Mehrwert Natur Osterzgebirge - Leibniz

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Mehrwert Natur Osterzgebirge
Ökosystemdienstleistungen
erkennen, bewerten und
kommunizieren
Herausgeber: Olaf Bastian, Ralf-Uwe Syrbe
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V.
Weberplatz 1
01217 Dresden
www.ioer.de
in Zusammenarbeit mit J. E. Purkynĕ-Universität Ústí nad Labem
Autoren:
Olaf Bastian
Astrid Berens
Birgit Kochan
Nils Kochan
Kristýna Rybová
Jan Slavík
Sylke Stutzriemer
Ralf-Uwe Syrbe
Ondřej Vojáček
Inhaltsverzeichnis
Grußwort..........................................................................3
Naturkapital Osterzgebirge..............................................4
Die Natur – unser grünes Kapital....................................5
Was sind Ökosystemdienstleistungen?...........................7
Wie kann man die Leistungen der Natur erfassen
und bewerten?.................................................................9
Erfassung von Ökosystemdienstleistungen:
international – national – regional.................................10
Zwei Länder, eine Landschaft: das Osterzgebirge........11
Land der Bergwiesen und Steinrücken – wertvolle
Ökosysteme im Osterzgebirge......................................13
Leistungen der Natur im Osterzgebirge –
eine Auswahl.................................................................19
Auswahlexperiment und Zahlungsbereitschaft..............30
Leistungen der Natur dauerhaft erhalten!......................35
Erscheinungsjahr: 2014
Gestaltung:
Astrid Berens
Wer beeinflusst die Leistungsfähigkeit
der Ökosysteme?..........................................................37
Birgit Kochan
Instrumente und Handlungsmöglichkeiten....................38
Druck:
Bildung und Kommunikation – auch für den
Schutz der Natur unverzichtbar!....................................39
Manufaktur für Gestaltung, Dresden
Literatur.........................................................................41
Abbildungsnachweise....................................................44
Grußwort
In den oberen Lagen des Osterzgebirges blieb eine
vom Menschen geprägte, relativ kleingliedrige und
vielfältige Landschaft erhalten, die heute zu den Gebieten mit einer länderübergreifend hohen Bedeutung
für den Naturschutz zählt. Vor allem das bereits seit
Jahrhunderten bewirtschaftete Offenland mit vielfältigen, heute überregional gefährdeten Lebensräumen
wie Berg- und Feuchtwiesen, Magerrasen, Niedermooren und Steinrücken prägt den Landschaftsraum
Osterzgebirge mit seinem reichhaltigen Natur- und
Kulturerbe. Dazu kommen Reste ursprünglicher Natur
in Form von artenreichen Laub- und Nadelmischwäldern, Fließgewässern und Mooren.
Verbunden mit der Bewirtschaftung der Landschaft
durch den Menschen haben seit Beginn der Besiedlung und der Bergbautätigkeit im Mittelalter ständig
wachsende starke Eingriffe in den Naturhaushalt stattgefunden. Die Phase der starken Intensivierung der
land- und forstwirtschaftlichen Nutzung seit Mitte des
20. Jahrhunderts war (und ist) im besonderen Maße
mit einem Rückgang der Artenvielfalt verknüpft. Hinzu
kamen teils extreme Umweltschäden wie das „Waldsterben“ im Kammgebiet des Erzgebirges.
Die lang andauernden Naturschutzbemühungen im
Osterzgebirge erzielen bereits seit längerer Zeit Erfolge durch die Ausweisung von Schutzgebieten und
eine naturschutzgerechte Nutzung, gestützt durch Aktivitäten ehrenamtlicher und privater Naturschützer. In
den 1990er Jahren gelang es, das bundesweit geförderte Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“ zu etablieren, das sich besonders der Offenlandschaft mit ihren vielfältigen, blütenbunten Wiesen
und der abwechslungsreichen Steinrückenlandschaft
widmet. Dieses Projekt liefert wertvolle Impulse für die
Ausweisung mehrerer großer Naturschutzgebiete und
eine großflächige naturschutzgerechte Bewirtschaftung der Offenlandschaft im oberen Osterzgebirge.
Die heutigen Herausforderungen für die Erhaltung der
herausragenden Naturausstattung ergeben sich teilweise aus externen Einflussfaktoren wie Nährstoffeinträgen aus der Luft, Auswirkungen der Klimaveränderungen oder extremen Hochwasserereignissen.
Andererseits ist es in den Zeiten der industriellen
Landwirtschaft schwer geworden, nachhaltige Nutzungsformen für die Erhaltung jener Ökosysteme zu
finden, die von einer Bewirtschaftung durch den Menschen abhängig sind, z. B. Bergwiesen und Steinrücken. Dies kann auf Dauer nur gelingen, wenn die
Naturschutzziele an eine nachhaltige Bewirtschaftung
geknüpft werden. Das Erkennen, Bewerten, Kommunizieren und Fördern der vielfältigen Ökosystemdienstleistungen kann dazu entscheidend beitragen. Dabei
kommt es einerseits darauf an, Formen der regionalen
und überregionalen Vermarktung der Produkte aus
der naturschutzgerechten Land- und Forstwirtschaft
zu finden, die diese Nutzungen dauerhaft rentabel und
konkurrenzfähig machen. Andererseits trägt die hohe
Bedeutung für den Naturschutz dazu bei, dass am
Rand des Ballungsgebietes Großraum Dresden die
naturverträgliche Erholung eine immer größere Rolle
spielt und zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor werden kann. Auch für die Bereitstellung von Ressourcen
wie sauberes Trinkwasser sowie für den Hochwasserund Klimaschutz ist eine Förderung der naturschutzgerechten Entwicklung wichtig.
Dr. Bernard Hachmöller,
Referatsleiter Naturschutz im Landratsamt
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
3
Naturkapital Osterzgebirge
Das Projekt
„Mehrwert Natur Osterzgebirge“
Das international hochaktuelle Konzept der Ökosystemdienstleistungen (ÖSD) zielt darauf ab, den Nutzen der biologischen Vielfalt und intakter Ökosysteme aufzuzeigen und in marktwirtschaftlich orientierte
Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Dadurch besteht die Chance, dass die ökologischen Leistungen
bzw. Gratis-Naturkräfte erhalten bleiben und der Verschlechterung der Umwelt durch Überbeanspruchung
entgegen gewirkt wird. Das Konzept vermag Entscheidungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft
maßgeblich zu verbessern, indem die Leistungen der
Ökosysteme für Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit
vermittelt werden. Die Attraktivität des ÖSD-Ansatzes
fußt auf seinem integrativen, interdisziplinären Charakter sowie auf der Verbindung von Umwelt- und sozio-ökonomischen Konzepten. Ökosystemdienstleistungen bilden die Schnittstelle zwischen Ökosystemen
und menschlichem Wohlbefinden.
1. Erfassung und Bewertung ausgewählter Ökosystemdienstleistungen im Osterzgebirge.
2. Ökonomische und institutionelle Bewertung umweltpolitischer Steuerungsinstrumente sowie des
Managements von Ökosystemen.
3. Zielgruppenorientierte Aufbereitung der Ergebnisse, Öffentlichkeitsarbeit/Umweltbildung – unter
Einbeziehung neuer Medien.
Am wissenschaftlichen Projekt beteiligt waren das
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung
(IÖR) in Dresden und die J. E. Purkynĕ-Universität
Ústí nad Labem.
Das von der Europäischen Union sowie Sachsen
und Tschechien im Rahmen des Europäischen Fond
für regionale Entwicklung (Ziel 3) geförderte Projekt
„Mehrwert Natur Osterzgebirge. Ökosystemdienstleistungen erkennen, bewerten und kommunizieren.“
hatte zum Ziel, das ÖSD-Konzept exemplarisch für ein
länderübergreifendes regionales Untersuchungsgebiet zu demonstrieren und anzuwenden. Gewählt wurde ein Ausschnitt des Osterzgebirges beiderseits der
deutsch-tschechischen Grenze von 365 km² Größe,
und zwar die Territorien der Städte und Gemeinden Altenberg, Hermsdorf, Osek, Háj u Duchcova, Moldava,
Mikulov, Košťany, Dubi, Krupka und Petrovice.
Im Projektzeitraum von Juli 2012 bis Dezember 2014
wurden folgende Schwerpunkte bearbeitet:
4
Blick vom Geisingberg (Osterzgebirge)
Diese Broschüre richtet sich an Wirtschaft, Politik und
Behörden, Bildungseinrichtungen, Vereine und Verbände sowie an die breite Öffentlichkeit und informiert
über:
- den theoretischen Hintergrund,
- das Projektgebiet und seine typischen Biotope,
- die Bewertung einzelner Ökosystemdienstleistungen,
- Handlungsoptionen und praktische Anwendungen.
Die Natur – unser grünes Kapital
Selbst die kühnsten wissenschaftlichen Entdeckungen
und raffiniertesten technischen Neuerungen ändern
nichts an der Tatsache, dass wir Menschen auf die Natur angewiesen sind. Sie ist eine Grundvoraussetzung
für materiellen Wohlstand, persönliches Wohlergehen
und Glück. Insofern stellt die Natur mit ihren Pflanzen- und Tierarten sowie ganzen Ökosystemen unser
grünes Kapital dar.
Der Wert der Natur (und ihre Leistungen) bleibt uns
allerdings häufig verborgen. Das verleitet uns zu der
Fehleinschätzung, dieses Naturkapital sei unerschöpflich und könne zum Nulltarif, ohne Gegenleistung und
ohne sich weiter darum zu kümmern, in Anspruch
genommen werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Natur in politischen und wirtschaftlichen
Entscheidungen, aber auch im alltäglichen Verhalten
jedes einzelnen Bürgers kaum Berücksichtigung findet. Hauptursache dafür ist die Tatsache, dass Natur
und Landschaft, Ökosysteme und biologische Vielfalt
(Biodiversität) überwiegend kollektiv genutzte Leistungen und Güter hervorbringen, zu denen freier Zugang
besteht und die kaum auf Märkten gehandelt werden
(können). Daher existiert für sie kein Marktpreis. In
ökonomischen Bilanzen wird das Naturkapital deswegen häufig gar nicht berücksichtigt. Dies führt oft dazu,
dass die Gesellschaft zwar von den Gütern und Leistungen der Natur profitiert – solange sie da sind –, es
jedoch an genügend Anreizen für ihre Erhaltung und
schonende und nachhaltige Nutzung mangelt.
Da bestimmte Nutzungen der natürlichen Umwelt nicht
über Märkte geregelt sind, erscheint es nach wirtschaftlicher Logik sogar sinnvoll, Gratis-Leistungen
der Umwelt in möglichst großem Umfang in Anspruch
zu nehmen. Dabei werden diese kostenlosen Naturgüter und -leistungen weder von Produzenten noch von
Konsumenten in angemessener Weise wahrgenommen, vielmehr gelten sie weiten Teilen der Bevölke-
So gelten nach Aussage der internationalen Studie
Millenium Ecosystem Assessment1 inzwischen zwei
Drittel aller Ökosysteme weltweit als geschädigt und in
ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Damit verbunden sind teils dramatische Folgen für die Bevölkerung,
zum Beispiel die Verringerung des verfügbaren Trinkwassers in vielen Teilen der Welt, Schäden an den
Böden und Verlust der landwirtschaftlichen Produktivität, erhöhter Hitzestress in Städten oder die steigende
Gefahr von Extremereignissen (Dürren, Überflutungen
usw.). Die Abholzung der Wälder erhöht den Ausstoß
klimaschädlicher Treibhausgase (insbesondere CO2),
stört den regionalen Wasserhaushalt und führt zum
Verlust von biologischer Vielfalt. Derzeit gilt ein Drittel
aller Fischbestände der Welt als überfischt, mehr als
die Hälfte als vollständig ausgeschöpft.
Naturnaher Wald am Hemmschuh
Doch auch auf nationaler Ebene gibt es – trotz einiger Erfolge wie zum Beispiel bei der Gewässerqualität
oder beim Aufbau von Schutzgebieten – weiterhin einen schleichenden Verlust an biologischer Vielfalt und
Leistungen der Natur. Sorgen bereiten die anhaltenden Belastungen der Böden, der Grund- und Oberflächengewässer durch Schadstoffe und Düngemittel, die
ungebremste Verbrennung fossiler Energiequellen, die
Industrialisierung der Landwirtschaft, die zunehmende
Landschaftszerschneidung und Flächenversiegelung
durch Siedlung und Verkehr. Die Verbauung der Fließgewässer beeinträchtigt die natürliche Hochwasserrückhaltefunktion der Auen dauerhaft und verschärft
Schadensereignisse bei Hochwasser.
rung als selbstverständlich verfügbar. Doch diese Situation ist auf Dauer nicht tragbar, da die Folgen unseres
Handelns in Gestalt zunehmender Umweltprobleme
und -zerstörungen weltweit immer deutlicher zu Tage
treten und unsere natürliche Lebensgrundlage bedrohen.
Knapp drei Viertel der insgesamt 690 in Deutschland
vorkommenden Biotoptypen werden nach der Roten
Liste als „gefährdet“ eingestuft2 – gut ein Drittel aller in
Deutschland lebenden Wirbeltierarten gilt als „aktuell
gefährdet“, „verschollen“ oder „ausgestorben“.3 Ein erheblicher Teil der sächsischen und tschechischen Flora und Fauna gilt als gefährdet (siehe Abbildung S. 6).
5
Gefährdungssituation in Deutschland und Tschechien am Beispiel der Säugetiere, Brutvögel, Kriechtiere sowie Gefäßpflanzen
(bei unterschiedlichen Erfassungs- und Bewertungsmethoden und Zeitschnitten 4, 5, 6)
100 %
Deutschland (2009)
Tschechien (2003)
Deutschland (2009)
Tschechien (2003)
Deutschland (2009)
Tschechien (2003)
6
Deutschland (1996)
Anteil der nicht
gefährdeten Arten
Tschechien (2001)
Anteil der gefährdeten Arten
Was sind Ökosystemdienstleistungen?
Im Laufe der 1990er Jahre etablierte sich das Konzept
der Ökosystemdienstleistungen (auch Ökosystemleistungen, engl.: ecosystem services) in der internationalen Umweltdiskussion, um den vielfachen gesellschaftlichen Nutzen aufzuzeigen, der mit dem Erhalt
der biologischen Vielfalt und intakter Ökosysteme einhergeht. Damit soll erreicht werden, dass ökologische
Leistungen beziehungsweise sogenannte Gratis-Naturkräfte besser in marktwirtschaftlich orientierten Systemen berücksichtigt werden. Mithilfe des Ökosystemdienstleistungskonzepts kann aufgezeigt werden, wie
Wirtschaft und menschliches Wohlergehen von der
Natur abhängen, wie sich menschliche Konsum- und
Investitionsentscheidungen auf die Natur auswirken
und welche Konsequenzen mit der Nichtbeachtung
dieser Abhängigkeiten verbunden sind.
Ökosystemdienstleistungen sind Leistungen, die von
der Natur erbracht und vom Menschen genutzt werden. Das heißt nicht, dass diese nur in der unberührten
Natur vorkommen, sie können auch vom Menschen
begünstigt sein, z. B. durch veränderte Ökosysteme, wie sie in den Kulturlandschaften Mitteleuropas
vorherrschen. Ökosystemdienstleistungen bilden die
Schnittstelle zwischen Ökosystemen und menschlichen Bedürfnissen. Indem sie die Verbindungen zwischen den Ökosystemen in der Landschaft und den
wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten bzw.
Prozessen beleuchten, bieten sie einen Rahmen für
nachhaltige Landnutzung und dauerhaft umweltgerechte Entwicklung.
Heilpflanzen (Arnika)
Trinkwasser
Ästhetik (Feuer-Lilie)
Beispiele für die Vielfalt
der Leistungen der
Ökosysteme
Willdfrüchte (Preiselbeeren)
Rohstoff Holz
Ökosystemdienstleistungen werden in Versorgungsleistungen, Regulationsleistungen und sozio-kulturelle Leistungen unterteilt, passfähig zum Konzept der
Nachhaltigkeit mit seinen etablierten ökologischen,
ökonomischen und sozialen Entwicklungskategorien.7,
8, 9, 10
Versorgung mit Futter-/Lebensmitteln
Künstlerische Inspiration
Bestäubung
7
Versorgungsleistungen bieten dem Menschen nutzbare Güter wie etwa Nahrung, Wasser, Bau- und
Brennholz, pflanzliche Rohstoffe, Energie sowie medizinische und genetische Ressourcen. So ist zum
Beispiel die Landwirtschaft zwar auf den Einsatz von
menschlicher Arbeitskraft, Technik, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln angewiesen, aber ohne die grundlegenden ökologischen Prozesse nicht denkbar.
Die Leistungen naturnaher Ökosysteme ermöglichen
beträchtliche Kostenersparnisse. So ist Trinkwasser
aus naturnahen Quellgebieten durch die dort erbrachten Filterleistungen einfacher aufzubereiten. Gesunder Wald im Einzugsgebiet, natürliche Überschwemmungsgebiete und Retentionsräume (lat. retenire =
zurückhalten) unverbauter Täler dienen dem Hochwasserschutz und vermindern das Schadenspotenzial
entlang von Flüssen.
Die Natur besitzt ein beachtliches Innovationspotenzial, sie liefert eine Vielzahl an Vorbildern und Ausgangsstoffen für Technik, Medizin, Pharmakologie und
Nahrungsmittelproduktion. Sie ist damit Gegenstand
von Forschung und Basis neuer Erkenntnisse und Erzeugnisse. Sozio-kulturelle Leistungen der Natur sind
für das individuelle Wohlergehen, für Leistungsfähigkeit und persönliches Glück unverzichtbar.
Die Holzproduktion ist die wichtigste Versorgungsleistung
des Waldes.
Regulationsleistungen wirken positiv auf den Naturhaushalt ein. Beispiele sind die Unterstützung landwirtschaftlicher Produktion durch Bestäubung oder
die Neubildung von Böden, die Erhaltung der Fruchtbarkeit durch Bodenorganismen, die Verringerung der
Bodenerosion durch Bewuchs oder die regulierende
Wirkung natürlicher Fressfeinde auf Schadorganismen in Land- und Forstwirtschaft. Unerlässlich für
die menschliche Sicherheit und Gesundheit sind die
Reinigung des Wassers durch den Boden, die Zerlegung von Abfallprodukten und ihre Rückführung in
den Nährstoffkreislauf, die Minderung von Hochwassergefahren durch den Wasserrückhalt in natürlichen
Flussauen und die Bindung klimaschädlicher Treibhausgase durch Böden, Gewässer und Vegetation.
8
Steinrücken bremsen den Wasserabfluss nach Regen­
fällen.
Sozio-kulturelle Leistungen bereichern uns geistig
und umfassen unter anderem Ästhetik, Erholung und
Bildung beziehungsweise Informationen. Wir erfreuen uns an der Natur bei einem Ausflug „ins Grüne“,
beim Beobachten wildlebender Tiere, beim Sammeln
von Beeren und Pilzen oder beim Verfolgen des jahreszeitlichen Werdens und Vergehens. Insbesondere
naturbelassene Ökosysteme bieten vielfältige Möglichkeiten zur Erbauung und Inspiration, zur naturverbundenen Erholung und zu ästhetischem Genuss.
Naturnahe Landschaften vermitteln kulturelle Identität
und Wissen und geben uns ein Heimatgefühl.
Die Natur bietet vielfältige Möglichkeiten für Erholungsakti­
vitäten.
Wie kann man die Leistungen der Natur erfassen und bewerten?
Grundsätzlich gilt: Einen absoluten, einheitlichen
„Wert“ von Natur und Landschaft gibt es nicht. Werte
beruhen letztlich auf der individuellen Wertschätzung
eines jeden Einzelnen. Sie entstehen, indem Menschen etwas wertschätzen, das ihnen wichtig ist. Das
können materielle Dinge (z. B. Nahrungsmittel, Trinkwasser), aber auch immaterielle Sachverhalte (z. B.
die Schönheit einer Landschaft, ethische Haltungen
gegenüber der Natur) sein. Je nach materiellen, moralischen, spirituellen, ästhetischen oder anderen Interessen bzw. Einstellungen gegenüber der Natur ergeben sich für jeden Einzelnen unterschiedliche, meist
stark subjektiv geprägte Werte.
Es gibt eine Vielzahl von Methoden und Techniken,
um Ökosystemleistungen zu bewerten. Am einfachsten gestaltet sich die Bewertung von Gütern, die auf
Märkten gehandelt und mit einem Preis zum Ausdruck
gebracht werden können. Das trifft für viele Versorgungsleistungen zu. Bei Regulations- und sozio-kulturellen Leistungen ist dies weitaus schwieriger, da diese
häufig öffentliche Güter darstellen, für die keine Märkte
und somit keine Verkaufspreise bestehen. Hier bilden
die Erfassung und Einschätzung natürlicher Strukturen und Prozesse wie der Energie-, Stoff- und Wasserflüsse eine wichtige Grundlage. Ein anderer Ansatz
ist, zu prüfen, welche Kosten entstehen würden, wenn
eine Ökosystemleistung (z. B. Hochwasserschutz im
Wald) durch eine technische Lösung (z. B. Hochwasserrückhaltebecken) ersetzt werden müsste. Der Wert
des Waldes für den Hochwasserschutz entspräche in
diesem Fall den vermiedenen Baukosten. Man kann
aber auch fragen, welche Schäden ohne natürlichen
oder technischen Hochwasserschutz zu erwarten
sind. Die vermiedenen Schadenskosten wären dann
Richtschnur für den Wert der Hochwasserschutzleistung. Analysen zur Zahlungsbereitschaft für bestimmte
Werte oder Leistungen der Natur, häufig in Form von
Befragungen, können ebenfalls Auskunft geben.
Für die ökonomische Bewertung von Ökosystemleistungen stellt das Konzept des „Ökonomischen Gesamtwertes“ (Total Economic Value, TEV) eine derzeit
gängige methodische Basis dar. Dieses Konzept versucht, den Nutzen der Natur und alle ihre Leistungen
für den Menschen, d. h. auch indirekte und immaterielle Vorteile, zu erfassen und aufzuzeigen. So werden
auch Werte wie das bloße Wissen um eine unberührte
Wildnis oder die Sicherung der langfristigen Existenz
von Arten für einen einzelnen Menschen berücksichtigt („Existenzwert“). Der „Optionswert“ bringt zum
Ausdruck, dass Menschen bereit sind, nutzbare Dinge für die Zukunft zu erhalten, unabhängig davon, ob
eine spätere Nutzung tatsächlich stattfindet. Der „Vermächtniswert“ steht für den Willen der heute lebenden
Bevölkerung, Schätze des natürlichen und kulturellen
Erbes für künftige Generationen zu sichern.
An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass Natur- und Landschaftsbewertungen keinesfalls
auf direkte materielle oder monetär erfassbare Werte
beschränkt sind. Die Umwelt hauptsächlich nach ihrem
wirtschaftlichen Nutzen zu beurteilen, geht fehl. Selbst
wenn für bestimmte Ökosystemleistungen Geldbeträge ermittelbar sind, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die entsprechende Leistung so einfach „erkauft“ werden könnte. Den gesamten Naturbestand im
Sinne einer Inventur zu taxieren, ist ohnehin utopisch.
Die Natur ist lebensnotwendig, nicht ersetz- und bezahlbar und kann damit in ihrer Gesamtheit nicht ökonomisch bewertet werden. Man stelle sich vor, die von
den Ökosystemen der Erde hervorgebrachten Leistungen würden komplett ausfallen: Dies würde den Totalverlust unserer Lebensgrundlage bedeuten. In diesem
Sinn müsste man den Wert von Ökosystemleistungen
mit „unendlich“ beziffern.
Wie bemisst man den Wert einer Blindschleiche? Oft muss man sehr genau hinschauen, bevor sich einem der Wert erschließt.
9
Erfassung von Ökosystemdienstleistungen: international – national – regional
International macht gegenwärtig der sogenannte
TEEB-Prozess (The Economics of Ecosystems and
Biodiversity) von sich reden10. Dieser soll den Zusammenhang zwischen den Leistungen der Natur,
der Wertschöpfung der Wirtschaft und dem menschlichen Wohlergehen stärker ins Bewusstsein rücken.
Der TEEB-Prozess verdeutlicht, dass es wichtig ist,
die Leistungen und Werte der Natur noch genauer
zu erfassen und sichtbarer zu machen. Er soll Möglichkeiten untersuchen und Vorschläge entwickeln,
um Naturkapital besser in private und öffentliche Entscheidungsprozesse einzubeziehen, damit langfristig
die natürlichen Lebensgrundlagen und die biologische
Vielfalt erhalten bleiben. Auf nationaler Ebene finden
in zahlreichen Ländern entsprechende Bemühungen
statt, so auch in Deutschland und Tschechien.
Unter Federführung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Halle/Leipzig werden im Rahmen der
Studie „Naturkapital Deutschland – TEEB DE“ in den
Jahren 2012 bis 2015 vier umfangreiche Berichte zu
den Schwerpunkten Klimapolitik und Naturkapital,
Ökosystemdienstleistungen ländlicher Räume, Naturleistungen in der Stadt sowie zu Handlungsoptionen
erstellt. In der Tschechischen Republik wurde in den
Jahren 2010 und 2011 eine Pilotstudie zu Ökosystemdienstleistungen des Grünlandes durch das Umweltzentrum an der Karlsuniversität in Prag (COZP)
in Kooperation mit der staatlichen Naturschutzagentur
AOPK erarbeitet, um verschiedene Bewertungsverfahren von Ökosystemdienstleistungen zu testen und Nutzungsmöglichkeiten des Ökosystemdienstleistungskonzeptes im Naturschutz allgemein zu beurteilen.
Das gestiegene Bewusstsein gegenüber den Leistungen der Ökosysteme zeigt sich insbesondere in
internationalen, europäischen und nationalen Abkommen und Strategien wie der Biodiversitätskonvention
der Vereinten Nationen. Im Jahre 2011 wurde von der
10
EU-Kommission eine europäische Biodiversitätsstrategie vorgelegt. Die Biodiversitätsstrategie hat zum
Ziel, Ökosysteme und deren Leistungen bis zum Jahr
2020 besser zu sichern. Um den Verpflichtungen der
Strategie nachzukommen, wird in vielen EU-Mitgliedsstaaten zurzeit die Durchführung eines Nationalen
Ökosystem-Assessments, also eine flächendeckende
Erfassung und Bewertung von Ökosystemdienstleistungen diskutiert oder wurde bereits in Angriff genommen.
und nährstoffarme Bergwiesen erreichen zwar eine
hohe Artenvielfalt, jedoch ist die Menge des produzierten Futters eher gering. Bergwiesen schneiden somit
im Vergleich zu anderen Wiesen in der Bereitstellung
von Futterpflanzen schlechter ab. Dafür erbringen sie
aber sozio-kulturelle Ökosystemdienstleistungen wie
ästhetische und ethische Werte.
Doch nicht nur Überblicksdarstellungen von Naturkapital und Ökosystemdienstleistungen für ganze Länder und große Regionen sind wertvoll, sondern auch
Kenntnisse der konkreten Situation in kleineren Gebieten oder auch für bestimmte Landschaften, in unserem
Falle für das Osterzgebirge. Besonders interessant ist
hierbei, dass sich diese Mittelgebirgslandschaft über
zwei Länder erstreckt, und zwar Deutschland (Sachsen) und Tschechien (Böhmen). Im Rahmen des Projektes „Mehrwert Natur Osterzgebirge“ wurden einige
Ökosystemdienstleistungen charakteristischer Biotoptypen des Osterzgebirges (vor allem Bergwiesen,
Steinrücken, Moore, naturnahe Fließgewässer und
Wälder) beiderseits der deutsch-tschechischen Grenze exemplarisch erfasst und deren Wert für die Gesellschaft ermittelt.
Durch die Betrachtung der Ökosystemdienstleistungen dieser fünf besonders sensiblen Biotoptypen wurden die Artenvielfalt und damit Naturschutzaspekte in
den Vordergrund gestellt.
Versorgungsleistungen wie die Holzproduktion oder
die Futterpflanzengewinnung hängen nur von wenigen dominanten Arten ab, die Artenvielfalt spielt daher
meist eine untergeordnete Rolle. Zum Beispiel ist der
Anteil der Pflanzen, die auf Bergwiesen wachsen und
als Futtermittel geeignet sind, gewollt gering. Magere
Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), wunder­
schöne einheimische Orchideenart auf einer Bergwiese im
Osterzgebirge
Zwei Länder, eine Landschaft: das Osterzgebirge
Beim Erzgebirge handelt es sich um eine südseitig angehobene Pultscholle. Eine Pultscholle ist eine tektonische Bruchscholle, die auf einer Seite relativ flach und
auf der anderen bruchartig stark abfällt.
Schematische Darstellung einer Pultscholle
Von dem zwischen 800 und 1200 m ü. NN überwiegend auf tschechischer Seite gelegenen Kamm erstreckt sich deren Nordabdachung über 30 bis 45 km
weit nach Sachsen hinein. Der gebirgige Charakter
wird mehr durch die tiefe Zertalung, als durch markante Einzelerhebungen hervorgerufen. Im Gegensatz
dazu fällt das Erzgebirge auf der Südseite bis zum
Egergraben (Oherský rift) über kurze Distanz zum
Teil sehr steil ab. Zu den höchsten Erhebungen des
Osterzgebirges zählen Loučná (Wieselstein, 956 m),
Kahleberg (909 m) und Pramenač (Bornhauberg,
905 m). Als Grundgesteine überwiegen großflächig
Graugneise. Hinzu kommen Quarzporphyr, Granitporphyr sowie basaltische Zufuhrschlote oder Deckenreste tertiären Ursprungs, die markante Bergkulissen
wie z. B. den Geisingberg (824 m) hervorbrachten. Die
Bodenbildung aus nährstoffarmen, sauren Gesteinsverwitterungsdecken ergibt sandig-lehmige Böden mit
mittleren Nährstoffgehalten, die seit dem 13. Jahrhundert bis in die oberen Lagen landwirtschaftlich genutzt
werden.11
ein ausgesprochen raues Klima mit Jahresmitteltemperaturen von 5 bis 5,5 °C (Zinnwald bzw. Cínovec nur
4,3 °C) aufweisen, ist von Mittelwerten zwischen 7 und
7,5 °C auszugehen. Typisch für die montanen Lagen
des Erzgebirges sind Wollreitgras-Fichten-Buchenwälder und Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwälder,
vereinzelt vertreten in den Kammlagen sind auch Wollreitgras-Fichtenwälder.11
Die linken Nebenflüsse der Elbe aus dem Osterzgebirge wie Bahra, Seidewitz, Gottleuba, Müglitz und
Weißeritz sind für ihre Hochwasserereignisse bekannt.
Als Hauptursachen dafür gelten Starkniederschläge
bei sogenannten Vb-Wetterlagen, der (auf deutscher
Seite) bis in die oberen Lagen betriebene Ackerbau,
relativ geringe Waldanteile sowie die engen Talstrecken mit fehlenden natürlichen Ausbreitungsflächen.
Während Frühjahrshochwässer selten sind (geringe
Schneerücklagen), konzentrieren sich die Schadereignisse auf den Sommerzeitraum (Juli und August):
Zu katastrophalen Hochwässern kam es besonders in
den Jahren 1897, 1927, 1957, 2002 und 2013.
Das Osterzgebirge war auch von starken Waldschäden durch schwefelhaltige Immissionen betroffen. Im
gesamten Kammgebiet erinnern noch heute uneinheitliche Waldbilder mit Sekundärvegetation (u. a. Eberesche) und vermeintlich rauchharten Nadelbäumen
wie der Blaufichte an die Mitte der 1980er Jahre völlig entblößten Forstflächen. Erst nach Rückgang der
SO2-Einwirkungen nach 1990 konnte sich der Wald
erholen und mit einem zielgerichteten Waldumbau begonnen werden.
Dank der überdurchschnittlich wertvollen Naturausstattung, die entlang des gesamten Erzgebirgskammes beiderseits der Grenze zwischen Sachsen und
Nordböhmen anzutreffen ist, befindet sich hier auch
ein räumlicher Schwerpunkt von europäisch bedeutsamen Natura-2000-Gebieten. Teilweise grenzen diese
unmittelbar aneinander oder gehen ineinander über,
wodurch große zusammenhängende Schutzgebietskomplexe entstanden sind.
Die Pultscholle des Erzgebirges im Luftbild
Klimatisch ist das Osterzgebirge kontinental beeinflusst. Die Niederschlagsmengen betragen 750 bis
900 mm. Außerhalb der Hoch- und Kammlagen, die
11
12
Land der Bergwiesen und Steinrücken – wertvolle Ökosysteme im Osterzgebirge
Für das obere Erzgebirge charakteristische und besonders wertvolle Ökosysteme (Biotope) sind vor allem die unter dem Einfluss des Menschen entstandenen Bergwiesen mit ihrer Vielzahl an buntblühenden,
würzigen Kräutern, die an Feldrainen und Flurgrenzen
entstandenen Steinrücken (Lesesteinwälle) und die
Hochmoore und Moorwälder, welche noch kleinflächig
den Eindruck ursprünglicher Natur vermitteln. Andere
bemerkenswerte Ökosysteme sind Reste naturnaher
Bergwälder sowie naturnahe Fließgewässer.11
Fläche in ha
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
Bergwiese
Naturwald
Deutschland
Moor
Tschechien
Anteil flächenhafter Biotope im Projektgebiet
Länge in km
Insgesamt sind im Projektgebiet durch die Naturschutzbehörden 8.500 ha flächenhafte Biotope erfasst
worden (Karte, S. 12), davon 2.750 ha Bergwiesen,
350
300
250
200
150
100
50
0
Steinrücken
Bach
Deutschland
Tschechien
Anteil linienhafter Biotope im Projektgebiet
1.550 ha Moor und 4.200 ha relativ natürliche Bergwälder. Hinzu kommen Bergbäche mit einer Gesamtlänge von 330 km und etwa 194 km Steinrücken.
Diese fünf Biotoptypen werden im Folgenden genauer
erklärt.
sowie zahlreiche Spezialisten unter den Laufkäfern,
Spinnen, Heuschrecken und Zikaden.
Bergwiesen
Ein besonderer Anziehungspunkt des Osterzgebirges
sind seine artenreichen, bunt blühenden Bergwiesen,
welche die erzgebirgische Kulturlandschaft maßgeblich prägen. Entstanden sind sie durch regelmäßiges
Mähen (1- bis 2- mal jährlich) und Beräumen des
Mähgutes, vorzugsweise als Heu. Durch den jährlichen Nährstoffentzug wurden viele wuchsschwache
Pflanzenarten, so genannte Hungerkünstler, gefördert.
Diese stehen heute im Blickpunkt des Naturschutzes.
Bergwiesen kommen auf mäßig trockenen bis mäßig feuchten Standorten in Höhenlage ab ca. 500 m
vor. Zu sehen sind unter anderem Goldhafer-Wiesen,
Bärwurz-Rotschwingel-Wiesen und Trollblumen-Kohldistel-Wiesen. Je nach Bodenbeschaffenheit, Lage
bzw. Exposition und Wasserversorgung bilden die
Bergwiesen Übergangsformen zu Borstgrasrasen,
Feuchtwiesen und Trockenrasen aus. Kennzeichnende Pflanzenarten der Bergwiesen sind u. a.: Goldhafer,
Wald-Storchschnabel, Bärwurz, Perücken-Flockenblume, Verschiedenblättrige Kratzdistel, Großes Zittergras, Berg-Platterbse und Arnika. An feuchten Standorten wachsen auch Pflanzen wie Wiesen-Knöterich
oder Behaarter Kälberkropf. Einige seltene Pflanzen­
arten der Bergwiesen treten nirgendwo in Sachsen so
häufig auf wie im Osterzgebirge, z. B. Kopfige Teufelskralle, Trollblume oder Busch-Nelke. Als typische
Bewohner der Bergwiesen unter den Vögeln gelten
Braunkehlchen, Wiesenpieper, Wachtel und Wachtelkönig. Ein charakteristischer Vertreter der Reptilien
ist die Kreuzotter. Die Bedeutung der Bergwiesen für
die Insektenwelt verdeutlichen etwa 50 Tagfalterarten
Eine Bergwiese mit Wiesen-Knöterich und Bärwurz (vorn
rechts)
Blühende Wiesen üben eine große Anziehungskraft
aus und sind ein lohnendes Ausflugsziel wie zum Beispiel die Geisingbergwiesen bei Altenberg. Artenreiche
Bergwiesen bieten Erholungsmöglichkeiten, vermitteln
einzigartige ästhetische Eindrücke und geben Gelegenheiten zu Naturbeobachtungen. Der Kräuterreichtum von Bergwiesen stellt eine wertvolle Genressource
dar, z. B. in Bezug auf Heilkräuter und Gewürzpflanzen
oder zur Gewinnung gebietsheimischen Saatgutes.
Die größten Bergwiesenkomplexe auf der deutschen
Seite des Projektgebiet befinden sich am Geisingberg,
im Kammbereich zwischen Zinnwald und Fürstenau,
bei Schellerhau (u. a. NSG Weißeritzwiesen), im
Gimmlitztal bei Hermsdorf, bei Rehefeld sowie in der
Gestalt der pflanzengeographisch höchst bemerkenswerten Sattelbergwiesen um Oelsen. Auf der tschechischen Seite sind Bergwiesen im Kammgebiet bei
Adolfov-Krasný Les bis hin nach Petrovice konzentriert
(Černa louka, Špičak u. a.), zwischen Cinovec und Fojtovice, bei Moldava sowie auf der Rodungsinsel Nové
Město.
13
plan. Größere Bäume blieben als „Überhälter“ stehen
und wurden als Schnittholz verwendet.
Blühende Geisingbergwiese
Die Bergwiesenmahd ist anspruchsvoll und wird je nach Be­
schaffenheit der Wiesen per Hand oder mit kleinen Maschi­
nen erledigt.
Naturschutzgroßprojekt
„Bergwiesen im Osterzgebirge“
Steinrücken
Bergwiesen bedürfen einer pfleglichen Nutzung (regelmäßige Mahd, wenig Düngung) und sind durch
Nutzungsintensivierung oder Nutzungsaufgabe gefährdet. Da das obere Osterzgebirge über das größte zusammenhängende Gebiet intakter Bergwiesen
in deutschen Mittelgebirgen verfügt, zählt es nach
den Kriterien des Bundesamtes für Naturschutz als
schutzwürdiges „Gebiet von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung“. Für dessen Erhalt, Schutz
und Entwicklung wurde das Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“ ins Leben gerufen. Die 1. Phase des Projektes lief von 2000
bis 2008, die 2. Phase dauert von 2010 bis 2015.
Das Projektgebiet umfasst Wiesen der Orte Altenberg, Geising, Fürstenau und Fürstenwalde. Die
Maßnahmen finden in einem Gebiet von 2.700 ha
statt, davon 1.670 ha Kerngebiete (Phase 1 und 2).
(http://www.bergwiesen-osterzgebirge.de/projekt/).
Eine weitere Besonderheit des Erzgebirges sind die
vielen Steinrücken, die hier in einer für Deutschland
einmaligen Dichte existieren und eine kulturhistorisch
eindrucksvolle Landschaft prägen. Die Steinrücken
sind seit dem 12. und 13. Jahrhundert im Zuge der
bäuerlichen Erschließung entstanden, indem Steine von Äckern aufgelesen und am Rande der Felder
bzw. an den Flurstücksgrenzen linienförmig oder flächig zu Steinhaufen aufgereiht wurden. Daher werden
Steinrücken auch Lesesteinwälle genannt. Auf ihnen
stellte sich oft spontan eine spezielle Vegetation mit
verschiedenen Kräutern, Sträuchern und Baumarten
ein. Teilweise sind sie aber auch vegetationsfrei oder
nur spärlich bewachsen. Die Steinrücken wurden von
den Bauern genutzt, indem sie die Steinrückengehölze
häufig abschnittsweise auf Stock setzten. Beim Fällen
der Bäume beließen sie die Stubben, aus denen die
Gehölze wieder austrieben (Stockausschläge). Das
anfallende Holz fand als Brennholz Verwendung; Haselnüsse und Heidelbeeren bereicherten den Speise-
14
Wie der bisweilen unsensible Umgang mit Steinrücken
– auch in der Gegenwart – zeigt, sind vielen Menschen
deren zahlreiche Funktionen nicht bewusst. Steinrücken mindern die Windgeschwindigkeit, erhöhen die
Niederschlagsmenge (durch Festhalten des Regens,
Auskämmen des Nebels, Anhäufung von Schnee), beschatten den Boden und schwächen die Wärmestrahlung ab. An Hängen schützen Steinrücken aufgrund
ihrer dichten Durchwurzelung den Boden vor Erosion.
Die Gehölzvegetation der Steinrücken filtert wiederum
Staub aus der Luft.
Eine Steinrücke hätte hier durchaus das Abschwemmen von
Boden verhindern können.
Durch ihre Geschichte erinnern diese kulturhistorischen Landschaftselemente an traditionelle Wirtschaftsweisen. Sie gliedern die Landschaft und tragen
mit ihrer reichhaltigen Naturausstattung und ihrem
kulturhistorischen Wert erheblich zur Schönheit und
Einmaligkeit des Osterzgebirges bei. Steinrücken gehören zu den pflanzenartenreichsten Lebensräumen
der Kulturlandschaft. Ihre Vegetation in unteren und
mittleren Lagen setzt sich aus zahlreichen Gehölzar-
ten zusammen wie zum Beispiel Berg-Ahorn, Esche,
Vogel-Kirsche, Trauben-Eiche, Berg-Ulme oder SpitzAhorn. Auch viele Sträucher sind anzutreffen, vor allem
Weißdorn, Schlehe, Schneeball, Him- und Brombeere,
Eberesche, Wildrose sowie Schwarzer und Roter Holunder. Im oberen Osterzgebirge wird die Baumschicht
der Steinrücken fast ausschließlich durch Ebereschen,
Roten Holunder und verschiedene Pionierbaumarten
wie Sal-Weide, Hänge-, Karpaten- und Moor-Birke
sowie Zitter-Pappel bestimmt. Im Geising- und Sattelberggebiet bereichern Alpen-Johannisbeere und
Schwarze Heckenkirsche als floristische Besonderheiten das Vegetationsgefüge.
Durch ihre Lage in der Agrarflur stellen die Steinrücken
Rückzugsgebiete und Wanderkorridore für viele Tiere
dar, insgesamt wurden über 1.500 Arten registriert.
Eine besondere Bedeutung haben die Früchte der
Eberesche für die Herbst- sowie Frühjahrsdurchzügler und Wintergäste, z. B. Wacholder- und Misteldrossel. Steinrücken werden als Brutstätte genutzt, so von
Heckenbrütern wie Neuntöter und Dorngrasmücke,
oder als Ansitz zur Balz und Jagd (Mäusebussard,
Braunkehlchen und Waldohreule). Eine große Bedeutung besitzen sie als Äsungs- und Deckungsplatz
für das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn. Erdkröte
und Grasfrosch, Kreuzotter und Waldeidechse, Igel
und mehrere Spitzmausarten sowie eine Vielzahl von
Insekten, darunter bestimmte Raubfliegen, Wanzen,
Ameisen, Laufkäfer, Kurzflügler und Spinnen finden
hier ihren Lebensraum.12
Auf den Steinrücken des Osterzgebirges konnten
bisher insgesamt 48 gefährdete Gefäßpflanzenarten
nachgewiesen werden, aber auch viele Flechten und
Moose in offenen, unbeschatteten Bereichen.
Auf deutscher Seite erstrecken sich relativ großflächige Steinrückengebiete zwischen Altenberg über
den Geisingberg bis nach Lauenstein/Bärenstein, um
Schellerhau, um Fürstenau bzw. Fürstenwalde sowie
bei Falkenhain.
Busch-Nelke und Feuer-Lilie siedeln im Osterzgebirge
hauptsächlich auf Steinrücken. Weitere Beispiele für
seltene, geschützte Arten sind Seidelbast, Berg-Platterbse, Türkenbund-Lilie und Breitblättrige Glockenblume.
Auf tschechischer Seite befinden sich die größten
Steinrückengebiete bei Petrovice und Adolfov, insbesondere nordwestlich von Adolfov, u. a. in den Schwarzen Wiesen/Černa louka, nordwestlich von Krásný Les
und östlich von Cinovec (Přední Cinovec).
Naturnahe Wälder
Busch-Nelke
Eberesche, auch als Vogelbeere bekannt, bei Zinnwald- Ge­
orgenfeld
Naturnahe Wälder entsprechen in ihrer Baumartenzusammensetzung und Bestandsstruktur weitgehend
der potenziellen natürlichen Vegetation und zeichnen
sich durch eine – im Vergleich zu Forsten – geringere
Nutzungsintensität aus. Häufig enthalten sie höhlenreiche Einzelbäume oder Altholzinseln. Im Erzgebirge
sind das vor allem Bergmischwälder mit vorherrschen15
der Rot-Buche, Steilhang- und Schluchtwälder sowie –
in den obersten Kammlagen – Berg-Fichtenwälder.
Die Verteilung der natürlichen Waldgesellschaften im
Osterzgebirge hängt deutlich von der Höhenstufe ab
und wird durch Gesteins- und Bodeneigenschaften
sowie klimatische Besonderheiten weiter differenziert.
Die größten und in der Gegend höchst gelegenen
Fichten-(Tannen-)Buchen-Bergwälder findet man am
„Hemmschuh“ (846 m), einem Bergrücken südwestlich von Rehefeld (ca. 440 ha). Nördlich von Altenberg
wartet der Weicholdswald mit großflächigen Buchenbeständen (ca. 40 ha) auf. Neben Rot-Buche kommen
auch Berg-Ahorn und Weiß-Tanne in der Baumschicht
vor. Als Pflanzen des Berglandes gelten Quirlblättrige
Weißwurz und Purpur-Hasenlattich. Etwa 45 Brutvogelarten fühlen sich im Weicholdswald heimisch, darunter typische Vertreter montaner Buchenwälder wie
Hohltaube, Tannenhäher und Waldlaubsänger. Hinzu
kommen sieben Fledermausarten, darunter die seltenen Arten Große Bartfledermaus und Nordfledermaus.
In den osterzgebirgischen Tälern wachsen kleinteilig
gegliederte Hangwälder bis in die Hochlagen, z. B.
an Wilder und Roter Weißeritz, am Pöbelbach und an
der Müglitz. Lokale Besonderheiten stellen die Fichten- und Ebereschen-Blockwälder im Kammgebiet
dar. An der Nordwestseite des Berges Bouřnak (Stürmer, 869 m) steht ein von Wind, Schnee und Eis deformierter Buchenbestand (3 ha) unter Naturschutz,
die so genannten „Geisterbuchen am Stürmer“ (Buky
na Bouřňáku). Insbesondere bei Nebel vermitteln die
knorrigen Baumgestalten einen gespenstischen Eindruck und lassen Platz für Fantasie und Inspiration.
Naturnahe Fließgewässer
Als naturnahe Fließgewässer bezeichnet man nicht
oder gering ausgebaute und kaum begradigte Bäche
und kleine Flüsse. Erkennungsmerkmale sind eine
vielfältige Wasser- und Ufervegetation, wechselnde
Fließgeschwindigkeiten, vielfältige Bett- und Uferstrukturen mit seichten und tiefen Stellen, Steil- und
Flachuferabschnitten und Uferabbrüchen. Naturnahe
Fließgewässer, die genug Raum zur Verfügung haben,
erfüllen vielfältige Ökosystemleistungen. Sie leisten
wertvolle Dienste zur Grund- und Trinkwasserbildung
und zur Dämpfung von Hochwasserspitzen. Durch die
Selbstreinigungskraft helfen sie auch Schadstoffe zu
filtern. Außerdem sind sie beliebte Erholungsziele zum
Baden, Wandern oder Angeln.
Auf deutscher Seite sind Müglitz, Wilde und Rote Weißeritz die wichtigsten Fließgewässer. Sie und ihre Nebenbäche vermitteln stellenweise einen naturnahen
Eindruck. Auf tschechischer Seite sind kleine, oftmals
steile Bachläufe zu erwähnen, so die Bystřice bei Cinovec. Die Quellgebiete einiger nach Sachsen fließender Flüsse (Müglitz, Freiberger Mulde, Wilde Weiße-
Wald am Bouřňák (Stürmer, 869 m)
Auf deutscher Seite finden sich bemerkenswert natur­
nahe Wälder, so bei Bärenfels (NSG „Hofehübel“
sowie am Geisingberg (NSG) und im Müglitztal.
Purpur-Hasenlattich, von Schwebfliege besucht
16
Auf tschechischer Seite ist der gesamte steile Südhang des Erzgebirges von naturnahen Waldflächen
mosaikartig durchsetzt, so nordwestlich von Osek (um
Burg Osek und den Berg Stropnik), um Mikulov (nach
Nordwesten bis Moldava, nach Südosten bis Dubi),
zwischen Dubi und Telnice, südwestlich von Krasný
Les bis nordöstlich von Zadni Telnice und Adolfov.
Die Gimmlitz, ein Nebenfluss der Freiberger Mulde
ritz) befinden sich im Kammgebiet auf Hochflächen im
tschechischen Teil des Osterzgebirges.
Moore
Moore sind vom Regen- oder Mineralbodenwasser abhängige natürliche oder naturnahe Ökosysteme. Charakteristisch ist die Torfauflage, die dadurch entsteht,
dass abgestorbene Pflanzenteile unter ständigem
Wassereinfluss unvollständig zersetzt werden. Die für
das Erzgebirge typischen Hochmoore werden vom
Regenwasser gespeist. Hochmoorstandorte zeichnen
sich durch extreme Nährstoffarmut, pH-Werte von unter
4 (sehr sauer), über 100 Nebeltage im Jahr, Jahresniederschläge von über 1000 mm und Durchschnittstemperaturen, die deutlich unter denen ihrer Umgebung
liegen, aus. Nur speziell angepasste Pflanzenarten
sind fähig unter diesen extremen Umweltbedingungen
zu gedeihen. Im naturnahen Zustand sind Hochmoore
im Kern meist baumfrei mit wassergefüllten Schlenken
und torfmoosreichen Bulten. In den Randbereichen
und nach Entwässerungsmaßnahmen siedeln sich
Moorwälder an, vor allem der Bergkiefern-Moorwald.
Im Osterzgebirge existieren weniger Moore als im
restlichen Erzgebirge. Diese sind isoliert und kleinflächig. Das Georgenfelder Hochmoor ist das einzige
relativ gut erhaltene Hochmoor im sächsischen Ost­
erzgebirge und dank seines besucherfreundlichen
Lehrpfades auch das bekannteste. Jedoch ist nur
noch eine 0,4 ha große Fläche als lebendes Hochmoor übrig. Zur Vegetation gehören Torfmoospolster,
Rundblättriger Sonnentau, Moosbeere und Wollgräser. Aus degenerierten Torfmoosbulten haben sich
Zwerg­strauchgesellschaften mit Rausch-, Preisel- und
Heidelbeeren und vereinzelt Sumpf-Porst entwickelt.
Moorkiefern-Wälder kommen ebenfalls vor. Die Randlagen und das ehemalige Torfstichgelände am nördlichen Moorrand zeigen zwischenmoorartige Vegetation
mit Schmalblättrigem Wollgras, Schnabel-Segge, Torfmoosen (insbesondere Sphagnum fallax) und Pfeifengras. Hier brüten Raubwürger und Alpen-Birkenzeisig,
In den ehemaligen Torfstichen – die Mächtigkeit der
Torfschicht beträgt heute noch an einigen Stellen bis
zu 6 m – wachsen teils alte und knorrige Karpaten-Birken. Besonders eng an das Hochmoor gebunden ist
der Hochmoor-Gelbling, seine Raupe ernährt sich von
den Blättern der Rausch- oder Trunkelbeere.13
Die Fürstenauer Heide wurde zur Gänze abgetorft; sekundär haben Karpaten-Birken auf den Moor-Regene-
Georgenfelder Hochmoor mit Wollgras im Vordergrund
ab und an auch die Bekassine. Unter den Wirbellosen sind Alpen-Smaragdlibelle, Kleine Moosjungfer,
Torf-Mosaikjungfer und die Schmetterlingsart Heidelbeeren-Silbereule hervorzuheben.
Moorcharakter (Zwischenmoor) haben aber auch Flächen im Naturschutzgebiet „Weißeritzwiesen Schellerhau“ und „Gimmlitztal“.
Zu den interessantesten heute noch existierenden
Hochmooren des Osterzgebirges zählt die im Quellgebiet eines Flöha-Seitentälchens bei Nové Mĕsto
(Neustadt) gelegene Grünwalder Heide (Grünwaldské
vřesovištĕ). Neben einem urwaldartigen Bestand von
Moorkiefern bietet diese noch eine große Vielfalt an
Hochmoorpflanzen, so vor allem Schwarze Krähenbeere, Trunkelbeere, Wollgras sowie diverse Seggen
und Binsen. Besonders bemerkenswert sind die Eiszeitrelikte Rosmarin-Heide und Sumpf-Porst.
Rundblättriger Sonnentau im Georgenfelder Hochmoor
17
auch vielen Menschen nicht immer bewusst. Im dicht
besiedelten Mitteleuropa vermitteln Moore den Eindruck letzter Oasen einer relativ unberührten Natur
und ziehen interessierte Besucher an. Dort, wo sie für
den Besucherverkehr erschlossen und mit Naturlehrpfaden ausgestattet sind, so wie das unmittelbar an
der deutsch-tschechischen Grenze gelegene Georgenfelder Hochmoor, kommt ihnen eine Bildungsfunktion zu, indem sie z. B. zur Landschaftsgeschichte und
zur Pflanzen- und Tierwelt informieren.
Fürstenauer Heide
rationsflächen Fuß gefasst, wodurch das bedeutendste Karpatenbirken-Hochmoor in Sachsen entstand.
Die besondere Rolle von Mooren für den Wasserhaushalt einer Landschaft, für den Ausgleich des Mikroklimas und als Lebensraum einer bemerkenswerten
Pflanzen- und Tierwelt ist durchaus bekannt, wenn
18
Lehrpfad durch das Georgenfelder Hochmoor
Auf tschechischer Seite befinden sich größere Moorflächen zwischen der Grenze bei Holzhau (südlich der
Steinkuppe) und der Flaje-Talsperre. Bei Cinovec liegen Moore anschließend an das Georgenfelder Hochmoor auf der Hochfläche bis hin zum Berg Pramenáč
(Bornhauberg), so die Seeheide (U Jezera), in dem
sich noch ein großer gehölzfreier Moorkern verbirgt.
Hinzu kommen eine Fläche bei Adolfov (im Waldgebiet
nahe der Grenze) sowie kleine Flächen südöstlich von
Krásný Les.
Leistungen der Natur im Osterzgebirge – eine Auswahl
Nachfolgend werden ausgewählte Ökosystemdienstleistungen des Osterzgebirges aufgezeigt und soweit
möglich berechnet, wobei die fünf ausgewählten Biotoptypen Bergwiese, Steinrücke, naturnaher Wald, naturnahes Fließgewässer und Moor besondere Berücksichtigung finden. Nicht immer sind genaue Zahlen
oder gar Preise darstellbar, da oftmals die erforderlichen Daten nicht zur Verfügung stehen. In diesen Fällen wurde teilweise auf allgemeine oder aus anderen
Gebieten vorliegende Informationen zurückgegriffen.
Versorgungsleistungen
Bereitstellung von Nahrungs- und Futterpflanzen
Während Äcker im oberen Osterzgebirge kaum noch
vorhanden sind, spielt Grünland eine Schlüsselrolle
in der landwirtschaftlichen Produktion. Allerdings sind
die blumenbunten, eher ertragsarmen Bergwiesen
für Landwirte weniger von Interesse. Ein Großteil der
Bergwiesen im Osterzgebirge wird zur Gewinnung von
Viehfutter genutzt (Heu, Silage, gelegentlich Nachbeweidung im Spätsommer), für das Futter sind feste Abnehmer vorhanden. Allerdings besteht im Bergland ein
Grünmasseüberschuss von 30 %, es fällt also mehr
Grünmasse an, als verwertet werden kann. Dieser
Überschuss wird meist gemulcht oder als Gründünger
auf Äckern ausgebracht. Das heißt, das Angebot dieser Ökosystemdienstleistung ist höher als die Nachfrage.
Die erschwerte Verwendung überschüssiger Grünmasse führt auch zur Nutzungsaufgabe und zum Brachfallen von Parzellen. Dies betrifft natürlich insbesondere
schwierig und nur unter hohen Kosten zu bewirtschaftende Bereiche mit steilen Hängen, feuchten Stellen
sowie abgelegene Kleinflächen. Genau dies sind oft
die Voraussetzungen für die artenreichsten und wert-
vollsten Bergwiesentypen. Die Bewirtschaftung ist von
den Landwirten nicht rentabel zu bewältigen. Nur über
dauerhafte finanzielle Anreize (Agrarförderung) sind
die hohen Aufwendungen, z. B. für das Mähen per
Hand, ausgleichbar.
Von den 2,750 ha Bergwiesen im Projektgebiet können bei extensiver Wiesennutzung und unter Berücksichtigung der Naturschutz-Anforderungen jährlich
ca. 175.000 dt Heu geworben werden (63,3 dt/ha
Ertragsschätzung als Mischkalkulation aus den auf-
tretenden Wiesentypen). Im Falle einer erfolgreichen
Vermarktung der 45.000 dt Wiesenheu allein auf deutscher Seite ist etwa ein Erlös von 450.000 Euro möglich.14 Dem stehen Kosten für die Wiesenpflege von ca.
300.000 € gegenüber. Es bliebe somit ein Gewinn von
150.000 €. Diese Rechnung geht allerdings nur auf,
wenn Verluste der Flächen mit besonderen Nutzungserschwernissen durch Gewinne von ertragreicheren
Flächen kompensiert oder Fördermittel in Höhe der
Pflegekosten in Anspruch genommen werden können.
Staatliche Agrar- und Naturschutz-Förderung im Vergleich
In der Förderperiode 2007-2013 diente in Sachsen die Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Förderung von flächenbezogenen Agrarumweltmaßnahmen und der ökologischen
Waldmehrung im Freistaat Sachsen (AuW) zur Finanzierung der umweltgerechten Landwirtschaft. Die Fördersummen lagen im Jahr 2009 zwischen 190 €/ha für naturschutzgerechte Beweidung und 536 €/ha für die
Mahd von Brachflächen und Brachestreifen. Die Pflege geschützter Biotope und Lebensräume gefährdeter
Pflanzen- und Tierarten wurde parallel zum Vertragsnaturschutzprogramm durch spezielle Förderprogramme
unterstützt. Dazu gehörte die Richtlinie „Natürliches Erbe“, die unterschiedliche Pflegeverfahren berücksichtigte
und Erschwerniszuschläge entsprechend Hangneigung, Vernässung, anfallender Biomasse, Bewirtschaftungshindernisse, Parzellengröße und Anfahrtsweg zahlte. Die Fördersätze betrugen je nach Aufwand zwischen
274 €/ha für einfache Traktorenmahd ohne Erschwernisse und bis zu 2.930 €/ha für kleinflächige Handmahd.
Die tschechische Landschaftspflege wurde ebenfalls vor allem über Agrarumweltmaßnahmen gefördert. Diese
unterstützten zwar einen gewissen Grad an Bergwiesenpflege, konnten aber nicht dem hohen Anspruch der
naturschutzgerechten Pflege entsprechen. Die Förderung war vor allem für große Flächen ausgelegt. Dabei
war die Wiesenpflege an eine gleichzeitige Tierhaltung gebunden. Zudem verfolgten die Maßnahmen keine
tatsächlichen Naturschutzziele (Zielbiotope). Für eine beweidete Fläche gab es mehr Fördermittel als für eine
für die Mahd ausgewiesene Fläche. Flächen unter 5 ha wurden gar nicht berücksichtigt. Gerade dies sind
aber meist die naturschutzfachlich interessanteren Bergwiesen. Hier konnte über das nationale PPK-Programm
(Programm für Landschaftspflege) finanzielle Unterstützung beantragt werden. Allerdings gab es bei diesem
Programm keine finanzielle Unterstützung für höhere Aufwendungen. Dadurch wurde bei kleinen, pflegeaufwändigen Flächen häufig die Pflege aufgegeben. Viele der Pflegeflächen wurden nicht vom Mähgut beräumt,
sondern gemulcht. Im Unterschied zu Sachsen gibt es neben den Landwirten kaum ambitionierte Akteure (Vereine, Verbände, Einzelpersonen), die die aufwendige Pflege auf kleineren, schwer zugänglichen Bergwiesen
durchführen.15
19
Wildfrüchte
Wildfrüchte, Heilpflanzen, jagdbares Wild und Wildfische werden nicht angebaut oder gezüchtet, sondern
unmittelbar aus der Natur entnommen, meist im Rahmen von Freizeit- und Erholungsaktivitäten. Ein typisch
osterzgebirgisches Beispiel ist der in seiner Existenz
gefährdete Wildapfel (Malus sylvestris), die einzige
wild vorkommende Apfelart Mitteleuropas. Um den Erhalt des Wildapfels im Osterzgebirge zu unterstützen,
wurde 2007 ein Modell- und Demonstrationsvorhaben
ins Leben gerufen, das auf die langfristige Nutzung dieser Wildobstart zielte. Im Mittelpunkt standen dabei die
Herstellung von Tee, Gelee und Obstbrand, die Nutzung
des Holzes sowie die Verwendung von Wildapfel-Bäumen als Landschaftsgehölz und Baumschulware. Im
Rahmen des Projektes wurden ebenfalls genetische
Untersuchungen zur Sicherung des Erbgutes durchgeführt. Dabei konnte beim Wildapfel eine besondere
Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuerbrand nachgewiesen werden.16 Ist eine Obstanlage mit der Feuer-
brandkrankheit befallen, muss sie meist komplett gerodet werden. Die Isolierung des entsprechenden Gens
aus dem Erbgut des Wildapfels bietet neue Möglichkeiten für die Züchtung feuerbrandresistenter Apfelsorten. Für den Obstanbau hätte das einen großen Wert.
Laut Landwirtschaftsministerium der Tschechischen
Republik sammelt jeder Haushalt im Lande durchschnittlich jährlich 5,8 kg Pilze, hochgerechnet für das
ganze Land wären das insgesamt 21,9 Millionen kg
im Jahr, was einem Wert von etwa 71,9 Millionen €
entspricht.17 Spezielle Angaben für das Osterzgebirge
fehlen allerdings.
Ertrag Wildfrüchte in
Tonnen
Pilze
2012
Durchschnitt
1994-2012
32.800
21.900
Heidelbeeren
6.800
9.100
Himbeeren
3.400
3.100
Brombeeren
3.200
2.000
Preiselbeeren
Holunderbeeren
Gesamt:
300
800
2.200
2.000
48.800
38.900
Durchschnittliche Menge an Wildfrüchten, die in Tschechien
alljährlich gesammelt werden
Wildbret
Wildapfel während der Blüte
20
Anhand der Abschusszahlen und Preise für Wildbret
kann dessen ökonomischer Wert differenziert nach
Wildart je 100 ha Waldfläche pro Jahr ermittelt werden. So sind im Jahre 2012 im Verwaltungsjagdbezirk
von Altenberg 179 Stück (1.880 kg) Rehwild und 82
Stück (4.133 kg) Rotwild18 sowie (2008/2009) 87 Stück
(6.090 kg) Schwarzwild geschossen worden. Aus dem
Verkauf wurde ein Gesamterlös von ca. 43.000 € erzielt.19
Steinpilz
Der Wildbestand im Ústecký kraj (Bezirk Ústí n.L.)
betrug 2013: Rehwild 16.519, Schwarzwild 5.222, Hasen 11.946 Stück. Die Jagdstrecke belief sich im Jahre 2012 auf 5.594 Stücken Rehwild, 19.044 Stücken
Schwarzwild und 1.200 Hasen.20
Der Nutzen der Jagd bemisst sich nicht allein am Wildbret. Hinzu kommen die Vermeidung von Wildschäden
im Wald und auf Agrarflächen, die Ausgaben der Jäger für Waffen und Jagdutensilien. Auch die positiven
Effekte auf die Gesundheit durch den Aufenthalt, die
Bewegung und Erholung in der Natur sollten nicht unterschätzt werden. Viele Jäger engagieren sich zudem
für den Naturschutz, um die biologische Vielfalt zu erhalten.
Wildfisch
Das Angeln hat weit größere Auswirkungen als die
bloße Erbeutung von Speisefisch. Angler suchen und
finden Entschleunigung, Erholung und Entspannung;
sie genießen die Natur und geben ihr Wissen über den
nachhaltigen Umgang mit Ressourcen weiter. Viele
engagieren sich ehrenamtlich im Anglerverein, was
wiederum für die Gesellschaft insgesamt von Nutzen
ist.
In den Jahren 1991 bis 2003 gab jeder Angler in Tschechien jährlich ca. 40 € pro Jahr für Angellizenzen aus
(3 bis 5 € pro Angeltag).21 Die Zahl der im Jahr 2002 in
Deutschland wohnenden (aktiven und inaktiven) Angler ab 14 Jahren wird auf 3,8 Millionen geschätzt, das
entspricht einem Anteil von rund 5 % der Gesamtbevölkerung. Die direkten jährlichen Ausgaben pro Angler betragen etwa 920 € (direkte + indirekte Ausgaben
1.590 € pro Angler und Jahr).22
In den Fließgewässern um Altenberg und Hermsdorf
werden hauptsächlich Bachforellen gefangen. Dort hat
der Anglerverband 30 Mitglieder, die allerdings auch
auswärts angeln gehen, während umgekehrt auch Angelgäste das Osterzgebirge aufsuchen. Im Jahr 2012
wurden im Osterzgebirge 318 Angeltage, sprich Gewässerbesuche von Mitgliedern des Anglerverbandes,
vermerkt. Jedes Mitglied leistet jährlich mindestens
5-8 ehrenamtliche Arbeitsstunden am Wasser im Sinne des Naturschutzes.23
Der Nutzen naturnaher und fischreicher Gewässer beschränkt sich nicht allein auf monetäre Werte. Vielen
Anglern ist ihre Passion mehr wert, als durch die finanziellen Ausgaben ausgedrückt wird; viele wären bereit,
weitaus mehr Geld als notwendig aufzuwenden, um
die Gewässer nutzen zu können.
Holz
Holz ist eine vielseitige, wirtschaftlich sehr bedeutsame und begehrte Ressource. Ein sparsamer Umgang
mit dieser Ressource ist deshalb von großer Bedeutung. In Deutschland wurden zwischen 2002 und 2008
in etwa 60 % des Holzzuwachses genutzt.24
Sachsen ist heute zu knapp einem Drittel bewaldet.
Das entspricht in etwa 126 Millionen m3 Holz. Umgerechnet auf jeden Einwohner Sachsens wäre das ein
Holzwürfel mit einer Kantenlänge von über 3 m.25
in den ersten vier Jahren jeweils Erträge von 68.920 €,
ab dem fünften Jahr 14.860 €.27
Innerhalb des Projektgebietes existieren 4.214 ha
naturnaher Wald. Im Osten des Projektgebietes liegt
der stark auf Naturschutzziele orientierter Forstbetrieb
des „Landesvereins Sächsischer Heimatschutz“, einer
im Jahre 1908 gegründeten Naturschutzvereinigung.
Hier rechnet man mit jährlichen Hiebsätzen von nur
4,5 m³/ha. Wird dieser Ertrag auf die gesamte Naturwaldfläche angewandt, ergibt dies eine Summe von
18.963 m³ im Jahr. Die Einnahmeüberschüsse des genannten Forstbetriebes belaufen sich auf 5 €/ha.26 Das
entspräche für die Naturwälder des Projektgebietes
einem Deckungsbeitrag von 21.000 €.
Weltweit haben Heilpflanzen eine immense wirtschaftliche Bedeutung: Jährlich werden etwa 400.000 t medizinisch verwertbare Pflanzen (ca. 50.000 bis 70.000
Arten) im Wert von ca. 60 bis 80 Mrd. US-Dollar vermarktet. Von den ca. 440 in Deutschland heimischen
Arzneipflanzen werden hier ca. 75 Arten angebaut.
Die Anbaufläche hat sich zwischen 2001 und 2011 von
knapp 5.000 ha auf 10.000 ha verdoppelt. In Tschechien dagegen reduzierte sich die Anbaufläche. Wurden
im Jahr 2003 noch auf 5.162 ha Heilpflanzen kultiviert,
so waren es im Jahr 2013 nur noch 3.397 ha.10
Heilpflanzen
Durch den anwachsenden Brennholzbedarf werden
die Holzernte und Pflege der Steinrücken attraktiv, die
in der Vergangenheit fast zum Erliegen gekommen
waren. Die Holzentnahme ist hier aus Naturschutzsicht zu empfehlen, da die charakteristischen und
wertvollen Arten lichtliebend sind und von der Entnahme profitieren, z. B. Moose und Flechten, Feuer-Lilie,
Busch-Nelke, Kreuzotter und Mauswiesel. Der Tourismus profitiert von gepflegten Steinrücken durch bessere Sichtbeziehungen und die Bewahrung der landschaftlichen Vielfalt.
Bei der über mehrere Jahre dauernden „Ersteinrichtung“ einer Wiederaufnahme der Steinrückenpflege im
Projektgebiet würden vom Gesamtbestand der Steinrücken vier Jahre lang 3.446 Schüttraummeter (srm)
Holz anfallen, ab dem fünften Jahr dann 620 srm jährlich durch den regelmäßigen Schnitt der nachwachsenden Stockausschläge (bei einer angenommenen
Breite von 2 m x 3,5 m der beernteten Streifen). Bei
einem Holzpreis von 20 €/rm für Feuerholz ergäbe das
Die Echte Goldrute wird als Heilpflanze u. a. bei Blasenund Nierenbeschwerden eingesetzt.
21
Produkte mit Wildkräutern wie Kosmetika und Heilmittel erfreuen sich derzeit stark zunehmender Beliebtheit. Produktionsfirmen melden bis zu zweistellige Umsatzzuwächse bei Naturprodukten auf Kräuterbasis. In
Baden-Württemberg beispielsweise hat sich die Arbeit
des Wildkräutersammlers als eigenständiges Berufsbild etabliert.
Mit der Besiedlung der Mittelgebirgsregion entstanden Grünlandflächen, auf denen sich auch heilkräftige
Pflanzenarten ausbreiteten. Diese Standorte wurden
über Jahrhunderte zum Sammeln von Heil- und Würzkräutern genutzt. Zu den privaten Kräutersammlern
kamen im Westerzgebirge in späterer Zeit auch professionelle hinzu, die das Sammelgut als Ware anboten. Auf den Flächen des Naturschutzgroßprojektes
„Bergwiesen im Osterzgebirge“ wachsen 60 Pflanzen-
Arnika auf einer Bergwiese
22
arten, die als Arznei- und Gewürzpflanzen bekannt
sind. Darunter finden sich Arten wie Arnika, Bärwurz
und Blutwurz.
Arnika zählt zu den bekanntesten heimischen Heilpflanzen. In der heilkundlichen Literatur wird sie
erstmals im Jahre 1561 erwähnt. Der gelbblühende
Korbblütler ist unter vielen Namen bekannt, z. B. als
Bergwohlverleih, welcher bereits auf die wohltuende
Wirkung der Pflanze schließen lässt. Im Erzgebirge
galt die Pflanze lange als Allheilmittel und wurde – eingelegt in Alkohol – in Form von Aufgüssen, Tinkturen,
Ölen oder Salben für die verschiedensten Krankheiten
und Verletzungen verwendet. Bei lokaler Anwendung
wirkt Arnika entzündungshemmend, schmerzlindernd
und keimbekämpfend.
Arnika steht heute als stark gefährdete Art in Sachsen auf der Roten Liste (Kategorie 2), deutschlandweit gilt sie als gefährdet (Kategorie 3). Als Art des
Anhanges V der FFH-Richtlinie ist Arnika eine Art von
„gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus
der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein“ kann. Das heißt, dass es theoretisch möglich ist, Pflanzen oder Teile davon zu entnehmen, falls ein günstiger Erhaltungszustand beibehalten
werden kann und die Überwachung gewährleistet ist.
Im Erzgebirge ist dies jedoch nicht der Fall und die
Pflanze darf nicht aus der Natur entnommen werden.
Günstiger ist die Situation bei der Bärwurz, einer im
Osterzgebirge häufigen Grünlandart. Bärwurz bietet
neben der pharmazeutischen Anwendung auch eine
Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten als Genuss-
Trinkwasser
pflanze. Im erzgebirgischen Volksmund wird der stark
duftende Doldenblütler als „Köppernickel“ bezeichnet.
Im Osterzgebirge ist die Art auf mageren Bergwiesen
oft bestandsprägend. Verwendung findet die Pflanze
traditionell in der erzgebirgischen „Köppernickelsuppe“, ein Gericht auf Basis von Kartoffeln, das seine
Würze durch das intensive Kraut erhält. Das Bärwurzkraut ist auch sehr gut zur Herstellung von Kräuterquark, Käse oder Pesto geeignet.
In der Vergangenheit wurde Bärwurz zur Behandlung von Harnwegserkrankungen und Verdauungsbeschwerden genutzt. Heute noch bekannt ist die Pflanze
durch die Medizin der Hildegard von Bingen. Auf Grund
der Tatsache, dass die Art weder nach FFH-Richtlinie
noch nach Bundesnaturschutzgesetz unter Schutz
steht, ist die Idee einer Vermarktung durchaus realistisch. Besonders auf lokalen Märkten und in Restaurants könnte die Art an Bekanntheit gewinnen und so
zu einer lokalen Spezialität werden.
Eine andere im Erzgebirge weit verbreitete Pflanze ist
die Blutwurz, eine zierliche, gelb blühende Heilpflanze mit langer Tradition, um die sich Legenden ranken. Volkstümliche Namen sind vielfach auf das Wort
tormentilla zurückzuführen (lateinisch tormentum für
Leibschmerz). Der deutsche Name Blutwurz orientiert
sich an der roten Färbung der Wurzel, weswegen Blutwurz in der Vergangenheit für alle Erkrankungen des
Blutes einsetzte.
Heute wird die Wurzel in der Naturheilkunde innerlich
als Antidiarrhoikum und äußerlich gegen Angina und
Entzündungen im Mund- und Rachenbereich angewandt. Zudem werden Bärwurz wie Blutwurz in einigen
Regionen bei der Herstellung von Magenbitter-Likören
verwendet.
Die Quelle „Kalter Brunnen“ im Erdbachtal
Jeder Einwohner Deutschlands verbraucht im Schnitt
täglich 121 l Trinkwasser (2010).29 In Sachsen betrug
der Pro-Kopf-Verbrauch weniger, nämlich 84 l.30 In der
Tschechischen Republik lag der Verbrauch im Jahre
2009 bei täglich 92,5 l 31 und sank bis 2011 auf 83 l pro
Einwohner.32 In der Region Usti nad Labem werden
85 l (2009) verbraucht.
Bärwurz im Gimmlitztal
Blutwurz ist in Sachsen und Deutschland ungefährdet, ein Schutz nach FFH-Richtlinie und Bundesnaturschutzgesetz besteht nicht. Allerdings ist die Nutzung
eher schwierig, da nur die Wurzeln gebraucht werden.
Dennoch sollte das Potenzial der Art nicht unbeachtet
bleiben.28
Legt man diese Zahlen zugrunde, so benötigen die
37.000 Einwohner des Projektgebietes (9.153 Einwohner in den beiden deutschen und 27.875 Einwohner in
den fünf beteiligten tschechischen Gemeinden) demnach statistisch gesehen 1.125 Mio. m3 Trinkwasser
im Jahr.
Um so eine große Menge sauberes Rohwasser in
ausreichender Qualität zu gewinnen, sind intakte
Böden, Gewässer, Wälder und Feuchtgebiete erforderlich, die dies durch Grundwasserneubildung, natürliche Wasserreinigung und -speicherung sowie andere
Regulations­leistungen gewährleisten können.33
23
Regulationsleistungen
Kohlenstofffixierung –
Reduktion von Treibhausgasen
Angesichts der aktuellen Diskussionen um den vom
Menschen verstärkten Klimawandel rücken klimaschützende Leistungen der Ökosysteme wie die
Treibhausgasbindung immer stärker ins öffentliche
Bewusstsein. Eines der mengenmäßig bedeutendsten Klimagase ist Kohlendioxid (CO2). Die von uns betrachteten Biotoptypen Wälder, Moore und Berwiesen
binden größere Mengen dieses Gases durch den Einbau des darin enthaltenen Kohlenstoffes in Vegetation
und Böden. Wenn Moore entwässert oder Bergwiesen
zu Ackerland umgebrochen werden, entweicht CO2
wieder.
aktiv wachsen.37 Durch die Absenkung des Moorwasserspiegels gelingt Sauerstoff an die Torfsubstanz.
Dies führt zu deren Oxydation, da der vorher über lange Zeiträume gespeicherte Kohlenstoff als CO2 freigesetzt wird. Durch die Mineralisation der Hochmoortorfe
liegt der CO2-Ausstoß annähernd bei 15 t pro ha und
Jahr.38
Umgekehrt mindert die Wiedervernässung von Moorstandorten Treibhausgas-Emissionen. Renaturierte,
wiedervernässte Moore können sich auf Dauer wieder
zu den klimaneutralen Standorten entwickeln, die sie
einmal waren. Aktive Hochmoore können pro Jahr 1012 t CO2 pro Hektar aufzunehmen.39
Geht man davon aus, dass 1 ha naturnaher Wald ca.
420 t Kohlenstoff speichert, dann sind in den 42 km²
Naturwald des Projektgebietes 1,8 Mio. t Kohlenstoff
gebunden.34
Ein Umbruch von artenreichen Bergwiesen zu anderen
Nutzungen zur Freisetzung von durchschnittlich 914
Tonnen CO2 pro Hektar führen. Ähnlich sieht es bei der
intensiven Acker- und Grünlandnutzung aus. Jährlich
werden beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern
im Schnitt 24 t CO2 pro Hektar emittiert. Die dadurch
verursachten externen Kosten liegen zwei Drittel höher als die Einnahmen der Fleisch- und Milchproduktion. Je nach Bundesland, der regionalen Agrarstruktur
und der Nutzungsart variieren die Vermeidungs- und
Schadenskosten.36
Intakte Moore wachsen ca. 0,8 mm pro Jahr. Im Durchschnitt liegt das Torfwachstum allerdings weit darunter,
da viele Moore in keinem guten Zustand sind und infolge von Entwässerung und Austrocknung nicht (mehr)
24
Mooren ist jedoch nicht nur aktiver Klimaschutz, sondern auch ein Beitrag zur Erhaltung der Arten- und
Biotopvielfalt.
Wasserregulation / Hochwasserschutz
2010 lag der weltweite finanzielle Schaden durch
Hochwasserereignisse bei rund 36 Mrd. €. Im Jahre 2002 entstanden allein in Deutschland, insbesondere durch das Elbehochwasser, finanzielle
Schäden von 9 bis 15 Mrd. €; mehrere Menschen
kamen ums Leben. Im tschechischen Kreis Teplice
kam es 2002 zu Hochwasserschäden am Gemeindeeigentum in Höhe von 1,73 Mio. € und am Privateigentum von 1,04 Mio. €. Die Gemeinde Petrovice (Kreis Ústí n.L.) erlitt Schäden in Höhe von
0,87 Mio. € an Brücken, Verkehrswegen und Gemeindegrundstücken.
Das Schadenspotenzial ist in den letzten Jahrzehnten
infolge der zunehmenden Bebauung der hochwassergefährdeten Lagen deutlich angestiegen. Eine reiche
Ausstattung der Landschaft mit naturnahen Ökosystemen wie Wäldern, Mooren, Feuchtgebieten, Hecken
Wert der Kohlenstoffspeicherung deutscher und tschechi­
scher Hochmoore
Aufgrund der wenigen aktiven Hochmoore im deutschen Teil des Untersuchungsgebietes (ca. 48 ha) ist
die Kohlenstoffspeicherung relativ gering. Durch die
Renaturierung von Böden, auf denen sich Hochmoore
entwickeln könnten (ca. 860 ha), ließe sich der Anteil
erheblich erhöhen und könnte somit zur Verbesserung
des Klimas beitragen. Die Ökosystemdienstleistung
der Kohlenstoffbindung dieser potenziellen Moorflächen würde einem Geldwert in Höhe von ca. 10 Mio. €
entsprechen.40 Die Erhaltung oder Renaturierung von
Hochwasserschäden im Osterzgebirge nach der Flut 2002
Erosionsschutz
Durch die Nutzung der Böden als Ackerflächen gehen
in Deutschland pro Hektar und Jahr etwa 20 t fruchtbaren Bodens durch Wind- und Wassererosion verloren.
Dies geschieht bei unsachgemäßer Landnutzung,
z. B. durch die Entfernung schützender Vegetation.
Dem Bodenabtrag steht auf Gesteinsverwitterungsböden eine jährliche Neubildungsrate von maximal
1 t/ha gegenüber.10 Lössböden sind überhaupt nicht regenerierbar. Vermehrte Düngung kann die natürlichen
Bodenfunktionen nicht ersetzen, zudem verbraucht sie
viel Energie und erzeugt zusätzliche Treibhausgasmengen. Hecken, Feldgehölze und Feld­raine können
den Bodenabtrag von Ackerflächen mindern. Insbesondere in naturnahen Wäldern, Mooren und extensiv
bewirtschaftetem Grünland (Bergwiesen) kommt es
kaum zu Bodenerosion.
Wälder geben dem Wasser Raum und verzögern den Abfluss.
und andere Kleinstrukturen verzögert den Abfluss von
Niederschlagswasser und verringert dadurch das Ausmaß von Hochwasserwellen und Überschwemmungsschäden.
Im Schnitt reduziert 1 km² Wald bei einem 100-jährigen Hochwasser die Abflussspitze im Osterzgebirge
um ca. 0,44 m³/s. 41
Die Kosten des geplanten Hochwasserrückhalte­
beckens Glashütte (1 Mio. m³ Fassungsvermögen)
werden mit 2,5 Mio. € veranschlagt. Die ca. 42 km²
umfassenden naturnahen Wälder des Projektgebietes
halten über einen Zeitraum von 8 Stunden 0,5 Mio. m³
Wasser zurück. Wollte man diese Speicherfunktion auf
technischem Wege realisieren, so müssten Kosten in
Höhe von etwa 1,25 Mio. € gedeckt werden.42
Wasserreinigung
Im Hinblick auf die Bergwiesen ist interessant, dass
eine extensive, mit möglichst geringen Düngemengen
auskommende Grünlandnutzung im Vergleich zur intensiven Nutzung die Stickstoff-Fracht (N) im Sickerwasser um bis zu 20 kg/ha verringert. Ein Verzicht auf
die sonst übliche Narbenerneuerung spart N-Frachten
von 40 bis 50 kg/ha. Im Vergleich zur Ackernutzung werden bei extensiver Grünlandnutzung 30 bis 70 kg/ha
weniger Stickstoff ausgewaschen.33 Durch diesen Rückhalt ist das weitergegebene Wasser, z. B. durch Versickern, sauberer. Und je sauberer dieses Wasser infolge
des natürlichen Selbstreinigungsvermögens von Gewässern und der Filterleistung der Böden ist, desto geringer fallen die technischen Reinigungs- und Aufbereitungskosten aus, um gesundes Trinkwasser anzubieten.
Starke Niederschläge verursachen Bodenabtrag und Ver­
schlämmung auf dieser landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Bodenerosion zieht eine Reihe von Kosten nach sich:
Der Ersatz der Nährstoffe und des abgetragenen
25
Oberbodens (On-site-Kosten) und die Beseitigung
der Schäden an der Infrastruktur wie Straßen, Schienen, Gebäude, Rohrleitungen oder Rückhalte­becken
(Off-site-Kosten). Eine Beispielberechnung aus dem
unteren Osterzgebirge bei Dippoldiswalde ergab Ersatzkosten pro 1 t Bodenverlust in Höhe von 58,48 €
on-site und 15,83 € off-site pro Jahr.43
Schädlings- und Krankheitsregulation
Naturnahe Ökosysteme bieten Lebensräume bzw.
Refugien für eine Vielzahl an Organismenarten wie
Spinnen, Vögel, Bakterien oder Pilze, die als natürliche
Feinde von Schaderregern an Kulturpflanzen wirken.
Der Ausfall ihrer kostenlosen Leistungen hat Ertragsminderungen zur Folge, die allenfalls durch erhöhte
Ausgaben für Pestizide kompensiert werden können,
was jedoch häufig mit negativen Umweltwirkungen
(z. B. für Bienen) verbunden ist. Kleinstrukturen wie
Gehölze und größere naturnahe Biotope dienen den
„Nützlingen“ als Refugien.
Bestäubung
Die Bestäubung von Blüten durch Insekten ist ein
wesentlicher Bestandteil der geschlechtlichen Reproduktion bei 90 % aller Arten von Blütenpflanzen.
Die restlichen Arten, darunter viele Bäume und Gräser einschließlich Getreide, werden durch Wind bestäubt, nur wenige Arten durch andere Überträger wie
Wasser oder Vögel. Viele Obst-, Gemüse-, Gewürz-,
Öl- und Genusspflanzen sind auf den Blütenbesuch
durch Bienen, aber auch andere Bestäuberinsekten
wie Fliegen, Käfer und Schmetterlinge, angewiesen.
Auf jeden Fall erhöhen Insektenbesuche den Ertrag
einer Ernte. Von den rund 260 wichtigsten in der EU
landwirtschaftlich genutzten Pflanzenarten sind 84 %
von der Insektenbestäubung abhängig. Dieser hohe
Prozentsatz verdeutlicht die immense Bedeutung die26
ser Ökosystemdienstleistung für die Nahrungsmittelproduktion.44
Bienen, als größte Gruppe unter den Bestäubern –
weltweit gibt es 20.000 Bienenarten –, sorgen für
80 % der gesamten Insektenbestäubung. Der ökonomische Wert der Bestäubungsleistung von Honigbienen übersteigt den Wert der Produktion von
Honig und Wachs um das 10- bis 15-fache.10 Der
ökonomische Wert der Bestäubung weltweit beträgt etwa 70 bis 150 Mrd. € und deutschlandweit
2,5 Mrd. €.45
Erhaltung der biologischen Vielfalt
Die Vielfalt an Lebewesen und Ökosystemen stellt
eine Grundvoraussetzung für die Bereitstellung vieler Ökosystemdienstleistungen dar. Eine Möglichkeit,
biologische Vielfalt zu bewerten, ist die Ermittlung der
Zahlungsbereitschaft für Schutzmaßnahmen. Nach einer Untersuchung des Bundesamtes für Naturschutz
aus dem Jahre 2009 wäre jeder Haushalt in Deutschland im Schnitt bereit, jährlich für ein bundesweites
Naturschutzprogramm 192 € aufzuwenden.46
Ein weiterer Ansatz ist die Kalkulation des entgangenen Gewinns, z. B. bei Waldbeständen ohne forstliche
Bewirtschaftung, die als Naturwaldzellen für die biologische Vielfalt und ihre ungestörte Entwicklung unverzichtbar sind. Aus den betrieblichen Daten des Forstbetriebes des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz
ergibt sich ein durchschnittlicher jährlicher Deckungsbeitrag von 34 €/ha (2008-2011). In die Berechnung
eingegangen sind dabei Erlöse aus dem Holzverkauf
sowie Kosten für Holzernte (inkl. Rückung), Kultur-,
Jungwuchs- und Jungbestandspflege, Waldverjüngung (Flächenvorbereitung, Pflanzung, Zaunbau),
Wegeinstandhaltung, Waldschutz, Verkehrssicherung,
Verwaltung und Betreuung. Die aus der momentanen
Ein Lilagold-Feuerfalter auf Geflecktem Knabenkraut. Er gilt
als empfindlicher Bioindikator für ungestörte Wiesen und als
stark gefährdet.
Nutzung ausgenommenen Waldbestände (56,7 ha)
gelten als schwer bewirtschaftbare Standorte und zählen meist zur Leistungsklasse „sehr gering“. Nur bei
günstiger Holzmarktlage könnten diese Waldbestände
kostendeckend bewirtschaftet werden. Der Nutzungsverzicht auf diesen Flächen hätte somit keine oder
höchstens sehr geringe Einnahmeverluste zur Folge.
Gleichzeitig sind aber gerade diese Flächen aus Sicht
des Naturschutzes besonders wertvoll (Vorkommen
seltener und gefährdeter Arten) und besitzen meist
eine hohe Bedeutung für den Erosionsschutz (Bodenschutzwald laut Waldfunktionskartierung).47
Um die biologische Vielfalt in Wäldern zu erhöhen, werden auch Biotop- und Totholzbäume zurückgelassen.
Für diese Naturschutzmaßnahme kann der Waldbesitzer Fördermittel beanspruchen. Je nach Durchmesser
und Baumart beläuft sich dieser Betrag einmalig auf
13-181 € pro Stück für Biotopbäume bzw. 7-30 € pro
Stück für Totholz bei einem Mindestdurchmesser von
40 cm und einer Zweckbindungsfrist von 10 Jahren.
Wird auf die Nutzung vorhandener Biotopbäume und
Totholz in den naturnahen Buchenaltbeständen des
Forstbetriebes Landesverein Sächsischer Heimatschutz vollständig verzichtet, so betragen die ermittelten Kosten des Nutzungsverzichts jährlich 141 €/ha.47
Bei gezielter Anreicherung der Waldbestände mit Altund Totholz und bei Verzicht auf 5-10 % der möglichen
Nutzungsmenge, würde sich ein Einnahmeverlust in
Höhe von insgesamt 950-1.900 € pro Jahr ergeben.
Werden nur Bäume mit geringer Holzqualität von der
Nutzung ausgenommen, verringert sich der Einnahmeverlust auf ca. 630-1.270 € pro Jahr. Diese Zahlen
sind ein Äquivalent für die Kosten, die mit der Bewahrung der biologischen Vielfalt verbunden sind. Über
den Wert der Biodiversität als solches sagen sie allerdings nichts aus.47
Sozio-kulturelle Leistungen
Viele Menschen lieben die Natur. Natur, damit ist meist
unbewusst ein weites Spektrum, also eine große Vielfalt von Arten und Lebensräumen gemeint. Denn eine
große Vielfalt empfinden wir als ästhetisch ansprechend. Es sind also nicht nur ökonomische und ökologische Gründe, die uns biologische Vielfalt schützen
lassen. Es geht dabei in hohem Maße um ethische und
ästhetische Werte.
Birkhahn bei der Balz. Das Birkhuhn bevorzugt dazu offene Flächen.
Ethische Werte
Ethische Werte beinhalten unter anderem die Verantwortung des Menschen für die Natur und für die
Bewahrung der Vielfalt von Arten und Ökosystemen.
Im Erzgebirge trifft dies etwa auf das vom Aussterben
bedrohte Birkhuhn zu. Im Erzgebirge, insbesondere
auf der tschechischen Seite, lebt die größte mitteleuropäische Birkhuhnpopulation außerhalb der Alpen.
Die Population in Sachsen wurde im Jahr 2010 auf
50 Tiere geschätzt; auf tschechischer Seite ist deren
Zahl weitaus höher.48 Die Erhaltung und Sicherung
des Lebenraumes des Birkhuhnes ist nicht nur im re-
gionalen, sondern auch im europäischen Maßstab von
Interesse.
Viele Menschen kennen das Konzept der Ökosystemdienstleistungen zwar nicht, wissen die Natur und
ihre vielfältigen Leistungen aber natürlich trotzdem zu
schätzen. Eine Befragung des BMU/BfN zeigte deutlich, dass die Natur so genutzt werden sollte, dass sie
in vollem Maße für zukünftige Generationen erhalten
bleibt (93 % der Befragten), dass die Vielfalt der Pflanzen, Tiere und Lebensräume bewahrt wird (93 %),
ebenso wie die Schönheit und Eigenart der Landschaft
(92 %).49
27
Identifikation
Das spezifische Antlitz von Natur und Landschaft stiftet
Identität. Viele Menschen fühlen sich mit ihrer jeweiligen Heimat und der dortigen Natur und Landschaft
besonders verbunden, auch wenn sie von dort weg­
ziehen. Das können die ganz kleinen Dinge sein wie
ein Bach, an dem man als Kind Staudämme gebaut
hat, oder aber auch ein ganzes Land, ein Dorf oder
eine ganze Region wie das Erzgebirge. Mit der Natur
und bestimmten Landschaftsmerkmalen können sich
Erinnerungen an die Vergangenheit verbinden und Anregungen für heute und die Zukunft gewonnen werden.
Die Verbundenheit mit den Besonderheiten einer
Landschaft äußert sich zum Beispiel in der regionalen
Literatur, in Sagen und im Liedgut. Ein berühmtes Beispiel aus der Erzgebirgsregion ist das Volkslied vom
Vogelbeerbaum bzw. der Eberesche, das in erzgebirgischer Mundart den Charakterbaum der Steinrücken
und Wegränder, besingt. „Dar Vugelbärbaam“ ist ein
vermutlich 1887 entstandenes erzgebirgisches Volksund Heimatlied, das auch überregional bekannt wurde.
Den Text schrieb der sächsische Förster und Mundartdichter Max Schreyer. Seine Naturverbundenheit
inspirierte ihn immer wieder zu Gedichten und Liedern
über das Erzgebirge.
Noten des bekannten Volksliedes „Dar Vugelbärbaam“ von Max Schreyer
28
Die Früchte der Eberesche machen den Baum, der typisch
für die Steinrückenlandschaft ist, unverkennbar.
Ästhetischer Wert und naturverbundene
Erholung
Naturerlebnisse und der Kontakt mit der Natur allgemein sind für uns Menschen äußerst wichtig, um uns
zu erholen. Auch viele gesundheitsfördernde sportliche
Aktivitäten wie Wandern oder Rad fahren finden in Natur und Landschaft statt. Neben der Bewegung spielt
auch hier das Erleben der Natur eine große Rolle. Wie
kaum ein anderer Wirtschaftssektor ist der Tourismus
auf eine intakte Natur und Umwelt angewiesen – gerade auch in strukturschwachen ländlichen Räumen.
Für 57 % der Deutschen sind einer Umfrage des BfN
zufolge Naturerlebnisse als Reisemotiv besonders
wichtig.50 Um die Reisemotive und die Wertschätzung
von Landschaftselementen sowie Ökosystemdienstleistungen zu ermitteln, wurden während der Projektlaufzeit Befragungen von Tourismusunternehmen, Touristen und Einwohnern im Osterzgebirge durchgeführt,
u. a. im Schloss Lauenstein, in der Osterzgebirgsgale-
rie im Schloss Dippoldiswalde, im Lohgerber-Museum
Dippoldiswalde sowie an Wanderwegen. Dabei zeigte
sich, dass die befragten Besucher die Fließgewässer,
Bergwiesen und Mischwälder des Osterzgebirges am
meisten schätzen. Nadelwälder schnitten im Vergleich
nicht so gut ab (Abbildung links).
leben (85 %), Ruhe und Erholung zu erfahren
(70 %) oder sportlich aktiv zu sein (40 %).
Auf negative Landschaftsveränderungen wie einen
Rückgang der Artenvielfalt, zunehmende Bebauung,
Windkraftanlagen oder die Zerstörung von Bergwiesen
würden viele Befragte mit einem veränderten Reiseund Freizeitverhalten reagieren und das Osterzgebirge eventuell nicht mehr besuchen (Abbildung unten).
Ein Großteil der Touristen hatte das Osterzgebirge als Ausflugsziel gewählt, um die Natur zu er-
Bewaldung oder Aufforstung
Bau von Hochwasserrückhaltebecken
Solarparks und Windkraftanlagen
Großflächige Landwirtschaft
5
4,5
Zusätzliche Wintersportanlagen (Lifte)
4
3,5
3
Zunehmende Bebauung
2,5
2
1,5
1
Verlust von Arten und Ökosystemen
Fließgewässer
Mischwälder
Hecken/Steinrücken
Nadelwälder
Bergwiesen
Moore
Weidetierhaltung
Attraktivität der typischen Landschaftselemente des Osterzgebirges für Besucher, Skala von 1 (wenig attraktiv) bis
5 (sehr attraktiv)
0%
Begrüße ich
Neutral
10%
20%
30%
40%
Stört mich, besuche das Gebiet aber weiterhin
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Stört mich, dann komme ich nicht wieder
Beurteilung von möglichen Landschaftsveränderungen im Osterzgebirge
29
Auswahlexperiment und Zahlungsbereitschaft
Wer natürliche Gebirgsbäche und buntblühende Berg­
wiesen mag, wer den Blick auf Steinrücken genießt oder
die Moore bewundert, der hat sich bestimmt die Frage gestellt, welchen Wert (wenn auch keinen finanziellen) diese
Ökosysteme für ihn bzw. für die ganze Gesellschaft haben und wie schade es wäre, wenn sie zugrunde gingen.
Dieser Aspekt spielt im Naturschutz eine äußerst wichtige
Rolle.
Der Staat, aber auch Bezirke, Kreise und Kommunen,
entscheiden im Rahmen ihrer Finanzplanungen über das
Budget von Landschaftspflege und Naturschutz. Da die
verfügbaren Mittel begrenzt sind, ist es wichtig zu wissen,
was die potenziellen Nutzer dieser Ökosysteme (lokale
Bewohner, Landwirte oder Touristen) für wichtig – und
schützenswert – erachten. Mit ökonomischen Verfahren
kann festgestellt werden, wie viel die Nutzer freiwillig für
den Erhalt einer Landschaft und ihrer Ökosysteme spenden oder bezahlen würden (beispielsweise in Form von
Steuerzahlungen). Hierzu führten die Projektbearbeiter im
Sommer 2013 und 2014 Untersuchungen im Osterzgebirge durch. Sie befragten 322 Besucher in Komáří Vížka,
Lesná und Altenberg per Fragebogen, um deren subjektive Wahrnehmung des Wertes örtlicher Ökosysteme
darzustellen. Die Untersuchung wurde mit zwei Methoden
durchgeführt, dem Auswahlexperiment und der kontingenten Bewertung, mit der geäußerte Vorzüge ökonomisch in
Wert gesetzt werden. Auf diese Weise sollte festgestellt
werden, welche Form der untersuchten Naturelemente,
die im Osterzgebirge u. a. typisch sind, von Besuchern
bevorzugt wird und wie viel sie für einen Wochenendausflug zu einem dieser Orte bezahlen würden.
Folgende Landschaftselemente wurden betrachtet:
• Steinrücken – bewachsen oder gehölzfrei
• Fließgewässer – naturnah oder technisch ausgebaut
• Bergwiesen – blühend oder blütenarm bzw. brachgefallen und verbuscht
30
Im Auswahlexperiment bekamen die Befragten schrittweise verschiedene Abbildungen zu sehen, auf denen die
Landschaftselemente in unterschiedlichen Ausprägungen und Kombinationen abgebildet waren, jeweils drei
auf einer Karte. Gleichzeitig verzeichnete jede Karte einen Geldbetrag, den der Besucher hypothetisch für einen
Wochenendausflug für Anreise und Unterkunft bezahlen
würde. Die Befragten sollten von zwei ähnlichen Karten diejenige auswählen, die ihnen besser gefiel (siehe Abbildung).
Im Rahmen der kontingenten Bewertung wurden die Besucher befragt, wie hoch der einmalige Jahresbetrag ist, den
sie bereit wären zum Erhalt der Landschaftselemente beizusteuern.
Es zeigte sich, dass die Besucher zwischen den Landschaftselementen deutlich differenzierten und diejenigen bevorzugten, die einen relativ guten Pflegezustand vermitteln. So favorisierten die Besucher blühende, unverbuschte Bergwiesen
ohne Weidetiere. Sie schätzten naturnahe Fließgewässer,
sowohl ursprüngliche als auch renaturierte. Die Stein­
rücken wiederum sollten nicht beseitigt werden oder mit
Gehölzen zuwachsen, sondern erhalten und regelmäßig
gepflegt werden, um in der Landschaft sichtbar zu bleiben.
Die Touristen beider Länder sind bereit, im Mittel 14 € bis
23 € höhere Reisekosten in Kauf zu nehmen, um blühende Bergwiesen zu sehen, die nicht mit Gehölzen überwachsen sind und übrigens auch nicht beweidet werden.
Dabei akzeptieren Tschechen eher noch eine Beweidung
und die Deutschen eher einen Bewuchs. Noch wertvoller,
nämlich zwischen 23 € (Tschechen) und 44 € (Deutsche)
sind den Touristen naturnahe Bäche. Unterschiede bestehen bei den Steinrücken: Deutsche sehen sie lieber mit
Gehölzen bestanden, während unsere Nachbarn für ein
Reisegebiet mit unbewachsenen Steinrücken höhere Aufwendungen in Kauf nehmen würden.
Beispielhafte Darstellung zweier Kartenvorlagen zum Auswahlexperiment. Die Angebote enthielten entweder die vernach­
lässigten überwachsenen Steinrücken zum Preis von 35 € oder die gepflegten, unbewachsenen Steinrücken für 50 €.
Die Frage nach der Wichtigkeit von Ökosystemdienstleistungen ergab, dass neben dem Erholungswert und
den Versorgungsleistungen Trinkwasser und Luft vor
allem das Angebot an Lebensräumen für Tiere und
Pflanzen als wichtig angesehen wird (Abbildung).
Nach Berechnungen im Rahmen der sächsischen
Landschaftspflegestrategie wären jährlich 5,8 Mio. €
für die Pflege aller wertvollen Biotope sowie für Artenschutz- und Restrukturierungsmaßnahmen im Land-
durchschnittlich 2,94 € pro Person und Tag für eine
attraktive Natur und Landschaft zu bezahlen. Im Jahr
2011 zählte die Verwaltungsgemeinschaft Altenberg
415.844 Übernachtungen.52 Hochgerechnet auf alle
Gäste könnten, in Form einer Naturtaxe, ca. 602.733 €
eingenommen und somit die anfallenden Kosten für
Naturschutz und Landschaftspflege mehr als gedeckt
werden. Die ermittelte Zahlungsbereitschaft bringt Präferenzen der Bevölkerung zum Ausdruck und kann als
Aufforderung an die Politik verstanden werden, Steu-
75
50
Inspirationsquelle
Energieerzeugung
Futter und Nahrung
Schutzfunktion
Kohlenstoffbindung
Bestäubung
Tiere und Pflanzen
Saubere Luft
0
Trinkwasser
25
Schönheit und Ruhe
Zustimmung in %
100
Bedeutung von Ökosystemdienstleistungen im Ost­erzgebirge für die Befragten (Mehrfachnennungen möglich)
kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, in welchem
die Stadt Altenberg liegt, nötig (35,07 €/ha/a).51 Auf
das Territorium von Altenberg (165,9 km²) selbst entfielen mindestens 582.000 € jährlich. Befragungen vor
Ort ergaben, dass 49,3 % der Besucher bereit wären
ergelder so umzuverteilen, dass Schutz und Pflege der
Landschaft, auch im Sinne einer wirtschaftlichen Förderung des Osterzgebirges, gesichert wären.
Bildungs- und Erziehungswerte
Archiv der Landschaftsgeschichte
Die Bildungsfunktion von Ökosystemen spiegelt sich
zum Beispiel durch ihre Behandlung im Schulunterricht wider oder anhand erlebnispädagogischer bzw.
umweltbildender Angebote in der Region, so in Form
von Naturlehrpfaden. Den Wert eines Gebietes für die
Wissenschaft zu bestimmen ist allerdings schwierig.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Anzahl einschlägiger wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu messen.
Ein weiterer Aspekt ist der Erkenntnisgewinn bezüglich
der Landschaftsgeschichte: Unsere heutige Kulturlandschaft ist das Ergebnis eines Jahrtausende langen
Entwicklungsprozesses, in dessen Verlauf der Mensch
seine natürliche Umwelt veränderte und umgestaltete. Kulturlandschaften stellen somit das Ergebnis der
Wechselwirkung zwischen naturräumlichen Gegebenheiten und menschlicher Einflussnahme im Laufe der
Geschichte dar.53 Aus früherer Zeit blieben hier und da
Strukturen und Elemente als Relikte erhalten. Diese
historischen Kulturlandschaftselemente künden von
der Geschichte und prägen bisweilen die Eigenart,
Vielfalt und Schönheit ganzer Landstriche. Sie sind
Zeugnisse des Lebens, Wirtschaftens und Fortbewegens der Menschen in der Landschaft, die aufgrund
der veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser ursprünglichen
Form nicht mehr entstehen oder geschaffen werden,
sich aber bis heute rein zufällig oder durch besondere
Schutzbestimmungen erhalten haben. Hierzu zählen
die Bergwiesen und Steinrücken.
Historische Kulturlandschaftselemente
•
sind wertvolle landschaftsgeschichtliche Quellen
zur Entwicklung unserer Gesellschaft und ihrer
Wirtschaftstätigkeit,
31
•
tragen maßgeblich zur Eigenart einer Landschaft
bei,
•
sind Lebensstätten für Pflanzen und Tiere und oftmals letzter Rückzugsort für seltene und gefährdete Arten und
•
erhöhen die Attraktivität eines Gebietes für den
Tourismus.
Die Osterzgebirgsgalerie im Schloss Dippoldiswalde
besitzt ca. 1.200 Arbeiten von 180 Malern, Zeichnern
und Grafikern, die zwischen 1890 und 1990 entstanden sind und sich mit der Region beschäftigten.56 Neben der künstlerischen Bedeutung haben diese auch
einen großen volkskundlichen Wert. Sie zeigen, wie
vergangene Generationen die Natur nutzten und spiegeln die Veränderungen in der Landschaft wider.
Auch heute wählen immer noch viele Künstler das
Osterzgebirge als Wohn- und Arbeitsstätte und selbst
Laien lassen sich von der Natur vor der Haustür inspirieren. Mitglieder des Malzirkels Geising (Stadt Altenberg) interpretierten beispielsweise auf ihren Bildern
typische Bergwiesen, Steinrücken, Wälder, Gewässer
und Moore des Osterzgebirges. Im Rahmen des Projektes wurden Bilder des Malzirkels bei Veranstaltungen ausgestellt.
Moore geben Aufschluss über die Landschaftsgeschichte, da sie, durch ihre über Tausende von Jahren
gewachsenen Torfschichten, als Archive der Erdentwicklungsgeschichte fungieren. Neben Pflanzenresten
werden auch aus der Umgebung eingewehte Partikel
wie Pollen, Sporen oder Asche im Torf eingelagert. So
ergibt sich im Laufe der Zeit eine Art Tagebuch der umwelt- und kulturgeschichtlichen Gegebenheiten. Durch
Pollenanalysen können Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der im jeweiligen Zeitraum vorhandenen
Vegetation gezogen und Vegetationsveränderungen
erfasst werden.54
Entsprechende Forschungen fanden schon in den
1920er Jahren in der Moorforschungsstation Sebastiansberg (Hora Sv. Šebestiana) zu den böhmischen
Hochmooren statt. Ab den 1930er Jahren widmeten
sich umfangreiche Untersuchungen mittels Pollenanalyse der Entwicklungsgeschichte der sächsischen
Moore und Wälder seit der letzten Eiszeit.55
Ausstellung der Bilder des Malzirkels Geising im LeibnizInstitut für ökologische Raumentwicklung in Dresden
Künstlerische Inspiration
Indikation von Umweltzuständen
Seit jeher fühlen sich Menschen von der Schönheit der
Natur des Osterzgebirges wie auch von in der Region
verwurzelten Legenden und Mythen angezogen und
künstlerisch inspiriert. Das Osterzgebirge stand sowohl früher als auch heute in der Gunst zahlreicher
Künstler.
Wie sauber ist die Luft? Wie verschmutzt sind fließende und stehende Gewässer? Welche verkehrsbedingten Belastungen liegen vor? Welchen Einfluss hat der
Abbau von Rohstoffen? Bei der Beantwortung dieser
und weiterer Fragen über den Zustand der Umwelt
können sogenannte Indikatoren helfen. Indikatoren
32
„Knabenkraut am Geisingberg“ von Martina Meißner vom
Malzirkel Geising (2013)
sind relativ leicht erfassbar und besitzen zugleich
überdurchschnittlichen Erklärungsgehalt in Bezug auf
das zugrunde gelegte Problem.57 Hierzu zählen auch
die Bioindikatoren: Das sind Organismen, deren Lebensfunktionen sich mit bestimmten Umweltfaktoren
so eng korrelieren lassen, dass sie als Zeiger dafür
verwendet werden können.58
Amphibien zeigen ein charakteristisches Wanderverhalten zwischen Laichgewässer, Sommer-Landlebensraum und Überwinterungsplatz, sie benötigen also ein
dichtes Netz verschiedenster Lebensräume. Zudem
sind sie wegen ihrer empfindlichen Haut gegenüber
Umwelteinflüssen und -veränderungen sehr anfällig.
Ihr Vorkommen oder Nicht(mehr)vorkommen geben
so auch Auskunft über den Zustand der Ökosysteme.62
Der selten gewordene Grasfrosch hält sich gerne
auf Wiesen und Weiden auf und begibt sich nur zum
Laichen in stehende oder fließende Gewässer. Rück-
Der Grasfrosch wird bis zu 8 cm groß und verbringt die
meiste Zeit auf Wiesen.
Der Wachtelkönig bevorzugt langgrasige Wiesen wie die Bergwiesen des Osterzgebirges.
gangserscheinungen dieser geschützten Art haben
ihre Ursache in der Intensivierung der Landwirtschaft
und dem damit verbundenen Pestizid- und Düngemitteleinsatz, der Fragmentierung und Zerstörung der Lebensräume, z. B. durch Straßen und andere Baumaßnahmen, und der Versauerung der Gewässer, was
zum Absterben des Laiches führt.63, 64
die nicht zu dicht sind für einen ungehinderten Anflug
an den Brutbaum. Von der Bautätigkeit des Schwarzspechtes profitieren wiederum andere Tierarten: Vögel
wie der Rauhfußkauz, verschiedene Fledermausarten
und Eichhörnchen sind Nachmieter seiner Höhlen. Infolge der kürzeren Umtriebszeiten im Forst verringert
sich das Angebot an Altbäumen.60
Vögel zählen zu den wichtigsten Indikatorarten, denn
Vögel und ihre Lebensraumansprüche sind sehr gut
erforscht. Das Fehlen bestimmter Arten in potenziell
geeigneten Lebensräumen ist meist ein Signal für Störungen oder strukturelle Mängel in diesen Räumen.59
Der Wachtelkönig (bzw. die Wiesenralle) bevorzugt
als Bodenbrüter ausgedehnte langgrasige Wiesen
und Feuchtgrünland mit dichtem Gras. Entscheidend
sind ausreichende Deckung von oben und gute Durchdringbarkeit am Boden. Auch lineare Strukturen wie
Staudensäume sind wichtig, wie z. B. die Steinrücken
im Untersuchungsgebiet. Als Probleme für den Wachtelkönig erweisen sich die Intensivierung der Landwirtschaft mit Grünflächenumbruch und zu frühe Mahd.61
Wertgebend für die Wälder im Erzgebirge ist der
Schwarzspecht. Er ist ein Indikator für Naturnähe, da
er seine Höhlen in hochstämmigen, gesunden und
starken Bäumen anlegt. Dabei bevorzugt er Wälder,
33
Säugetiere erfreuen sich eines hohen Bekanntheitsgrades, sie besiedeln nahezu alle Lebensräume. Einige sind in besonderem Maße als Bioindikatoren geeignet, denn sie sind mobil und benötigen große Räume
mit komplexer Habitatausstattung.65
So benötigen Fledermäuse als flugfähige und somit
sehr mobile Säugetiere verschiedenste Lebensräume:
Sommer-, Wochenstuben-, Übergangs- und Winterquartiere sowie Jagdhabitate, außerdem oft linienförmige Landschaftselemente als Leitlinien zwischen
den Lebensräumen. Alle europäischen Arten sind Insektenfresser. Ihr Vorkommen signalisiert vielfältige
ungestörte Landschaft und Insektenreichtum. Durch
den Verlust und die Störung ihrer Quartiere sowie des
Vergiftens der Nahrung durch Pestizide zählen sie zu
den am stärksten bedrohten Säugetieren.66, 67, 68
kommt Arnika nur noch sehr selten wild wachsend im
Erzgebirge vor.68
Jede Pflanze weist eigene, sogenannte ökologische
Potenzen auf – jede Art hat spezifische Ansprüche
an ihren Standort. Dadurch macht das Vorkommen
einer bestimmten Pflanzenart Aussagen über den
jeweiligen Standort und die dort herrschenden Bedingungen. Beispielsweise können klimatische Veränderungen und die Folgen einer veränderten Landnutzung bewertet werden. Arnika z. B. zeigt frische,
bodensaure sowie stickstoffarme bis -ärmste Standorte an. Die lichtliebende Pflanze fühlt sich vor allem
auf mageren Bergwiesen wohl. In Folge nutzungsbedingter Veränderungen der Wiesen und Böden
Schon im vorigen Jahrhundert wurden Flechten als
Bioindikatoren erkannt. Eine Flechte ist eine Symbiose, also eine Lebensgemeinschaft, eines Pilzes und
einer oder mehrerer Algen. Durch diesen Zusammenschluss können Flechten auf fast allen Untergründen
und Materialien wachsen. Da ihnen wirksame Schutzschichten wie eine Wachsschicht und Spaltöffnungen fehlen, erfolgt die Stoffaufnahme meist über die
gesamte Oberfläche. Dies macht sie sehr empfindlich
gegenüber Umwelteinflüssen, vor allem lufthygienischen Belastungen. So lässt das Vorkommen rindenbewohnender Flechten Aussagen über Intensität und
auch flächenmäßige Ausdehnung von Immissionen
zu, denn diese Flechtenarten reagieren besonders
sensibel gegenüber säurebildenden Schadgasen.
Einige Arten sind überdies eng an gefährdete Lebensgemeinschaften gebunden und gelten somit auch als
ein Gradmesser für deren Schutzwürdigkeit.69, 70
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts starben viele
Flechten in der Nähe industrialisierter Städte aufgrund
der erhöhten Schwefeldioxidwerte in der Luft. Die Öffentlichkeit bekam das erst viel später durch das Waldsterben und den sauren Regen mit. Seit Schwefelfilter
in Fabriken und Katalysatoren in Fahrzeuge eingebaut
wurden, ist die Immissionsbelastung im Erzgebirge
zurückgegangen, wodurch sich die Luft verbesserte
und die Flechtenflora wieder artenreicher wurde.
Bartflechte am Kahleberg im Osterzgebirge
34
Flechten können für das passive oder aktive Monitoring verwendet werden. Beim passiven Monitoring
werden durch Kartierungen Verbreitung und Häufigkeit
einer Art beobachtet. Beim aktiven Monitoring werden
Flechten an einem belasteten Standort ausgebracht,
um dann Reaktionen oder gegebenenfalls das Absterben zu verfolgen.
Leistungen der Natur dauerhaft erhalten!
Die Natur ist unsere Lebensgrundlage: Unsere Existenz hängt von ihr ab, wir sind selbst ein Teil von ihr.
Investitionen in den Naturschutz machen sich aus ökonomischer Sicht bezahlt, denn die Bewahrung der vorhandenen Ökosysteme und ihrer Leistungsfähigkeit ist
allemal preiswerter als der Versuch, zerstörte Ökosysteme wiederherzustellen oder Naturressourcen zu ersetzen – sofern dies überhaupt möglich ist.
und tierischen Rohstoffen umfasst in allen Branchen
weltweit 500 bis 800 Mrd. Dollar.10 Natur birgt auch
viele bislang noch weitgehend ungenutzte genetische Ressourcen (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen),
sowie Prozesse und Baupläne (Bionik), die sich der
Mensch zunutze machen könnte. Als Beispiel sei der
Klettverschluss genannt, dessen Haft-Struktursystem
von der Klette inspiriert wurde.
Immer mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass die
Verknappung natürlicher Ressourcen, der Rückgang
der biologischen Vielfalt und die Verschlechterung
von Ökosystemdienstleistungen für die Wirtschaft in
zunehmendem Maße Risiken von erheblicher finanzieller Bedeutung darstellen. Investitionen in das Naturkapital können Arbeitsplätze schaffen oder sichern und
die Wirtschaftsentwicklung stützen. Das ist aus zahlreichen Untersuchungen weltweit, aus Europa, aber
auch aus Deutschland und Tschechien bekannt.10 Der
Tourismus zählt zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige im Erzgebirge und gerade die naturnahe Erholung spielt eine besondere Rolle. Ein verändertes
Reiseverhalten hätte einschneidende finanzielle Einbußen für die Tourismuswirtschaft in der Region zur
Folge. Naturschutz kann somit auch als Wirtschaftsförderung verstanden werden.
Ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung unseres
Naturkapitals ist Voraussetzung dafür, dessen Wert
künftig stärker in privaten, unternehmerischen und politischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Warum
aber werden Entscheidungen häufig zu Lasten der
Natur getroffen? Die Kosten von Projekten, wie z. B.
Investitionen in den Straßenbau, und die unmittelbaren wirtschaftlichen Effekte, wie zusätzliche Einkommen und Arbeitsplätze, lassen sich meist einfach kalkulieren. Sehr schwer oder unmöglich abzuschätzen
sind hingegen die möglichen negativen Nebenwirkungen auf die Gesellschaft in Gestalt verminderter
Regulationsleistungen (z. B. Selbstreinigungskraft
von Gewässern, Bestäubungsleistungen der Insekten)
und sozio-kultureller Ökosystemdienstleistungen (z. B.
Verlust der Schönheit der Landschaft und Lebensqualität). Bei konventionellen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, bei der herkömmlichen Messung von Wirtschaftswachstum und nationalem Wohlstand durch
das Bruttoinlandsprodukt oder die Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung bleiben Ökosystemdienstleistungen
deshalb meist unbeachtet.
Für die rund 100.000 weltweit existierenden staatlichen Schutzgebiete werden jährlich etwa 10-12 Mrd.
Dollar ausgegeben. Um in diesen Schutzgebieten effektiven Naturschutz zu betreiben, müssten wir jährlich
40 Mrd. US-Dollar investieren. Das ist nicht sehr viel,
denn als Resultat erbringen diese Ökosysteme Leistungen im Wert von insgesamt fünf Billionen Dollar
jährlich – mehr als die Automobil-, Stahl- und IT-Industrie weltweit erwirtschaften. Naturschutz ist somit „Big
Business“. Allein die Naturprodukte, für die es einen
Markt gibt, stehen für eine hohe ökonomische Wertschöpfung. Der Markt für Produkte aus pflanzlichen
Nehmen wir z. B. die vielen Leistungen eines in unseren Landschaften häufigen Typs von Ökosystemen,
des Grünlandes: Das in Tschechien vorhandene Grünland kann 950.000 Milchkühe ernähren. Der durch
Erosionsschutz bewirkte Nutzen beträgt 258 Mio. €.
Das Grünland absorbiert jährlich 550.000 t Kohlenstoff,
das entspricht einem Wert von 47 Mio. €. Die Verbes-
serung des Erholungswertes der Landschaft wird mit
54 Mio. € bemessen. Der Wert des tschechischen
Grünlandes ist somit viel höher als die Kosten, die für
seine Erhaltung aufzubringen sind.71
Die systematische Einbeziehung von Biodiversität und
Ökosystemdienstleistungen ergäbe ein realistischeres
Bild unserer Wirtschaft und Gesellschaft; sie kann zu
deutlichen Kostensenkungen führen, neue Einkommensmöglichkeiten erschließen und die Reputation
von Unternehmen verbessern. Um am Gemeinwohl
orientierte Entscheidungen treffen zu können, muss
interessen- und bereichsübergreifend geplant und
entschieden werden und nicht zugunsten starker, am
kurzfristigen individuellen Nutzen orientierter Einzelinteressen.
Das Ökosystemdienstleistungskonzept liefert Argumente für den Wert von Natur und Landschaft, die
ethisch, ökologisch und ökonomisch auf wissenschaftlich zuverlässiger Basis stehen und von den verschiedenen Akteuren und Interessenträgern in der Gesellschaft akzeptiert werden (können). Es vermag die
vielfältigen, insbesondere auch sozialen Werte und
Nutzen der Ökosysteme transparent für Politiker und
andere Entscheidungsträger darzustellen und ihre Beiträge zu Lebensqualität, Gesundheit, Wirtschaft und
Biodiversität zu vermitteln.
Für die Wirtschaft interessant an diesem Konzept ist,
dass sie die Folgen des eigenen Handelns besser beobachten, abschätzen und somit den Schutz der biologischen Vielfalt in betriebliche Managementsysteme
integrieren kann. Sie wird so aus eigenem Interesse
heraus zu einer umweltgerechteren Wirtschaftsweise veranlasst. Dies stellt eine zusätzliche Option zur
ordnungspolitischen Regulation der Wirtschaft dar.72
Dennoch muss nochmals betont werden, dass eine
alleinige Orientierung auf Geldwerte nicht im Sinne
35
des Ökosystemdienstleistungskonzeptes liegt. Der
Versuch, die Komplexität der natürlichen Umwelt, auf
einen Geldbetrag reduzieren zu wollen, ist eine Illusion
und führt auf den Holzweg!
Unter ökonomischem Gesichtspunkt lassen sich die
Ströme der Ökosystemdienstleistungen als „Dividende“
auffassen, die der Gesellschaft aus dem Naturkapital
zufließt. Die Erhaltung des natürlichen Kapitalstocks,
zu dem in unserem konkreten Fall die Bergwiesen,
Steinrücken, naturnahen Wälder, Fließgewässer und
Moore des Osterzgebirges gehören, ermöglicht, diese Leistungen auch künftig dauerhaft bereitzustellen
und somit zu anhaltendem menschlichen Wohlergehen beizutragen. Die Beeinträchtigung von Ökosystemen durch Verschmutzung und Belastung von Böden,
Luft, Gewässern und biologischen Ressourcen, die
Reduzierung der biologischen Vielfalt und andere Umweltschäden manifestieren sich hingegen in externen
Kosten, die der heutigen Gesellschaft und auch den
künftigen Generationen aufgebürdet werden.
Die Frage, mit der wir heute konfrontiert sind, lautet:
Wie können wir erreichen, dass die Natur ihre Leistungsfähigkeit behält? Diese Frage zu ignorieren und
die Pfade von Wachstum und Entwicklung unbekümmert weiter zu verfolgen, ist gefährlich. Die Erhaltung
unseres natürlichen Kapitals und die dauerhafte Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen erfordern
vielmehr einen Bewusstseinswandel und darauf aufbauend große Anstrengungen der gesamten Gesellschaft auf vielen Gebieten, die über die bisherigen Naturschutzmaßnahmen hinausgehen.
Blühende Orchideenwiese bei Altenberg. Was des Wanderers Herz erfreut und Teil der Vielfältigkeit der Natur ist, lässt sich in
materiellen Werten schlecht ausdrücken.
36
Wer beeinflusst die Leistungsfähigkeit der Ökosysteme?
Die Natur, das natürliche Kapital und Ökosystemdienstleistungen generell unterliegen vielfältigen Einflüssen der menschlichen Gesellschaft. Um die hierfür
maßgeblichen Rahmenbedingungen, gesetzlichen Regelungen und wechselseitig handelnden Menschen zu
erfassen, kann die Methodik der institutionellen Analyse (Institutional Analysis and Development Frame­
work, abgekürzt: IAD-Framework) eingesetzt werden.
Diese wurde von der amerikanischen Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom und ihren Kollegen erarbeitet und findet seit den 1970er Jahren verbreitet Anwendung. Die
einheitliche Struktur der IAD-Methode ermöglicht es,
internationale Fallstudien miteinander zu vergleichen.
und das Gimmlitztal. Die Daten wurden aus vorhandenen Dokumenten und durch Interviews mit wichtigen
Akteuren im Gebiet (z. B. mit Bürgermeistern, Vertretern von Naturschutzvereinigungen) erhoben.
Untersuchungsgegenstand sind unterschiedliche Akteure wie der staatliche Naturschutz, Gemeindevertreter, Nichtregierungsorganisationen oder auch die Öffentlichkeit, bestehend aus Touristen und Anwohnern.
Ziel der institutionellen Analyse im Osterzgebirge war
es, folgende Fragen zu beantworten:
2. Im Rahmen des Schutzes der Ökosysteme ist
es zweckmäßig, die Zusammenarbeit auf lokaler
•
Wie kann das Bewusstsein über den Wert der
Ökosysteme bei Nutznießern der Natur erhöht
werden?
•
Wie können die Bemühungen des staatlichen Naturschutzes und der gemeinnützigen (lokalen) Initiativen besser verknüpft werden, um die Qualität
der Ökosystemdienstleistungen zu erhöhen?
•
Wie kann eine einvernehmliche, nachhaltige Entwicklung der Region erreicht werden, z. B. durch
Abstimmungen zwischen dem Naturschutz und
der Tourismusentwicklung?
Insgesamt wurden vier Fallstudien bearbeitet: Auf der
tschechischen Seite die Schutzgebiete „Černá Louka“
(Schwarze Wiese) und Špičák (Sattelberg) bei Krásný Les sowie auf der deutschen Seite der Geisingberg
Die Ergebnisse der Analyse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. Es ist notwendig, die Öffentlichkeit besser über die
ökologischen, wie auch die ästhetischen Werte
und Leistungen der Natur und ihrer Ökosysteme
im Osterzgebirge zu informieren. Dies trifft gerade
auf die tschechische Seite des Osterzgebirges zu.
Ebene (Bewohner, Nichtregierungssektor, Naturschutzbehörden) zu unterstützen und besser
auszugestalten, wobei sich der Schutz des Kulturerbes und der Naturwerte oft miteinander verknüpfen lässt.
3. Es ist sinnvoll auch auf Vereine im Gebiet zu
achten, die ohne große Subventionen vom Staat
nachhaltig Naturschutz­interessen verfolgen, und
diese zu unterstützen. Das heißt, dass neben dem
Staat Möglichkeiten eröffnet werden sollten, dass
auch private Vereine effektiv Naturschutz betreiben können. Dies sollte auch rechtlich verankert
werden. Auf deutscher Seite wird dies bereits
praktiziert.
Wandern mit mobiler Technik (s. S. 39): Moderner Ansatz der Wissensvermittlung
37
Instrumente und Handlungsmöglichkeiten
Biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen
müssen bei allen wichtigen Entscheidungen ausreichend und in einem ihrer Bedeutung angemessenen
Umfang berücksichtigt werden. In vielen Ländern, darunter in Deutschland und Tschechien, ist dies bereits
heute über eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen
und Planungsinstrumente vorgeschrieben, ohne dabei den Begriff Ökosystemdienstleistungen explizit zu
verwenden. Gegenwärtig wird die Frage diskutiert, ob
und wie das Ökosystemdienstleistungskonzept in die
Planungspraxis überführt werden kann. Als eine Möglichkeit kommt dafür die kommunale Landschaftsplanung in Betracht. Dies ist das in Deutschland gültige
Planungsinstrument zur flächigen Darstellung der Naturschutzbelange im Geltungsbereich von Kommunen.
In Tschechien werden die kommunalen Belange durch
Gebietspläne geregelt. Die Landschaftsplanung bietet
hier ebenfalls Möglichkeiten, das Ökosystemdienstleistungskonzept zu etablieren, z. B. in der obligatorischen Form durch Rechtsnormen geregelt, bedingt
obligatorischen Form durch Raumplanung und Grundstücksregelungen oder fakultativen Form durch Revitalisierung und ökologische Optimierung.
Neben den ordnungsrechtlichen und planerischen Ansätzen gibt es auch ökonomische (marktbasierte oder
marktorientierte) Instrumente, mit denen biologische
Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen besser bei
Entscheidungen berücksichtigt werden können. Dies
sind z. B. finanzielle Anreize durch Abgaben und Lizenzen, Steuererleichterungen oder durch gezielte
staatliche Förderung wie Agrarumweltmaßnahmen.
Die Einführung von Zertifizierungen oder Labels und
die Schaffung neuer Märkte für nachhaltig erzeugte
Güter und Ökosystemdienstleistungen können genauso Anreize sein wie der Abbau umweltschädlicher
Subventionen in Bereichen wie Landwirtschaft, Verkehr und Energiewirtschaft.
38
Von großer Bedeutung sind auch Aufklärung und Bewusstseinsförderung über die Wichtigkeit von Natur,
biologischer Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen,
so durch gezielte Bildung und Öffentlichkeitsarbeit.
Diese Broschüre ist auch aus dem Grund entstanden,
um über das Ökosystemdienstleistungskonzept zu informieren. Letztlich kommt es auch darauf an, was jeder einzelne Bürger zur Bewahrung der Natur beiträgt,
sowohl im beruflichen wie auch im privaten Leben. So
kann sich der Landwirt der naturschutzgerechten Wiesennutzung annehmen und zum Beispiel breite Randstreifen an Waldrändern und Hecken oder Steinrücken
belassen, um Tieren ein Rückzugsgebiet zu schaffen
und Stoffeinträge in Gewässer zu vermindern. Forstleute können sich die Erhaltung naturnaher Waldbereiche auf die Fahne schreiben und den naturnahen
Waldumbau voranbringen, in dem Totholz, Altbäume,
Höhlen und Kleinbiotope erhalten werden. Investoren
können Eingriffe – wenn nicht gar vermeiden – zumindest großzügig ausgleichen oder Flächen für den
Naturschutz aufwerten. Touristen sollten beim Aufent-
halt in der Natur Wegegebote in Schutzgebieten beherzigen und Pflanzen und Tiere schonen. Selbst der
Hobby­gärtner kann sich Gedanken machen, welche
Blumen für Insekten anziehend sind und sich fragen,
ob es immer die kurzgeschorene, artenarme Rasenfläche sein muss.
Jeder von uns kann seine Artenkenntnisse verbessern und sich über Zusammenhänge in der Natur informieren, sich in seiner Freizeit für bedrohte Arten
engagieren, im ehrenamtlichen Naturschutz oder in
Naturschutzvereinigungen mitarbeiten, erzieherische
Einflussnahme im Familien- und Bekanntenkreis ausüben, Schutzgebiete oder Biotope betreuen, sich an
Pflegeeinsätzen beteiligen und ökologisch erzeugte
Lebensmittel und regionale Produkte konsumieren.73
Es gibt viele Möglichkeiten sich zu beteiligen und dafür zu sorgen, dass auch die nächsten Generationen
noch von den Ökosystemdienstleistungen profitieren
können.
Landschaftspflege im Osterzgebirge, organisiert von der Grünen Liga Osterzgebirge e. V.
Bildung und Kommunikation – auch für den Schutz der Natur unverzichtbar!
Um eine breite Akzeptanz für Maßnahmen zum Erhalt
der Natur und ihrer Leistungen zu erreichen, müssen
die Ökosystemdienstleistungen transparent aufgezeigt
und verständlich kommuniziert werden. Schwierigkeiten dabei sind der unterschiedliche Wissensstand
sowie die verschiedenen Bedürfnisse der beteiligten
Gruppen, die jeweils aus Entscheidungsträgern, betroffenen Akteuren und der Öffentlichkeit bestehen.
Hierbei ist der Einsatz innovativer Technologien und
der neuer Medien sehr vielversprechend.
bolischer Führer durch das Bildungsprogramm dient
das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn, Charaktervogelart des Erzgebirges.
e-learning
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Wissensvermittlung per E-Learning
Um die Projektergebnisse zu kommunizieren, ist ein
E-Learning-Programm (elektronisches Lernen) vorgesehen. Zur Zielgruppe zählen insbesondere Studierende von Universitäten und Hochschulen, aber auch
eine breite, an den Ökosystemen des Osterzgebirges
interessierte Öffentlichkeit. E-Learning bietet einige
Vorteile: Stärkere Nutzbarkeit der Informations- und
Kommunikationstechnologien sowie zeitliche Flexibilität, um das Studium nach eigenen Möglichkeiten
und Fähigkeiten zu gestalten. Gleichzeitig werden
die Instrumente und Hilfsmittel so gestaltet, dass der
Bildungsteilnehmer alle diese Vorteile bei seinem
persönlichen Besuch der typischen Ökosysteme des
Osterzgebirges nutzen kann.
Das E-Learning-Bildungsprogramm ist als Kombination von Fachtexten und Präsentationen konzipiert. Autoren sind vor allem die Mitglieder des Projektteams.
Es kommen auch verschiedene Spiele inklusive Geländespiele mit
GPS-Navigation, Tablet-PC und Smartphones, Quizze, virtuelle
Lehrpfade und Videos
zum Einsatz. Als sym-
Nastavení mého profilu
Správa stránek
Ekosystémové
služby:
1
pojem a praktický
význam
Typologie
ekosystémových
služeb a jejich využití
2
pro ochranu životního
prostředí a regionální
rozvoj
Ekonomické
hodnocení
přírodních statků:
Institucionální
analýza
Podpůrné učební
nástroje
Testy
4
metodologická
východiska
a metody
5
ekosystémových
služeb s využitím
IAD Framework – jak
zprostředkovat výsledky výzkumu tvůrcům
environmentálních
politik?
Mapování
ekosystémových
služeb
3
Platby
za ekosystémové
služby a jejich využití
6
v environmentální
politice
Certifikát
E-Learning Portal: http://elearning.esom-project.org/
Wissenswege und Geländespiel – unter
Einsatz mobiler Technik
Digitale Medien für Bildungszwecke zu nutzen, gewinnt seit den 1990er Jahren zunehmend an Bedeutung. Damals ging es bereits um die Entwicklung und
den Einsatz sogenannter „computergestützter Lernmedien“.74 Während nach 2000 noch heftig das Pro
und Contra für den Einsatz des Internets in Schulen
diskutiert wurde75, ist eine Schule – und der Alltag –
ohne Internet heute kaum noch denkbar. Der Computer und das Internet sind heute Standard.
Für die Bildung ist der Umgang mit digitalen (Geo-)
Medien ein wichtiger Baustein geworden. Besonders
die große Informationsvielfalt, die inzwischen auf
transportablen Empfängern, wie Smartphones, schnell
abgerufen werden kann, bietet bedeutende Vorteile.
Für die Umweltbildung schaffen zudem die vielfach
zu beobachtende positive Wirkung auf Motivation und
Lernbereitschaft, die Förderung der Selbständigkeit,
Eigenverantwortung und Multilinearität (Individualisierbarkeit der Lernprozesse) sowie Teamfähigkeit und
Sozialkompetenz gute Voraussetzungen zur Vermittlung werteorientierter Themen.76
SPRÁVA KURZŮ
Insbesondere moderne Geoinformationstechnologien eröffnen vielfältige Einsatzmöglichkeiten, die besonders im touristischen Bereich und zunehmend für
Umweltbildungszwecke genutzt werden. Beispiele der
Nutzung sind mobile Navigation und Tourenplanungen
(Gpsies.com, Komoot.de, osmand, Locus pro), Museums-, und Stadtführer, Bestimmen von Arten und Kartieren (iKosmos, Vögel Europas, NABU Vogelführer,
OffeneNaturfuehrer.de, Ambrosia App) und Spielen
(geocaching, tourality).77 Im Erzgebirge gibt es einige
mobile Anwendungen, um vor Ort spezielle Informationen ­zur Natur und den geologischen Besonderheiten
abzurufen oder Touren zu planen: Naturführer Osterzgebirge, Informationssystem FIS Boden und der virtuelle Lehrpfad Rübenau-Kalek.
Besonders für die Einrichtung von Lehrpfaden ergeben
sich neue Möglichkeiten. Statt der bisher vor Ort angebrachten Lehrtafeln können virtuelle Stationen angeboten werden. Die Informationen werden über das
Smartphone abgerufen. So lassen sich neue Qualitäten der Informationsvermittlung realisieren. Zum einen
können vielfältige technische Lösungen zum Einsatz
kommen wie Animationen und zum anderen können
die Angebote für spezielle Nutzergruppen oder Ziele
aufbereitet werden. Die Informationen lassen sich bequem aktualisieren und beispielsweise auch den Jahreszeiten anpassen.
Auf der Grundlage der bereits vorhandenen Geoinformationstechnologien wurden drei virtuelle Lehrpfade
39
Für die Wegpunkte wurden drei Symbole entwickelt.
Jeder Wissensweg hat eine eigene Farbe (blau, grün
oder gelb), die von den Symbole ebenfalls wiederaufgenommen wird.
Informationen zu
Regulations- und Versorgungsleistungen
Informationen zu
sozio-kulturellen Leistungen
Allgemeine Informationen
Symbole für die Wegpunkte, hier in blau für den Wissensweg
„Langer Teich“
Um möglichst vielen Nutzern den Zugang zu den Wissenswegen zu ermöglichen, wurden die Inhalte für
verschiedene Techniken und Plattformen aufbereitet.
Die Wissenswege sind verfügbar als
web-app. Die Darstellung funktioniert auch offline, Darstellung mit Text und Bildern.
40
© IÖR 2014, Daten: OSM (ODbL 1.0), CORINE L C (EEA)
(Wissenswege) im deutsch-tschechischen Projektgebiet realisiert, eine deutsche, eine tschechische und
eine deutsch-tschechische Route. Es handelt sich um
reale Wandertouren mit jeweils ca. 12 virtuellen Stationen, in denen über das Smartphone Informationen zu
den Leistungen der im Osterzgebirge typischen Biotope (Bergwiesen, Steinrücken, Moore, naturnahe Fließgewässer und Wälder) abgerufen werden können.
Betrachtet werden die Regulations-, Versorgungs- und
sozio-kulturellen Leistungen. In der Regel zeigt jede
Station dem Nutzer einen so genannten „Mehrwert“
der Natur des Osterzgebirges, und zwar jeweils am
Beispiel des konkret an diesem Punkt vorliegenden
Naturkapitals.
Wissensweg
Geisingberg
Lauenstein
DE
Schellerhau
Altenberg
Löwenhain
Geising
170
Fürstenau
ZinnwaldGeorgenfeld
RehefeldZaunhaus
Cínovec
Wissensweg
Langer Teich
b Moldava
Wissensweg
Moldava-Zinnwald
1km
CZ
Übersicht der Routen der Wissenswege
wikitude Augmented reality-Browser. Nur
online, aber verlinkt zur web-App und mit Karte
und WOW-Effekt.
der Natur erkennen und „erobern“. Über mobile Geräte werden den Mitspielern Fragen zu ausgewählten
Leistungen der Natur gestellt, z. B. „Wo ist die Kohlenstofffixierung am größten?“ Auf einer Karte können
mögliche Orte abgelesen werden, die es aufzusuchen
und einzuschätzen gilt. Es ist der eine Ort (Punkt) zu
finden, der die erfragte Ökosystemdienstleistung am
besten erbringt. Der identifizierte Ort muss auf dem
mobilen Gerät über einen Antwort-Button markiert
werden. Das Geländespiel kann einzeln oder in Gruppen gespielt werden.
Das GPS-Geländespiel ist mit den im Rahmen dieses
Projektes entwickelten virtuellen Lehrpfaden verknüpft
und stellt den Spielern damit entsprechende Hintergrundinformationen zur Verfügung. Das Spiel ist als
online-App verfügbar. Die Anwendungen wurden in 13
naturkundlichen Wanderungen und Geländespielen im
Projektgebiet erprobt.
Informationen und Downloads zum GPS-Geländespiel
gibt es auf http://spiel.ioer.info.
gpx-Datei. Zur Darstellung auf allen möglichen
Geräten, offline und ohne Bilder.
Alle Informationen und Anleitungen zu
den Online- und Offlineanwendungen,
Karten und Downloads stehen unter
http://wissenswege.ioer.info zur Verfügung.
Um den Wert der Natur erlebbar zu machen und sich
aktiv mit dem Thema Ökosystemdienstleistungen auseinanderzusetzen, wurde außerdem ein Geländespiel
mit Nutzung mobiler Geräte (Smartphones) entwickelt.
Dabei bewegen sich die Spieler aktiv im Gelände
und müssen bestimmte Ökosystemdienstleistungen
Einweihung der Wissenswege mit Wissenschaftlern des IÖR
und UJEP sowie Presse und Öffentlichkeit
Literatur
1
MEA – Millennium Ecosystem Assessment
(2005): Ecosystems and human well-being: synthesis.
Island Press, Washington (DC).
2
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http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/120/1612032.
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8
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Ecosystem Assessment – eine deutsche Perspektive.
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3
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Bundesamt für Naturschutz.
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5
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www.bfn.de/0322_pflanzen.html (Zuletzt gelesen am
26.05.2014).
6
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7
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16
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17.03.2014.
17
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Waldwirtschaft in der Tschechischen Republik im Jahr
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publikace-a-dokumenty/lesnictvi/ (Zuletzt gelesen am
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ecosystem services. Manuskript für e-learning-Portal.
20
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czso.cz/x/krajedata.nsf/oblast2/lesnictvi-xu und http://
www.czso.cz/x/krajedata.nsf/oblast2/lesnictvi-xu/
ULK_5_lesnictvi.xlsx (Zuletzt besucht am 29.10.2014).
21http://www.beijer.kva.se/valuebase.htm
(Zuletzt gelesen am 30.10.2014).
22
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www.naturkundemuseum-bw.de/publikationen/serie-c/
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71
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UFZ; Bonn – Bundesamt für Naturschutz.
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Bastian, O.: Deckblatt, S. 4, 5, 7, 8 (Mitte), 10, 13, 14
(links), 15, 16 (links, Mitte), 17, 18, 21, 22, 23 (rechts),
28 (rechts), 46
76
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Bouhaka, X: S. 29 (Diagramme), 31 (Diagramm)
77
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Gläßer, J.: S. 27, 33 (Mitte)
Kochan, B.: S. 6 (Diagramm), 11 (eigene Zeichnung
nach Brockhaus. 1978 „Das Gesicht der Erde. Physische Geographie.“ Leipzig), 16 (rechts), 23 (Mitte),
32 (rechts), 40 (Symbole, eigene Zeichnung)
Kochan, N.: S. 8 (links, rechts), 11 (rechts), 14 (rechts),
20 (rechts), 25
Majchrzak, J., Krahn, L., Schöndube, S., Kozakovič, M:
S. 24 (Diagramm)
Meißner, M.: S. 32 (Mitte)
Renner, C.: S. 14 (Mitte), 38
Schrack, M.: S. 33 (links)
Stutzriemer, S.: S. 9, 24 (rechts), 26, 34, 36, 37, 40
(rechts)
Syrbe, R.-U.: S. 3, 13 (Diagramme), 28 (links nach
Max Schreyer)
J. E. Purkyne-Universität Ústí nad Labem: S. 39
www.wildapfel.info: S. 20 (links)
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