Religionsmonitor 2013 verstehen was verbindet Religiosität im internationalen Vergleich Religionsmonitor 2013 verstehen was verbindet Religiosität im internationalen Vergleich Kontakt Stephan Vopel Director Programm Lebendige Werte Bertelsmann Stiftung Telefon 05241 81-81397 Fax 05241 81-681397 E-Mail [email protected] www.bertelsmann-stiftung.de Titelbild: Blend Images / Fotolia.com Religionsmonitor 2013 – Befunde im internationalen Vergleich | Seite 2 Für den Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung wurden 14.000 Personen ab 16 Jahren in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Israel, USA, Kanada, Südkorea, Brasilien und Indien zu ihrer persönlichen Religiosität, ihren Werthaltungen und dem Verhältnis von Religion, Politik und Gesellschaft befragt. Die Befragung wurde Ende 2012 vom Institut für angewandte Sozialforschung infas (Bonn) in Zusammenarbeit mit ISOPUBLIC (Schweiz) durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick 1. Die Bedeutung der Religion unterscheidet sich stark zwischen einzelnen Ländern und Regionen: Relativ niedrige Bedeutung in Europa – große Bedeutung der Religion in Nord- und Südamerika sowie in Indien und der Türkei. 2. In fast allen untersuchten Ländern geht die Religiosität über die Generationen hinweg zurück. 3. Es gibt deutliche Unterschiede in der religiösen Bindekraft zwischen den Religionen und Konfessionen über die Länder hinweg. 4. Die Trennung von Religion und Politik sowie die Demokratie als Regierungsform sind über die einzelnen Glaubensrichtungen hinweg in allen untersuchten Ländern als hohes Gut akzeptiert. Religionsmonitor 2013 – Befunde im internationalen Vergleich | Seite 3 1 Die Bedeutung der Religion unterscheidet sich stark zwischen einzelnen Ländern und Regionen: Relativ niedrige Bedeutung in Europa – große Bedeutung der Religion in Nord- und Südamerika sowie in Indien und der Türkei. Europa ist deutlich weniger religiös als Nord- und Südamerika sowie Indien und die Türkei. Verglichen mit anderen Aspekten des Lebens spielt Religion in Europa insgesamt eher eine nachgeordnete Rolle. Deutschland ist gespalten: Ostdeutschland ist die säkularste Region, die im Religionsmonitor vertreten ist, während Westdeutschland im europäischen Mittelfeld liegt. Atheismus ist in Schweden, Frankreich und Ostdeutschland verbreitet. In Europa wird Religion eher etwas skeptischer wahrgenommen als in anderen Erdteilen. Die USA sind unter den westlichen Industrienationen eine Ausnahme mit Blick auf die Bedeutung der Religion. Daten Die Türkei (82%) Brasilien (74%), Indien (70%) und die USA (67%) weisen den größten Anteil derjenigen auf, die angeben „sehr“, „ziemlich“ oder „mittel religiös“ zu sein. In Schweden (28%) und Israel (31%) liegt dieser Wert am niedrigsten. Deutschland liegt mit 57% der Personen, die dies angeben, in der Mitte. In Ostdeutschland liegt dieser Wert bei 26%, in Westdeutschland bei 64%. In der Türkei sagen 84% der Befragten, dass Religion ein „sehr wichtiger“ Teil ihres Lebens ist. In den USA sind dies 54% und in Kanada immer noch 31% (diese Frage wurde in Indien und Brasilien nicht gestellt). Am niedrigsten fällt diese Bewertung in Schweden (10%), in Spanien (16%) und in Ostdeutschland (13%) aus. In der Türkei gibt es allerdings ein starkes Altersgefälle bezüglich der Religiosität: Existiert bei den über 40-bis 54-Jährigen noch ein Anteil an Hochreligiösen von 59%, so sinkt dieser bei den unter 25-Jährigen auf 39% ab. Der Anteil derjenigen, die angeben „gar nicht religiös zu sein“, ist in Israel (45%) und Schweden (44%) am höchsten und in der Türkei (3%) sowie in Brasilien (9%) am niedrigsten. In Gesamtdeutschland liegt er bei 23% – in Ostdeutschland jedoch bei 49%. Die Überzeugung, dass es keine höhere oder göttliche Macht gibt, teilen 47% der Befragten in Frankreich, 41% in Schweden und 40% in Spanien. Am geringsten ist diese Überzeugung in Brasilien (6%) und der Türkei (11%) verbreitet. In Gesamtdeutschland sind es 28%, die diese Auffassung teilen, in den USA sind es 22% und Großbritannien sind 37% der Befragten „eher“ oder „voll und ganz“ davon überzeugt, dass es keinen Gott gibt. Als Atheisten bezeichnen sich in Frankreich 44% und in Südkorea 39% der Befragten. In Gesamtdeutschland sind es 22%, die dieser Aussage tendenziell zustimmen (in Ostdeutschland 46%). Der Aussage, dass Religionen eher schädlich sind, stimmen in Schweden 49% der Befragten „eher“ oder „voll und ganz“ zu. In den anderen europäischen Ländern ist die Zustimmung hierzu insgesamt etwas höher (zwischen 25% und 35%) als im Rest der Welt – mit der Ausnahme von Deutschland (16%). Die geringste Zustimmung findet sich in der Türkei (12%) und Südkorea (14%). In den USA sind es 25% und in Großbritannien 35%. Religionsmonitor 2013 – Befunde im internationalen Vergleich | Seite 4 2 In fast allen untersuchten Ländern geht die Religiosität über die Generationen hinweg zurück. In den meisten Befragungsländern zeigt sich eher ein Rückgang von Religiosität insbesondere bei der jüngeren Generation. Besonders in Spanien findet trotz hohem religiösen Sozialisationsgrad ein Traditionsabbruch über die Generationen hinweg statt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Religionsmonitors 2013 einen parallelen Rückgang von religiöser Erziehung und Bedeutung der Religion bei jüngeren Menschen. Dieser Rückgang lässt sich sowohl in der Zentralität von Religion, in der religiösen Selbsteinschätzung der Menschen wie auch in der Wichtigkeit von Religion für den Lebensalltag feststellen. Der Bedeutungswandel von Religion ist aber nicht nur für Europa gültig. Auch in Südkorea finden sich nennenswerte Rückgänge und selbst in der sehr religiösen Türkei wie auch in den USA lassen sich im Generationenvergleich erste Tendenzen einer Abschwächung der Bedeutung von Religion sehen. Israel stellt diesbezüglich eine Ausnahme dar. Daten Deutlich wird der Traditionsabbruch von Religiosität besonders in Spanien und Südkorea. Zeigen sich in Spanien bei den Menschen über 45 Jahren noch 85% mittel- oder hochreligiös, sind es bei 30- bis 45-Jährigen 67%, bei den unter 29-Jährigen jedoch nur noch 58%. Insbesondere bei den Hochreligiösen zeigt sich hier ein starker Abbruch: von 40% bei den über 45-Jährigen über 24% bei den 30- bis 45 Jährigen zu lediglich 11% bei den unter 29-Jährigen. In Südkorea verläuft der Traditionsabbruch für Mittel- und Hochreligiöse von 67% bei den über 45Jährigen, zu 53% bei den 30- bis 45-Jährigen und zu 35% bei den unter 29-Jährigen. Auch für die USA lässt sich ein moderater Rückgang feststellen: Zeigen sich von den über 45-Jährigen noch 95% mittel- bzw. hochreligiös, sind es bei den 30- bis 45-Jährigen 91% und bei den unter 29Jährigen 89%. In Israel steigen entgegen der allgemeinen Tendenz die Werte für die Ausprägung von Religiosität leicht an. So sind von den über 45-Jährigen 73% mittel- oder hochreligiös, bei den 30- bis 45 Jährigen sind es 75%, bei den unter 29-Jährigen sind es schon 77%. In Deutschland ist ein sehr moderater Rückgang der Zentralität von Religiosität feststellbar. Sind von den über 45-Jährigen noch 78% mittel- oder hochreligiös, sind es bei den 30- bis 45-Jährigen 77% und bei den unter 29-Jährigen noch 74%. Religionsmonitor 2013 – Befunde im internationalen Vergleich | Seite 5 3 Es gibt deutliche Unterschiede in der religiösen Bindekraft zwischen den Religionen und Konfessionen über die Länder hinweg. Im Vergleich der Länder und Religionen zeigt sich eine unterschiedlich ausgeprägte Religiosität. So weisen Muslime in den befragten Ländern eine höhere Religiosität auf als Angehörige christlicher Kirchen. Im Durchschnitt sind die katholisch geprägten Länder religiöser als die protestantischen. Auch zwischen den christlichen Kirchen zeigen sich Differenzen. So ist die Religiosität bei lutherischen, unierten oder reformierten Protestanten niedriger als bei den Katholiken, Evangelikalen oder Mitgliedern der Pfingstbewegung. Diese unterschiedliche religiöse Bindekraft kennzeichnet auch die jeweiligen religiösen Kulturen. So findet sich in Schweden die niedrigste Ausprägung von Religiosität aller untersuchten Länder, in der Schweiz zeigt sich die höchste religiöse Bindung in Europa. Daten Für Europa weisen die Muslime eine hohe Zentralität von Religion auf. Dabei sind die Schiiten zu 100% mittel- oder hochreligiös, die Sunniten sind es zu 97%. Die Katholiken weisen eine Zentralitätsrate von 87% auf, die Mitglieder der evangelikalen Kirchen von 92%, die jüdischen Gläubigen von 90%, Angehörige der christlich-orthodoxen Kirchen von 85% und die Protestanten von 75%. Im Ländervergleich zeigt sich im protestantischen Schweden mit 43% eine geringe Zahl an Mittelund Hochreligiösen. Spanien als ein katholisch geprägtes Land weist einen Anteil von 72% Mittelund Hochreligiösen an der Bevölkerung auf. Ein noch höherer Wert zeigt sich in dem ebenfalls katholisch geprägten Brasilien (97%). Die muslimische Türkei kommt mit 99% Anteil auf eine im Ländervergleich sehr starke Ausprägung von Religiosität in der Bevölkerung. Religionsmonitor 2013 – Befunde im internationalen Vergleich | Seite 6 4 Die Trennung von Religion und Politik sowie die Demokratie als Regierungsform sind über die einzelnen Glaubensrichtungen hinweg in allen untersuchten Ländern als hohes Gut akzeptiert. Es findet sich in allen befragten Ländern eine deutliche Befürwortung der Demokratie und der Trennung von Politik und Religion (Frage nicht gestellt in Brasilien und Indien). Diese Befürwortung findet sich konfessionsübergreifend. Insgesamt verweisen die Antworten auf diese Fragen auf die Stärke und Akzeptanz der Demokratie einerseits sowie auf die Trennung von Religion und Politik in den Gesellschaften andererseits. Die Sorge, dass religiöse Fanatiker die vorhandenen Demokratien in den befragten Ländern unterwandern, ist unbegründet. Daten Von 79% der Befragten in Großbritannien bis zu 95% in Schweden sagen, dass die Demokratie eine gute Regierungsform sei. In Deutschland waren es 85%. In der Türkei stimmen 82% der Befragten zu. In Großbritannien halten jedoch nur 63% der Befragten zwischen 16 und 24 Jahren die Demokratie für eine gute Regierungsform. In den anderen Altersgruppen liegt die Zustimmung hier zwischen 74% und 84%. Über alle Länder hinweg sagen 88% der Christen, 81% der Muslime, 84% der Juden und 84% der Konfessionslosen, dass die Demokratie eine gute Regierungsform ist. In der Türkei, in Spanien und in Frankreich sind die nicht religiösen Menschen der Demokratie gegenüber etwas positiver eingestellt, als die religiösen Befragten: In Frankreich sagen 86% der nicht religiösen, aber 79% der religiösen Befragten, dass die Demokratie eine gute Regierungsform ist (in der Türkei: religiöse 67% zu 85% bei den nicht religiösen Befragten / Spanien 78% bei den religiösen zu 85% bei den nicht religiösen Befragten). Nur ein geringer Teil der Befragten in allen Ländern befürwortet, dass führende Vertreter der Religionen Einfluss auf die Politik nehmen. Die höchste Zustimmung gibt es in den USA (28%), während sich die geringste Zustimmung in Spanien (13%) findet. Analog verhält es sich mit der Aussage, dass nur solche Politiker für ein Amt geeignet sind, die auch an Gott glauben: dies befürworten in den USA 25% und in Spanien 8%. Dabei sind 32 % der Christen in den USA der Meinung, dass nur Politiker, die an Gott glauben, für ein öffentliches Amt geeignet seien. Evangelisch-Freikirchliche bejahen diese Aussage in den USA sogar zu 42 %. Im Vergleich der verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften in den USA sind es vor allem die Pfingstkirchler (43 %), die religiösen Einfluss auf politische Entscheidungen gutheißen. Sehr Religiöse stimmen zu 50 % zu, gar nicht Religiöse zu 9 %. Kontakt Stephan Vopel Director Programm Lebendige Werte Telefon 05241 81-81397 Fax 05241 81-681397 E-Mail [email protected] www.bertelsmann-stiftung.de