„Der Gottes-Test! – Gideon (2)“ Richter 6,36

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Sonntag, 13. März 2011
Pfarrer Jochen Hägele
Thema: „Der Gottes-Test! – Gideon (2)“
Richter 6,36 - 7,7
Liebe Gemeinde,
wir stehen heute an der zweiten Station im Leben Gideons, des Gottesstreiters. Ein kurzer Rückblick auf
das Geschehene: Gideon wird von Gott in einer wundersamen Erscheinung besucht und berufen. Während er sich vor den Horden der feindlichen Midianiter versteckt, überrascht ihn der Engel des Herrn, als
er in der Kelter heimlich Weizen drischt. Gott hat die Not seines Volkes gesehen. Er will unter der Führung Gideons sein Volk Israel von den raubenden und brandschatzenden Terrorgruppen der Feinde befreien. Nach etlichen Widersprüchen lässt sich Gideon zu diesem besonderen Auftrag senden – und er
erfährt sogleich als Stärkung, dass Gott nicht nur die schnell herbeigeholten Opfergaben annimmt, sondern ihn, den jungen Mann ganz in seinen Dienst stellt.
Nun waren die Feinde bereits wieder aufgezogen. In der Ebene Jesreel lagerten sie, Heuschrecken
gleich, die zum Überfall auf Israel ansetzten, um alles kahl und leer zu fressen. Gideon sammelt seine
Truppen, die zahlenmäßig und kampfesmäßig restlos unterlegen waren. 120.000 Midianiter standen
32.000 Israeliten gegenüber. Das erdrückende Verhältnis von einem Israeliten gegen vier Gegner zeigt
die Aussichtslosigkeit des Unternehmens Gideons. Aber Gott hat ihn berufen!
Was nun folgt ist eine sonderbare Kampfvorbereitung:
Predigttext: Richter 6,36 – 7,7
„Der Gottes-Test“ - so könnte man diese doppelte Aktion der Gefechtsvorbereitung überschreiben. Gott
im Test: Zunächst prüft Gideon seinen Gott und fordert von ihm ein klares Bestätigungszeichen - und
das gleich in doppelter Ausführung. Er muss gewiss sein angesichts des drohenden Kriegszugs, das einem Himmelfahrtskommando gleicht.
Dann aber vertauschen sich die Rollen. Nun testet Gott den Gideon, ob er sich ganz auf die göttliche
Strategie einlässt. Gott will sicher sein, dass Israel den kommenden Sieg nicht sich selbst, sondern allein
ihm zuschreibt.
Gott im Test. Doch - dürfen wir das überhaupt, Gott so testen, wie es Gideon tat? Gott so dinglich festlegen mit Wolle und Tau? Ihn den heiligen Gott? Hatte nicht Gideon bei seiner Berufung voll Erschrecken
ausgerufen: Ach Herr, Herr! Habe ich wirklich den Engel des Herrn von Angesicht zu Angesicht gesehen! (Richter 6,22) – wissend, dass, wer der Herrlichkeit Gottes gegenübersteht, eigentlich vergehen
muss.
Und könnte der „Gottes-Test“ des Gideon nicht auch ein Zeichen des fehlenden Vertrauens sein? War
die wunderbare Berufung durch den Engel nicht klar genug? Viele Fragen stellen sich.
Die Antwort steckt für mich in jenem Vers, der unserem Predigttext voraus geht. In Vers 34 wird erzählt:
Die Midianiter zogen heran und versammelten sich gemeinsam mit den Amalekitern gegen Israel - und
dann heißt es wörtlich: da umkleidete der Geist des Herrn den Gideon. An anderen Stellen im AT lesen
wir für gewöhnlich: ´der Geist des Herrn kam auf Bileam’ oder ‚auf Simson’ oder ‚über Saul´. Bei Gideon
aber lautet es noch anders: Der Geist des Herrn kleidete Gideon, umgab ihn wie mit einem schützenden
Mantel.
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Da steht dieser junge Mensch vor einer immens großen Belastung – aber er wird umschlossen von der
Kraft Gottes. Da wird ein unerfahrener Mann berufen in eine militärische Herausforderung ohnegleichen
– aber Gott umhüllt ihn mit seiner Macht. Er birgt ihn in seinem Schutz.
Ist das nicht ein herrliches Vor-Bild auch für uns? Egal, wie unsere Herausforderungen aussehen, egal,
ob sie auch nur annähernd vergleichbar sind mit denen des Gideon, die göttliche Ausrüstung des Gideon liegt auch für uns bereit: umkleidet mit Gottes Kraft – umgeben mit Gottes Vollmacht – umfangen von
seinen starken Armen – ja: umhüllt und erfüllt mit Gottes heiligem Geist: Gott in uns und Gott um uns.
Gott weiß genau, was seine Leute brauchen. Und er hat ein Übermaß an Schutz und Bergung und Stärkung für sie bereit. Nehmen wir das mit für unsere Belastungen und Aufgaben. Unser Leben soll erfüllt
sein von Gottes Geist. Und bei den kleinen und großen Problemen, die heute und morgen kommen
werden, darf ich um seine schützende Macht bitten.
Und dennoch - obwohl die Kraft Gottes so stark über Gideon gekommen ist, dennoch lässt Gott die
Rückfrage seines Streiters zu. Er verlangt keinen Heldenglauben. Gott kann mit unseren Zweifeln und
unseren Fragen leben. Ja, er weiß mit unseren Unsicherheiten umzugehen und er ist bereit, die Berufung aufs Neue zu bestätigen. So sorgsam geht Gott mit seinen Leuten um. So barmherzig ist er mit
uns. So geduldig.
Gideon macht in dieser Spannung zwischen Berufung und Belastung das einzig Richtige. Er geht in die
Stille. Eigentlich müsste der unerfahrene Heerführer erschrecken angesichts des Auftrags. Plötzlich hat
der Bauernsohn Verantwortung für 32.000 Menschenleben. Plötzlich gilt es, Entscheidungen zu treffen
für das Wohl eines ganzen Volkes. Müssten nun nicht im Feldherrnzelt große Beratungen stattfinden?
Müsste Gideon sich nicht gründlich besprechen mit seinen Beratern? Müsste nicht ein hektischer Betreib
um ihn herum ausbrechen?
Aber was machte der Neuberufene? Er schließt das Zelt zu und fällt auf die Knie. Mitten im Soldatenlärm
und der Lageraufregung sucht er das stille Gespräch mit seinem Herrn.
Wir sagen zuweilen: In der Fülle der Aufgaben habe ich keine Zeit zum Beten. Gideon aber sagt: Wegen
der Fülle der Aufgaben muss ich zu allererst beten. Weil so viel auf ihn hereinbricht, darum muss er zuerst auf seinen Gott hören. Weil ihm so vieles durch den Kopf geht, muss er zuerst den Kopf im Gebet
zu Gott erheben. Mitten im Lärm in der Stille vor Gott verweilen – das sind gesegnete Leute!
Erst aus dieser Stille heraus ist auch der Wunsch nach einem Zeichen des Gideon recht zu verstehen.
Er fordert nicht leichtfertig eine Bestätigung vom Himmel, sondern er ringt um die Gewissheit seines Auftrags vom höchsten Herrn.
Der erste Gottes-Test: Gott will gewisse Leute!
Gideon weiß, in dieser entscheidenden Stunde braucht er einen gewissen Glauben. Einen Glauben, der
in stürmischen Zeiten fest in Gott verankert ist. Darum bittet er Gott in seinem Gebet um Glaubensstärkung. Er kann nur dann seinen großen Auftrag übernehmen, wenn er gewiss ist.
Wir begegnen hier einem Mann, der sehr konkret mit Gottes Führung rechnet bis in die Tagesentscheidungen hinein, aber der zugleich auch weiß er, dass Gott ihm kein Zeichen vom Himmel schuldig ist.
Bevor Gideon sich zum zweiten Mal an Gott wendet, sagt er: Dein Zorn entbrenne nicht gegen mich,
wenn ich noch einmal rede (Richter 6,39). In dieser besonderen Stunde ringt Gideon förmlich mit Gott,
wie es einst Abraham tat, als er darum flehte, dass Gott die Menschen in Sodom verschonen möge. Es
ist und bleibt ein Erweis der Barmherzigkeit Gottes, dass Gott sich auf Gideons Bitte einlässt - und das
sogar zwei Mal.
Unweigerlich stellt sich für uns die Frage: Dürfen wir Gott in unseren Krisenzeiten auch um solch ein
Gewissheitszeichen bitten?
Ohne Zweifel, Gott kann uns den Wunsch eines besonderen Zeichens erfüllen. Und manche könnten
jetzt erzählen, wie Gott sie geführt hat. Aber – und das ist entscheidend – er muss es nicht. Darum dürfen wir solch eine Zeichenbitte nie leichtfertig vorbringen, sondern immer nur demütig.
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Wir haben doch in Jesus das größte und entschiedenste Glaubenszeichen vor Augen. Und weiter: In
der Bibel haben wir eine ganze Reihe von Gewissheitsworten, die für uns bereit stehen:
Römer 4,21: Abraham wusste aufs allergewisseste: Was Gott verheißt, das kann er auch tun.
Römer 8,38-39: Ich bin gewiss, dass nichts uns scheiden kann von der Liebe, die in Christus Jesus ist,
unserem Herrn.
2. Tim. 1,12: Ich weiß, an wen ich glaube, und bin gewiss, er kann mir bewahren, was mir anvertraut ist
bis an jenen Tag.
Und jeden Tag neu sollen wir um die Stärkung unseres Glaubens bitten und flehen, wie es die Jünger
bei Jesus taten: Herr, stärke, mehre uns den Glauben! (Luk. 17,5). Und wie viele Strophen im Gesangbuch sprechen von der Gewissheit des Glaubens?
Gideon erlebt die Fürsorge Gottes in besonderem Maß, als Gott auf seine Bitte eingeht. Als die Midianiter heraufzogen, war es Erntezeit, jene Zeit, in der auch die Schafe geschoren wurden. Solch eine
Schafwolle nimmt Gideon zur Hand und bittet Gott um ein Wunder: Am nächsten Morgen soll die Wolle
taugetränkt sein, der Boden ringsum aber trocken.
Mit welchen Gedanken mag er bei Sonnenaufgang vor sein Zelt getreten sein? Da erlebt er ein herrliches Wunder: Gott geht auf seinen Boten ein. Und Gott macht keine halben Sachen. Das Fell ist nicht
nur feucht. Es ist durch und durch nass, so nass, dass die Feuchtigkeit eine ganze Schale füllt. So erfüllend bestätigt Gott den fragenden Gideon.
Wir können die Bitte des Gideon zugleich auch geistlich deuten. Gideon bittet mit dem Wasser auf seinem Vlies um jenes Wasser des Lebens, das nur Gott geben kann. Wasser bedeutet Leben. Und Gideon braucht lebendiges, geistliches Leben in sich. Zunächst hat er sein Vließ im Auge. Zunächst bittet er
nur für sich. Er, Gideon, braucht das Wasser des Lebens, das Gott gibt. Er braucht die Gnade Gottes für
sich. Und – Gott schenkt sie ihm überfließend.
Treten wir doch neben Gideon und bitten mit ihm: Herr, füll mich ganz mit deinem Geist und mit deinem
ewigen Leben!
Als Gideon in der Frühe so bewegt vor seinem Zelt neben dem nassen Schafffell kniet, mag ihm aber
leichter Zweifel gekommen sein. Solch ein Fell nimmt die Nachtfeuchte leichter auf als der karge Boden.
Was, wenn es für dieses Gotteszeichen eine natürliche Erklärung gibt? Was, wenn nicht Gott seine Bitte
erfüllt hat, sondern die Begründung in den besonderen Wetterverhältnissen der vergangenen Nacht
liegt?
Darum ringt der Gottesstreiter seinem Gott ein zweites Glaubenszeichen ab. Und Gott weist ihn wiederum nicht ab. Also soll es in der Folgenacht gerade umgekehrt sein. Das Fell soll trocken, der Boden
aber vom Tau feucht sein. Und wiederum erfüllt Gott die Bitte seines Dieners. Welch ein Wunder, welch
eine Stärkung, welch ein Geschenk!
Auch dieses Zeichen lässt sich übertragen: War es zuerst die Bitte um das Lebenswasser für Gideon allein, so ist es jetzt die Bitte um das Lebenswasser für die Leute um ihn herum, für seine Kämpfer.
Lesen wir diese Verse für uns heute: Der erste Wunsch im Glauben ist, dass mein Leben voll vom Tau
Gottes wird. „Herr, ich will mehr von deiner Gnade haben!“ – so dürfen wir beten, so sollen wir beten.
Dieses Verlangen nach Gottes Lebenstau in meinem Leben soll uns bestimmen. Doch folgt nach dieser
ersten Stufe im Glauben der zweite Schritt: dass sich auch um mich herum, bei den Menschen neben
mir, der Lebenstau Gottes niederschlägt. Ja, die ganze Welt soll Gottes Güte in Jesus erkennen. Gnade
für die Welt! - das ist der zweite Wunsch im Glauben. Gideon hatte das Verlangen nach einem doppelten Zeichen. Und wir sollen ebenso bitten. Zuerst: Schenk mir Herr, deine Gnade! Und darauf folgend:
Herr, lass all die vielen neben mir deine Gnade erleben!
Der zweite Gottes-Test: Gott will abhängige Leute!
So vorbereitet kann Israel seine Leute zum Kampf sammeln. Angesichts der Übermacht der Gegner
wird jeder Mann gebraucht. Doch nun ist es Gott selbst, der zunächst ein Zeichen fordert. Die Begründung für das Kommende gibt Gott dem Gideon vorweg. Zu zahlreich ist da Volk, das bei dir ist, als dass
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ich Midian in seine Hände geben sollte; Israel könnte sich rühmen wider mich und sagen: Meine Hand
hat mich errettet (Richter 7,2).
Einst hatte Gott dem Mose in der Bedrohung Israels am Schilfmeer gesagt: Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein (2. Mose 14,14). Und später wird der Prophet Sacharja weissagen: Es soll
nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen (Sach. 4,6). Israel soll Gottes Kraft
testen und erleben.
Diesen Weg der Verheißung Gottes soll auch Gideon beschreiten. Daher bietet er den Ängstlichen unter
seinen Leuten die Rückkehr an. Wir sehen: Gott zwingt seine Leute nicht. Vielmehr ist das Evangelium
das Wort der Freiheit, der Freiheit zum Dienst für Gott. Nicht gezwungen, sondern durch Gottes Liebe
überwunden. Ebenso gibt es in der Gemeinde Jesu keinen Zwang zum Dienen. Vielmehr gilt die göttliche Berufung zum Dienst für unseren Herrn.
Außerdem wird deutlich: Gideon braucht in der Stunde der Entscheidung nicht das große Heer der Verzagten, sondern die kleine Truppe der Glaubenden um sich. Sind wir als Gemeinde das? Eine Gruppe
von Menschen, die ihrem Gott viel zutraut und darum in der Freiheit der Kinder Gottes lebt und wirkt?
So werden aus 32.000 Mann in Windeseile nur noch 10.000. Und mit jedem der geht, könnte Gideon
der Mut ein Stück weit mehr sinken. Doch damit nicht genug. Wie Gideon zuvor, macht nun auch Gott
einen zweiten Schritt im Gottes-Test – den Trinktest.
Ging es Gideon um das Wasser auf dem Vließ, das Wasser des Lebens, so geht es Gott nun darum,
wie sich seine Leute diesem Lebenswasser öffnen. Lagern oder Lecken – das ist die große Frage. In aller Ruhe eine Pause machen oder im Vorbeigehen lecken wie ein Hund? Sich den eigenen Bedürfnissen zuwenden oder bereit sein für den plötzlichen Auftrag Gottes? Zuerst an sich denken oder für Gott
auf die eigene Bequemlichkeit verzichten? So könnten wir diesen eigenartigen Test, den Gott gibt, deuten. Oder steckt dahinter noch etwas anderes: Wer auf eine ungewöhnliche Art trinkt, der ist geschickt
auch für Gottes ungewöhnliche Wege?
Jedenfalls werden nun aus 10.000 Mann nur noch 300 Kämpfer. Gott mutet seinem Gideon eine ganze
Menge zu. Doch ist dies eben sein Weg: Gott erwählt das Schwache und das Gebeugte, um sich an ihm
zu verherrlichen. Oder mit Paulus gesprochen: Das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott
erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit kein Mensch vor Gott sich
rühme (1. Kor. 1,28).
Es ist schon ein drastischer Weg, den Gott seinen Boten gehen lässt, um ihm die wahren Kräfteverhältnisse in der Welt zu zeigen.
Jeder von uns soll zu den 300 Auserwählten gehören. Die Abziehenden bewahren ihr Leben, finden die
Sicherheit zuhause. Aber die, die bleiben, erleben die Macht Gottes und erfahren die große Gewissheit
des Glaubens und der Macht Gottes. Sie werden so zu Siegern.
Wir können uns fragen: An welchem Punkt in meinem Leben ruft Gott mich heute zu einem großen gewissen Glauben und einem festen Vertrauen? Bin ich bereit hier der Kraft seines Geistes zu vertrauen?
Amen.
Herausgeber:
Evang. Brüdergemeinde Korntal, Saalplatz 2, 70825 Korntal-Münchingen
Tel.: 07 11 / 83 98 78 - 0, Fax: 07 11 / 83 98 78 – 90;
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