HEPATITIS C 50 Fragen und Antworten © 2016 by SEVHep; 3. Auflage SEVHep c/o PD Dr. med. Philip Bruggmann Arud, Konradstrasse 32 8005 Zürich [email protected] www.hepatitis-schweiz.ch Die aktuelle Version wurde überarbeitet von: Dr. med. Melanie Schranz und PD Dr. med. Philip Bruggmann Autoren der 1. Auflage 2013: Dr. med. Daniel Lavanchy, PD Dr. med. Andrea De Gottardi, Prof. Dr. med. Andreas Cerny An wen richtet sich diese Broschüre? Diese Broschüre ist für Menschen mit einer Hepatitis C Virusinfektion gedacht. Sie richtet sich aber auch an deren Angehörige, Partnerinnen und Partner und an eine interessierte Öffentlichkeit. Was möchte diese Broschüre erreichen? Viele Einzelheiten der Hepatitis C Virusinfektion und ihrer möglichen Folgekrankheiten sind heute bekannt. Viele Fragen sind aber noch offen und viele Lösungen bleiben Ermessenssache. Wer betroffen ist, muss mitentscheiden können. Voraussetzung hierfür ist eine umfassende Information. Diese Broschüre hat zum Ziel, den Betroffenen die Grundlagen für ihre Entscheidungen zu vermitteln. Die Broschüre will und kann aber das direkte Gespräch mit dem betreuenden Arzt und dem Leberspezialisten keinesfalls ersetzen. Wie soll man diese Broschüre lesen? Die Broschüre enthält 50 Fragen und beantwortet diese gemäss dem heutigen Wissensstand. Die Fragen sind nach Themen gegliedert und in Gruppen zusammengefasst. Ziel ist es, die Antworten in klarer und für den Laien verständlicher Form zu geben, ohne dadurch den Inhalt zu verfälschen. Bleiben dennoch Fragen oder Unklarheiten bestehen, so wird dem Leser/der Leserin empfohlen, das direkte Gespräch mit dem betreuenden Arzt oder einem Hepatitis C - Spezialisten zu suchen. Weiterführende Adressen finden sich am Schluss der Broschüre. Disclaimer Das Material, welches wir in dieser Broschüre und auf unserer Webseite präsentieren oder anderswo in irgendwelcher Form veröffentlichen, ist ausschliesslich für Pädagogik-, Ausbildungs- und Informationszwecke. Wir können für eine Vielzahl von medizinischen Fragen und Verfahren Informationen präsentieren oder veröffentlichen, aber es ist nicht beabsichtigt, medizinische Diagnosen oder Anweisungen für Behandlungen zu liefern. Der Inhalt von SEVHep darf nicht für die Erstellung eigenständiger Diagnosen oder für die Auswahl und Anwendung von Behandlungsmethoden verwendet werden. SEVHep praktiziert nicht direkt Medizin und gibt auch keine medizinischen Ratschläge. Alle Informationen stellen in keiner Weise Ersatz für professionelle Beratungen oder Behandlungen durch ausgebildete Ärzte dar. Sie sollten unter keinen Umständen auf Grund von Informationen, die Sie von uns erhalten, den Rat Ihres Arztes oder anderer qualifizierter medizinischer Berater missachten oder ignorieren. Konsultieren Sie immer Ihren eigenen Vertrauensarzt für jegliche Gesundheitsfragen. Verweisziele («Links») von unserer Webseite zu anderen Webseiten werden einzig und allein zu Ihrem Vorteil zur Verfügung gestellt und wir erklären ausdrücklich, keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der verlinkten Seiten zu haben. Wir distanzieren uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seiten auf unserer Webseite und machen uns ihrer Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle auf unserer Webseite angebrachten Links. Obwohl wir alle angemessenen Schritte unternehmen um zu versichern, dass all das Material, das durch uns veröffentlicht wird, korrekt ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, übernehmen wir keinerlei Gewähr für die Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen und übernehmen keinerlei Gewähr für irgendwelche Verzögerungen, die entstehen, um die Information auf den neuesten Stand zu bringen. Dieser «Disclaimer» definiert die Grundlage, auf welcher Basis wir Material auf unserer Webseite und anderswo veröffentlicht haben, und es muss klar verstanden werden, dass wir Haftung für den Verlust oder Schaden, resultierend durch den unrichtigen Gebrauch der Information, beinhaltet in dem von uns veröffentlichten Material, ausschliessen. Inhaltsverzeichnis Seite Fragen 4–5 6–12 1–3 4 –13 Grundsätzliches zur Leber und zur Hepatitis Grundsätzliches zur Hepatitis C 13 –14 14 –17 Übertragung des Hepatitis C Virus 15–18 19 –21 22–26 27 28 18 –26 27–36 37–47 48 –50 Diagnose und Verlaufsuntersuchung Was soll ich tun, wenn ich betroffen bin? Medikamentöse Behandlung Weitere wichtige Informationen Anhang Fragen 1 und 2 Grundsätzliches zur Leber und zur Hepatitis 1. Was ist die Aufgabe der Leber? Die Leber ist die «chemische Fabrik» unseres Körpers und zuständig für verschiedenste lebenswichtige Stoffwechselfunktionen. Sie ist ein Organ von bemerkenswerter Komplexität und an Hunderten von Stoffwechselschritten beteiligt. Sie entgiftet und reinigt den Körper von schädlichen Substanzen, indem sie diese abbaut und so über Urin oder Galle ausscheidungsfähig macht. Sie ist auch für den Abbau von verschiedenen Medikamenten verantwortlich. Sie baut Nahrungsbestandteile wie Fette, Eiweisse und Zucker in Körperbausteine um, speichert wichtige körpereigene Substanzen wie Zucker, Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe und stellt sie anderen Organen zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden. Sie bildet Galle, welche im Darm eine wichtige Rolle bei der Verdauung und der Aufnahme von Nahrungsbestandteilen (vorallem von Fetten) spielt. Zudem kann die gesunde Leber geschädigte und zerstörte Anteile, das heisst Leberzellen und Lebergewebe, rasch wieder erneuern (Regeneration). 2. Was ist eine Hepatitis? Hepatitis heisst «Entzündung der Leber». Eine Leberentzündung kann sich folgendermassen entwickeln: Ein äusserer Einfluss (Noxe), zum Beispiel Alkohol oder bestimmte Viren, führt zu einer Schädigung der Leber. Dies lockt Entzündungszellen (weisse Blutkörperchen) an, welche aus dem Blut an den Ort des Schadens wandern. Die Entzündungszellen haben zur Aufgabe, den Schadeinfluss und alle geschädigten Leberzellen zu beseitigen. Diese Abräumreaktion stellt die Entzündung dar. Gelingt sie vollständig, hört die Entzündung auf, die geschädigten und abgeräumten Leberzellen werden erneuert, die Leberentzündung ist ausgeheilt und der ursprüngliche Zustand, eine gesunde Leber, ist wieder hergestellt. Kann der Schadeinfluss jedoch nicht vollständig eliminiert werden und die Entzündung nicht ausheilen, kommt es zur chronischen Entzündung (chronische Hepatitis). Dauert eine solche chronische Leberentzündung lange genug, können geschädigte und untergegangene Leberzellen nicht mehr erneuert, sondern nur noch durch Narbengewebe ersetzt werden. Mit der Zeit zerstören Narbenstränge zunehmend den Aufbau der Leber, es entsteht eine Narbenleber, eine so genannte Leberzirrhose. Durch Abnahme des funktionstüchtigen Lebergewebes kann es dann dazu kommen, dass die Leber ihre Aufgaben nur noch ungenügend wahrnehmen kann (Leberinsuffizienz). Dies kann sich im fortgeschrittenen Stadium unter anderem in einem Rückstau von Gallenfarbstoff (Gelbsucht), einer verzögerten Blutstillung nach Verletzungen und durch Rückstau von Giftstoffen in einer Störung von Hirnfunktionen 4 Fragen 2 und 3 Grundsätzliches zur Leber und zur Hepatitis (Konzentrationsschwäche, Schläfrigkeit) äussern. Zudem behindert die Lebervernarbung den ungehinderten Blutfluss durch die Leber. Das vom Darm her kommende Blut staut sich vor der Leber an. Es kann zur Vergrösserung der Milz und später zum Abpressen von Flüssigkeit in die Bauchhöhle, zu so genanntem Bauchwasser (Aszites), kommen. Zudem sucht sich das Blut neue Wege, um die Leber zu umfliessen. Mit Vorliebe geschieht dies über die Venen der Speiseröhre, worin sich Krampfadern (Varizen) bilden können. Solche Krampfadern können platzen und dadurch zu lebensbedrohlichen Blutungen mit Bluterbrechen führen. Schliesslich kann auf dem Boden einer Narbenleber (Leberzirrhose) mit jahrelang bestehendem Untergang und Erneuerung von Leberzellen eine bösartige Entartung, das heisst ein Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom), entstehen. Je nach Art des Schadeinflusses (respektive einer Kombination verschiedener schädigender Einflüsse) spielen sich diese Vorgänge rascher (in Jahren) oder langsamer (in Jahrzehnten) ab, wobei die entscheidenden Faktoren beim Einzelnen oft unbekannt bleiben. 3. Was kann eine Hepatitis auslösen? Eine chronische Leberentzündung mit ihren möglichen Folgen kann ganz verschiedene Ursachen haben. Zu den bei uns häufigsten gehören die folgenden: Alkohol, bestimmte Viren, gewisse und zum Teil vererbte Stoffwechselstörungen und seltener bestimmte Medikamente. Bei den viralen Ursachen stehen die eigentlichen Hepatitis-Viren (A – E), insbesondere das Hepatitis B Virus (HBV) und das Hepatitis C Virus (HCV), im Vordergrund. Je nach schädigender Ursache spricht man zum Beispiel von einer Alkoholhepatitis, einer viralen Hepatitis C usw. 5 Frage 4 Grundsätzliches zur Hepatitis C 4. Was ist das Hepatitis C Virus? Das Hepatitis C Virus, der 1989 entdeckte Erreger der Hepatitis C, gehört zu einer übergeordneten Virus-Familie, den so genannten Hepaci-Viren welche wiederum zu den Flavi-Viren gehören. Das Virus besteht aus einer Hülle und einem inneren Gerüst, dem Kern. In diesem befindet sich die Erbsubstanz (oder das Genom) des Virus. Dieses besteht aus Tausenden von Bausteinen, den so genannten Ribonukleinsäuren, abgekürzt RNS. Dieses virale Genom respektive die HCV-RNS ist eine Art Bauplan und enthält das Herstellungsprogramm, mit Hilfe dessen das Virus seine Erbsubstanz vermehren und mit einem Gerüst und einer Hülle umgeben kann. Aus einem werden so zwei Viren, aus zwei vier usw. Täglich vermehrt sich so das Hepatitis C Virus im Körper eines Infizierten viele Millionen Mal. Beim Hepatitis C Virus gibt es sieben verschiedene Varianten oder Untergruppen, das heisst Viren mit leicht verschiedenen Bauplänen, die man HCV-Genotypen nennt. Sie sind international definiert und von 1 bis 7 nummeriert (Genotyp 1 bis 7). Bei einigen dieser Untergruppen unterscheidet man noch weitere Untervarianten, welche mit kleinen Buchstaben bezeichnet werden, zum Beispiel Genotyp 1a oder 1b. All diese verschiedenen Untergruppen sind Hepatitis C Viren, sie unterscheiden sich aber geringfügig in ihrem Aufbau, zum Beispiel in ihrer Hülle. Der Nachweis von Abwehrstoffen im Blut, so genannten Antikörpern, gegen bestimmte Viruskomponenten ist die Grundlage der Diagnosestellung einer Hepatitis C Virusinfektion. Das Vorhandensein von Abwehrstoffen sagt aber nur aus, dass der Körper Kontakt mit dem Virus hatte, lässt aber noch keine Aussage zu, ob die Infektion aktuell noch vorhanden oder bereits überwunden ist. Erst der Nachweis von Bestandteilen des Erbgutes des Hepatitis C Virus, das heisst der erwähnten Ribonukleinsäure (HCVRNS), im Blut belegt, dass die Hepatitis C Virusinfektion noch aktiv ist, also sich das Hepatitis C Virus noch im Körper befindet und vermehrt. Zusätzlich kann die Menge des im Blut zirkulierenden Hepatitis C Virus gemessen werden, man spricht von der Viruskonzentration, von der «Viruslast» oder dem «viral load». Die Feinanalyse der Virusgene erlaubt darüber hinaus festzustellen, um welche Untergruppe respektive welchen Genotyp des Hepatitis C Virus es sich handelt. Genotyp und «viral load» sind für die Diagnose einer Hepatitis C Virusinfektion weniger wichtig, beeinflussen aber wesentlich den Erfolg einer Behandlung und spielen eine wichtige Rolle bei der Wahl des Behandlungsschemas und bei der Verlaufskontrolle. 6 Fragen 5 und 6 Grundsätzliches zur Hepatitis C 5. Was ist die Hepatitis C? Die Hepatitis C ist eine Infektionskrankheit, die in erster Linie zu einer Leberentzündung führt. Daneben können auch Folgen an andern Organen auftreten, zum Beispiel eine Körperabwehr vermittelte Entzündung kleiner Gefässe (Kryoglobulinämie-Vaskulitis) oder eine Entzündung der Niere (Glomerulonephritis). Der Begriff Hepatitis C ist ein weiter Begriff, der ganz unterschiedlich verwendet wird. Dies führt oft zu Missverständnissen. Es ist deshalb wichtig, d ­ ie wesentlichen Vorgänge der Hepatitis C Virusinfektion und ihrer möglichen Folgeerkrankungen zu verstehen und auseinander zu halten. Nach rein zeitlichen Kriterien wird eine akute Phase zu Beginn der Infektion von einer chronischen Phase im Verlauf unterschieden. 6. Was geschieht nach der Infektion (akute Phase)? Die akute Phase umfasst die ersten sechs Monate nach erfolgter Hepatitis C Virusinfektion und kann sich wie folgt auswirken: Asymptomatische akute Hepatitis C: Die Infektion verläuft stumm, der Infizierte bemerkt nichts (70 bis 80 Prozent, also der weitaus grösste Teil der Infizierten). Die Infektion kann nach einigen Wochen anhand von Bluttesten (HCV-RNS-PCR, Anti- HCV-Antikörper, siehe Frage 19), eine Leberentzündung kann anhand erhöhter Leberwerte im Blut (Transaminasen, siehe Frage 23) festgestellt werden. Eine Lebergewebeprobe wird in der akuten Phase kaum je entnommen, würde aber unter dem Mikroskop das Bild einer akuten Leberentzündung zeigen. Symptomatische akute Hepatitis C: Seltener (20 bis 30 Prozent der Infizierten) können Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden und auch Fieber auftreten. Bei 10 bis 15 Prozent der Infizierten tritt zusätzlich eine Gelbsucht (Ikterus) auf. Hierbei verfärben sich zuerst das Augenweiss und dann oft auch die ganze Haut gelb (ikterische akute Hepatitis C). Diese Beschwerden und Krankheitszeichen (Symptome) können einige Wochen andauern und verschwinden dann wieder. Nur bei einem kleinen Teil der Infizierten (höchstens bei 20 bis 30 Prozent) verschwindet aber das Hepatitis C Virus innerhalb von sechs Monaten vollständig aus dem Körper. Die akute Hepatitis C Virusinfektion heilt also nur bei einer Minderheit spontan aus. 7 Frage 7 Grundsätzliches zur Hepatitis C 7. Was geschieht, wenn die Infektion chronisch wird? Die Hepatitis C Virusinfektion dauert beim grössten Teil (über 70 bis 80 Prozent) der Infizierten länger als sechs Monate und verläuft somit chronisch. Die chronische Hepatitis C Virusinfektion kann wie folgt verlaufen: Chronische, asymptomatische Hepatitis C: Nicht nur die Hepatitis C Virusinfektion bleibt länger als sechs Monate bestehen, auch die Leberentzündung nimmt einen chronischen Verlauf. Die überwiegende Mehrzahl dieser Patienten spürt jahre- bis jahrzehntelang nichts von ihrer chronischen Hepatitis C Virusinfektion respektive ihrer chronischen Leberentzündung. Zwei Verlaufsformen können unterschieden werden: Chronische Hepatitis C mit dauernd normalen Transaminasen: Bei 30 bis 40 Prozent der chronisch mit Hepatitis C Virus Infizierten sind die Leberwerte im Blut (Transaminasen) dauernd normal. Eine Gewebeprobe aus der Leber (Leberbiopsie) zeigt dabei meist eine nur wenig ausgeprägte chronische Entzündung mit fehlender oder nur ganz geringer Vernarbungstendenz (Fibrose). Diese Form der chronischen Hepatitis C Virusinfektion verläuft in aller Regel eher milder kann aber nach Jahrzehnten zur Leberverhärtung (Fibrose) und zur Leberzirrhose führen. Chronische Hepatitis C mit erhöhten Transaminasen: Bei der Mehrzahl der chronisch mit Hepatitis C Virus Infizierten (60 bis 70 Prozent) sind die Leberwerte im Blut (Transaminasen) aber leicht gradig und im Verlauf oft stark, zum Teil über den Normbereich hinaus, schwankend erhöht. Eine Gewebeprobe aus der Leber (Leberbiopsie) zeigt eine chronische Entzündung unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlicher Vernarbungstendenz. Das Ausmass der Erhöhung der Leberwerte im Blut (Transaminasen) stimmt dabei nur schlecht mit dem Ausmass der Entzündung respektive der Vernarbungstendenz im Lebergewebe überein. Die chronische Hepatitis C kann bei einem Teil der Patienten innert Jahren bis Jahrzehnten zur Narbenleber (Leberzirrhose) führen: Innert 20 Jahren entwickeln zirka 20 Prozent eine Leberzirrhose (bei älteren Patienten signifikant mehr als bei Patienten unter 40 Jahren). Auch die Leberzirrhose verursacht anfänglich oft noch keine Beschwerden. Erst im fortgeschritteneren Stadium kann die Leberzirrhose zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen: Es können Bauchwasser (Aszites), Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre, Hirnleistungsschwäche und Leberversagen auftreten. Solche Komplikationen treten innert fünf Jahren bei zirka 20 Prozent der Patienten mit Hepatitis C bedingter Leberzirrhose auf. Schliesslich kann bei einem kleinen Teil der Patienten (zirka 1 bis 2 Prozent pro Jahr) mit Hepatitis C Virus beding- 8 Frage 7 Grundsätzliches zur Hepatitis C ter Leberzirrhose ein Leberzellkrebs entstehen. Auch nach Jahrzehnten muss also nicht jede chronische Hepatitis C Virusinfektion zu einer für den Infizierten bemerkbaren Krankheit führen. Eine Leberzirrhose kann sich entwickeln, ohne dass der Betroffene etwas spürt. Beide Tatsachen sind wichtig, wenn es um Entscheidungen über weitere Abklärungen oder Untersuchungen und eine mögliche medikamentöse Behandlung geht. Chronische, symptomatische Hepatitis C: Die chronische Infektion kann gelegentlich zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität (vor allem durch Müdigkeit, Leistungsschwäche und Depression) führen, seltener auch zu anderen Beschwerden, wie sie auch im Rahmen einer akuten Hepatitis C auftreten können. Solche Beschwerden können in Wochen bis Monate dauernden Schüben auftreten oder mehr oder weniger dauernd vorhanden sein. Der Schweregrad solcher Symptome lässt keine Rückschlüsse auf den Krankheitsverlauf zu. 9 Fragen 8 und 9 Grundsätzliches zur Hepatitis C 8. Welche Vorgänge führen von einer Infektion zur Krankheit? Das Hepatitis C Virus infiziert fast ausschliesslich Leberzellen, so genannte Hepatozyten. Es nistet sich in diesen Zellen ein, aber ohne direkt einen wesentlichen Schaden anzurichten. Um den Eindringling zu bekämpfen und zu eliminieren, muss die infizierte Leberzelle zerstört und abgeräumt werden. Dafür sind die bereits erwähnten körpereigenen Entzündungszellen zuständig und unter diesen vor allem spezialisierte Immunabwehrzellen, die so genannten T-Lymphozyten. Ob es diesen gelingt, alle infizierten Leberzellen ein für allemal abzuräumen und damit die Infektion auszuheilen, hängt unter anderem wahrscheinlich davon ab, wie stark die Abräumreaktion ist. Welche Faktoren die Stärke dieser Abräumreaktion bestimmen, ist noch nicht ausreichend bekannt. Es dürfte sich aber teilweise um vererbte Eigenschaften des körpereigenen Abwehrsystems handeln. Ist die Entzündungsreaktion wenig ausgeprägt, so werden pro Zeiteinheit nur relativ wenige Leberzellen abgeräumt, ist sie hingegen stark ausgeprägt, werden entsprechend mehr Leberzellen zerstört. Auch kann eine Gelbverfärbung des Augenweisses und der Haut, eine so genannte Gelbsucht, hinzukommen. Diese kommt dadurch zustande, dass der gelbe Gallenfarbstoff von den Leberzellen nicht mehr normal in die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden kann, sondern sich im Blut zurückstaut. Wie bereits erwähnt, kann das Hepatitis C Virus (beziehungsweise die infizierten Leberzellen) in den meisten Fällen durch die Entzündungsreaktion nicht vollständig abgeräumt werden und die Entzündung verläuft chronisch. Im Rahmen der chronischen Leberentzündung kann es dann zur Narbenbildung (Fibrose) und innert Jahrzehnten zur Ausbildung einer Narbenleber, einer so genannten Leberzirrhose, mit allen möglichen Folgen kommen. 9. Gibt es Immunität gegen das Hepatitis C Virus? Bei den meisten Virusinfektionen und auch bei vielen Infektionen mit anderen Krankheitserregern entsteht nach Ausheilen der Infektion eine Immunität, das heisst der Patient ist (meist lebenslang) gegen weitere Infektionen mit demselben Virus respektive Erreger geschützt. Im Verlaufe einer Hepatitis C Virusinfektion entwickelt sich eine solche Immunität in aller Regel nicht. Dies bedeutet, dass man sich nach Ausheilung einer Hepatitis C Virusinfektion erneut mit dem Hepatitis C Virus anstecken kann. 10 Fragen 10 und 11 Grundsätzliches zur Hepatitis C 10. Warum gibt es grosse Unterschiede im Verlauf der chronischen Hepatitis C? Warum die chronische Hepatitis C beim einen Patienten nur langsam, beim anderen rascher voranschreitet, ist nach wie vor nur teilweise bekannt. Zu den Faktoren, die den Verlauf beeinflussen, gehört Alkoholkonsum. Auch das in unserer Gesellschaft akzeptierte Ausmass (zum Beispiel ein bis zwei Stangen Bier oder zwei bis drei Deziliter Wein täglich) beschleunigt die Vernarbungstendenz in der Leber und damit die Entwicklung einer Zirrhose. Die Hepatitis C schreitet auch umso rascher voran, je älter der Patient zum Zeitpunkt der Infektion ist, wenn gleichzeitig eine Hepatitis B Virus- oder eine HIV-Infektion vorliegt sowie beim männlichen Geschlecht. Neben den erwähnten Faktoren muss es wichtige weitere Einflüsse auf den Krankheitsverlauf geben, die man bis heute aber noch nicht kennt. Auch das Übergewicht, welches zu einer Fettleber führen kann, und regelmässiger Cannabis Konsum können die Lebervernarbung durch die HCV-Infektion beschleunigen. 11. Wie verbreitet ist die Hepatitis C Virusinfektion weltweit? Schätzungsweise sind weltweit rund zwei bis drei Prozent der Menschheit mit dem Hepatitis C Virus infiziert, also zirka 130 bis 170 Millionen Menschen. Es gibt grosse regionale Unterschiede in der Verbreitung der Hepatitis C Virusinfektion. In Teilen Westeuropas wird sie bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung gefunden, wohingegen sie beispielsweise in Ägypten, Libyen, Mongolei, Pakistan und in einigen afrikanischen Ländern bei mehr als fünf Prozent der Bevölkerung vorkommt. 11 Fragen 12 und 13 Grundsätzliches zur Hepatitis C 12. Wie häufig kommt die Hepatitis C Virusinfektion in der Schweiz vor? Für die Schweiz wird angenommen, dass 0.8–1.8% der Gesamtbevölkerung mit dem Hepatitis C Virus in Kontakt gekommen ist, was zirka 64’000–144’000 Personen entspricht. Lediglich bei zirka 40’000 Personen ist eine Infektion festgestellt worden, also wissen die Allermeisten nicht, dass sie infiziert sind. Diese Zahlen sagen wenig darüber aus, in wie vielen Fällen die Infektion ausheilt, chronisch verläuft respektive Folgekrankheiten wie eine Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzinom verursacht. 13. Was sind die Unterschiede zwischen der Hepatitis C- und der Hepatitis B- oder A-Virusinfektion? Bis heute wurden fünf verschiedene Hepatitisviren entdeckt. In der Schweiz sind vor allem die Hepatitisviren A, B und C von Bedeutung. Die Hepatitis A Virusinfektion verursacht eine akute Hepatitis, die meist mild und unbemerkt, selten aber auch als schwere Leberentzündung verlaufen kann; sie wird aber nie chronisch und führt immer zu lebenslanger Immunität. Auch die Hepatitis B Virusinfektion verursacht eine akute Hepatitis, welche oft mild und unbemerkt verläuft, sich in zirka zehn Prozent als akute Krankheit, selten als Leberversagen, manifestieren kann. Bei Infektion im Jugendlichen- und Erwachsenenalter, wie dies bei uns meist vorkommt, entsteht bei über 90 Prozent Immunität. In zirka zehn Prozent kann das Abwehrsystem die Hepatitis B Viren nicht aus dem Körper vertreiben, die Hepatitis B geht in einen chronischen Verlauf über mit ähnlichen Krankheitsfolgen wie die chronische Hepatitis C. Zum Vergleich: Die Hepatitis C Virusinfektion verläuft in über 70 Prozent chronisch und es ist nicht sicher, ob je Immunität entsteht. 12 Frage 14 Übertragung des Hepatitis C Virus 14. Wie kann das Hepatitis C Virus übertragen werden? Das Hepatitis C Virus wird durch das Blut infizierter Menschen übertragen: Hepatitis C Virus enthaltendes Blut eines infizierten Menschen muss in die Blutbahn eines anderen Menschen gelangen. Früher, vor der Entdeckung des Hepatitis C Virus, konnte dies auch mit Bluttransfusionen oder durch Verabreichung von Blutprodukten (Gerinnungsfaktoren, Eiweisskonzentrate, antikörperhaltige Medikamente) geschehen. Seit 1990 wird alles gespendete Blut auf eine Infektion mit dem Hepatitis C Virus getestet, eine Übertragung auf diesem Weg ist seither praktisch ausgeschlossen. In den vergangenen zehn Jahren stand die Übertragung durch infizierte Nadeln und Spritzen sowie andere Stich- und Schnittutensilien ganz im Vordergrund. Dies betraf und betrifft auch heute noch vor allem Benützer von intravenösen Drogen, die gegenseitig Spritzen und Nadeln austauschen oder gemeinsam andere Spritzutensilien (Löffel, Filter) benützen. Selten können auch intranasal verabreichte Drogen, unsachgemässe Tätowierungen, Piercings oder Akupunktur mit unsterilen Instrumenten zur Infektion führen. Auch Ansteckungen durch gemeinsam benützte Rasierklingen sind beschrieben. Eine Virusübertragung bei der gemeinsamen Benutzung von Zahnbürsten ist theoretisch möglich, beschrieben wurde dies aber bis heute noch nicht. Die Übertragung einer Hepatitis C Virusinfektion beim ungeschützten Geschlechtsverkehr kommt zwar vor, ist aber selten (ausgenommen bei HIV positiven Männern, die Sex mit Männern haben, wo die sexuelle Übertagung von Hepatitis C gehäuft beobachtet wurde). Das Risiko der sexuellen Ansteckung liegt zwischen generell 0,5 und 5 Prozent, wobei eher 0,5 Prozent wahrscheinlich ist. Damit ist die sexuelle Übertragung des Hepatitis C Virus viel seltener als diejenige des Hepatitis B Virus oder des HIV. Die Übertragung der Infektion während der Schwangerschaft, das heisst von der Mutter auf das Kind, liegt bei 5-10%. (bei gleichzeitig vorliegender HIV Infektion der Mutter höher). Beim Stillen besteht keine Ansteckungsgefahr für das Kind. Die meisten Experten empfehlen deshalb bei stabiler Partnerschaft den geschützten Geschlechtsverkehr wegen einer Hepatitis C Virusinfektion nicht. Frauen mit chronischer Hepatitis C Virusinfektion können ohne spezielle Massnahmen gebären und stillen. 13 Fragen 15, 16 und 17 Übertragung des Hepatitis C Virus 15. Wie kann ich mich schützen? Das Vermeiden der Risikosituationen ist der beste Selbstschutz vor einer Ansteckung mit dem Hepatitis C Virus: Also kein intravenöser Drogengebrauch und – falls nicht vermeidbar – nur sterile Einwegnadeln und -spritzen verwenden, kein Spritzentausch, kein Teilen von Löffeln und Filtern; Piercings, Tätowierungen und Akupunktur nur von Fachleuten und mit sterilen Instrumenten durchführen lassen; Zahnbürsten und Rasierklingen nie tauschen oder gemeinsam verwenden; ausserhalb einer stabilen Partnerschaft immer Kondome benützen. 16. Habe ich mich angesteckt? Möglicherweise mit dem Hepatitis C Virus angesteckt haben sich insbesondere Personen, die vor 1991 eine Bluttransfusion oder Blutprodukte erhalten haben, und Personen, die Drogen mittels Spritzen konsumieren oder konsumiert haben (eine einzige «unsaubere» Injektion genügt). Ebenso weisen Personen, die nicht sachgemäss durchgeführte Tätowierungen oder Piercings erhalten oder sich paramedizinischen Spritzenkuren unterzogen haben, ein Risiko auf, sich mit dem Hepatitis C Virus angesteckt zu haben. Es wird empfohlen, dass sich solche Personen auf das Hepatitis C Virus testen lassen, auch wenn sie sich gesund fühlen und bei sich selbst keine Hinweise auf eine Lebererkrankung festgestellt haben. Menschen, die sich gesund fühlen und nie einem der beschriebenen Risiken ausgesetzt waren, müssen sich nicht testen lassen. 17. Wie habe ich mich angesteckt? Oft wird eine Hepatitis C Virusinfektion erst nach Jahren bis Jahrzehnten entdeckt. Es ist dann schwierig, nach so langer Zeit noch Zeitpunkt und Übertragungsweg herauszufinden. Man kann die Liste der Ansteckungsmöglichkeiten und Risikosituationen im Geiste durchgehen, wie sie in Frage 14 aufgeführt sind. Das Resultat ist bestenfalls ein Verdacht, aber kaum je Gewissheit. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Übertragungsweg auch bei sorgfältigen Abklärungen in zehn bis 20 Prozent der Fälle ungeklärt bleibt. 14 Fragen 18 und 19 Diagnose und Verlaufsuntersuchung 18. Was lässt an eine Hepatitis C Infektion denken? Nur ein kleiner Teil der Hepatitis C Virusinfektionen wird aufgrund von Beschwerden respektive Hinweisen auf eine Lebererkrankung entdeckt. Ursache hierfür ist, dass – wie schon mehrfach erwähnt – die Infektion sehr oft über Jahre bis Jahrzehnte keine Beschwerden verursacht. Die Entdeckung einer Hepatitis C Virusinfektion erfolgt deshalb oft zufällig bei sich völlig gesund fühlenden Personen im Rahmen von Check-ups, Vorsorgeuntersuchungen oder beim Blutspenden. 19. Wie wird eine Hepatitis C Infektion festgestellt? Eine Infektion mit dem Hepatitis C Virus wird mittels spezifischer Laboruntersuchungen festgestellt (diagnostiziert). Basisuntersuchung ist der so genannte Anti-HCV-Suchtest. Dabei wird untersucht, ob im Blut Antikörper/Abwehrstoffe gegen das Hepatitis C Virus vorhanden sind. Ein positiver Anti-HCV-Test lässt lediglich die Aussage zu, dass irgendwann eine Hepatitis C Virusinfektion stattgefunden hat, nicht aber, ob eine solche ausgeheilt oder noch im Gange ist. Aus diesem Grunde werden heute im Blut oft Bestandteile des viralen Genoms, das heisst die HCV-RNS, gemessen, wie bereits in Frage 4 besprochen. Nur mittels Nachweis der Hepatitis C Virus-RNS im Blut kann gesichert werden, dass aktuell noch eine Hepatitis C Virusinfektion vorliegt. Ein negativer Test schliesst aber eine HCV-Infektion nicht ganz aus da die Virusmenge im Blut, fluktuieren kann. Deshalb sollten bei Verdacht auf Hepatitis C und negativer HCV-RNS Nachbestimmungen durchgeführt werden. Der Nachweis und die Menge der Hepatitis C Virus-RNS im Blut ist entscheidend für die Indikation und später für die Beurteilung des Therapieerfolges. Im Rahmen einer allfälligen medikamentösen Therapie muss man auch den Hepatitis C Virus-Genotyp kennen. 15 Fragen 20, 21 und 22 Diagnose und Verlaufsuntersuchung 20. Wie werden die durch Hepatitis C Virus bedingten Erkrankungen festgestellt und beurteilt? Ist eine Hepatitis C Virusinfektion festgestellt, heisst dies noch nicht, dass in jedem Fall auch eine Leberentzündung (Hepatitis) oder andere Folgekrankheiten vorliegen oder sich entwickeln werden. Um beurteilen zu können, ob eine Leberentzündung oder Folgekrankheiten vorliegen, muss der Arzt die Vorgeschichte und die Beschwerden kennen sowie eine sorgfältige klinische Untersuchung und Laboruntersuchungen (inklusive Leberwerte) durchführen. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, sind meist auch eine Ultraschalluntersuchung des Bauches und auch die Beurteilung des Lebergewebes mittels Elastographie (Fibroscan) oder Leberbiopsie wichtig (s. auch Frage 25). Dabei gilt es getrennt zu beurteilen, ob eine Hepatitis C Virusinfektion vorliegt, wie ausgeprägt eine allfällig vorhandene Entzündung in der Leber ist und welches Stadium eine eventuell vorliegende Vernarbung (Fibrose) in der Leber erreicht hat. 21. Was ergeben die Vorgeschichte und die klinische Untersuchung? Der Arzt kann durch das genaue Erfragen der Vorgeschichte Hinweise auf den Infektionsweg, den Zeitpunkt der Infektion und den bisherigen Infektionsverlauf erhalten. Es gilt, allfällige frühere Laborresultate zu sichten und zu beurteilen. Hinweise können auch diskrete medizinische Zeichen der Haut und die Beurteilung der Leber- und Milzgrösse und der Leberhärte ergeben. Auch eine Ultraschalluntersuchung ist oft hilfreich. Der Arzt wird dann zusätzlich Laboruntersuchungen (unter anderem Leberwerte) durchführen lassen und dann den Betroffenen weiter beraten. 22. Was bedeuten die Virusmenge und der Virus-Genotyp? Wie erwähnt, können im Blut direkt Bestandteile des Erbguts des Hepatitis C Virus, die HCV-RNS, bestimmt werden. Der Nachweis von HCV-RNS im Blut sichert nicht nur das Vorliegen einer aktuellen Hepatitis C Virusinfektion, die Messung der Menge dieser HCV-RNS ergibt auch einen Hinweis auf das Ausmass der Virusvermehrung. Die bereits erwähnten Hepatitis C Virus- Untergruppen (Genotypen) führen nach heutiger Erkenntnis wahrscheinlich nicht zu wesentlich unterschiedlichen Krankheitsverläufen. Sicher ist aber, dass der HCV Genotyp die Ansprechrate der heutigen medikamentösen Therapien entscheidend beeinflusst. Die Zusammensetzung und Dauer der medikamentösen Behandlung wird denn auch wesentlich vom Genotyp bestimmt. 16 Fragen 23 und 24 Diagnose und Verlaufsuntersuchung 23. Was sind Leberwerte? Unter Leberwerten versteht man Enzyme (Eiweisse, die Stoffwechselschritte vermitteln, insbesondere die Transaminasen), die im Rahmen von Stoffwechselvorgängen in der Leber Eiweisse (Proteine) umbauen. Werden im Verlaufe einer Leberentzündung Leberzellen zerstört und abgeräumt, treten die Transaminasen vermehrt ins Blut über und lassen sich dort als «erhöhte Leberwerte» nachweisen. Diese geben somit einen Hinweis auf das Vorliegen einer Leberzellschädigung. Das Ausmass der Transaminasenerhöhung spiegelt aber gerade bei der chronischen Hepatitis C nur schlecht das Ausmass der Entzündung und Vernarbung in der Leber wider. Über diese kann letztlich nur eine Leberbiopsie zuverlässig Auskunft geben. Im weiteren Sinne gehören auch andere Enzyme (z. B. alkalische Phosphatase) zu den Leberwerten. Andere Laborwerte (z. B. die Konzentration des Gallenfarbstoffes, des so genannten Bilirubins, oder gewisser Eiweisse wie Albumin und Gerinnungsfaktoren im Blut) erlauben grob die Funktion und die Funktionsreserve der Leber abzuschätzen. 24. Was bedeutet eine Leberhistologie und welche Informationen gibt sie? Die zuverlässigste und umfassendste Auskunft über das Ausmass der Entzündung und das Stadium der Vernarbung in der Leber ergibt sich bei einer Hepatitis C Virusinfektion aus der mikroskopischen Untersuchung von Lebergewebe. Um dieses zu gewinnen, ist eine Leberbiopsie oder Leberpunktion nötig. Eine Leberbiopsie ist ein kleiner Eingriff, der in den meisten Fällen ambulant erfolgen kann. Nach einer lokalen Betäubung (wie beim Zahnarzt) entnimmt dabei der Arzt mit einer Nadel ein kleines Stückchen Lebergewebe, das dann unter dem Mikroskop beurteilt werden kann. Der Eingriff dauert inklusiv Vorbereitung zirka zehn bis 20 Minuten und wird gefolgt von einer zirka sechsstündigen Überwachungsphase. Das Risiko ist gering, sollte aber ebenso wie das genaue Vorgehen vorgängig mit dem Arzt besprochen werden. 17 Fragen 25 und 26 Diagnose und Verlaufsuntersuchung 25. Gibt es andere Untersuchungen, die zur Beurteilung einer Hepatitis C hilfreich sind? Als Alternative zur Leberbiopsie zur Bestimmung des Vernarbungs-Ausmasses (Fibrosegrad) setzt sich immer mehr die Ultraschall-basierte sogenannte Elastographie (Fibroscan) durch (s. auch Frage 42). Die Fibroscan Untersuchung erfolgt rein äusserlich und weist daher keine Risiken für den Patienten auf, ist aber nicht so genau in der Unterscheidung der verschiedenen Stadien der Vernarbung wie die Leberbiopsie. Es gibt viele andere Untersuchungen, die bei der Beurteilung einer Hepatitis C im Einzelfall hilfreich sein können, sei es auch «nur» zum Ausschluss anderer Ursachen für die Lebererkrankung. Andere Untersuchungen zielen darauf ab, das Ausmass der Entzündung und der Vernarbung in der Leber ohne Leberbiopsie zu bestimmen. Es sind dies einerseits Blutuntersuchungen (Hyaluronat-Bestimmmung, HepaScore, Fibrosure, APRI-Score u.a.m.) oder apparative Untersuchungen (ähnlich dem Fibroscan) wie die Ultraschalluntersuchung mit ARFI. 26. Wie weit sollen die Leberuntersuchungen bei einer chronischen Hepatitis C Virusinfektion gehen? Die Beantwortung der Fragen 19 bis 25 zeigt, wie komplex eine Leber­­ab­­­­­klärung sein kann. Viele Untersuchungen, ein grosser Aufwand bei der Be­urteilung der Resultate und nicht zuletzt auch die Kosten spielen eine ­Rolle. ­Deshalb muss sorgfältig abgewogen werden, welche Untersuchungen ­durchgeführt werden sollen und wie oft. Wichtig ist die Fragestellung: Will ich nur wissen, ob ich in­ fiziert bin, oder geht es um die Beurteilung des Vorliegens und des Schweregrades einer Leberschädigung oder um die Therapie? Der Betroffene muss mitentscheiden, die Beratung durch einen erfahrenen Leberspezialisten (Hepatologen, Infektiologen oder entsprechend ausgebildeten Internisten) ist angesichts der Komplexität jedoch unerlässlich. 18 Fragen 27, 28 und 29 Was soll ich tun, wenn ich betroffen bin? 27. Was bedeutet eine chronische Hepatitis C Virusinfektion für mich? Eine Hepatitis C Virusinfektion ist keinesfalls ein Todesurteil. Man kann mit dem Virus über Jahre bis Jahrzehnte leben, oft ohne starke Beschwerden oder Einschränkungen. Es können aber auch – glücklicherweise nur bei einem Teil der Infizierten – Symptome auftreten, zum Beispiel Müdigkeit, Leistungsschwäche, Konzentrationsschwierigkeiten, Oberbauchbeschwerden usw. Dies ist nicht lebensbedrohlich, kann aber die Lebensqualität deutlich einschränken. Bei einer fortgeschrittenen Leberfibrose können Komplikationen auftreten wie vermehrtes Bauchwasser (Aszites), Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre, Hirnleistungsschwäche und Leberversagen (siehe hierzu Frage 7). Eine Hepatitis C Infektion geht gehäuft mit der Entwicklung eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Gefässverkalkungen, Depression, chronischen Hautkrankheiten und andern, selteneren Krankheiten einher, und kann somit einen Einfluss auf die Gesundheit des ganzen Körper, nicht nur der Leber, haben. Hepatitis C kann somit langfristig die Lebenserwartung beeinträchtigen. Mit der heutigen medikamentösen Behandlung kann bei den meisten Betroffenen die Infektion gestoppt und die Krankheit geheilt werden. Liegt bereits eine fortgeschrittene Leberzirrhose vor, sind die Erfolgschancen der heutigen medikamentösen Behandlung etwas eingeschränkt. Zudem sind die Folgen einer Lebererkrankung bei fortgeschrittener Leberzirrhose trotz erfolgreicher Hepatitis C Therapie nicht immer rückläufig. Ein Grund mehr die Hepatitis C frühzeitig zu behandeln. 28. Was muss ich unbedingt vermeiden? Auf Alkoholkonsum, auch in geringen Mengen, soll nach Möglichkeit ganz verzichtet werden, da er das Voranschreiten der Vernarbung in der Leber beschleunigt. Regelmässiger Cannabiskonsum fördert das Fortschreiten der Hepatitis C ebenfalls. Auch zusätzliche Infektionen mit anderen Hepatitisviren und insbesondere mit dem Hepatitis B Virus sowie mit dem HIV müssen verhindert werden. Sie belasten die Leber zusätzlich. Das heisst, dass man alle Übertragungsrisiken für diese Infektionen vermeiden soll und eine Hepatitis A und B Impfung durchführen sollte, ausser es existiert schon ein Schutz dagegen. 29. Welche Ernährung wird empfohlen? Es sind keine wesentlichen Einschränkungen nötig. Die Ernährung soll abwechslungsreich und ausgewogen sein. In diesem Sinne darf man auch mit einer chronischen Hepatitis C alles essen, auch alle eiweisshaltigen Lebensmittel (Fisch, Fleisch, Milch, Eier), Getreideprodukte (wie Brot, Teigwaren und 19 Fragen 29, 30, 31 und 32 Was soll ich tun, wenn ich betroffen bin? Reis), alle Milchprodukte (Joghurt, Vollmilch, Käse) und auch alle Früchte und Gemüse. Es gibt auch keinerlei Hinweise, dass eine Hepatitis C Virusinfektion durch gemeinsame Mahlzeiten oder durch Teilen des Besteckes im gleichen Haushalt übertragen werden kann. Es sind somit auch diesbezüglich keinerlei spezielle Massnahmen erforderlich. 30. Ist körperliche Aktivität erlaubt? Es besteht keinerlei Grund, auf körperliche Aktivitäten und Sport zu verzichten. Körperliche Aktivität verschlimmert eine chronische Hepatitis C nicht. Umgekehrt hat aber nach heutigem Wissen speziell hohe körperliche Aktivität auch keinen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. 31. Ergeben sich berufliche Einschränkungen durch eine Hepatitis C Virusinfektion? Für einen mit Hepatitis C Virus Infizierten ergeben sich beruflich keine generellen Einschränkungen, insbesondere ist eine mit Hepatitis C Virus infizierte Person im Alltag nicht ansteckend. Ein mit Hepatitis C Virus Infizierter darf jede Tätigkeit ausführen. Vorsicht ist nur geboten bei blutenden Verletzungen. 32. Darf ich küssen und Sex haben? Eine mit Hepatitis C Virus infizierte Person darf uneingeschränkt küssen und schmusen. Nur bei aktiv blutenden Verletzungen ist eine gewisse Vorsicht angebracht. Auch dann ist eine Übertragung nur möglich, wenn Hepatitis C Virus enthaltendes Blut eines infizierten Menschen in genügender Menge in die Blutbahn eines anderen Menschen gelangt. Beim Küssen und Schmusen besteht deshalb kein Risiko. Anders ist es beim Sex: Eine Übertragung des Hepatitis C Virus ist, wie erwähnt, möglich, aber sehr selten. Deshalb verlangt Sex ausserhalb einer stabilen Partnerschaft respektive mit jedem neuen Partner Safer Sex, also Schutz durch Kondome – weniger wegen des Risikos der Übertragung des Hepatitis C Virus als vielmehr wegen desjenigen einer Ansteckung mit dem Hepatitis B Virus und HIV. Bei langjähriger sexueller Beziehung zwischen einer infizierten und einer nichtinfizierten Person liegt die Übertragungshäufigkeit bei 0,5 Prozent bis maximal 5 Prozent, wobei eher 0,5 Prozent anzunehmen sind. In einer stabilen Partnerschaft gibt es dementsprechend keine anerkannten Empfehlungen für geschützten Geschlechtsverkehr, deshalb gilt es zusammen mit seinem Partner zu entscheiden, ob man sich zur Vermeidung des an sich geringen Risikos schützen will oder nicht. 20 Fragen 33, 34, 35 und 36 Was soll ich tun, wenn ich betroffen bin? 33. Was muss ich auf Reisen beachten? Reisen sind für eine mit Hepatitis C Virus infizierte Person jederzeit möglich. Es gibt keine spezielle Einschränkung, solange die Strapazen erträglich sind. Während einer medikamentösen Behandlung ist darauf zu achten, dass trotz der Reise die regelmässige Einnahme der Medikamente nicht unterbrochen wird. Zudem dürfen die Medikamente nicht über lange Zeit der Hitze ausgesetzt werden. Während einer Behandlung ist es ratsam, wenn am Zielort ein Arzt verfügbar ist. Ebenso wird empfohlen ein ärztliches Zeugnis mitzuführen, um bei einem Grenzübertritt nicht Schwierigkeiten wegen der mitgeführten Medikamente zu riskieren. Die Hepatitis A und B Impfung wird, wie erwähnt sehr empfohlen. 34. Darf ich, soll ich mich trotz meiner Hepatitis C Virusinfektion impfen lassen? Für Impfungen gibt es für eine mit Hepatitis C Virus infizierte Person keinerlei Einschränkungen, das heisst man darf und soll die üblichen Impfungen durchführen lassen. Hinzu kommt aber, dass es dringend empfohlen ist, sich gegen Hepatitis A und Hepatitis B impfen zu lassen. Diese Infektionen müssen vermieden werden, sie belasten die Leber zusätzlich. Gegen die Hepatitis C selbst gibt es leider noch keine Impfung. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass eine solche in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wird. 35. Wie steht es mit der Schwangerschaft bei einer Hepatitis C Virusinfektion? Eine Übertragung des Hepatitis C Virus von der infizierten Mutter auf das Kind im Mutterleib kommt bei zirka sechs von hundert Fällen vor und ist somit eher selten. Eine Hepatitis C ist deshalb kein Grund, einer Frau von einer Schwangerschaft abzuraten oder spezielle Massnahmen während Schwangerschaft und Geburt zu ergreifen. Eine mit Hepatitis C Virus infizierte Mutter darf ihr Kind stillen. 36. Wie kann ich andere schützen? Siehe hierzu die Antworten zu Frage 31 und 32. Hier eine Zusammenfassung: Als Hepatitis C Virus-Träger schütze ich andere, indem ich kein Blut oder Blutprodukte spende und generell den direkten Kontakt mit meinem frischen Blut verhindere. Das eigene, Hepatitis C Virus enthaltende Blut soll nicht in die Blutbahn, das heisst auch nicht auf eine offene, blutende Wunde eines anderen Menschen, gelangen. Jede Person darf aber ohne weiteres einen Verband oder ein Pflaster anlegen etc.; dabei besteht keinerlei Gefahr. Betreffend Sex siehe Frage 32. 21 Fragen 37, 38 und 39 Medikamentöse Behandlung 37. Wie wird eine Hepatitis C Virus Infektion therapiert? Im August 2014 hat eine revolutionäre Entwicklung in der Therapie der H ­ epatitis C begonnen. Neue Medikamente haben den Markt erobert, welche das Hepatitis C Virus direkt bekämpfen und die laut Studienergebnissen Erfolgsraten bis zu 100% zeigen. Diese Medikamente sind nur mit geringen Nebenwirkungen behaftet. Zudem konnte die Therapiedauer deutlich verkürzt werden und beträgt je nach Genotyp und Stadium der Lebererkrankung zwischen 8 und 24 Wochen. Im Vergleich dazu musste eine auf Interferon und Ribavirin basierte Therapie bis zu 48 Wochen angewendet werden und war von teils schweren Nebenwirkungen begleitet. Dieses Therapieschema sollte daher heutzutage nicht mehr eingesetzt werden. 38. Wie heissen diese neuen Medikamente? Diese Substanzen werden als DAAs (direct acting agents, direkt wirkende Substanzen) bezeichnet. Es handelt sich hierbei um sogenannte Polymerase-, Protease- und NS5A-Hemmer. Sie werden in Kombination und/oder durch Zugabe von Ribavirin eingesetzt. Ribavirin wurde bereits seit vielen Jahren gemeinsam mit Interferon angewendet. Ein weiterer Fortschritt dieser Therapie ist die Einnahme in Tablettenform und nicht wie bisher bei Interferon als Spritze unter die Haut. Je nach Hersteller ist zum Teil nur eine einzige Tablette pro Tag notwendig. Aufgrund der raschen Entwicklung und der zunehmenden Anzahl dieser Medikamente auf dem Markt wird hier auf eine namentliche Aufzählung der derzeit bereits in der Schweiz zugelassenen Substanzen verzichtet. 39. Wie wirken diese Substanzen? Polymerase (NS5B), Protease (NS3-4A) und NS5A sind verschiedene Bestandteile des Hepatitis C Virus selbst, die für die Vermehrung und Funktion des Virus verantwortlich sind. Wenn nun diese Stoffe medikamentös (DAAs) gehemmt werden, ist es naheliegend, dass das Virus in seinem Wachstum und seiner Ausbreitung gestört ist und zugrunde geht. Da das Virus aber über gewisse Verteidigungsmechanismen verfügt, ist es notwendig von zwei Seiten anzugreifen um zu vermeiden dass es zu einer sogenannten Resistenzbildung des Virus kommt, die schlussendlich zur Unwirksamkeit der Medikamente führen kann. Dieses Problem wird dadurch gelöst, indem Substanzkombinationen eingesetzt werden, die verschiedene Angriffspunkte haben. 22 Frage 40 Medikamentöse Behandlung 40. Was entscheidet über den Therapiebeginn? Derzeit entscheidet noch das Stadium der Lebererkrankung über den Beginn der Therapie. Wie bereits in den vorangegangenen Abschnitten erläutert heisst Virusinfektion nicht gleich Hepatitis C. Als Hepatitis C wird erst die Folgeerkrankung der Infektion mit dem Virus bezeichnet, das heisst wenn es durch die Ansteckung zu einer Lebererkrankung kommt, entweder akut mit ausgeprägten Symptomen wie Fieber, Gelbsucht und Juckreiz, was sehr selten der Fall ist, oder wie in den allermeisten Fällen chronisch, wobei hier keine Beschwerden auftreten, es allerdings schleichend zu einer zunehmenden Schädigung der Leber kommt mit der Gefahr der Entwicklung einer Leberzirrhose in bis zu 30% der Fälle. Bei einer chronischen Infektion kommt es erst sehr spät zum Auftreten von spezifischen Symptomen meist erst dann wenn bereits eine ausgeprägte Zirrhose besteht und über 70% der gesamten Leber zerstört sind. Dieser Prozess kann allerdings viele Jahre oder gar Jahrzehnte dauern. Dabei kommt es zur zunehmenden Narbenbildung der Leber, in der Fachsprache Fibrose genannt, die aufgrund des Entzündungsprozesses entsteht, der durch das Hepatitis C Virus ausgelöst wird. Dieser Prozess kann die Entstehung eines Lebertumors (Hepatozellulären Karzinoms, HCC) begünstigen. Es ist daher wichtig den Fortschritt des Erkrankungsstadiums zu erkennen und rechtzeitig eine Therapie zu beginnen. Eine Fibrose wird in 4 Schweregrade unterteilt (F1-F4), wobei das Stadium F4 auch als Zirrhose bezeichnet wird. Eine Therapie ist derzeit ab Fibrosestadium F2 möglich. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Komplikationsrate der Erkrankung, vor allem das Risiko der Entstehung eines Leberkrebs zu. Generell wird die Indikation zu einer antiviralen Therapie durch den spezialisierten Facharzt gestellt. 23 Fragen 41, 42 und 43 Medikamentöse Behandlung 41. Gibt es andere Faktoren die den Beginn einer Therapie bestimmen können? Da eine Hepatitis C Virus Infektion eine Systemerkrankung darstellt und nicht die Leber alleine betrifft, kann es zu sogenannten extrahepatischen Manifestationen kommen. Diese können in bis zu 40% der HCV infizierten Patienten auftreten und umfassen vor allem Erkrankungen des Blutes, des Nervensystems, der Schilddrüse, der Nieren, der Haut und der Gelenke. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei verschiedene Mechanismen wie es zum Auftreten von Symptomen kommen kann: Einerseits durch die direkte Wirkung des Virus selbst, andererseits kann das Immunsystem durch den Einfluss des Virus Abwehrstoffe bilden, die fälschlicherweise bestimmte körpereigene Zellen schädigen. Diese extrahepatischen (nicht die Leber betreffenden) Manifestationen können schon lange vor der eigentlichen Lebererkrankung auftreten und schwere Symptome auslösen, sodass unabhängig von dem Stadium der Lebererkrankung eine antivirale Therapie erfolgen sollte. 42. Wie kann das Fibrosestadium bestimmt werden? Früher war das Mittel der Wahl zur Bestimmung des Fibrosestadiums die Entnahme einer Gewebsprobe aus der Leber (Leberbiopsie). Dabei wird von aussen durch die Haut mit einer feinen Nadel ein Stück Leber ausgestanzt. Dieses Verfahren birgt aber ein gewisses Risiko einer Blutung. Heutzutage kommt daher zunehmend eine Ultraschall-basierte Methode zur Anwendung die sogenannte Elastographie (Fibroscan), die seit ca. 10 Jahren existiert und mittlerweile vor allem bei Hepatitis C sehr gut etabliert ist. Dabei wird das Ausmass der Vernarbung der Leber (Fibrosestadium) bestimmt, indem die Ausbreitung von Ultraschallwellen im Gewebe gemessen wird, je steifer bzw. vernarbter die Leber ist, desto schneller breiten sich die Wellen aus und desto höher ist der gemessene Wert. Eine Leberbiopsie ist daher nur mehr bestimmten Fragestellungen vorbehalten, wie beispielsweise dem Vorliegen zusätzlicher unklarer Ursachen der Lebererkrankung. 43. Wie ist der Therapieerfolg ersichtlich? Der Therapieerfolg wird in den regelmässigen Kontrollen, die die Therapie begleiten bestimmt. Diese finden in der Regel je nach Stadium der Lebererkrankung und Therapieschema einmal pro Monat bis zu 3-monatlich statt. Dabei wird die Viruslast, das heisst die Menge an Hepatitis C Virus im Blut, gemessen. Mit den neuen Medikamenten ist häufig bereits nach 2 Wochen Therapie kein Virus mehr nachweisbar. Von einer Heilung kann ausgegangen werden, wenn 12 Wochen nach Therapieende keine Viren im Blut mehr nachweisbar sind. 24 Fragen 44 und 45 Medikamentöse Behandlung 44. Welche Nebenwirkungen können auftreten? Wie bereits erwähnt ist die Therapie mit DAAs mit nur sehr leichten Nebenwirkungen assoziiert. Diese umfassen vor allem milde Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Magen-Darmbeschwerden. Bei Kombination mit Ribavirin muss eine regelmässige Kontrolle des Blutbildes erfolgen, da es zu einer Blutarmut kommen kann. Diese ist aber meist nur leicht ausgeprägt und verursacht in der Regel keine Beschwerden. Es ist aber notwendig eine solche zu identifizieren, da dann eventuell eine Dosisreduktion von Ribavirin erfolgen muss. Ausserdem ist Ribavirin häufig mit Hauttrockenheit assoziiert, die aber mit fetthaltigen Cremen gut kontrolliert werden kann. Schwere Nebenwirkungen von DAAs wie eine akute Verschlechterung der Leberfunktion sind bisher nur bei bestimmten Medikamenten-Kombinationen aufgetreten bei dem gleichzeitigen Vorliegen einer bereits sehr fortgeschrittenen Lebererkrankung und ihren assoziierten Komplikationen. In Studien wird die Möglichkeit der Anwendung verschiedener DAAs auch in diesen schweren Erkrankungsstadien getestet mit zum Teil sehr gutem Erfolg. Die Datenlage ist aber noch zu dünn um eine Anwendung dieser Medikamente bei sehr fortgeschrittener, komplizierter Leberzirrhose generell empfehlen zu können. Eine weitere Einschränkung stellt das gleichzeitige Vorliegen einer schweren Niereninsuffizienz dar. Hier gibt es bisher nur wenige Studienergebnisse und eine Anwendung in diesem Fall ist nur unter strenger Überwachung spezialisierten Zentren vorbehalten. 45. Können andere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden? Hierbei ist es von grosser Bedeutung mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auszuschliessen bevor die antivirale Therapie begonnen wird. Es gibt ein paar wenige wichtige Interaktionen, die zum Teil auch die Wahl des Therapieschemas beeinflussen können wenn ein Absetzen oder eine Reduktion der bereits laufenden Therapie nicht möglich ist. Es ist daher essentiell vor Therapiebeginn alle Medikamente die regelmässig eingenommen werden auf mögliche Wechselwirkungen mit den DAAs zu überprüfen und sollte die Einnahme neuer Medikamente unter der antiviralen Therapie notwendig sein sollte mit dem zuständigen Facharzt, durch den die Hepatitis C Therapie begonnen wurde, Kontakt aufgenommen werden. 25 Fragen 46 und 47 Medikamentöse Behandlung 46. Kann eine Therapie auch eine Leberzirrhose heilen? Bis vor kurzem glaubte man eine Leberzirrhose sei ein irreversibles, also nicht wieder umkehrbares Stadium. Heute gibt es zunehmende Hinweise, dass sich eine Leber im Zirrhosestadium nach erfolgreicher Hepatitis C Behandlung sich– zumindest teilweise – wieder erholen kann. Inwieweit diese Möglichkeit besteht und wie gut sich die Leber erholen kann muss noch durch grössere Studien belegt werden. Es gibt aber bereits gute Daten, dass das Risiko der Entstehung eines Leberkrebs nach Elimination des Hepatitis C Virus deutlich sinkt und auch die mit einer Leberzirrhose einhergehenden Komplikationen signifikant abnehmen. Was auch immer die Ursache für die Entstehung der Leberzirrhose darstellt, sei es eine Virusinfektion, Alkohol, Übergewicht, etc., ein Beheben derselben führt zur Besserung der Prognose. 47. Hat eine Therapie Einfluss auf die Folgekrankheiten ausserhalb der Leber? Durch eine erfolgreiche Hepatitis C Therapie wird die Lebenserwartung, auch unabhängig vom Leberzustand, verbessert. Viele der allfälligen Symptome als auch der Systemerkrankungen verbessern sich oder verschwinden. Die Lebensqualität nach erfolgreicher Therapie mit den neuen Hepatitis C Medikamenten verbessert sich bei vielen Betroffenen. 26 Fragen 48, 49 und 50 Weitere wichtige Informationen 48. Welche Rolle spielt mein Hausarzt? Gerade bei der Hepatitis C ist es wichtig, dass ein Vertrauensverhältnis zum betreuenden Arzt besteht. Er muss nicht unbedingt Leberspezialist sein. Wichtig ist, dass er gut mit einem Leberzentrum zusammenarbeitet. Im Anhang sind die Adressen einiger grösserer Zentren aufgeführt. 49. Was ist die SEVHep? Die SEVHep ist eine Vereinigung von unabhängigen Ärzten, Leberspezialisten, Virologen, Immunologen und Experten im Gesundheitswesen. Sie verfolgen laufend die neuen Entwicklungen auf dem Gebiet der Hepatitis C Virusinfektion und bemühen sich, die Ärzte, aber auch die Betroffenen sowie die Öffentlichkeit zu informieren. Sie haben auch diese Broschüre verfasst. SEVHep hat im Jahr 2014 die aktuell laufende, breit abgestützte Schweizerische Hepatitis Strategie ins Leben gerufen. Informationen über Virushepatitis, SEVHep und die Schweizerische Hepatitis Strategie sind auch auf www.hepatitis-schweiz.ch zu finden. 50. Gibt es Selbsthilfegruppen und andere Organisationen? Über die Gruppe «Stop Hepatitis C in der Schweiz» (http://stophepatitisc.blogspot.ch) oder über Ihre behandelnden Ärzte können Sie am besten Kontakte zu andern Betroffenen in Ihrer Region knüpfen, Erfahrungen mit anderen betroffenen Personen austauschen und vom Wissen der anderen lernen. Der Positivrat Schweiz setzt sich für die Anliegen von ­Hepatitis und HIV Betroffenen ein (www.positivrat.ch). Zum Thema Drogen und Hepatitis finden Sie bei www.hepch.ch weitere Informationen. Zum Thema Lebertransplantation können wir auf www.trans-hepar.ch verweisen. 27 Anhang SEVHep-Adresse SEVHep c/o PD Dr. med. Philip Bruggmann Arud, Konradstrasse 32 8005 Zürich [email protected] www.hepatitis-schweiz.ch Spezialärzte in Ihrer Nähe http://www.hepatitis-schweiz.ch/de/spezialaertze-in-ihrer-naehe Links für Patientenanliegen Positivrat Schweiz: www.positivrat.ch Betroffene Hepatitis C: stophepatitisc.blogspot.ch Schweizerische Hepatitis Strategie Eine Gruppe von über 80 Experten und Persönlichkeiten hat die Initiative ergriffen, um mit koordinierten Massnahmen die Folgen der Hepatitis Epidemie wirkungsvoll zu bekämpfen. Seit 2014 arbeitet das Netzwerk Schweizerische Hepatitis Strategie an der Entwicklung und Umsetzung dieser Strategie. Die Vision der Strategie ist die Eliminierung von viraler Hepatitis bis 2030. Mehr dazu: www.hepatitis-schweiz.ch/de/warum-eine-hepatitis-strategie Andere interessante Internet Adressen https://sasl.unibas.ch/6SASLguidelines.php http://www.sevacciner.ch http://www.sichimpfen.ch http://www.vaccinarsi.ch Bestelladresse für weitere Exemplar dieser Broschüre: www.hepatitis-schweiz.ch Die Herstellung dieser Broschüre wurde finanziell unterstützt durch die unten aufgeführten Firmen. Diese Sponsoren hatten keinerlei Einfluss auf den Inhalt der Broschüre. ®