Schuttgesellschaften in Österreich

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ÜBERSICHT DER SCHUTTGESELLSCHAFTEN IN ÖSTERREICH
von Thorsten Englisch
Institut für Pflanzenphysiologie
der Universität Wien
Feb. 1995
Allgemeines
Schuttgesellschaften der (sub)alpinen bis subnivalen Stufe sind im Alpenraum weit verbreitet,
die einzelnen Gesellschaften zeigen starke Abhängigkeiten von Höhenlage, Substrat und
Substratbeweglichkeit, in geringerem Ausmaß von lokalklimatischen Gegebenheiten (z.B.
vergleichsweise hohe Luftfeuchtigkeit beim Polystichetum lonchitis).
Die Gefährdung dieser Gesellschaften ist vor allem durch bauliche Maßnahmen (Großprojekte
wie Speicherkraftwerke, Gletscherliftanlagen mit Baumaßnahmen im Vorfeld genauso wie
Bergbau, z.B. Kalkabbau im Gesäuse, vgl. GREIMLER 1991) gegeben, in geringem Maße auch
durch touristische Belastungen (Bsp. Gamsgrube).
Die folgende Zusammenstellung gibt einen kurzen Abriss der Schuttgesellschaften
Österreichs (vgl. ENGLISCH & AL. 1993) und macht ergänzende Angaben zu
(Höhen)Verbreitung und Gefährdungssituation.
TH. ENGLISCH (1995): Übersicht der Schuttgesellschaften in Österreich
Seite 2
(Hoch)Alpin-Subnivale Gesellschaften:
•
Alpine Kalkschuttgesellschaften und Kalkschuttschneeböden / Thlaspion
rotundifolii und Arabidion caeruleae
Vorkommen: verbreitet im gesamten Gebiet der Nord- und Südalpen von der alpinen bis zur
subnivalen Stufe, in Zentralalpen nur bei Vorhandensein entsprechender Gesteine (Kalke,
Dolomite, Marmore), z.B. Nockberge (Zunderwand), Stubaier Alpen, Zillertaler Alpen,
Schladminger Tauern (Salzburger und Steirische Kalkspitze, Mosermandl), Radstädter
Tauern.
Standort: Pionier- und Dauergesellschaften auf ruhenden bis stark bewegten Kalk- und
Dolomitschuttböden, auf Schutthalden, in Karrenfelder und Dolinen.
Höhenverbreitung: (1600) 2000-3000 (3300) m
Gefährdung: w.o.
Literatur: AICHINGER 1933, THIMM 1953, HÖPFLINGER 1957, CECH 1958, PIGNATTI-WIKUS
1959, WIKUS 1960, WENDELBERGER 1962, ZOLLITSCH 1968, WENDELBERGER 1971,
PACHERNEGG 1973, SMETTAN 1981, WEBER 1981, HADERLAPP 1982, GRIMS 1982,
GRABHERR 1984, HAUPT 1985, HEMETSBERGER 1990, GREIMLER 1991, HÖRANDL
unveröff., eigene Beobachtungen seit 1990 (Nord- und Südalpen).
Literatur außerhalb Österreichs: BRAUN-BLANQUET 1926 (Graubünden), JENNY-LIPS 1930
(Glarner Alpen), OBERDORFER 1950 und HERTER 1990 (Allgäuer Alpen), ZÖTTL 1951 und
SÖYRINKI 1954 (Wettersteingebirge), LIPPERT 1966 (Berchtesgardner Alpen),
NIEDERBRUNNER 1975, OBERHAMMER 1979 und PEER 1980 (Dolomiten), WRABER 1971,
1978 (Julische Alpen)
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Crepidetum terglouensis: als Schuttgesellschaft zumindest in den Südalpen vergleichsweise
selten.
Leontodontetum montani: verlangt größere Bodenfeuchtigkeit und Feinerdereichtum, in den
verkarsteten Kalkhochalpen sind daher über reinem Kalk (Dolomit) die Standorte
entsprechend zerstreut; häufig z.B. in den Lechtaler Alpen über Hornstein- und
Rhätkalken.
Schuttgesellschaften über Schwermetallstandorten werden hier nicht weiter behandelt (vgl. z.
B. PUNZ 1988).
•
Kalkschieferschuttgesellschaften / Drabion hoppeanae
Vorkommen: in den Kalkschiefergebieten der Alpen von der alpinen bis subnivalen Stufe; in
tieferen Lagen sind eigene Gesellschaften auf kalkreichen Schiefern nicht ausgebildet.
Hohe Tauern (Tauernschieferhülle), z.B.. Glocknergruppe, Muntanitzgruppe,
Venedigergruppe, Defferegger Berge, Goldbergruppe, Zillertaler Alpen.
TH. ENGLISCH (1995): Übersicht der Schuttgesellschaften in Österreich
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Standort: Pionier- und Dauergesellschaften auf Moränenböden und Schutthalden kalkhältiger
Schiefergesteine.
Höhenverbreitung: (2100) 2400-3200 (3600) m
Gefährdung: w.o.
Literatur: BRAUN-BLANQUET 1931, WENDELBERGER 1953, FRIEDEL 1956, OBERDORFER 1959,
ZOLLITSCH 1968, DIERSCHKE 1969, LECHNER 1969, HARTL 1978, KARRER 1980, GANDER
1984; eigene Beobachtungen seit 1992 (Zillertaler Alpen, Venedigergruppe).
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Herniarietum alpinae: neue Funde in den Zillertaler und Stubaier Alpen mit Salix
serpillifolia. Keine Gefährdung bekannt.
•
Alpine Silikatschuttgesellschaften / Androsacion alpinae und AllosuroAthyrion alpestris
Vorkommen: verbreitet in den zentralen Ketten der Alpen, von der alpinen bis (sub)nivalen
Stufe auf silikatischen Gesteinen (Granite und Gneise, kalkarme Schiefer, ...).
Standort: Gletschervorfelder,
Blockschutthalden
ruhende
oder
bewegte
Moränenböden,
Gratstandorte,
Höhenverbreitung: (1600) 2300-3800 m
Gefährdung: w.o.
Literatur: GAMS 1936, FRIEDEL 1938, FRIEDEL 1956, REISIGL & PITSCHMANN 1958, ZOLLITSCH
1968, DIERSCHKE 1969, JOCHIMSEN 1970, MAIR 1973, HARTL 1978, BURTSCHER 1979,
KÜNG 1980, MEDICUS 1981, TEUFL 1981, BURTSCHER 1982, GANDER 1984, GRABHERR
1984, GRABHERR & POLATSCHEK 1986, FRANZ 1986, FRANZ 1988, BAHN & KÖRNER
1987, BURTSCHER 1979, BURTSCHER 1982, HEMETSBERGER 1990, WITTMANN & STROBL
1990.
Literatur außerhalb Österreichs: BRAUN-BLANQUET 1926 (Graubünden), JENNY-LIPS 1930
(Glarner Alpen), OBERDORFER 1950 (Allgäuer Alpen), PEER 1980 (Dolomiten)
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Androsacetum alpinae: weit verbreitet von östlichen Niederen & Hohen Tauern bis Ötztaler
Alpen, Silvretta und Rätikon von 2400-3780 m.
Sieversio-Oxyrietum digynae: dto., 2200-2800 m, eigene Oxyria digyna-Ges. über Karbonaten
in Karnischen Alpen, Eisenerzer Alpen und Lechtaler Alpen.
Androsacetum wulfenianae: endemisch in den östlichen Zentralalpen: Schladminger Tauern,
Gurktaler Alpen, Seetaler Alpen und Koralpe (dort noch vorhanden? - Radarstation).
Allosoretum crispae: zerstreut in den Zentralalpen (mit größere Lücken in den östlichen
Teilen), subalpin-alpin, 1600-2400 m.
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Montan-Subalpine Gesellschaften:
•
Subalpine Kalkschuttgesellschaften / Petasition paradoxi
Vorkommen: zerstreut in den Nord- und Südalpen (sowie zentraleuropäischen Mittelgebirgen:
Jura, Schwäbische Alb, ...), manche Gesellschaften sind aufgrund ihrer Standorte oft nur
kleinflächig ausgebildet.
Standort: stabile bis stark bewegete, meist feinerdereiche Grobschutt- und Blockschutthalden.
Höhenverbreitung: (800) 1200-1800 m
Gefährdung: w.o.
Literatur: NEVOLE 1908, AICHINGER 1933, THIMM 1953, HÖPFLINGER 1957, WIKUS 1960,
WENDELBERGER 1962, ZOLLITSCH 1968, WENDELBERGER 1971, THIELE 1978,
WEISKIRCHNER 1978, SMETTAN 1981, WEBER 1981, HADERLAPP 1982, HAUPT 1985,
GRABHERR & POLATSCHEK 1986, GRABHERR 1987, GREIMLER 1991, HÖRANDL unveröff.,
eigene Beobachtungen seit 1990 (Nord- und Südalpen).
Literatur außerhalb Österreichs: BRAUN-BLANQUET 1926 (Graubünden), JENNY-LIPS 1930
(Glarner Alpen), OBERDORFER 1950, BESLER & BORNKAMM 1982 und HERTER 1990
(Allgäuer Alpen), ZÖTTL 1951 und SÖYRINKI 1954 (Wettersteingebirge), LIPPERT 1966
(Berchtesgardner Alpen), OBERHAMMER 1979 (Dolomiten), WRABER 1971 (Julische
Alpen), VALACHOVIC 1992 (Karpaten)
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Petasitetum paradoxi: weit verbreitet auf subalpinen Schutthalden und Lawinenkegeln sowi
an Wildbachgräben
Dryopteridetum villarii: zerstreut in Lawinenbahnen und Karrenfeldern der Nord- und
Südalpen (bekannt von: Karawanken, Rax, Gesäuse, Dachstein, Tennengebirge)
Athamanto-Trisetetum distichophylli: bekannt vor allem aus den östlichen Gebieten der
Nordalpen (Schneeberg, Rax, Hochschwab, Gesäuse, Karwendel) und Südalpen
(Karawanken, Karnische Alpen, Gailtaler Alpen -slt., Lienzer Dolomiten).
Festucetum laxae: endemisch in den Karawanken und Julischen Alpen
Moehringio-Gymnocarpietum robertianae: relativ häufige montane (subalpine) Gesellschaft
von Kalkblock- und -grobschutthalden, vielfach in N-Exposition oder in
Waldschattenlage; oft nur kleinflächig entwickelt (in den Nordalpen durchgehend
verbreitet vom Schneeberg, Hochschwab, Gesäuse, Dachstein, Tennengebirge, Leoganger
Steinberge bis Karwendel, Mieminger Kette und Lechtaler Alpen; in den Südalpen
zerstreut: Karawanken, Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten; aus den Zentralalpen kaum
bekannt: ? Stubaier Alpen, ? Rätikon).
Anthyllido-Leontodontetum hyoserioidis: Verbreitung ungenügend bekannt, einzelne Fundorte
im Molassegebiet Vorarlbergs, Kesselbachschlucht (Bregenz), Karwendel (Nordkette).
Petasitetum albi: seltene, hochstaudenreiche Schuttgesellschaft (wenn überhaupt eine solche).
Cystopteridetum montanae: zerstreut in Nord- und Südalpen, slt. in den Zentralalpen (Hohe
Tauern).
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Polystichetum lonchitis: zerstreut in den Nordalpen in Karrenfluren und KalkBlockschutthalden, ? Südalpen.
•
Montane Silikatschuttgesellschaften / Galeopsidion
Vorkommen: zerstreut in den zentralen Ketten der Ostalpen über silikatischem Untergrund in
(hoch)montan bis subalpiner Lage, v.a. an trocken-kontinentale Alpentäler gebunden,
genaue Lokaltäten weitgehend unbekannt
Standort: ruhende bis bewegte Silikat-Blockschutthalden
Höhenverbreitung: 1200-1700 m
Gefährdung: vermutlich durch Bergbau und (Forst-)Straßenbau stärker als andere
Gesellschaften gefährdet.
Literatur: GRABHERR unveröff, MUCINA unveröff, eigene Beobachtungen seit 1992
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Galeopsidio-Rumicetum scutati: slt. in Ötztaler Alpen und Silvretta, Rätikon.
Silikat-"Rumicetum scutati": Zillertaler Alpen, Stubaier Alpen
Submontan (montane) Gesellschaften:
•
(Sub)Montane Kalkschuttgesellschaften / Stipion calamagrostis
Vorkommen: verbreitet im Alpenraum, slt. in nördlichen und südöstlichen Alpenvorland, in
der submontanen (und montanen) Höhenstufe.
Standort: Pionier-(Dauer-)Gesellschaften wärmegetönter, ruhender bis (stark) beweglicher
Kalk- und Dolomitschutthalden, slt. auf Mergeln (dort meist Hochstaudenfluren).
Höhenverbreitung: 500-1200 m
Gefährdung: w.o., stärkere Gefährdung durch Bergbau, Straßenbau und Kraftwerksbauten
Literatur: NEVOLE 1908, FRIEDEL 1935, THIMM 1953, ZOLLITSCH 1968, MARTIN-BOSSE 1967,
SCHUSTER 1967, WEBER 1981, SMETTAN 1981, WEINMEISTER 1983, FRANZ 1985, STROBL
& WITTMANN 1985, GRABHERR & POLATSCHEK 1986, THIELE 1987, THURNER 1987,
REISINGER 1988, RUTTNER 1994, eigene Beobachtungen seit 1991.
Literatur außerhalb Österreichs: KAISER 1926, JENNY-LIPS 1930, FABER 1936, KUHN 1937,
BÜKER 1942, SCHWICKERATH 1944, LIPPERT 1966, RICHARD 1971, BÉGUIN 1972, HERTER
1990.
Anmerkung zu einzelnen Gesellschaften:
Stipetum calamagrostis: zerstreut in südöstlichen Kalkalpen (Karawanken, Dobratsch,
Karnische Alpen) und Nördlichen Kalkalpen (Rax, Hochschwab, Dachstein, AbtenauTennengebirge, Hochkönig, Kaisergebirge, Mieminger Berger, Lechtaler Alpen.
Rumicetum scutati: zerstreut in den nördlichen und südlichen Kalkalpen (Kaisergebirge,
Rofan, Höllengebirge, Ramsau-Dachstein, Ennstaler Alpen, Aussee-Totes Gebirge,
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Weichselboden-Hochschwab, Montafon) über kalkreichem Substrat auch in den
Zentralalpen (Stubaier Alpen, Ötztaler Alpen)
Vincetoxicetum hirundinariae: zerstreut bis selten in Nord- und Südalpen (SeemauerHochschwab, Ramsau-Dachstein, Höllengebirge, Inntal; Dobratsch, Karawanken,
Gailtaler Alpen).
Galeopsietum angustifoliae: slt. in zentralen und südlichen Alpenteilen (Alpenostrand,
Reichenau-NÖ, Mölltal E Winkllern, Drautal - ? Gerlitzen), im südöstlichen Alpenvorland
(?) und in Bergketten des Pannonikums (? Leiser Berge, Hainburger Berge, ?
Leithagebirge) auch auf anthropogene Standorte übertretend (Bahndämme, vgl. REISINGER
1988).
TH. ENGLISCH (1995): Übersicht der Schuttgesellschaften in Österreich
Seite 7
Literatur:
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