19 Wissen Demenz – Was ist das? Demenz – Wie häufig tritt sie auf? Demenz – Welche Formen sind bekannt? Demenz – Welche Phasen gibt es? Demenz – Wie kommt der Arzt zu einer Diagnose? Demenz – Welche Therapien gibt es? Demenz – Was kann man vorbeugend tun? 20 Wissen Demenz – Was ist das? Demenz ist ein komplexes Krankheitsbild, oder – wie die Experten sagen – ein Syndrom (Komplex von Symptomen). Sie tritt in Folge von Erkrankungen oder Schädigungen von zentralen Gehirn-Strukturen auf. Dadurch kommt es zu Störungen und Veränderungen, die das alltägliche Leben deutlich beeinträchtigen. Je nachdem, welches Gehirnareal betroffen ist, wirkt sich die Störung unterschiedlich aus. Leitsymptom ist die Gedächtnisverschlechterung. Der größte Risikofaktor für eine Demenz ist das Alter. Um die demenziellen Erkrankungen und die mit ihr verbundenen Symptome verstehen zu können, ist es hilfreich zu wissen, wie das zentrale Nervensystem (ZNS) – insbesondere das Großhirn – funktioniert. Was macht das Großhirn? Aufgabe des Großhirns ist die Verarbeitung von Sinneseindrücken, die Planung und Umsetzung von Abläufen, das Bewahren von Erlerntem und von Erinnerungen (Gedächtnis) und die bewusste Steuerung dieser Demenz – Was ist das? 21 Das Gehirn Scheitellappen Stirnlappen Hinterhauptslappen Schläfenlappen Kleinhirn Vorgänge im menschlichen Körper. Darüber hinaus ist das Großhirn die Zentrale für die Sinne: Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Fühlen. Es repräsentiert biologisch den Ort dessen, was die menschliche Persönlichkeit ausmacht, nämlich Denken, Planen, Handeln, Urteilsfähigkeit und das IchBewusstsein. Das Großhirn besteht aus paarig angelegten sogenannten Lappen: Stirnlappen (Frontallappen), Scheitellappen (Parietallappen), Schläfenlappen (Temporallappen) und Hinterhauptslappen (Okzipitallappen). Dort liegen die Zentren für spezifische Aufgaben. Die Aufgaben der einzelnen Gehirnlappen: Stirnlappen – u.a. abstraktes Denken, Problemlösen, Urteilsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Impulskontrolle, Gefühlsleben, Handlungen, Sprachsteuerung und Muskelbewegungen Scheitellappen – u.a. Gedächtnis, Interpretation von Sinneseindrücken, Berührung, Schmerzempfinden, Steuerung von Bewegungen, Einschätzen von Entfernungen, Schreiben und Rechnen, Orientierung Schläfenlappen – u.a. (Kurzzeit-) Gedächtnis, Gehör, Sprache, Geschmack, Geruch Hinterhauptslappen – u.a. Sehzentrum, visuelles Gedächtnis 22 Wissen Wie funktioniert das Nervensystem? Jeder Mensch hat ca. 30 Milliarden Nervenzellen. Sie bestehen aus einem Zellkörper mit Fortsätzen (Dendriten) und dem sogenannten Axon (Nervenfaser). Die Nervenzellen sind nicht direkt miteinander verbunden, sondern stehen über einen kleinen Zwischenraum - der sogenannten Synapse – miteinander in Kontakt. Die Nervenzellen übertragen Informationen, indem sie elektrisch durch die Nervenfaser weitergeleitete Signale an den Synapsen in chemische Substanzen (Signalsubstanzen oder Botenstoffe) umwandeln und dort freisetzen. Die Signalsubstanzen übertragen die Information von einer Zelle zur nächsten. Die wichtigsten Signalsubstanzen (Transmittersubstanzen) sind Acetylcholin, Dopamin, Glutamat, Noradrenalin und Serotonin. Das Wissen um die Aufgaben der Signalsubstanzen wird bei der Entwicklung und der Gabe von Medikamenten zur Linderung der die Demenz begleitenden Symptome eingesetzt. Dendriten Synapse Zellkörper Axon Zellkern terminales Axon Bedeutung der Signalsubstanzen Acetylcholin – u.a. Gedächtnis Dopamin – u.a. motorische Funktionen und Gefühlsleben Glutamat – u.a. Denken, Problemlösen, Planen und Ausführen von Handlungen, Lernen und Gedächtnis Noradrenalin – u.a. Regulieren von Schlaf/ Wachzuständen, Stimmungslage Serotonin – u.a. Regulieren von Schlaf/ Wach- und Tag/ Nacht-Rhythmus, Aggressivität, Hunger/ Sättigung, Schmerzkontrolle Wie funktioniert das Nervensystem? Was passiert nun bei einer Demenzerkrankung? Die demenziellen Erkrankungen zeigen in den verschiedenen Krankheitsphasen unterschiedliche Symptome, die beim einzelnen Menschen nicht alle zur gleichen Zeit und in gleicher Ausprägung auftreten. Man unterscheidet kognitive, psychiatrische, körperliche/somatische Symptome und Verhaltensauffälligkeiten. Gedächtnis Zunehmende Vergesslichkeit über mehrere Monate und Jahre ist bei fast allen Demenzformen – bis auf die Frontallappen und die Lewy body Demenz (vgl. S. 37) – das erste Anzeichen für eine beginnende Demenz. Im Laufe der Demenz werden immer mehr Gedächtnisfragmente gelöscht. Das, was zuletzt erlernt oder erlebt wurde, verschwindet meist als erstes. I Kognitive Symptome Zu den kognitiven Symptomen gehören Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, des Lernvermögens, aber auch der Orientierung, der exekutiven Fähigkeiten (Denken, Planen, Handeln) sowie Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen. Außerdem zählen die Apraxie, die mangelnde Fähigkeit, motorische Aktivitäten auszuführen, und die Agnosie, die mangelnde Fähigkeit, Gegenstände zu identifizieren bzw. wiederzuerkennen, zu den kognitiven Symptomen. Ebenso zählen dazu die Aphasie (Sprachstörung), Alexie (Lesestörung), Akalkulie (Rechenstörung), die Dysphagie (Schluckstörung) und andere mehr. In der frühen Phase der Demenz ist zunächst das Kurzzeitgedächtnis betroffen und damit das Lernvermögen. Aktuelle und wichtige Erfahrungen, Erlebnisse, Gelesenes, Gehörtes oder neu Gelerntes können nicht mehr gespeichert werden. So wird etwa ständig der Haustürschlüssel gesucht oder die Brille verlegt. Selbstverständliche Worte oder Begriffe werden nur unter großer Mühe erinnert, bekannte Wege zunehmend nicht mehr gefunden und Termine vergessen. Dazu passen Aussagen wie „Ich habe noch nichts gegessen“ oder „Bei mir hat niemand angerufen“, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Ausgeruht und stressfrei kann der Erkrankte sich häufig noch besser erinnern als in unruhigen und hektischen Momenten. Das können Phasen akuter Erkrankung sein, aber auch Ortswechsel wie Urlaubsreisen oder eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus. 23