Sanaa-Gebäude auf Zollverein

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© Markus Schwalenberg
Architektur
Sanaa-Gebäude auf Zollverein
Architektonisches Meisterwerk voll Licht und Schatten
© Kandalowski/Reuter
© Kandalowski/Reuter
Für den Eingang der Hauptzufahrt zum Gelände
des Weltkulturerbes Zollverein sah der Masterplan der Architekten Rem Koolhaas/OMA einen
städtebaulichen Attraktor vor. Einen Publikumsmagneten. Ein Wahrzeichen. Diesen Anspruch
erfüllt der Kubus des Tokioter Architekturbüros
Sanaa vollkommen. Wie ein Kunstwerk ragt der
weiße Betonwürfel an der Gelsenkirchener Straße
in die Höhe – mächtig und dennoch leicht. In
funktionaler Hinsicht wird der für den Lehrbetrieb konzipierte Bau allerdings viel diskutiert:
zu wenig Nutzfläche, zu hohe Betriebskosten,
Fotos: Markus Schwalenberg, Kandalowski/Reuter
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zu viele bauliche Mängel. Seit Januar 2010 wird
das Gebäude von der Folkwang Universität der
Künste für den Bereich Gestaltung genutzt – für
repräsentative Zwecke, Vorträge und TheorieUnterricht. „Dieses architektonische Meisterwerk
ist genau der richtige Ort für die neue Heimat
der Folkwang Gestalter, die sich nach Fertigstellung des Neubaus dann ja mit allen Studierenden,
Lehrenden und Werkstätten auf Zollverein ansiedeln werden,“ so Prof. Kurt Mehnert, Rektor
der Folkwang Universität der Künste.
„Grazil und kraftvoll“, „klar und fließend“
beschrieb die Jury die Architektur von Sejima
Kazuyo und Nishizawa Ryue bei der Verleihung
des Pritzker-Preises 2010, der weltweit höchsten
Auszeichnung für Architekten. Daran besteht
kein Zweifel. Das Sanaa-Gebäude durchbricht
ganz bewusst das architektonische Raster der
ehemaligen Industriebauten und verbindet trotzdem harmonisch Erbe und Moderne. Schlicht,
aber nicht einfach. Klar und dennoch voller
raffinierter Details. Minimalistisch ohne zu
langweilen. 139 Öffnungen – fünf Doppeltüren
und 134 quadratische Fenster – die sich in vier
Formaten und unterschiedlicher Zahl über die
Fassade verteilen, eröffnen spannende Ein-, Ausund Durchblicke. Ihre Anordnung nimmt dem
Bauwerk seine Strenge, scheint zunächst willkürlich. Überhaupt lässt sich das Gebäude von außen
zunächst nicht erfassen. Erst im Inneren erlebt
der Besucher die Faszination des rund 5.000 m2
großen fünfgeschossigen Würfels, der bei jedem
Besuch, bei jedem Licht neue Seiten offenbart.
Sie verwandeln die Natur und den Förderturm
der benachbarten Zeche in gerahmte Bilder. Im
Erdgeschoss befindet sich neben einem schlichten
Empfangstresen und einer Cafeteria ein freistehender, rund um doppelverglaster Hörsaal. Die
innere Glasschicht ist dabei zusätzlich nach Innen
geneigt, um eine bessere Akustik zu gewährleisten, die im übrigen Erdgeschoss problematisch
ist, da die großen Oberflächen die Schallwellen
sehr stark reflektieren.
Das erste Obergeschoss hat eine Deckenhöhe von
zehn Metern und ist nahezu leer. Platzverschwendung nennen das die Kritiker, „Kathedrale“ Prof.
Kurt Mehnert. Im zweiten Obergeschoss dienen
weiß verputzte Quader als Seminarräume. Im
dritten Obergeschoss liegen vollverglaste Büros,
die über einen umlaufenden Gang erreichbar
und über quadratische Innenhöfe verbunden
sind. Hier ist Platz für Besprechungsräume und
Verwaltung vorgesehen. Das Dachgeschoss mit
© Markus Schwalenberg
© Kandalowski/Reuter
© Markus Schwalenberg
Architektur
seinen drei verglasten Fensteröffnungen sollte
ursprünglich öffentlich zugänglich sein, was aus
rechtlichen Gründen zurzeit nicht möglich ist.
Einzigartig ist auch das Energiekonzept des Gebäudes: In den nur 30 cm dicken Wänden befindet
sich ein 3.000 m langes Schlauchsystem durch das
stetig ca. 28 Grad warmes Gruben-Wasser aus
der Tiefe läuft. Über einen Wärmetauscher soll
es den Wasserkreislauf der Universität sowie die
Wände zur Beheizung erwärmen und gleichzeitig der Dämmung dienen. Überzeugend gedacht,
allerdings gab es hier in der Vergangenheit Funk-
tionsschwierigkeiten, wenn das Grubenwasser
ausfiel und die Räume schnell abkühlten. Warm
geworden ist die Folkwang Universität mit dem
Sanaa-Gebäude längst. Für Design-Studierende
kann es wohl kaum einen inspirierenderen Ort
geben als diesen Kubus mit seinen leeren weißen
Flächen, die wie eine Leinwand wirken, die es
zu füllen gilt.
www.folkwang-uni.de
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