10Ω) und 𝑈C über dem Kondensator (𝐶 = 1µF ) werden computergestützt mittels CASSY ermittelt. Die Messzeit ist in passend zur Anregungsfrequenz zu wählen, für eine Hysteresekurve sollten ca. 1000 Messwerte aufgenommen werden. 3. Hinweise zur Auswertung Nutzen Sie das Messsystem CASSY auch zur Berechnung der Feldstärke und der magnetischen Induktion unter Verwendung von Gleichung (5) und (9). Ebenso kann die graphische Darstellung computergestützt im zugehörigen Messprogramm CASSYLab erfolgen, alle erforderlichen Größen können durch Setzen entsprechender horizontaler bzw. vertikaler Markierungen abgelesen werden. Für die Berechnung der durch die Hysteresekurve umschlossenen Fläche kann die Integrationsfunktion „Integral (Peakfläche)“ im Messprogramm genutzt werden. 03.12.2013 5/6 Physikalisches Grundpraktikum E13 Hystereseverhalten 4. Kontrollfragen 4.1. Informieren Sie sich über die Ursachen des unterschiedlichen Verhaltens verschiedener Materialien in magnetischen Feldern. 4.2. Beschreiben Sie die Vorgänge beim Magnetisieren eines vollständig entmagnetisierten ferromagnetischen Materials. Was beschreibt die Neukurve, was versteht man unter Remanenz und Koerzitivfeldstärke? 4.3. Geben Sie eine Gleichung zur Berechnung der für die Ummagnetisierungsverlustleistung aus der von der Hysteresekurve umschlossenen Fläche an. 4.2. Informieren Sie sich über Stromübersetzung am idealen, belasteten Transformator. 03.12.2013 6/6