Heiße Luft - Jüdische Allgemeine

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ENERGIE
Heiße Luft
Wie das israelische Unternehmen Ormat aus Erdwärme Energie
gewinnt
27.11.2008 - von Ralf Balke
von Ralf Balke
„Wir haben uns schon mit sauberer Energie beschäftigt, bevor es den Begriff überhaupt gab“, sagt
Judith Bronicki nicht ohne Stolz. „Das war 1965. Und wir waren damals keine Hippies, sondern
ganz normale spießige Leute mit einer klaren Vision.“
Gemeinsam mit ihrem Mann Lucien gründete sie deshalb vor über 40 Jahren „c.“ Heute zählt
das Technologieunternehmen aus Yavne über 700 Mitarbeiter und gehört zu den Global Playern
in Sachen Energiegewinnung aus Erdwärme. Dabei wird die Hitze aus Gesteinsschichten tief
unter der Erdoberfläche oder heißes Wasser aus unterirdischen Thermalwasservorräten,
sogenannten Aquiferen, in Elektrizität umgewandelt. Diese auch Geothermie genannte
Erdwärme kann jeder am eigenen Leibe spüren, der einmal mit einem Grubenaufzug in die
Tiefen eines Bergwerks gefahren ist. Um rund drei Grad pro hundert Meter Tiefe steigt die
Temperatur dann an.
Außerdem hat sie den großen Vorteil, dass man im Unterschied zur Sonnen- oder Windenergie
nicht von großen Schwankungen abhängig ist, die Mutter Natur diktiert. Geothermie ermöglicht
eine kontinuierliche Energiegewinnung. Wird diese Wärme irgendwo auf dieser Welt angezapft,
dann steckt garantiert viel Technik von Ormat mit drin. Dabei war der Blick der Gründer von
Ormat anfangs eher in den Himmel gerichtet. „In den späten 70er- Jahren haben wir versucht,
Gelder von der Regierung zu bekommen, um ein Solarenergieprojekt mit eigens von uns
entwickelten Turbinen voranzubringen. Leider erfolglos“, berichtet Lucien Bronicki. Also schaute
man im wahrsten Sinne des Wortes nun nach unten und beschäftigte sich mit den
Möglichkeiten, die Geothermie zu nutzen.
Ormat erfand nicht nur Techniken, die Erdwärme anzuzapfen, sondern liefert auch ganze
Kraftwerke, die den so gewonnenen Strom ins Netz einspeisen können. Nun ist Israel nicht
gerade für seine Vulkane oder Geysire bekannt, aus deren Umfeld sich Erdwärme nutzen lässt.
Und genau deshalb wagte Ormat schon früh den Schritt ins Ausland. Heute besitzt und betreibt
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das Unternehmen elf geothermische Anlagen in den USA, Guatemala, Kenia und Nicaragua mit
einer Gesamtleistung von 410 Megawatt.
Ferner gibt es in den USA zwei sogenannte Recovered Energy-Generation (REG)-Kraftwerke, die
aus der Abwärme von Gasturbinen Strom gewinnen. Ormat hat aber mit dem Enhanced
Geothermal System (EGS) noch ein Technik-Ass im Ärmel: „Ein Schacht wird in die
Gesteinsschichten gebohrt, durch den von außerhalb Wasser zugeführt wird“, erklärt Yoram
Bronicky, seines Zeichens Geschäftsführer von Ormat das Prinzip. „Dort wird es dank der natürlichen Wärme erhitzt und fließt
anschließend durch verschiedene Risse oder Spalten in einen künstlich angelegten Brunnen, von
wo aus das nun sehr heiße Wasser abgepumpt und zur Stromgewinnung benutzt wird.“ Dadurch
wird ein geschlossener und sehr effizienter Kreislauf geschaffen.
Laut der Geothermischen Vereinigung – Bundesverband Geothermie (GTV-BV) –gibt es weltweit
zurzeit rund 250 Erdwärmekraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als neun Gigawatt.
Theoretisch könnte Geothermie das Vierfache des Strombedarfs und das Fünffache der in
Deutschland benötigten Wärme liefern, sagt das Institut für Geowissenschaftliche
Gemeinschaftsaufgaben in Hannover. Und seit November 2007 steht in Landau in der Pfalz
Deutschlands größtes Erdwärmekraftwerk, das seinen Strom dank des 160 Grad heißen Dampfs
gewinnt, der aus 3.300 Meter Tiefe an die Erdoberfläche kommt. Ein Teil davon wird in das
Fernwärmesystem eingespeichert, ein anderer versorgt 6.000 Haushalte in der Kleinstadt mit
Strom. Die Technik dazu stammt von Ormat.
In Reno im US-Bundesstaat Nevada gründeten die Bronickis einen Ableger ihres Unternehmens,
das seit Herbst 2004 auch an der New Yorker Börse gehandelt wird. Der rasant gestiegene Ölpreis
sowie das damit verbundene neue Interesse an alternativen Energiegewinnungstechniken sorgten
dafür, dass der Aktienkurs von 33 Dollar im Juni 2007 auf 57 Dollar zum Jahreswechsel
hochschoss. Zurzeit liegt er bei rund 51 Dollar und das Unternehmen hat damit einen Börsenwert
von satten 2,1 Milliarden Dollar. Knappe 3000 Millionen Dollar Umsatz machte man.
Kein Wunder, dass Lucien und Judith Bronicki im Januar 2008 von der Consulting-Firma Ernst
& Young zu Israels Unternehmern des Jahres 2007 gekürt wurden. „Globale Pioniere im
Umgang mit grüner Energie“, nannte sie Yoram Tietz, Chef von Ernst & Young in Israel.
Kein schlechtes Kompliment für Leute, die von sich behaupten, Spießer zu sein.
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