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Interviews & Artikel
COMPUTERS
Die Erfindung des
Britbeat
2011 betrat mit dem
Album „This Is The
Computers“ eine Band die
Bildfläche, die zumindest
bei mir für reichlich
Verwirrung, mindestens
aber genauso viel
Begeisterung sorgte. THE
COMPUTERS aus
Großbritannien spielten auf ihrem Debütalbum ihre ganz
eigene Version von Rock’n’Roll, Blues und Soul – und die
hatte es ordentlich in sich. Frontmann Alex „Screaming Al“
Kershaw machte seinem Namen alle Ehre, schrie sich ohne
Rücksicht auf Verluste durch elf punkige Garage-Perlen und
lud damit eher zum Moshen als zum Twisten ein. Zwei Jahre
später erscheint nun mit „Love Triangles, Hate Squares“ das
zweite Album der Band. Erneute Verwirrung: geschrien wird
plötzlich gar nicht mehr, stattdessen geht man lieber auf
souligen Kuschelkurs und beruft sich noch mehr auf die
großen Idole der Sechziger. Trotzdem herrscht wieder
Begeisterung vor, denn das steht der jungen Band
komischerweise verdammt gut. Sänger Alex nahm sich die
Zeit, um mit mir über das neue Album und die musikalische
Prägung von THE COMPUTERS zu sprechen.
Alex, euer neues Album „Love Triangles, Hate Squares“ wird
Ende April erscheinen. Wie würdest du es beschreiben?
Es klingt so, als ob weiße Jungs aus Südengland versuchen, Soul
und Rock’n’Roll zu spielen. Ich wollte, dass wir klingen, als wären
wir aus Detroit, aber das sind wir nicht, wir sind aus Devon, haha.
Die Grundidee ist, dass eine Hälfte der Songs nach Rock’n’Roll,
die andere nach Soul und Motown klingt. Es ist auch Sixties-R’n’B
dabei. Das Besondere ist, dass der Hörer bestimmt dennoch
denkt: „Okay, diese Jungs sind offensichtlich ziemlich jung und
voller Tattoos“, haha. So gerne wir auch wie THE FUNK
BROTHERS aus Detroit klingen möchten, wir sind es einfach
nicht. Ich habe die Songs zwar in diesem Stil geschrieben, aber
wir sind, was wir sind. Wir haben uns da eine Bezeichnung für
unsere Musik ausgedacht, damit kannst du mich ruhig zitieren: Es
ist Beat-Musik und es ist britische Soul-Musik, insofern ist es
Britbeat. Wenn du uns also irgendwie beschreiben willst, ist die
Bezeichnung, die wir gewählt haben, „Britbeat“.
Kurz nachdem euer erstes Album veröffentlicht wurde, habt
ihr schon gesagt, dass das zweite etwas anders klingen
würde. Warum hattet ihr das Gefühl, euren Sound ändern zu
müssen?
Wir wollten uns einfach weiterentwickeln. Das erste Album ist für
uns dennoch nicht gestorben und vor allem live eine Macht, mit
der man rechnen muss. Wenn man jetzt zu einer unserer Shows
kommt und uns vorher noch nie gehört hat, denkt man immer
noch: „Was zur Hölle ist hier los? Das ist total verrückt!“ Als wir
das erste Album aufgenommen haben, hat mir John „Speedo“
Reis von ROCKET FROM THE CRYPT viel in Sachen
Songwriting beigebracht und sagte, ich solle mehr singen, weil ich
eine gute Stimme habe. Als wir dann vom Aufnehmen aus San
Diego zurückkamen, fing ich sofort an, einen neuen Song zu
schreiben, der auch auf dem neuen Album ist. Plötzlich war mir
klar, wie das alles funktioniert, und dann habe ich einfach sehr viel
geschrieben. Ich habe schon ein komplettes neues Album seit
diesem geschrieben. Vielleicht wird das nie erscheinen, aber ich
habe meine Fähigkeiten als Songwriter verbessert. Ich schreibe
jetzt richtige Songs, vorher war das eher nicht so. Da haben wir
einfach Riffs geschrieben und irgendwelche Ideen damit
verknüpft. Es war mehr so ein Konzept aus Rock’n’Roll-Riffs und
Geschrei, während das zweite Album nun komplette Songs
enthält mit einem Gefühl und einer Bedeutung dahinter.
Glaubst du, dass das neue Album ein anderes Publikum
ansprechen wird als das erste?
Ich glaube, die Leute, die uns und worum es uns geht verstehen,
werden das Album mögen. Ich habe es für sie geschrieben,
gleichzeitig könnte es aber auch mehr älteren Leuten gefallen.
Wenn man aber gedacht hat, wir seien GALLOWS in weißen
Anzügen, liegt man leider falsch. So sehr wir die Jungs auch
mögen, wir sind nicht wie sie. Wir sind mehr wie Marvin Gaye –
aus Devon. Also theoretisch sollten das neue Album mehr Leute
mögen als das erste. Mein Dad hasste zum Beispiel das erste
Album und liebt das neue. Wir waren Anfang Februar auf Tour mit
THE HEAVY, die machen eher Soul und Funk und sind keine
Punkband. Alle Leute, die also kamen, um THE HEAVY zu sehen,
waren relativ offen gegenüber unserem Sound. Das war eigentlich
perfekt. Unserem eigenen Publikum versuchen wir zu zeigen,
dass das eben die Musik ist, die uns schon immer geprägt hat.
Aber fuck it, wir sind immer noch ziemlich tough.
Du bist noch recht jung. Wie bist du mit Rock’n’Roll und Soul
in Kontakt gekommen?
Rock’n’Roll hat sich schon sehr früh in meinem Kopf verankert.
Ich habe als Kind ziemlich viel ferngesehen. Erinnerst du dich an
das Ende von „Zurück in die Zukunft“? Da spielen sie am Ende
„Johnny B. Goode“ von Chuck Berry. Als kleiner Junge habe ich
das gesehen und wollte unbedingt eine Gitarre haben, in einer
Band sein und diesen Song spielen. Bei Soul war das ungefähr
genauso. Als Kind habe ich „A natural woman“ von Aretha
Franklin gehört und dachte nur: „Was ist das? Das ist so cool!“ Ich
wusste nicht, was es war. Ich mochte einfach, wie sie gesungen
hat, und die Melodien, die gespielt wurden. Das Gleiche gilt für
das erste Mal, als ich Marvin Gaye gehört habe. Das ist alles
passiert, als ich gerade einmal sechs Jahre alt war, deswegen
kann ich gar nicht so genau sagen, wie ich damit in Berührung
gekommen bin. Es fühlt sich so an, als wäre das schon immer ein
Teil von mir gewesen. Ich glaube, das geht vielen so, wenn sie
Rock’n’Roll und Soul hören. Die Leute möchten einfach dazu
tanzen und das liegt auch daran, dass diese Musik schon immer
da war. Wenn die Menschen nach den Fünfzigern geboren
wurden, haben sie diese Musik immer wieder in der Werbung
gehört oder so. Es berührt die Menschen auf eine besondere Art
und Weise. Es fühlt sich so an, als hätte man es schon mal
gehört, und und das liegt unter anderem daran, dass man es eben
wirklich schon mal gehört hat. Diese Musik ist ein fester Teil
unserer Kultur und spielt in vielen Bereichen eine große Rolle.
[/b]Aber es ist schon recht ungewöhnlich, in diesem jungen Alter
auf diese Musik zu stehen. Die meisten Jugendlichen hören das,
was gerade angesagt ist, und nicht unbedingt Künstler, die schon
tot sind ...[/b]
Absolut. Ich gehe nicht so oft auf Konzerte. Ich meine, wen willst
du dir da ansehen? Alle sind tot, haha. Vielleicht Elvis Costello ...
Das ist schon merkwürdig, ja. Aber deswegen ergibt es ja Sinn,
dass wir diese Musik machen, da die Leute dann auf unsere
Konzerte kommen können. Little Richard gibt es auch noch, aber
der tourt nicht mehr so viel.
Zumindest auf eurem ersten Album waren starke Punkrockund Hardcore-Einflüsse nicht zu überhören. Was bedeutet
diese Musik für dich?
Das ist gerade das Besondere: Als wir 15 waren, mochten wir
THE CLASH und fingen dann an, uns für Hardcore-Bands zu
interessieren. Als wir dann THE COMPUTERS gegründet haben
und Rock’n’Roll machen wollten, waren unsere Songs und die Art,
wie wir Songs schrieben, noch sehr stark vom Punkrock
beeinflusst. Das hat sich dann auf dem ersten Album gezeigt. Es
war nicht beabsichtigt, es hat sich einfach so entwickelt, dass
beim Songschreiben meine Jugend als Punkrock-Kid ein starker
Einfluss war. Ich wollte eigentlich total nach Chuck Berry klingen,
aber es ging halt einfach nicht. Das hat sich auf dem neuen Album
geändert. Ich weiß jetzt, wie man richtige Songs schreibt, und
habe irgendwie meine Stimme gefunden. Es sind auch ein paar
New-Wave-Einflüsse auf „This Is The Computers“ und natürlich
Garage und Rock’n’Roll. Wir hören gerne Bands wie THE
SONICS und diese Musik ist für mich die erste Generation des
Punk. Das waren Punk-Kids, die Rock’n’Roll spielen wollten, und
das kam dabei raus.
Im Zusammenhang mit euch fällt oft der Name THE CLASH.
Die Band scheint ein wichtiger Einfluss zu sein. Versucht ihr,
denen so ein bisschen nachzueifern?
Ich wollte nie wie THE CLASH klingen, ich liebe einfach die Band
und bin mit ihr aufgewachsen. THE CLASH haben als Punkband
angefangen und veränderten sich dann von Album zu Album, der
Sound wurde immer weiterentwickelt. Das ist, was jede gute Band
machen sollte. THE CLASH machten erst ein Punk-Album und
haben sich dann gefragt: „Wie können wir unseren Sound
weiterentwickeln?“ Und schließlich haben sie mehr Reggae und
so was gemacht. Wir haben auch als Punkband angefangen und
wollen uns jetzt mehr in die Soul-Richtung bewegen. Später bei
„The magnificent seven“ hatten THE CLASH ja auch starke
Einflüsse des First-Generation-HipHop in ihrer Musik, denn Joe
Strummer und Mick Jones mochten das einfach. Vielleicht hätten
THE CLASH ein bisschen mehr wie wir geklungen, wenn sie viel
Smokey Robinson gehört hätten, haha.
Seit 2012 habt ihr mit Fred ein fünftes Bandmitglied am
Klavier. Wie kam das zustande und was hat er Neues zu den
Songs beigetragen?
Wir haben ihn dazu geholt, weil ich diese Songs bereits
geschrieben hatte, die auf dem neuen Album sind, und wusste,
dass wir jemanden am Klavier brauchen, damit die Songs wirklich
vollständig sind. Freddie hat bereits bei einigen Sessions für uns
gespielt und ist außerdem der Bruder der Freundin unseres
Drummers. Unser Drummer ist mit seiner Freundin zusammen,
seitdem er 14 war, und deswegen kennen wir Freddie auch schon
ewig.
Denkst du, dass ihr damit jetzt euren Sound gefunden habt,
oder könnte das nächste Album wieder ganz anders klingen?
Ich glaube, das nächste Album wird noch konsequenter von dem
Sound geprägt, den wir auf diesem Album entdeckt haben.
Manchmal werde ich gefragt, warum wir die Richtung vom ersten
zum zweiten Album so krass geändert haben. Aber eigentlich
haben wir das gar nicht, wir sind ja nicht plötzlich zur Metal-Band
geworden. Wir sind immer noch auf demselben Weg, aber eben
schon viel weiter als beim letzten Album. Wir haben uns
exponentiell weiterentwickelt, viel weiter, als die meisten Bands es
innerhalb so einer Zeitspanne tun. So gesehen sind wir quasi vom
ersten direkt zum vierten Album gesprungen. Das nächste Album
wird weiterhin so klingen, nur noch besser. Die Songs werden
dich berühren, und zwar auf eine noch viel tiefere und
bedeutsamere Weise, haha.
Christina Wenig
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© by Ox-Fanzine / Ausgabe #107 (April/Mai 2013)
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