Übungen zur T1: Theoretische Mechanik, SoSe2013 Prof. Dr. Dieter Lüst Theresienstr. 37, Zi. 425 Dr. James Gray [email protected] 6. Orbits und die Runge-Lenz Vektor Übung 6.1: Die Rückkehr der Kanone(nkugel) Die Flugbahn einer Kanonenkugel beschreibt ein Stück einer Ellipse, die durch die Erdoberfläche (Radius R) geschnitten wird (siehe Abbildung). Im folgenden ignorieren wir den Luftwiderstand. Rocket v0 α R β Earth a) Benutzen Sie den Runge-Lenz-Vektor und die Drehimpulserhaltung um zu zeigen, dass die Reichweite βR der Kanone durch die Gleichung β sinα cosα tan = gR 2 − sin2 α v2 0 bestimmt wird. In dieser Gleichung ist g die Erdbeschleunigung an der Erdoberfläche, v0 = |v0 | und α und β sind die in der Abbildung dargestellten Winkel. b) Betrachten Sie den Grenzfall, in dem R sehr groß ist, während g und v0 festgehalten werden. Vergleichen Sie in diesem Fall das Ergebnis von a) mit dem von Aufgabe 2.2 (auf dem zweiten Übungsblatt). c) Bestimmen Sie den Wert von α der eingestellt werden muss, um die maximale Reichweite der Kanon zu erreichen. Nehmen Sie hier nicht den Grenzfall von Aufgabe b) an. Verwenden Sie für die Winkel die Intervalle 0 < β < π und 0 < α < π/2. Lösung von Übung 6.1 1 a) Wir wählen die x-Achse so, dass von um Zentrum der Erde auf den Startpunkt der Kanonenkugel zeigt. Außerdem bezeichnen wir alle Größen zum Startzeitpunkt der Kugel mit dem Index 0. Nun betrachten wir den Drehimpuls l und den Runge-Lenz-Vektor Λ: r0 = Rx v0 = v0 cosα x + v0 sinα y l0 = r0 × p0 = Rmv0 x × (cosα x + sinα y) = Rmv0 sinα x × y = Rmv0 sinα z p0 × l0 r0 Λ0 = − mk r0 1 (v0 cosα x + v0 sinα y) × (Rmv0 sinα z) − x = k 1 = (−v0 cosαy + v0 sinα x)Rmv0 sinα − x k Dabei wird die Konstante k durch das zentralen Gravitationspotential der Erde bestimmt (siehe Skript). Die gleichen Größen berechnen wir nun an dem Punkt, an dem die Kanonenkugel wieder auf die Erdoberfläche trifft. Die entsprechenden Größen werden mit dem Index f gekennzeichnet. Die Geschwindigkeit an diesem Punkt wird mit den beiden Komponenten v1 (entlang der x-Achse) und v2 (entlang der y-Achse) beschrieben. Somit ergibt sich rf = R cosβ x + R sinβ y vf = v1 x + v2 y lf = rf × pf = Rmv2 cosβ x × y + R sinβ mv1 y × x = Rm(v2 cosβ − v1 sinβ )z rf pf × lf − Λf = mk rf 1 (mv1 x + mv2 y) × (R cosβ mv2 − R sinβ mv1 )z − cosβ x − sinβ y = mk v1 = (R cosβ mv2 − R sinβ mv1 )x × z − sinβ y k v2 + (R cosβ mv2 − R sinβ mv1 )y × z − cosβ x k mv1 = − R(v2 cosβ − v1 sinβ )y − sinβ y k mv2 + R(v2 cosβ − v1 sinβ )x − cosβ x . k Da der Runge-Lenz-Vektor bei der Bewegung erhalten bleibt gilt Λf = Λ0 ( ⇒ Rmv02 k Rmv 2 − k0 2 sin2 α − 1 = mv R(v2 cosβ − v1 sinβ) − cosβ k . mv1 sinα cosα = − k R(v2 cosβ − v1 sinβ) − sinβ (1) Zusätzlich können wir die Drehimpulserhaltung nutzen und erhalten l0 = lf ⇒ Rm(v2 cosβ − v1 sinβ) = Rmv0 sinα ⇒ v2 cosβ − v1 sinβ = v0 sinα . 2 (2) Setzen wir nun die Gleichung (2) in beiden Gleichung in (1) ein, erhalten wir Rmv02 mv2 sin2 α − 1 = R(v0 sinα) − cosβ k k mv1 Rmv02 sinα cosα = − R(v0 sinα) − sinβ . − k k Um die folgenden Rechnungen übersichtlicher zu gestalten, definieren wir A = wir cosβ · (3) + sinβ · (4) ausrechnen, so ergibt sich (A sin2 α − 1) cosβ − A sinα cosα sinβ = ⇒ (A sin2 α − 1) cosβ − A sinα cosα sinβ ⇒ (A sin2 α − 1)( cosβ − 1) cosβ − 1 ⇒ sinβ 2β 1 − 2sin 2 − 1 ⇒ 2 sin β2 cos β2 β ⇒ tan 2 = = = = = = (3) (4) Rmv02 . k Wenn A (v2 cosβ − v1 sinβ ) sinα − cos2 β − sin2 β v0 A sin2 α − 1 A sinα cosα sinβ A sinα cosα A sin2 α − 1 A sinα cosα A sin2 α − 1 sinα cosα 1 − sin2 α A sinα cosα . k − sin2 α Rmv 2 0 In der zweiten Gleichung haben wir Gleichung (2) verwendet. Jetzt verwenden wir den k Zusammenhang m = GM = gR2 und erhalten so das in der Aufgabenstellung angegebene Ergebnis. b) In dem gegebenen Grenzfall wird der Winkel β sehr klein und wir können die Näherung v2 β = 0 sinα cosα 2 gR verwenden. In dieser Näherung ergibt sich für die Reichweite 2v02 Rβ = sinα cosα . g Wenn wir annehmen das h = 0 gilt, ist das das gleiche Ergebnis wie in der Aufgabe 2.2. Dabei müssen wir beachten, dass θ in dieser Ausgabe π2 − α ist. c) Wir maximieren nun die Größe β sin2α tan = I = gR 1 1 2 2 v2 − 2 + 2 cos2α 0 ! sin2α = , 2gR − 1 + cos2α v2 0 wobei wir die Abkürzung so ergibt sich tan β2 = I eingeführt haben. Wenn wir außerdem x = 2α wählen I(x) = 2gR v02 sinx − 1 + cosx 3 ! (5) und wir können I(x) bezüglich x maximieren. Dazu berechnen wir die Ableitung dI(x) = dx 2gR v02 cosx sinx (−sinx) − 2 2gR − 1 + cosx − 1 + cosx v02 − 1) cosx + cos2 x + sin2 x ( 2gR v02 = 2 2gR − 1 + cosx 2 v 0 − 1) cosx + 1 ( 2gR v2 = 0 2 2gR − 1 + cosx 2 v 0 welche den Wert 0 annehmen muss. Es ergibt sich also die Bedingung cos(xmax ) = − 1 − 1) ( 2gR v02 erfüllt sein. Diese ist, unter Berücksichtigung der Identität sin(x)2 +cos(x)2 = 1, äquivalent mit s 1 1 − 2gR . sin(xmax ) = ( v2 − 1)2 0 Wir setzen nun diese beiden Bedingungen in die Gleichung (5) ein und erhalten somit den Maximalwert !−1 s 2gR 1 1 ( 2 − 1) − 2gR I(xmax ) = 1 − 2gR v0 ( v2 − 1)2 ( v2 − 1) 0 0 1 = q . 2gR ( v2 − 1)2 − 1 0 Es ergibt sich also tan βmax 1 = I(xmax ) = q 2 ( 2gR − 1)2 − 1 v2 0 = q = 1 4g 2 R2 v04 − 4gR v02 1 v02 1 q 2 gR 1 − v02 gR und die maximale Reichweite beträgt Rβmax = 2R arctan v02 1 1 q 2 gR 1 − v02 gR . Das ist das allgemeine Ergebnis für die Reichweite einer Kanone. Es ist allgemeiner als das Ergebnis von Übungsblatt 2, da es die Krümmung der Erde berücksichtigt. Alles was wir benötigt haben um dieses Ergebnis zu bestimmen, waren die beiden Erhaltungsgrößen Drehimpuls und Runge-Lenz-Vektor. 4 Übung 6.2: Reise in das Zentrum eines Zentralpotential Ein Teilchen bewegt sich in einem attraktiven Zentralpotenzial (c > 0) V (r) = − c . r2 a) Zeigen Sie, dass das Teilchen das Zentrum r = 0 nicht erreichen kann, wenn c < Dabei bezeichnet L den Drehimpuls und m die Masse des Teilchens. L2 2m gilt. b) Überlegen Sie sich, wie sich diese Situation ändert, wenn V (r) = − rc . Lösung von Übung 6.2 a) Die Energie, die während der Bewegung konstant bleibt, ergibt sich als E mṙ2 L2 c + − 2 2 2 2mr r 2 1 L ≥ 0. ⇒ E+ 2 c− r 2m = (6) Der Vorfaktor 1/r2 des zweiten Term in der Ungleichung (6) wird immer großer wenn L2 r → 0. Da die Energie E konstant bleibt, muss 2m < c sein damit die linke Seite der Ungleichung nicht negativ wird wenn r → 0. Andernfalls würde die Ungleichung ab einem bestimmten Wert von r nicht mehr erfüllt sein. b) Für V (r) = − rc ergibt sich E mṙ2 L2 c + − 2 2 2mr r c L2 ⇒ E+ − ≥0 r 2mr2 = (7) ganz analog zur Aufgabe a). Für r → 0 dominiert immer der dritte, negative Term auf der linken Seite der Ungleichung. Daher kann man den Ursprung nur erreichen, wenn dieser Term verschwindet (also L = 0 gilt). 5