Ihre Spezialapotheke MEDISERVICE-VERANSTALTUNG FÜR BETROFFENE EINER ENTZÜNDLICHEN RHEUMATISCHEN ERKRANKUNG UND DEREN ANGEHÖRIGE ZÜRICH, 12. MÄRZ 2016 MERKBLATT DIE ENTWICKLUNG DER RHEUMA - MEDIKAMENTE IN DEN LETZTEN JAHRZEHNTEN Das Merkblatt beginnt mit den Meilensteinen der Rheuma-Medikamente. Die Informationen zu den rheumatischen Erkrankungen finden Sie im Anhang. MEILENSTEINE IN DER BEHANDLUNG Zeitpunkt Meilenstein Anmerkungen 1800 «Goutte asthenique primitive» A. J. Landre-Beauvais Detaillierte Beschreibung, bis zu diesem Zeitpunkt wurde alles als Gicht bezeichnet 1859 «rheumatoide Arthritis» A. B. Garrod 1899 Aspirin A. Eichengrün und F. Hoffmann Weidenrinde wurde bereits bei den Griechen, Römern, Kelten und Germanen als Mittel gegen Fieber und Schmerzen aller Art eingesetzt. 1828 gelang es Johann Andreas Buchner, das Salicin aus den Weidenrindenextrakten zu isolieren. 1874 gründete Friedrich von Heyden die erste Salicylsäurefabrik. 1937 Entdeckung des Rheumafaktors E. Waaler Ein historisches Ereignis für die rheumaserologische und immunologische Labordiagnostik 1948 Einführung von Kortison Philip S. Hench «Wunderwirkung» 1936 gelang es drei voneinander unabhängigen Forschergruppen, eine Substanz aus der Nebenniere zu isolieren, die später den Namen Kortison erhielt. Zehn Jahre später konnte dieser Stoff auch im Labor synthetisch hergestellt werden. Die erste erfolgreiche Therapie war im Jahr 1948 die Behandlung einer jungen Frau mit schwerem Gelenkrheumatismus —die Patientin konnte nach wenigen Tagen wieder schmerzfrei laufen. Die grosse Euphorie wurde bald durch die Entdeckung verheerender Nebenwirkungen gedämpft. Ihre Spezialapotheke 1950 Radiosynoviorthese mit Osmium G. von Reis und A. Swensson Dann auch mit Erbium, Yttrium, Rhenium. Chemosynoviorthese mit Kortison Wegen sehr starken lokalen Reaktionen konnte sich das Verfahren mit Osmium erst etablieren, als die gleichzeitige Steroidgabe eingeführt wurde. Später kam die Radiosynoviorthese mit Erbium, Yttrium oder Rhenium hinzu. 1957 Klassifikationsmerkmale Die von der American Rheumatism Association (Arnett et al. 1988) revidierte Klassifikation wird bis heute verwendet. NICHTSTEROIDALE ANTIRHEUMATIKA NSAR Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), zu Deutsch kortisonfreie Entzündungshemmer, wirken auf die lokale Entzündung, d.h. sie haben einen Einfluss auf die lokalen entzündlichen Symptome wie Gelenkschwellung oder Steifigkeit. Gleichzeitig haben sie eine positive Wirkung auf den entzündlich bedingten Schmerz und die Morgensteifigkeit. Sie haben keinen Einfluss auf das eigentliche Krankheitsgeschehen und den langfristigen Krankheitsverlauf. Die übrigen Symptome einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie allgemeine Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme werden von NSAR nicht beeinflusst. 1949 1963 19fi4 1973 1974 Phenylbutazon Indometacin Mefenaminsäure Naproxen Diclofenac weitere, zuletzt COX-2-Hemmer NSAR hemmen bestimmte Enzyme, die so genannten Cyclooxygenasen. Diese wiederum beeinflussen die so genannten Prostaglandine, die bei Entzündungsvorgängen eine wichtige Rolle spielen. BASISTHERAPEUTIKA / DMAR Basismedikamente sind entzündungshemmende Medikamente, die bei der Behandlung von immunologisch bedingten Entzündungserkrankungen eingesetzt werden. Sie unterscheiden sich von anderen in der Rheumatologie eingesetzten Medikamentengruppen dadurch, dass nur sie in der Lage sind, die Schäden der chronischen Entzündung am Gelenkknorpel oder Knochen aufzuhalten oder zu verringern. In Anlehnung an die englische Bezeichnung werden langwirksame Antirheumatika auch krankheitsmodifizierende Medikamente genannt(DMARD = disease modifying antirheumatic drugs). 1935 Gold J. Forestier Die Therapie von Forestier basierte noch auf der Annahme, dass RA eine atypische Form von Tuberkulose sei. 1943 Antimalarika Im Zweiten Weltkrieg bemerkte man, dass die RASymptome bei amerikanischen Soldaten, die unter Malariaprophylaxe standen, abnahmen. ~~ Ihre Spezialapotheke 1961 Gold plus Chloroquin Sievers und L. Hurri Erste Kombinationstherapie 1985 Methotrexat, niedrig dosiert Kommt aus der Onkologie, gilt bis heute als Standard der RA-Therapie später Azathioprin, Leflunomid, Sulfasalazin, Ciclosporin, Ciclophosphamid, Penicillamin BEGINN DER ENTWICKLUNG VON BIOLOGIKA: TNF-ALPHA-INHIBITOREN TNF-a-Inhibitoren sind gentechnisch hergestellte Wirkstoffe, die körpereigenen Proteinen nachgebildet sind und in die Funktionsweise des Immunsystems eingreifen. Sie docken an Rezeptoren der Immunbotenstoffe an, hemmen so die Aktivität von TNF-a und verhindern weitere Entzündungen. 1990 Tumornekrosefaktor(TNF-a) Aufkommen der TNF-a-Inhibitoren Der Tumornekrosefaktor(TNF-a) ist ein multifunktionaler Signalstoff (Zytokin) des Immunsystems, welcher bei Entzündungen beteiligt ist. ~~~. ~1~ -, ~.~ , Ab 2000 Etanercept Adalimumab Infliximab Tofacitinib Certolizumab Golimumab ~~ ! Bedeutung grosser Durchbruch in der Behandlung Unterdrückung der Entzündungsaktivität Unterdrückung der Allgemeinsymptome hervorragender Effekt auf Knochenzerstörung allgemein gute Verträglichkeit Probleme • Ein Drittel der mit TNF-a-Inhibitoren behandelten Patienten spricht unzureichend darauf an. • Zurückhaltender Einsatz bei Patienten mit Infektgefährdung • hohe Kosten Nutzen • Die Gelenkentzündung ist reversibel. • Der sekundäre Gelenkschaden ist irreversibel. Je früher die Therapie begonnen wird, desto besser ist die Prognose. 3 Ihre Spezialapotheke DREI WIRKUNGSMECHANISMEN Die negative Wirkung von Immunbotenstoffen («Schlüssel») kann auf 3 Wegen gehemmt werden: 1. Die Schlüssel werden eingesammelt mit einem Antikörper. 2. Die Schlösser werden blockiert. 3. Die Schlüssel werden neutralisiert mit freien Schlössern. P. Villiger: Rationaler Einsatz von Biologika WS 08 hand out WEITERE BIOLOGIKA Rituximab • • • • • 2006 2007 Abatacept Gegen B-Zellen auch erfolgreich gegen B-Zell-Lymphome Abfall der Rheumafaktoren und Anti-CCP-Antikörper Langsames Ansprechen Lange Wirkung Ausgezeichnete Wirkung bei Versagern von TNFalpha-Blockern Abatacept wird bei Patienten verschrieben, die auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika wie Methotrexat oder TNF-a-Inhibitoren nicht ausreichend ansprechen. SCHLUSSFOLGERUNGEN • sehr unterschiedliche Ziele sind wirksam • rasche Wirkung «SMALL MOLECULES» SIND AUF DEM VORMARSCH Zahlreiche neue Medikamente stehen kurz vor ihrer Einführung oder sind bereits eingeführt. «Small Molecules» sind Signalübertragungshemmer, die so winzig sind, dass sie bis in den Kern der Zellen vordringen und dort wirken können. Sie haben den Vorteil, dass sie als Tablette eingenommen werden können. 4 Ihre Spezialapotheke ANHANG RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN • degenerative Formen (65%) • weichteilrheumatische Formen (30%) • entzündliche Formen (5%) ENTZÜNDLICHE FORMEN Rheumatiode Arthritis (RA)(chronische Polyarthritis, cP, pcP) Krankheitshäufigkeit: 1-2% der Bevölkerung, mehr betroffene Frauen im Verhältnis 3:1 Konnektivitiden Krankheitshäufigkeit: 1 %der Bevölkerung • Systemfischer Lupus erythematosus und andere Seronegative Spondarthropathien • [ASA Axiale Spondylarthritis] Krankheitshäufigkeit: 0.5% der Bevölkerung, mehr betroffene Männer • Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) • psoriasisassoziierte Arthritis • Morbus Reiter • enteropathische Arthritiden (Magen-Darm-Entzündungen) • Morbus Beh~et (Krankheit trat entlang der Seidenstrasse aufl • Juvenile Ideopathische Arthritis (JIA) • Reaktive Arthritis: Borreliose (Zeckenbiss) und andere RHEUMATOIDE ARTHRITIS (RA) DIAGNOSE Die Diagnose ist wie ein Puzzle. Ein Symptom allein genügt nicht, um die Diagnose zu stellen. Klinische Anzeichen (Frühstadium) • symmetrische Gelenkbeschwerden an Händen und Füssen r ~ Schwellungen an der mittlernen Gelenkreihe, nehmen typischer Weise eine eher bräunliche Farbe an ~ ~ ~ Kombination Schmerz /Schwäche / Morgensteifigkeit > 30 Minuten • oft Allgemeinsymptome infolge Entzündungsaktivität auch im Blut ~~~~ ~ ~-t il/ t-~ ~ • nicht selten: Sehnenscheidenentzündungen, Karpaltunnelsyndrom r -, 1 5 Ihre Spezialapotheke Im Labor • Erhöhte Blutsenkung (oder C-Reaktives Protein) • Rheumafaktoren positiv • Anti-Cyclische Citrullin Peptid Antikörper positiv Im Röntgen • Knorpelschäden • Knochenschäden DIAGNOSEKRITERIEN • Verschiedene Kriterien (z. B. American College of Rheumatology ACR) Kriterien nach Visser(et al. 2000) ■ Dauer > 6 Wochen ■ Morgensteifigkeit >_ 1 Stunde ■ >_ 3 Gelenke ■ Zeichen nach Gaenslen beidseits positiv ■ RF positiv / Anti-CC-Peptid-AK positiv ■ Erosionen Hand- /Fussgelenke (radiologisch) (Diagnosekriterien; J. Bernhard, H.R. Ziswiler, P. M. Villiger: Schweiz Med Forum; 8, 2001) Zeichen nach Gaenslen Der Gaenslen-Handgriff ist ein einfacher klinischer Test bei Verdacht auf RA. ~~ `- .,.,~~, ..~ Ein Betroffener kann bei einem kräftigen Hände- oder Fussdruck aufgrund der entzündeten Gelenke sehr starke Schmerzen empfinden. Je früher die Diagnose einer Rheumatoiden Arthritis gestellt und die Erkrankung behandelt wird, desto besser lassen sich bleibende Gelenkschäden vermeiden. Das Merkblatt basiert auf dem Referat von Dr. med. B. Terrier, Baden, Rheumatologie FMH, am 12. März 2016 in Zürich. Aus rechtlichen Gründen werden weder Markennamen noch Dosierungen angegeben. O Spezialapotheke MediService AG, Zuchwil `\~\e~es Manag~~ne~ y~r s MediService AG Aussenfeldweg 1 CH-4528 Zuchwil N Telefon +41 (0) 32 686 20 20 Telefax +41 (0) 32 686 20 30 www.mediservice.ch / [email protected] D ~ C~ ~So9oo~