& aufbrechen Gottesdienst zur Einführung der neu gewählten Presbyterinnen und Presbyter Erlöserkirche 6. März 2016 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. (2. Kor 1,3) „Der Friede Jesu Christi sei mit uns allen!“ „Steh auf, wenn du am Boden bist! Steh auf, auch wenn du unten liegst! Steh auf, es wird schon irgendwie weitergehn!“ Singen die ‚Toten Hosen‘ aus Düsseldorf – über ihren Leadsänger Campino nicht von ungefähr und durchaus positiv verbunden mit der Lebensund Liebesbotschaft jenes Jesus von Nazareth, den wir den Christus nennen dürfen. Fast klingt dieser mitreißende Hard(t)-Rock wie eine moderne Übertragung jenes paulinischen Lei(d)ttextes, mit dem der Völkerapostel so gegensätzliche Lebenserfahrungen wie Trübsal und Trost zu verbinden sucht. Und dabei spricht er durchaus nicht nur im übertragenen Sinn, sondern ganz konkret aus eigener Erfahrung. In Korinth haben sie ihn während und nach seinem ersten Arbeitsbesuch dort in Sachen Erweckung, Mission und Gemeindeaufbau eindeutig nicht nur durch den Kakao (also nicht ernst genommen), sondern richtig auch durch den Dreck gezogen: Was gilt schon der Prophet im eigenen Land Mk 6,4 (Wir kennen das … ?!) Das ist ihm gehörig an die Nieren gegangen – zumal er ja auch selber nicht immer die Fähigkeit besaß, diplomatisch zu agieren und zielorientiert bei der Sache zu bleiben. Wer sich deutlich profiliert, erfährt sich selber sehr leicht mitten im Sturm der Entrüstung und muss aufpassen, nicht über die Stolpersteine zu fallen. Und – ‚klein beizugeben‘ das war seine Sache ganz und gar nicht. (Auch das kennen wir). Dazu war ihm, dem Paulus die ‚Sache Jesu‘ viel zu kostbar. Also „Steh auf, wenn Du am Boden liegst …!“ oder paulinisch ausgedrückt: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal!“ Vertröstung oder ‚echter Trost‘. Aber – was heißt hier schon ‚echt‘? Vertröstung können wir nicht brauchen, wenn es darum geht, echtes Leid zu mildern. Vertröstung gilt nicht, weil sie billig ist. Wohlfeile Worte – sie kennen wir genug aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Oft sind wir gerade darin wahre Meister. Vertröstung nützt nicht, wenn Tausende von Flüchtlingen an den Nordgrenzen Griechenlands nicht weiter kommen – genauso wenig, wenn dem (aus meiner Sicht und meinem Glauben nach wie vor überzeugenden Satz Angela Merkels) „Wir schaffen das!“ keine Taten folgen und die Unsicherheit und Angst unserer Mitmenschen von Tag zu Tag größer wird. Vertröstung schafft die Probleme nicht vom Hals. Sie macht diese nur umso stärker. Vertröstung macht unglaubwürdig, angreifbar und … letztendlich schuldig. Die Sache mit den Flüchtlingen (sie ist offensichtlich und in aller Mund und Herzen) ist hier nur ein Beispiel unter vielen. Genauso könnten wir es an Hand vertröstender Worthülsen durchexerzieren, wenn es darum geht einem Mitmenschen in lebensbedrohender Krankheit falsche Hoffnungen zu machen – oder – (wie in unserer gegenwärtigen Gemeindesituation) den Menschen, die unsicher und z.T. erzürnt unsere Entscheidungswege mitgehen müssen, sauren Wein einzuschenken und ihnen weiß zu machen, es sei aber ein Süßer. Wie schafft es Paulus, nicht am Boden liegen zu bleiben – oder sich beleidigt zurückzuziehen – sondern sich aufzurichten und so seinen ‚Gott des Trostes‘ nicht aus den Augen zu verlieren. Paulus weiß, dass dieser Gott kein ‚Gott der Stärke‘ ist. Durchhalteparolen sind seine Sache nicht. Und er verschenkt auch keine himmlische Kraft, um besonders schreckliche Zeiten zu überstehen. Genau das wäre ein Wunder-Gott, ein Aber-Gott … ein Götze. Und der (so haben wir es doch alle erfahren) hält selbst einem ‚Sturm im Wasserglas‘ nicht stand. Der GOTT des Trostes ist ein anderer, nämlich der ‚Vater Jesu Christi‘. Dieser – unser (lieber) GOTT – kennt alles Leid und teilt es von innen und (vor allen Dingen) von unten. Dieser GOTT sagt nicht: „Kopf hoch – es wird schon werden!“. Dieser GOTT sagt vielmehr: „Ich bin mit Dir in Deinem Leid. Du bist nicht allein. Ich will – mit Dir solidarisch – untergehen, um wieder aufzustehen!“ Das – genau das – ist die Christuserfahrung des Paulus, die er uns immer wieder nahe bringt. Es ist unsere Aufgabe – als ChristInnen, als Gemeinde, auch als Gemeindeleitung, diese Christuserfahrung in unseren Alltag zu übersetzen (im Zusammenleben mit den Flüchtlingen, den Kranken, den Zornigen in unserer Mitte … und vielen anderen mehr. „ … damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. „Wir schaffen das!“ Angela Merkels Satz hat ein christlich-ethisches Fundament (im guten Sinn). Die Kraft und Lebensenergie, die wir selber erfahren (im Glauben, in unserer eigenen Lebensgeschichte und Biographie, im Miteinander in der Gemeinde) – nur d i e s e Kraft, können (und sollen) wir weitergeben, wenn es darum geht ‚echten Trost‘ zu spenden. Denn dann ist Trost nichts weiter als solidarisches Handeln, das aber auf dem Boden der Tatsachen bleibt. Dann hebt Trost nicht ab – und startet auch nicht durch. Dann übt sich Trost in Demut und einer Zurückhaltung, die sich den Aufgaben, die uns das Leben stellt aktiv und mit einer kraftspendenden Hoffnung stellt. Wie sagten es doch die ‚Toten Hosen‘ – und mit ihnen Paulus und Angela Merkel: „Steh auf, wenn Du am Boden liegst, damit Du auch trösten kannst, denn Du bist selber getröstet worden. Du schaffst das. Gelobt sei Gott!“ Amen Gebetsmeditation Ich hab‘ meinen Engel wohl verloren Er führte mich auf rechten Wegen und im Namen seines Gottes (Ps 23) … und wusste wohl, wann es an der Zeit war, zu kommen und zu gehen Nun ist er fort Ich weiß nicht einmal, wann er ging Nur - dass die Seite, mit der ich an ihn rührte auf einmal nun so kalt so unsagbar verloren fühlt. Ich kann mich nicht mehr an ihn lehnen und mich in seinem Kleide bergen. … Ich muss nun wohl alleine geh’n und „meine Füße richten auf den Weg des Friedens“ (Luk 1,79) und der Eintracht Das Gehen fällt nicht schwer, doch wohl die Eintracht (Wohin aber führt der Weg?) Wäre da nicht jene kalte Seite, an der er mich doch einst anrührte und die nun jetzt so offen bleibt Erinnern will ich mich an jenen Engel, der einst zur Seite mir doch stand und mir – im Namen seines Gottes den Weg wohl wies Erinnernd will ich meinen Weg nun selber suchen, finden … geh’n auf dem die Eintracht ein Gefährte mir wohl werden soll - ich wünscht‘ es mir Und dieser Weg er soll mich führen ein in jenen Frieden von dem mein Engel einst erzählen konnte auch wenn er steinig ist der Weg … und voller Enge. Vielleicht - Ich wünscht‘ es mir wird dort die eine leere Seite, die doch so kalt und ‘letztlich schien und die mir schmerzlich blieb auf diesem langen Weg erneut berührt. Vielleicht - Ich wünscht‘ es mir wird jener Gott, von dem der Engel wusste dann seine Hand erneut mir reichen und mir sagen können „Nun bist Du zu Hause!“ (Andreas Pasquay)