26 REGION Man bezahlt ja schliesslich dafür E s ist ein altes Lied: Kaum stellt sich etwas Eis ein und fällt etwas Schnee, gibt es stets Leute, die über die Werkhofmitarbeiter ausrufen, wenn die Strassen und die Plätze nicht subito wieder aper sind. Und wenn die Züge ausnahmsweise einmal Verspätung haben, sind es erneut die genau gleichen Mitbürgerinnen und Mitbürger, welche die Mitarbeitenden des Schienenverkehrs der völligen Unfähigkeit bezichtigen. Vor der eigenen Haustüre zu wischen ist halt unbequem. Dabei sind Tag für Tag x-tausend Leute rund um die Uhr auf den Beinen, um dafür zu sorgen, Winter und Sommer, dass auf der Strasse und auf der Schiene von Kurt Blum alles rund läuft, soweit höhere Mächte nicht eine andere Sprache sprechen. Gestern verbreiteten die SBB eine zum Nachdenken anregende Information: 87,7 Prozent aller SBB-Reisenden erreichten im vergangenen Jahr pünktlich ihr Ziel. Das sind 0,2 Prozent mehr als 2013 (87,5 Prozent). Unter anderem trotz intensiven Bauarbeiten bleiben die SBB damit die pünktlichste Bahn Europas. Darauf dürfen vorab alle Bähnler kräftig miteinander anstossen. Die Aussage der SBB ist nicht etwa schöngefärbt: Im Vergleich zum Ausland wenden die SBB die strengsten Messkriterien an – gemessen wird nicht etwa die Pünktlichkeit der Züge, sondern diejenige der Reisenden. Im Jahr 2014 erreichten 87,7 Prozent aller Reisenden ihr Ziel pünktlich. Ihren Anschlusszug erreichten sogar 97,1 Prozent der umsteigenden SBB-Kunden. Die Kundenpünktlichkeit beinhaltet einerseits die Ankunftspünktlichkeit, anderseits auch die Anschlusspünktlichkeit. Ein Reisender gilt in der Statistik der SBB als pünktlich, wenn er am Zielbahnhof mit weniger als drei Minuten Verspätung ankommt und alle Anschlüsse gewährt werden können. Für das Eis- und Schneeräumen zahlt man schliesslich Steuern, für die Pünktlichkeit der SBB löst man Billette. Das stimmt – aber greift dies nicht zu kurz? Ein wertschätzendes Dankeschön wäre/ist gratis. Doch ist es leider für viele ein Fremdwort geworden. Warum? @ [email protected] INSERAT Wasserschlangen an der Wigger? Ringelnatter Pro Natura hat das bedrohte Reptil zum Tier des Jahres erkoren VON BEAT KIRCHHOFER Wasserschlangen? Hier bei uns? «Ja. Die Ringelnatter ist eine von drei Schlangenarten in der Schweiz, die sehr gut an das Leben am und im Wasser angepasst ist», führt Roland Schuler von Pro Natura aus. Die ungiftige Ringelnatter (Natrix natrix) lebt an Tümpeln, Teichen und Weihern, wo sie am liebsten Fröschen oder Kröten auflauert. Mit ihrer Leibspeise teilt sie ein gemeinsames Schicksal: Ihre Lebensräume werden immer weniger. Pro Natura plant und baut deshalb 2015 über 100 der dringend benötigten Tümpel und ruft Gemeinden dazu auf, ebenfalls neue Wasserlöcher zu schaffen. Oft «Schlangenfunde» Wie steht es um die Ringelnatter in der Region Zofingen? Hans Althaus ist Vizepräsident des Naturschutzvereins Zofingen: «Die Verbreitung der Ringelnatter in der Region Zofingen ist nicht ganz klar.» Als Reptilien-Spezialist er- «Sicher kommt die Ringelnatter in einem Gebiet in Oftringen und bei St. Urban vor.» Hans Althaus Vizepräsident des Naturschutzvereins Zofingen hält er zwar immer wieder Telefonanrufe wegen Schlangenfunden. Die Tiere entpuppten sich aber meist als Blindschleichen. Ein zoologischer Einschub: Die Bildschleiche ist keine Schlange, sondern eine «Schleiche», ein beinloses Reptil. «Sicher kommt die Ringelnatter in einem Gebiet in Oftringen vor», sagt Althaus. «Dort habe ich sie schon gesehen und fotografiert.» Auch in Murgenthal sei sie im Dorfteil Glashütten vor wenigen Jahren in einem Komposthaufen gesehen worden. Dieser Fund ist für Althaus jedoch mit einem Fragezeichen zu versehen. «Bestimmt aber kommt sie im grenznahen Kanton Luzern zwischen Altbüron und St. Urban vor, ebenso bei den Mumentaler Weihern nördlich Langenthal.» Entlang der Aare müsste sie in Murgenthal, Rothrist wie auch in Aarburg anzutreffen sein, vermutet Althaus. Diesen Verdacht kann der Rothrister Ornithologe Beat Rüegger bestätigen. «Ja, die Ringelnatter kommt in Rothrist vor.» Hans Althaus beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Biografie und dem Wirken des Zofinger Naturforschers Hermann Fischer-Sigwart. Zu dessen Zeit und damit vor 100 Jahren war die Ringelnatter in der Region überall verbreitet, insbesondere in den Wässer- Die Ringelnatter ist scheu und flüchtet bei Gefahr wenn immer möglich ins Wasser. PRO NATURA ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● BLUM AM DIENSTAG ZOFINGER TAGBLATT DIENSTAG, 13. JANUAR 2015 SCHWEIZER SCHLANGEN Giftig oder nicht? A cht Schlangenarten sind in der Schweiz heimisch. Sechs davon sind ungiftig, unter ihnen die Ringelnatter. Die giftigen Ausnahmen bilden die Aspisviper und die Kreuzotter. Die beiden Giftschlangen kommen vor allem im Jura, in den Alpen und in der Südschweiz vor. Bei den einheimischen Arten lassen sich die giftigen von den harmlosen Schlangen anhand der Pupillen unterscheiden: Bei den zwei Giftschlangen sind diese senkrecht geschlitzt, bei den ungiftigen Vertreterinnen hingegen rund. matten und in grösseren Weihern. «Durch die Meliorationen, Entwässerungen, Bachkorrektionen und die intensive Landwirtschaft mit Pestizidund Düngereinsatz und immer grossflächigeren Parzellen sind die Lebensräume der Ringelnattern (und vielen andern Tieren) immer weniger geworden», bedauert Althaus. Für ihn ist die Wahl der Ringelnatter zum Tier des Jahres «Anlass, ihre Verbreitung auch in unserer Region besser zu untersuchen». Gartenbesitzer als Helfer Pro Natura ruft, wie bereits erwähnt, die Gemeinden auf, zu helfen, damit die Ringelnatter nicht im negativen Sinn von der «Roten Liste» verschwindet und ausstirbt. Auch private Gartenbesitzer können etwas tun, wie Pro Natura betont. Stein-, Holz- und Komposthaufen dienen den Reptilien – und anderen Kleintieren – als Unterschlupf. Von Oktober bis März verkriechen sich die Ringelnattern an solchen Orten und halten Winterruhe. Meist Ende März oder im April macht sich das Tier des Jahres 2015 an die Paarung. Die Weibchen legen danach 10 bis 40 Eier in verrottende Laubhaufen, Baumstümpfe, Kompost- oder Misthaufen, in denen ein warmes, feuchtes Mikroklima herrscht. Nach sieben bis neun Wochen schlüpfen die bleistiftgrossen Jungschlangen. Ringelnattern wachsen ihr Leben lang. Da ihre Haut nicht mitwächst, müssen sich die Tiere mehrmals im Jahr häuten. Ringelnatterweibchen werden bis zu 140 Zentimeter lang, die Männchen erreichen knapp einen Meter. Wer einer Ringelnatter begegnet, braucht sich nicht zu fürchten. Das Tier des Jahres 2015 ist für den Menschen völlig harmlos (siehe Box). Vor ihr in Acht nehmen müssen sich Frösche, Kröten, Molche, Salamander oder Fische. Denn diese verschlingt die Ringelnatter mit Hochgenuss.