Prämierte Fassaden 2006: Mit Farbe zu mehr Eigenständigkeit und neuen Perspektiven Es gilt sie zwar nicht mehr neu zu entdecken, doch den Umgang mit ihr noch differenzierter zu pflegen: Farbe als integraler Entwurfsparameter für die Fassadengestaltung komplettiert das Instrumentarium des Planers. Einen bemerkenswerten Querschnitt dessen, was Gestalter und Verarbeiter sich im vergangenen Baujahr an äußerst gelungenen Umsetzungen einfallen ließen und handwerklich erstklassig realisierten, zeigt der Deutsche Fassaden-Preis 06/07. Der Wettbewerb kürte dieses Jahr einen ersten Sieger, vergab einen 2. und zwei 3. Preise. Fünf Anerkennungen komplettieren das Siegerfeld, das das Rennen um die insgesamt 17.000 Euro Preisgelder bei der aktuellen Konkurrenz um die herausragendsten farbigen Fassadengestaltungen machte. Seit Brillux den Deutschen Fassaden-Preis im Jahr 1990 zum ersten Mal ausgeschrieben hat, entwickelte sich der Wettbewerb zum viel beachteten Forum für kreativen und zukunftsweisenden Umgang mit Farbe in Neubau, Sanierung und Denkmalschutz. Architekten, Farbdesigner und Handwerker zeigen hier den wohldurchdachten und oft genug faszinierenden Dialog von Farbe und Fassade – und inspirieren ihre Kollegen dazu, mit selbstbewussten Ansätzen die Welt der Töne zum Wohl von Objekt und Nutzern ins Gespräch und auf die Fassaden zu bringen. Der Jury unter Vorsitz des Architekten Prof. Jürgen Braun bot sich auch im aktuellen Wettbewerb viel Stoff für Diskussion: 357 hochkarätige Beiträge aus Deutschland bewarben sich um die begehrten Preise. Nach der Jurysitzung am 29. Juni 2007 stand fest: insgesamt drei Neubauten und sechs Bestandsobjekte – mit Bauten aus dem 16. bis ins 20. Jahrhundert – können sich über die Auszeichnungen des Deutschen Fassaden-Preises 06/07 freuen. Auch bei den Nutzungen zeigte sich wieder das ganze Spektrum. Unter den Preisträgern sind vier reine Wohnhäuser in unterschiedlichen Größen, drei kombinierte Wohn- und Geschäftshäuser sowie zwei öffentliche Gebäude. Aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und Bayern waren die Architekten und Fachleute aus dem Malerhandwerk angereist, um im feierlichen Rahmen ihre Auszeichnungen auf Gut Havichhorst in Münster/Westfalen entgegenzunehmen. Eine Erwartung, die der Juryvorsitzende Prof. Jürgen Braun aus Stuttgart und Frank Dusny, Marketingleiter der Firma Brillux, gern erfüllten: Schließlich zeigten die Siegerobjekte auch in diesem Jahr wieder, wie unendlich vielfältig der Dialog von Farbe und Fassade sein kann. 1. Preis – für einen „Schokoladen-Riegel“ der anderen Art Wie schon in den vergangenen Jahren blieb das Preisgericht seiner Überzeugung treu, neben der gelungenen Liaison zwischen Architektur und Farbgestaltung vor allem auch den Mut zu neuen Sichtweisen und Wegen im Fassadendesign zu belohnen. Einziger 1. Sieger des aktuellen Wettbewerbs ist daher ein Objekt, das nach Auffassung der Jury mit einfachen Mitteln ein bemerkenswertes Signal gegen die Uniformität setzt – und dieses mit einer Leitfarbe schafft, die aus jedem gewöhnlichen Rahmen fällt und eigentlich als sehr schwieriger Farbton gilt. In sattestem Kakaobraun, kontrastiert durch wenige weiße Wandflächen und die ebenfalls weißen Fensterfassungen, sorgt ein Einfamilienhaus im niedersächsischen Rastede für einen unkonventionellen Blickfang. Die Bauherren, eine sechsköpfige Familie, wünschten sich ein farbiges Haus, das sich in die von Backsteinen dominierte Wohnsiedlung einfügt und sich dennoch dagegen behauptet. Die Fassade des monolithischen Riegels mit ihrem schokoladenfarbenen Putz wirkt auf der langen Eingangsseite zurückhaltend. Auf der gegenüberliegenden Gartenfront dann verspringen die Fensteröffnungen gegeneinander, perforieren die Wand und konterkarieren die sie umgebende bauliche Monotonie. Die Gebäudehülle führt hier plötzlich ein Eigenleben, das Haus erhält eine tänzelnde Dynamik und setzt einen überzeugenden Akzent im ansonsten eintönigen Erscheinungsbild der übrigen Siedlungshäuser. Dieser Ansatz ist auf fast alle peripheren Einfamilienhaussiedlungen anwendbar, um mit simplen Mitteln optische Vielfalt und ein eigenständiges Statement zu schaffen. Die Jury lobt daher die „unbeschwerte, aber dennoch programmatische ‚Architektur des aufrechten Gangs’“, den das „Schokohaus“ verkörpert. Diese Haltung hat die Jury bewogen, das Objekt mit dem 1. Platz des Wettbewerbs auszuzeichnen. gruppeomp architekten aus Rastede, die auch für den Farbentwurf verantwortlich zeichnen, teilen sich diesen mit 5.000 Euro dotierten Preis mit dem ausführenden Malerbetrieb, dem Team für Malerarbeiten aus Oldenburg. 2. Preis – für eine gelungene Verwandlung unter erschwerten Bedingungen Beim zweitplazierten Objekt waren die Gestalter mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Das vom Architekten Tom Radau (Potsdam) und Burkhard Schlüns Dekorationsmalerei (Saalow) entwickelte Farbkonzept für ein rund 150 Jahre altes Potsdamer Wohnhaus münzte strenge denkmalpflegerische Vorgaben in die Chance um, eine historisch angemessene Fassade zu realisieren. Bei der vollständigen Sanierung des zuvor sehr vernachlässigt wirkenden Gebäudes sollte eine durchgängige, 14 Zentimeter starke mineralische Wärmedämmung verwirklicht werden, um zusammen mit der neuen Erdwärmeanlage eine möglichst hohe Energieeffizienz für die zwei hochwertigen Wohneinheiten zu gewährleisten. Straßenseitig war ein Vollwärmeschutz jedoch aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich. Sehenswert ist nach Ansicht der Jury, wie die Gestalter die Straßenfassade in akribischer Farbfassungsarbeit authentisch wiederherstellten. Aus fünf feinen Farbtönen aus dem Weiß-, Grün- und Graubereich entstand eine reduzierte, harmonisch abgestimmte Farbgebung sowohl in der Fläche als auch im Sockelbereich, an den Simsen und den profilierten Fenstereinfassungen. Diese behutsame Arbeit, die das Haus zudem adäquat in das Gesamtgefüge der Straßenzeile einbringt, wurde mit dem 2. Platz honoriert. Zwei 3. Preise – für souveräne und spannungsreiche Entwürfe Der 3. Preis des Wettbewerbs wurde zweifach vergeben – an ein Wohn- und Geschäftshaus in Naumburg an der Saale und das Essener Polizeipräsidium. Die behutsame, Substanz schonende Sanierung eines Ensembles am historischen Holzmarkt der Domstadt Naumburg mit ihren vielen Renaissance-Gebäuden beeindruckte das Preisgericht mit seiner „kraftvollen Gliederung durch eine breite Farbpalette.“ Die Farbwahl reicht von Ockergelb über Rot bis zu einem beherrschend eingesetzten, entsättigten Grün. Dabei fasst der Entwurf, den die Firma Malermeister Günter Kind aus Flemmingen handwerklich hervorragend umsetzte, sämtliche Architekturglieder wie Fenster und Türrahmungen, Sockel sowie die historische Befensterung sehr subtil. Souverän im Konzept, harmonisch und authentisch in der Gesamtwirkung als Platzwand im historischen Stadtbild – eine Leistung, die die Jury mit dieser Platzierung würdigt. Ebenfalls im gleichen Maße preiswürdig in Idee und Umsetzung stach dem Gremium die spannungsreiche Arbeit der Künstler-ARGE Frank Ahlbrecht und Anne Berlit aus Essen und dem ausführenden Malerfachbetrieb Heuten, Ahaus, ins Auge. Zusammen haben sie dem neuen Verwaltungsgebäude des Polizeipräsidiums Essen eine eigenwillige Fassadengestaltung unter dem Titel „Transformation Licht“ verliehen. Der Neubau wurde auf den Grundmauern des abgerissenen Gewahrsamsgebäudes errichtet. Drei fünfgeschossige Bürobereiche treten als hell geputzte Kuben hervor. Im Anschlussbereich zu den bestehenden Gebäuden vermitteln gläserne Fugen zwischen Alt und Neu. Die ehemaligen Wand- und Deckenstrukturen des Zellenbaus und sogar die Position einzelner Zellen finden sich durch die Farbgestaltung als Projektion hinter der Glasfassade auf den Flurwänden des neuen einhüftigen Bürotrakts wieder. Die spannungsreiche Komposition – umgesetzt als großflächige Reliefs in einem Grau- und drei leuchtenden Gelbtönen – vernetzt die Geschosse des neuen Gebäudes, erinnert an die historische Nutzung und schafft es nach Meinung der Jury gleichzeitig, neben einer lichten Atmosphäre im Inneren eine positive Verbindung nach außen herzustellen. Fünf Anerkennungen – für durchweg eindrucksvolle Allianzen Der Deutsche Fassaden-Preis 06/07 vergab fünf Anerkennungen an Objekte, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die aber alle besonders gute Beispiele für Synergieeffekte zwischen Farbgestaltung und Fassadenarchitektur darstellen. Unter den historischen Bauten überzeugten zwei Wohn- und Geschäftshäuser aus Lübeck und Berlin. Der ausführende Betrieb HA-SE Handel + Service und das Architekturbüro Thomas Tillmann, beide Lübeck, erhielten eine Auszeichnung für die engagierte Wiederherstellung eines Objekts, das seit seiner Erbauung im Jahr 1749 mehrfach verändert worden war. Nach Befunden und mit einer Anpassung an die lokale Farbigkeit gaben die Gestalter dem Gebäude die harmonische Anmutung des 19. Jahrhunderts wieder. Dank einer Ton-in-Ton gehaltenen Farbgebung konnte die mächtige Gründerzeitfassade eines Fünfgeschossers in der Bundeshauptstadt ihre wohltuende Geschlossenheit behalten. Die Jury zeichnet dafür die Planer, walk architekten, zusammen mit dem Malerbetrieb Schwarz und Partner Baudienstleistungen, beide Berlin, aus. Die faszinierende Transformation eines Altbaus aus jüngerer Zeit haben Stefan Forster Architekten (Frankfurt a. M.) und der Malerfachbetrieb Bergener (Niederorschel) ebenfalls eine Anerkennung eingebracht. Eine unansehnliche Platte im thüringischen Leinefelde verwandelte sich durch Rückbau, Entkernung und Umgestaltung in einen mehr als ansprechenden Baukörper. Die Anzahl der Wohneinheiten wurde halbiert, es entstanden zwei angenehm proportionierte Geschosswohngebäude mit individualisierten Außensitzen, Patios oben, Balkonen mittig und Garten erdgeschossig. Mit coolem Blau auf der öffentlichen Straßenseite und warmem Terracotta auf der privaten Gartenseite fand eine zusätzliche Nuancierung und Profilierung statt – eine farbliche Codierung, die von der Jury als „suggestiv“ empfunden und für preiswürdig befunden wurde. Mit der vierten Anerkennung rückt der Deutsche Fassaden-Preis 06/07 einen besonders konsequenten Umgang mit dem warmen Material Holz und seiner einfühlsamen farbigen Akzentuierung ins Rampenlicht. In Holztafelbauweise erstellte Kettenhäuser und ein Mehrfamilienhaus im badischen Grenzach-Wyhlen ergeben ein auffallend gelungenes Ensemble, dessen Blickfang die mit Dickschichtlasur in Mahagoni belebten Fassaden aus Holzdreischichtplatten darstellen. Das Architekturbüro Kromer-Piek (Grenzach-Wyhlen), die Stuckateure von der Albert Fuchs GmbH (Weil am Rhein) und die Heinrich Schmid Malerwerkstätten (Grenzach-Wyhlen) wurden für diese „feine Leistung“ an den schlichten Gebäudekörpern ausgezeichnet. dieser Niedrigenergiehäuser Nach Dachau – an die Maler Werner Ott und dv architekten, beide Dachau – ging die letzte Anerkennung des diesjährigen Wettbewerbs. Vorbildlich wird hier an einer neuen Grundschule demonstriert, wie Farbe zum integralen Entwurfsparameter für Architektur werden kann. Von außen ist der Bau ein strenger zweigeschossiger Kubus, aus dem im Inneren drei polygonale Gebäude herausgeschält wurden. Die flächigen Straßenfronten sind dezent monochrom beigegrau gestaltet, fassen, einem Wechselrahmen gleich, die tiefen Hofeinschnitte und inszenieren so den Übergang vom öffentlichen in den halböffentlichen Bereich. Im Inneren differenziert sich das Bauvolumen ebenfalls farblich durch drei kräftige Rot-Orange-Töne für die drei flächigen Baukörper, die nach außen leuchten. Wie durchgängig Fläche und Farbe korrespondieren, welch anregendes Wechselspiel sie eingehen – das überzeugte die Jury nachhaltig. Deutscher Fassaden-Preis geht in die nächste Runde Der farbigen Seite der Architektur wird auch das Baujahr 2007 neue spannende Perspektiven hinzufügen. Der Deutsche Fassaden-Preis versteht sich als Spiegel und Förderer dieser Entwicklung und geht damit in die nächste Ausschreibung. Ab Ende 2007 können Planer, Gestalter und Handwerker die Teilnahmeunterlagen für den Deutschen Fassaden-Preis 2008 anfordern (Kontakt: Brillux, Fax +49 (0)251 7188-439 oder E-Mail [email protected]) und ihre in diesem Jahr entstandenen Objekte einreichen. Stets aktuelle Termine, Teilnahmeinformationen und eine Rückschau auf die Preisträger seit 2000 stehen außerdem auf www.DeutscherFassaden-Preis.de zur Verfügung. Die Jury des Deutschen Fassaden-Preis 06/07: Prof. Julia B. Bolles-Wilson BOLLES + WILSON, Münster Dipl.-Ing. Elisabeth Plessen Chefredakteurin Deutsche Bauzeitung, Stuttgart Prof. Jürgen Braun (Vorsitz) Dipl.-Ing. Burkhard Fröhlich Büro Kiefner + Braun, Stuttgart/Mainz Chefredakteur DBZ, Gütersloh Andreas Gabriel Klaus Halmburger Chefredakteur ausbau+fassade, Geislingen Dipl.-Ing. Jo Heber Matthias Heilig Redaktion update:BAU, München Chefredakteur Mappe, Murnau Dipl.-Designer Werner Schledt Ulrich Schweizer Schledt & Schledt GmbH, Frankfurt Chefredakteur Malerblatt, Stuttgart Prof. Frank R. Werner Bergische Universität, Wuppertal Ansprechpartner für die Presse: Kerstin Kammann Telefon: +49 (0)251 7188-731 [email protected] Nina Gravermann Telefon: +49 (0)251 7188-759 [email protected] Brillux GmbH & Co. KG Weseler Straße 401 48163 Münster Telefax: +49 (0)251 7188-439 www.brillux.de