Klempnertechnik ∂ Zum 11. Architekturpreis gehören drei gleichrangige Gewinner und sechs Anerkennungen. Der Sonderpreis „Energie + Architektur 2008“ wurde erstmalig vergeben. Drei plus ein Gewinner an Dach und Fassade Auszeichnungen unterstreichen das Machbare in der Klempnertechnik Der vom ZVSHK in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) ausgelobte „Europäische Architekturpreis 2008 Metalldächer und Fassaden“ würdigt Spitzenleistungen bei der Verwendung von Metall als konstruktives und gestaltendes Element in der Gegenwartsarchitektur. Den ersten Platz und die Siegprämie von 15 000 Euro teilen sich in diesem Jahr drei Preisträger. Der mit 5000 Euro dotierte Sonderpreis „Energie + Architektur“ wurde erstmalig vergeben. sade. „Die insgesamt hohe Qualität der eingereichten Wettbewerbsbeiträge zeigt, welche herausragenden Verbindungen moderne Handwerkskunst und anspruchsvolle Architektur heute bereits eingehen.“ Dies sei auch eine willkommene Bestätigung für die Zielsetzung des Architekturpreises, die Leistungen und Werkkünste des Klempnerhandwerks in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Nach intensiver Begutachtung der über 130 eingereichten Bewerbungen hatte sich die Jury unter Leitung von Michael Frielinghaus (Präsident des Bundes Deutscher Architekten) für drei gleich- wertige Preisträger entschieden. Neben dieser mit insgesamt 15 000 Euro dotierten Prämierung sprach sich die Jury auch für sechs Anerkennungen aus. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Otto Kentz­ ler, hatte wie schon zwei Jahre zuvor die Schirmherrschaft übernommen. In seinem Grußwort wies der gelernte Klempnermeister auf die guten politischen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Klempnerhandwerk hin. A uf dem alle zwei Jahre stattfindenden Klempnertag in Würzburg hat der ZVSHK Mitte Februar erneut seinen „Europäischen Architekturpreis Metalldächer und -fassaden“ verliehen. Der Initiator des Wettbewerbs, ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Michael von Bock, wertete die Entscheidung der Jury als Ausdruck für die wachsende Bedeutung der Metallverarbeitung an Dach und Fas- 54 ∂ Auf 33 Seiten ist das Wichtigste zum Architekturpreis zusammengefasst, sechs Seiten stellen den Sonderpreis vor. Die Infos stehen unter www.wasserwaermeluft.de zum Download bereit. IKZ-Haustechnik · Heft 6 /2008 Klempnertechnik ∂ Insgesamt drei eigenständige Gebäude verbergen sich hinter der insgesamt 115 m breiten Fassade. Details zum Objekt vom Klempner ∂ Die Größe der Zinkblechschindeln galt es exakt auf die breite Rahmung der Fenster aus Lärchenholz abzustimmen. ∂ Zwei Dachterrassen unterbrechen das sonst streng kubische Schulungsgebäude. Platz 1 Schiefergraue Zinkblechschindeln Beim ersten der drei gleichwertigen Preisgewinne geht es um ein Schulungszentrum in Neukirch/Lausitz. Unter der Federführung der Barkow Leibinger Architekten (Berlin) realisierte die Mannschaft von Klempnermeister Andy Gabriel aus Grubschütz die Metallarbeiten an Dach und Fassaden. Unter einer Haut aus Heft 6 /2008 · IKZ-Haustechnik Der ausführende Klempnermeister Andy Gabriel (rechts) aus Grubschütz nennt ein paar Details zum Objekt. Über die Ausschreibung fanden das Architekturbüro und der Handwerksbetrieb mit seinen etwa zwölf Mitarbeitern erstmalig zusammen. Während der dreivierteljährigen Bauzeit ergab sich ein gutes Teamwork mit Architekt Lukas Weder (links). Bestmögliche Lösungen zeigten sich beispielsweise darin, dass entgegen dem Erstentwurf die innen liegenden Rinnen durch eine zusätzliche Notentwässerung aus Folie gesichert wurden. Doch die Erfahrungen der Praktiker waren nicht nur dort gefragt: Ein hohes Maß an Sorgfalt und Können forderte die Fertigung der Rauten mit ihren vier Umschlägen, denn es galt, den geregelten Verbund exakt auf die Fensterlaibungen auszurichten. Auch an den beiden Dachterrassen war Klempnertechnik in Perfektion gefragt, um die Rautendeckung mit vielen kleinformatigen Deckflächen zu kombinieren. anthrazitgrauen Zinkblechschindeln fügen sich drei Bauteile zu einer neuen Einheit zusammen: die um 1900 errichtete Remise, ein Anbau aus den 80er-Jahren sowie ein 30 m langer Neubauteil, der den Bestand in seiner Längsachse nun auf insgesamt 115 m erweitert. Durch die einheitliche Behandlung von hinterlüfteten Fassaden und Dach wird die starke Linearität des Baus zusätzlich betont. Sowohl die Verwendung von Schindeln aus Titanzink als auch die stark ausgeprägten Lärchenfenster sind aus der Oberlausitzer Bautradition abgeleitet. Die homogene Verwendung der Metallschindeln für Dach und Fassade hat die Jury sowohl durch die ausgewogenen Proportionen als auch die Detailperfektion in höchstem Maße überzeugt. 55 Klempnertechnik ∂ Der Zweckbau der 50er-Jahre wurde komplett umgestaltet und um ein sechstes Joch erweitert. Details zum Objekt vom Klempner Für die Kupferarbeiten an Dach und Fassade des Erweiterungsbaus waren die Klempnermeister von Dangel-Metall (Lenningen) verantwortlich. Sie machten Architekt Christian Knoche Vorschläge für die Eindeckung mit Schindeln, deren Verbindungstechnik weitgehend im Verborgenen bleibt. Auch wenn sie für das Befestigen an Liegehaften und das Einhängen der Schindeln die nötige Erfahrung hatten, forderte die insgesamt sechswöchige Bauzeit durch viele Detaillösungen vor allem in den Eckbereichen ihr ganzes Können heraus. Ob es die Anschlüsse zur gläsernen Fassade waren oder die Gestaltung innen liegender Rinnen mitsamt der Anbindung an die alte Kupfer-Eindeckung: Selbst diese diffizilen Arbeiten haben die Spezialisten des 20-Mann-Betriebes mit Bravour gelöst. ∂ Neben dem fünfjochigen alten Teil der Werkhalle glänzt die Erweiterung mit seiner Glas-/Metall-Fassade. ∂ Der Architekt und die Klempnermeister (v. l.): Prof. Christian Knoche, Frank Dangel, Hans Knorr sowie Gottlieb Dangel. ∂ Gedämpftes Licht dringt durch das satinierte Glas und harmoniert mit den verzinkten Trapezblechen. Platz 1 Außen Kupfer, innen verzinkte Trapezbleche Eine Stuttgarter Fabrikhalle der 50er-Jahre mit fünf Sheddächern haben die Kno- 56 che-Architekten (Leipzig) um ein sechstes Joch erweitert. Dieses angesetzte Gebäudeteil übernimmt zwar die äußere Formensprache des Altbaus mit seinen Mauerwerksflä- chen, kombiniert die Fassade des Neubaus jedoch mit satiniertem Glas und Kupferblech in Spiegeldeckung mit mittigem Versatz. Das patinierte Kupfer auf den fünf alten Sheddächern wurde weiter verwendet, der Erweiterungsbau jedoch erhielt für Dach und Fassade neues Kupfer mit werkseitig braun oxidierter Oberfläche. Analog zur Außenfassade wurde auch im Inneren die Rückwand und die Dachuntersicht durchgehend bekleidet. Für diese Arbeiten wur- de verzinktes Trapezblech verwendet, das horizontal verlegt in teilgelochter Ausführung auch dem Innenraum der Versuchshalle für Fördertechnik eine besonders wertige Ausstrahlung verleiht. Die Jury wertete diese Umgestaltung des Industriegebäudes als Neubau im Bestand, der beispielhaft und vorbildlich vom Entwurfskonzept bis ins kleinste Detail eine hervorragende handwerkliche Arbeit im Bereich Metalldächer und -fassaden interpretiert. IKZ-Haustechnik · Heft 6 /2008 Klempnertechnik Heft 6 /2008 · IKZ-Haustechnik 57 Klempnertechnik oder Sitzplätzen den Spielbetrieb verfolgen können. Mit der einfachen Gebäudestruktur haben sich die Züricher Weberbrunner-Architekten einer klaren Formensprache bedient, die der Fassadentechnik eine ausdrucksstarke Bedeutung zukommen lässt. Im Gegensatz zum lebhaften Innenraum der dreiteilbaren Sporthalle, urteilte die Jury, ergebe sich durch die Fassade dennoch eine homogene Hülle. So sei ein Baukörper entstanden, der sich gegenüber den umliegenden, weitaus höheren Gebäuden behaupte und den Ort, das Hardau-Quartier, insgesamt aufwerte. ∂ Mit der Dämmerung kommt statt hellem Fassaden-Weiß das Innenleben der Sporthalle zum Vorschein. Platz 1 Ausgestanztes Stahltrapezblech Bei Tageslicht charakterisiert helles Weiß die neue Sporthalle Hardau in Aussersihl nahe Zürich. Erst in der Dämmerung entfaltet die Fas- sade aus Stahltrapezblech mit ihren Ausstanzungen ihre Wirkung für den Passanten. Dann dringt kein Licht mehr von außen nach innen, sondern es zeichnet sich die Hallenbeleuchtung im 2. Obergeschoss ab – dort wo die Zuschauer auf breiten Gängen Details zum Objekt vom Spengler Die Spengler-Fachabteilung im Handwerksbetrieb der Gebrüder Baur im schweizerischen Baar hat die gestanzte Fassade der Sporthalle realisiert. Schon vor Jahren hat die 17 Mann starke Abteilung des SHK-Betriebes mit den beiden Architekten zusammengearbeitet, und dies war nun das zweite Projekt. Vor allem die Entwicklung der Ausstanzungen des Trapezprofiles war eine Herausforderung. Die Idee kam von den Architekten, die Umsetzbarkeit war das Ergebnis zahlreicher Versuche von Spenglermeister Markus Baur. Galt es doch, das Material durch möglichst große Ausstanzungen nicht zu schwächen und zudem durch CAD-Planung ein homogenes Muster in der Bekleidung zu erzeugen. Auch die zinnenförmige Ausbildung am Dachabschluss der Fassade bedeutete einen hohen Schwierigkeitsgrat in der Klempnertechnik. ∂ Sonnenlicht dringt durch die Ausstanzungen des Trapezbleches und erhellt die Zuschauerränge. ∂ Unter der aufgeständerten Halle ergeben sich schattige bzw. regensichere Aufenthaltsbereiche. 58 IKZ-Haustechnik · Heft 6 /2008 Klempnertechnik Anerkennungspreis 1 Anerkennungspreis 4 ∂ Das Dach des Einfamilienhauses wirkt mit seinem dem Hang angepassten ∂ Mit höchsten gestalterischen Ansprüchen beurteilte die Jury diesen Metalldach fast wie eine Skulptur. aufgeständerten Komplex. Anerkennungspreis 2 Anerkennungspreis 5 ∂ Durch sensiblen Umgang mit dem Standort zeigt sich die Sporthalle in einer ∂ Edelstahlschindeln wurden für Rundungen und konische Verläufe an diesem eindrucksvollen Variante. Verbindungstrakt angepasst. Anerkennungspreis 3 Anerkennungspreis 6 ∂ Das Bürogebäude bietet auf 65 m2 Grundfläche ein interessantes Spiel zwi- ∂ Dieses Einkaufszentrum ist zum Blickfang inmitten der gedrängten Bahn- schen Transparenz und Geschlossenheit. hofsbebauung in Berlin-Lichterfelde geworden. Anerkennungspreis 1 Kupfer-Titan-Zink-Schindeln Bei der ersten Anerkennung von insgesamt sechs Objekten, die der Architekturpreis 2008 ausgesprochen hat, geht es um ein Einfamilienhaus in Dättlikon/Schweiz. Die Anpassung an die Hanglage wurde nach Ansicht der Jury durch die Züricher Architekten Froelich & Hsu herausragend ausgearbeitet. Ausführender Spenglerbetrieb war Carl Meier Sohn aus Zürich. Das Dach bildet ein eigenständiges, fast skulpturales Element. Durch die Verwendung von rautenförmigen Kupfer-Titan-Zink-Schindeln wird dieser körperhafte Eindruck unterstützt. Die Metall­ einkleidung für Wand, Dachfläche und Leibung bildet einen gelungenen Kontrast zum ansonsten einfachen Baukörper. Heft 6 /2008 · IKZ-Haustechnik Anerkennungspreis 2 Lamellenfassade und Stehfalzdach Die stark bewegte Topografie der idyllischen Landschaft von Hardthausen (nahe Heilbronn) bestimmte die Entwurfsidee der Stuttgarter Architekten „Heinisch.Lembach.Huber“. Das Dach der Sporthalle scheint über dem weitgehend transparenten Baukörper zu schweben, reagiert auf die Linienführung der Landschaft und ermöglicht gleichzeitig ungestörte Blickbeziehungen aus dem Innenraum in die umgebende Natur. Während das Metalldach durch eine Stehfalzdeckung geschützt wird, vermag die Südfassade durch die Lamellenausführung Schatten zu spenden. Dachflächen und Metallfassaden realisierte der Klempnerfachbetrieb Zippert aus Löchgau. 59 Klempnertechnik Anerkennungspreis 3 Patiniertes Kupfer für Dach und Fassade Mit dem Bürogebäude „Hinter Liebfrauen“ in Braunschweigs dicht bebautem historischen Stadtkern haben die ortsansässigen Architekten Salmhofer & Vollmer auf 65 m² Grundfläche eine der letzten Lücken geschlossen. Dies bilde einen schönen Dialog zwischen Alt und Neu, urteilte die Jury über die markante vorpatinierte Kupferbekleidung an Dach und Fassade. Auf vier Etagen ergebe sich ein interessantes Spiel zwischen Transparenz und Geschlossenheit. Struktur und Form des variabel nutzbaren Gebäudes sei bis ins kleinste Detail durchdacht, konstruktiv geplant und handwerklich ausgeführt. Letzteres ist die Leistung von Klempnerfachbetrieb Hans-Otto Hartmann aus Garbsen. Anerkennungspreis 4 Horizontale Bänder aus Aluminium Eine oftmals gestellte Bauaufgabe: In Heilbronn galt es, die bestehende GerhartHauptmann-Schule – von der Grundstruktur ein Schustertyp – durch eine Mensa mit Cateringküche und Projekträumen zu ergänzen. Dazu stellte das Heilbronner Planungsund Architekturbüro „mattes sekiguchi und partner“ einen eingeschossigen Neubau auf Stützen über den Schulhof, um dort ohne Platzverlust gleichzeitig eine überdachte Pausenhalle zu schaffen. Die hinterlüftete Metallfassade besteht aus industriell gefertigtem Aluminiumblech, das nicht zuletzt auch die Fensterflächen in präziser Ausführung einbindet. Dafür zeichnet der Bretzfelder Klempnerfachbetrieb Peter Sautter verantwortlich. 60 Anerkennungspreis 5 7000 Schindeln aus Edelstahl An der „Peace Palace Akademie“ in Den Haag ist der Umgang neuen Bauens mit bedeutender Altbausubstanz vielfältig. Mit einer Anerkennung würdigte die Architekturpreis-Jury den aufgeständerten Riegel, der als konisch verlaufender Verbindungstrakt Transparenz und Durchblickmöglichkeiten für Park und Altbau schafft. Der Neubau stelle sich gekonnt mit seinen eigenen, aus der heute vielsprachigen Architekturwelt abgeleiteten Formen dar und sei ein interessanter Gegensatz zum vorhandenen Altbau, wertete die Jury das Projekt der Stuttgarter Architekten Wilford Schupp. Für die Metallhaut bearbeitete der Karlstadter Klempnerfachbetrieb Lummel insgesamt 7000 Schindeln der Edelstahlsorte „shark skin“ in unterschiedlichem Zuschnitt, um die Bekleidung der Gebäudegeometrie anpassen zu können. Sonderpreis „Energie + Architektur“ Freiburger Sonnenschiff Ein neues ertragreiches Geschäftsfeld für das Klempnerhandwerk sieht der ZVSHK im Zusammenspiel von innovativer Energietechnik und kreativer Gegenwartsarchitektur. Erstmals hat die oberste Vertretung der Klempner in Deutschland neben dem traditionellen Architekturpreis den Sonderpreis „Architektur + Energie“ vergeben. „Die Anforderungen nach maximaler Energieeinsparung und höchster Energieeffizienz werden zukünftig wesentliche Determinanten moderner Baukunst sein“, urteilte ZVSHKHauptgeschäftsführer Michael von Bock und Polach. Der Sonderpreis solle durch seine Premiere und die zukünf- tige Vergabe herausstellen, welche energetischen Potenziale und gestalterischen Optionen Handwerk und Architektur gemeinsam realisieren können. Als Sponsoren konnten die Viessmann Werke sowie der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) gewonnen werden. Erster Preisträger des mit 5000 Euro dotierten Sonderpreises ist das Objekt „Freiburger Sonnenschiff“ des Architekten Rolf Disch. Erstmals Gebäudekomplex in Plusenergie-Bauweise Das „Sonnenschiff“ ist das erste Gebäude seiner Art, das in „Plusenergie“-Bauweise entstanden ist. Entwickelt wurde eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle mit einem mittleren U-Wert von ca. 0,6 W/(m² K) bei einer Bauteildicke von 48 mm. Anerkennungspreis 6 Aluminium-Rauten in Oberfläche Titansilver Beim Bebauungsvorschlag für eine dreieckige Grundstücksfläche in Nähe des Berliner Bahnhofs Lichterfelde galt es für den Hauptstadtarchitekten Benedict Tonon, sensibel auf Maßstäblichkeit und Ausformung der umgebenden Bebauung zu reagieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Entwürfen meisterte er diese Aufgabe und fand in Klempnermeister Peter Neß den geeigneten Praktiker vor Ort, um die anspruchsvolle Fassade aus rautenförmigen Aluminiumschindeln in Titansilver realisieren zu können. Der Jury war dies eine Anerkennung wert, denn das Gebäude mit seinen im Traufbereich eingefalteten Oberlichtern reagiere fantasievoll auf den umgebenden Stadtraum. ∂ Zweigeschossige Penthäuser über dem langgezogenen Komplex mit Büros und Läden vermitteln dem „Sonnenschiff“ zusätzliche bauliche Akzente. ∂ Das Wohn- und Geschäftshaus „Sonnenschiff“ (im Hintergrund) ergänzt eine solare Wohnsiedlung in Freiburg-Vauban. IKZ-Haustechnik · Heft 6 /2008 Klempnertechnik Heft 6 /2008 · IKZ-Haustechnik 61 Klempnertechnik Architekt erreicht positive Energiebilanz im Gebäude „Ich beschäftige mich nur noch mit Projekten in Plus­ energie-Bauweise“, betonte der „Sonnenschiff“-Architekt Rolf Disch in seinem Statement zum Preisgewinn. Die Wahl der Möglichkeiten für eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle sei heute bereits vielfältig. Komme dann auch noch ein innovatives Energiekonzept hinzu, das der Nutzung Regenerativer Energien auf geschickte Art Priorität einräume, könne man nicht zuletzt durch solare Zugewinne die Energiebilanz ins Positive kehren. „Ich verdiene sogar Geld damit“, unterstrich Disch selbstbewusst und stellte damit klar, dass solche Architektenleistungen heute nicht mehr ins Reich der Phantasien gehören, sondern für ihn zum ∂ Der Freiburger Architekt Rolf Alltag geworden sind. Disch. ∂ Das „Sonnenschiff“ (links) passt zur Solarsiedlung „Am Schlierberg“, in der ein möglichst schonender Umgang mit Energie-Ressourcen realisiert wird. Geschlossene, nicht tragende Fassadenteile bestehen aus selbst entwickelten, vorgefertigten, hoch wärmegedämmten Vakuumsandwichelementen mit einem U-Wert ca. 0,13 W/(m² K). In die Pfosten-Riegel-Fassade sind weitere Elemente aus vorbewittertem Titanzink als Stulpfassade, astfreiem Brettschichtholz oder Holz-AluFenster bzw. Fenstertüren mit 3-Scheiben-Wärmeschutz­ isolierverglasung [U-Wert 0,6 W/(m² K)] mit zusätzlicher Infrarotreflexion eingebaut. Auf der West- und soweit erforderlich auch auf der Nord- und Südseite ist die 62 Verglasung zudem als Schallschutzverglasung ausgeführt. Der hohe Glasflächenanteil an den „Sonnenschiff“-Fassaden sorgt für Transparenz, Leichtigkeit und Eleganz und bietet im Inneren helle, lichtdurchflutete Arbeitsräume. Wärmen und Kühlen im Energie- und Lüftungskonzept Der Heizwärmebedarf des „Sonnenschiffes“ liegt bei nur ca. 11 kWh pro m² und Jahr. Er wird durch Nahwärme aus einem HolzhackschnitzelBHKW gedeckt. Die Heizungsanlage ist als Pumpenwasserheizung im Zweirohrsystem ausgeführt. Als Heizflächen sind niedrige Heizkörper vor der Fensterfassade eingebaut. Zur Erreichung angenehmer Raumtemperaturen ist ein Konzept realisiert, das eine natürliche Lüftung und Nachtkühlung mit Aktivierung der Gebäudemassen sowie ein Sonnenschutzsystem beinhaltet. Das Lüftungssystem verbirgt sich hinter den farbigen, schallgedämmten Verblendungen. Für die Nachtkühlung sind hinter den speziell entwickelten Vorsatzelementen Lüftungsflügel in die Fassade eingebaut. Diese sind wie ein Fenster zu öffnen und die einströmende Nachtluft kühlt die Gebäudemassen ab. So werden die Räume gekühlt und erwärmen sich tagsüber deutlich langsamer. Die Aktivierung der Gebäudemasse sorgt auch im Winter für gleichmäßige Raumtemperaturen. Verstärkt wird dieser Effekt durch PCM (Phase Change Material), das als LatentWärmespeicher in den Gipskartonplatten der leichten Trennwände eingelagert ist. PCM sind Substanzen, die durch gezieltes Aufschmelzen und Erstarren bei einer ­definierten Temperatur Wärmeenergie aufnehmen bzw. abgeben. Sie verändern ihren Aggregatzustand bei einer Temperatur von 23 bis 26 °C: Die Moleküle wechseln von fest zu flüssig. Dieser Wechsel entzieht der Umgebung Wärme und wirkt dadurch raumkühlend. Die Lüftungsgeräte sind mit einer Wärmerückgewinnung von 90 % in die Fassade integriert und versorgen nahezu verlustfrei die Räume mit Frischluft. Angesaugt über die Außenfassaden und durch den Wärmetauscher erwärmt, erfolgt die Zuluftverteilung über Lüftungsgitter, -schlitze und Tellerventile an der Decke. Die Photovoltaik-Anlagen haben eine installierte Leistung von 112,2 kWp bei einer installierten Kollektorfläche von 876 m². Schlussbemerkung Das Gebäude gewinnt in der Jahresenergiebilanz mehr Energie, als es verbraucht. Es entsteht ein Zusammenspiel zwischen hochwertig gedämmter Fassade, Lüftungskonzept und Energieerträgen durch großflächige Solaranlagen. ∂ IKZ-Haustechnik · Heft 6 /2008