Eine Broschüre für Männer Informationen zum anlagebedingten Haarausfall KEIN DICKES FELL Wenn ein „ganz normales“ Phänomen die Lebensqualität mindert................................................ 4 - 5 NACHWUCHS-PROBLEME Der vorprogrammierte Haarausfall.................................... 6 - 7 KOPFSCHMUCK AUS KERATIN Wie die Haarfabriken in der Kopfhaut ticken................... 8 - 11 IN DEN HÄNDEN DES EXPERTEN Was beim Arzt passiert . ................................................. 12 - 13 INITIATIVE GEGEN GLATZENBILDUNG Entscheidungen vor der Therapie................................... 14 - 15 FÖRDERMITTEL FÜR DEN SCHOPF Großes Angebot, wenige wissenschaftliche Belege...... 16 - 17 EINMAL TÄGLICH Wie Finasterid-Präparate wirken..................................... 18 - 19 WO WIRKUNG, DA AUCH NEBENWIRKUNG Unerwünschte Begleiterscheinungen............................. 20 - 21 VERPFLANZTES WACHSTUM Haartransplantation......................................................... 22 - 23 AUS WENIGER MEHR MACHEN Haarpflege und Styling.................................................... 24 - 25 Kein dickes Fell Wenn ein „ganz normales” Phänomen die Lebensqualität mindert Irgendwann erwischt es die meisten Männer: Im Kamm oder im Abfluss der Dusche sammeln sich auffällig viele Haare. Die Stirn wird immer höher, der einst volle Schopf lichtet sich am Hinterkopf. Vielleicht fallen sogar spöttische Bemerkungen im Freundeskreis. Diese werden zwar tapfer pariert – doch der Haarverlust setzt vielen Betroffenen mehr zu, als sie zugeben möchten. Sie empfinden ihr neues Erscheinungsbild als unattraktiv, der Blick in den Spiegel macht nervös und traurig. Weil sie den Haarverlust nicht hinnehmen wollen, werden sogar Männer, die sonst höchst rational sind, anfällig für allerlei HaarHumbug und lassen sich von dubiosen und teuren Heilungsversprechungen verführen. Sie experimentieren mit Kämmtechniken, Haarwuchs-Wässerchen oder der neuesten Mützenmode. Doch damit lässt sich der Verlust des Kopfhaars höchstens tarnen, aber nicht stoppen. Ein höchst natürliches Übel Auch die Medizin befasst sich intensiv mit dem „typisch männlichen” Haarverlust, im Fachjargon „androgenetische Alopezie des Mannes” oder „anlagebedingter Haarausfall” genannt. Doch warum eigentlich? Schließlich handelt es sich um ein natürliches Phänomen, das – wohl oder übel – zum Mannsein gehört. Die androgenetische Alopezie gilt nicht als Krankheit. Andererseits ist das Haupthaar nicht nur ein schnödes totes Anhangsgebilde der Haut, bietet nicht nur Schutz und Wärme für die Kopfhaut. Das Kopfhaar ist Statussymbol und Kommunikationsmittel und wird als Zeichen der Vitalität angesehen. Sein Verlust kann sich durchaus dramatisch auf die Lebensqualität auswirken. Dazu gehören Panik- und Ohnmachtsgefühle, die für Außenstehende mitunter kaum nachvollziehbar sind. Manche Betroffene reagieren mit Scham, Depressionen und Unsicherheit. Sie fühlen sich im Berufs- und Sozialleben oder bei der Partnersuche benachteiligt. Wenn es dann noch zahlreiche Glatzenträger in der Verwandtschaft gibt, verstärkt sich das Gefühl des Ausgeliefertseins – schließlich spielen die „in die Wiege gelegten” Gene beim Haarausfall eine tragende Rolle. Gegensteuern ist möglich Allerdings ist es möglich, dem haarlosen „Schicksal” ein Schnippchen zu schlagen. Durch verschiedene medizinische Möglichkeiten kann es gelingen, den Haarausfall deutlich zu bremsen, gekonnt zu kaschieren oder sogar „neue” Haare zum Sprießen zu bringen. Ärzte und Apotheker kennen die verfügbaren Mittel. Sie wissen, welche Methoden beim Kampf gegen das „haarige Leid” die größten Erfolge versprechen. Schluss mit den Märchen! Über den anlagebedingten Haarausfall gibt es eine Menge Mythen. Mal soll häufiges Haarewaschen oder das Tragen von Mützen daran schuld sein, dann wieder gechlortes Schwimmbadwasser. Dies alles gehört ins Reich der Märchen. Ebenso falsch: Männer mit Glatze produzieren besonders viel Testosteron. 4 | 5 Nachwuchs-Probleme Der vorprogrammierte Haarausfall Muster des Verlusts Jeder Mensch verliert täglich einen kleinen Teil seiner Kopfhaare. Rund 60 bis 100 Stück pro Tag sind die Norm. Solange ebenso viele Haare nachproduziert werden, bleibt der Haarschopf dicht. Typisch ist folgendes Muster: Zuerst bilden sich Geheimratsecken, der Haaransatz an der Stirn weicht zurück. In der Scheitelregion wird das Haar immer lichter, sodass die Kopfhaut durchschimmert. Die verbleibenden Haare sind feiner und flaumiger. Arbeitsverweigerung in der Kopfhaut Doch bei rund vier von fünf Männern kommt der Nachwuchs irgendwann ins Stocken. Fast immer ist eine Kombination aus Genen und Hormonen dafür verantwortlich. Diese Form des Haarausfalls wird „androgenetische Alopezie” oder „anlagebedingter Haarausfall“ genannt – sie ist bei bestimmten genetischen Faktoren vorprogrammiert. Und so verläuft das Haarverlust-Programm: Das Hormon DihydroTestosteron bewirkt das Schrumpfen von Haarfollikeln in der Kopfhaut. Diese Follikel sind die eigentlichen Haarproduzenten und reagieren auf die ständige Einwirkung des Hormons mit Arbeitsverweigerung. Auch eine Lichtung der Haare am Hinterkopf, die bis zur Tonsur führen kann, ist typisch – ebenso wie die Tatsache, dass mit der Zeit einzelne kahle bzw. lichte Areale ineinander übergehen. Interessanterweise wächst selbst bei Männern mit „Spiegelglatze” immer noch ein hufeisenförmiger Haarkranz, der über den Hinterkopf von Ohr zu Ohr führt. Blick in die Zukunft Wie früh der anlagebedingte Haarausfall einsetzt, steht in den Genen: Er kann schon in jungen Jahren (rund um den 20. Geburtstag) beginnen; in diesem Fall verläuft er in der Regel recht heftig. Andere Männer bekommen erst mit 40 oder später ausgeprägte Geheimratsecken – bei ihnen ist eine mildere Ausprägung wahrscheinlich. Dihydro-Testosteron: Ein Bösewicht dockt an Im männlichen Körper wird aus dem Geschlechtshormon Testosteron ständig das sogenannte Dihydro-Testosteron gebildet; beide Hormone gehören zur Gruppe der Androgene. Dieser Umbauvorgang ist völlig normal und wichtig – denn Dihydro-Testosteron ist z. B. elementar für die korrekte Funktion der Prostata. Allerdings wirkt das Hormon, bei entsprechender genetischer Veranlagung, ziemlich unerfreulich auf die Haarfollikel in der Kopfhaut. Hier gibt es spezielle Androgen-Rezeptoren, wo das Dihydro-Testosteron andocken kann. Ergebnis des Andockens: Die überempfindlichen Follikel bilden dünnere Haare, haben immer kürzere Wachstumsphasen und stellen schließlich ihre Produktion ganz ein. Dieser Schrumpfungsprozess wird „Miniaturisierung“ genannt. Andere Haartypen (Barthaare, Wimpern etc.) sind davon übrigens nicht betroffen. Medikamente gegen den anlagebedingten Haarausfall zielen darauf ab, den Umwandlungsprozess (von Testosteron in Dihydro-Testosteron) am Anfang dieser Reaktionskette durch die Hemmung eines Enzyms zu drosseln. Hamilton-Norwood-Skala: Im Jahre 1951 entwickelte der Arzt Hamilton ein Einteilungsschema, welches das typische Verlaufsmuster der Haarlichtung beim anlagebedingten Haarausfall des Mannes widerspiegelt. 1975 wurde die Einteilung durch den Arzt Norwood modifiziert und erweitert, der beabsichtigte, hierdurch insbesondere die Auswahl von Patienten für eine Haartransplantation zu erleichtern. 6 | 7 Kopfschmuck aus Keratin Wie die Haarfabriken in der Kopfhaut ticken Fast der gesamte menschliche Körper ist von Haaren bedeckt. Wann die millionenfach vorhandenen Haarfollikel auf Kopf und Körper aktiv sind und welche Haarformen sie produzieren, ist abhängig von Alter, Genetik und hormonellen Signalen. So kann an derselben Stelle ein feines Babyhaar wachsen, wo viele Jahre später festes „Erwachsenen-Fell” sprießt. Tote Fäden – meterweise Haare sind, so die Fachsprache, „Anhangsgebilde der Haut”. Sie bestehen in erster Linie aus Proteinen (v. a. Keratin), aber auch aus Lipiden und Wasser. Ihren komplizierten Schichtaufbau leisten spezialisierte Zellen in den hoch aktiven Haarfollikeln. Diese Follikel sind die Haarfabriken des Körpers. Von ihrer Leistung hängt alles ab. Im Idealfall befinden sich zu jedem Zeitpunkt 90 Prozent dieser Follikel in der Wachstumsphase (sogenannte Anagenphase). Auf den gesamten Kopf hochgerechnet, produzieren die Follikel insgesamt täglich mehrere Meter Haar! Abnabelung macht Platz für Neues Nach der mehrjährigen Wachstumsphase, in der ein Follikel ununterbrochen an einem Haar „arbeitet”, beginnen Umbauarbeiten: Der Follikel kommt in die Übergangsphase (Katagenphase) bzw. die Ruhephase (Telogenphase). In dieser Zeit wird das „alte” Haar abgenabelt und fällt beim Waschen oder Kämmen aus – während ein neues und bestens mit Nährstoffen versorgtes Haar „geboren” und an die Oberfläche geschoben wird. Im Idealfall macht ein Haarfollikel rund acht bis zwölf solcher Zyklen durch. Wachstumsphasen des Haares Ein Hormon als Arbeitsbremse Bei der androgenetischen Alopezie bremst das Hormon DihydroTestosteron die emsige Arbeit der Haarfollikel. Die Wachstumszyklen – und damit die produzierten Haare – werden sukzessive kürzer. Anagenphase Telogenphase Frühe bis mittlere Anagenphase Anagenphase Katagenphase Die Haare selbst bekommen einen immer geringeren Durchmesser und werden schrittweise feiner; schließlich stellen die verkümmerten Follikel ihre Produktion komplett ein. 8 | 9 Normalverteilung der unterschiedlichen Wachstumsphasen des Haares in % Anagenphase (Wachstumsphase): bis 90 % Dauer: 2-6 Jahre Katagenphase (Übergangsphase): bis 3 % Dauer: 2 Wochen Telogenphase (Ruhe- bzw. Ausfallphase): bis 3 % Dauer: 2-6 Monate Federleicht, und doch gewichtig Ein voller Schopf besteht aus rund 90.000 bis 150.000 Haaren. Blonde haben am meisten, Rothaarige am wenigsten Haare. Genetische Faktoren bestimmen weitgehend Farbe, Dichte und Struktur (glatt, gelockt) sowie den Zeitpunkt, zu dem das Haar ergraut. Pro Monat wächst ein Haar rund einen Zentimeter. Bevor es natürlicherweise ausfällt, kann es bis zu sieben Jahre alt bzw. einen Meter lang werden. An ihrer Wachstums-Basis werden Haare von Blutgefäßen (Nährstoffe) versorgt und sind von Nerven umgeben. Das manchmal lästig erscheinende Sekret der Talgdrüsen („fettige Haare”) lagert sich außen an die Haare an. So bleiben sie geschmeidig. Muskeln in der Kopfhaut sorgen dafür, dass wir auf „haarsträubende Geschichten” entsprechend reagieren. 10 | 11 In den Händen des Experten Was beim Arzt passiert Männer gehen normalerweise nicht unbedingt gerne zum Arzt. Und wenn es noch dazu ein so „banales“ kosmetisches Problem wie Haarausfall ist, liegt die Hemmschwelle für viele Betroffene vermutlich noch ein wenig höher. Experimente am Kopf Gerade im Anfangsstadium des Haarausfalls versuchen sie lieber, sich in Eigenversuchen selbst zu „therapieren“ – sei es mit teuren Shampoos oder kuriosen Angeboten aus dem Internet. Diese Aktivitäten vermitteln das Gefühl, dem Haarverlust nicht passiv gegenüberzustehen. Über die psychische Belastung, die mit dem Haarausfall einhergeht und mit der der Rest der Männerwelt scheinbar spielend fertig wird, verlieren die Betroffenen nicht allzu viele Worte. Dem Rätselraten ein Ende setzen Die Haarausfall-Spezialisten unter den Ärzten (Dermatologen) jedoch ermutigen ihre Patienten, ihnen möglichst rasch einen Besuch abzustatten. Manche Praxen oder Kliniken bieten sogar eigene Haarsprechstunden an. Am Anfang eines Arztbesuchs muss herausgefunden werden, woher der Haarausfall kommt. Er kann ein Hinweis auf eine Erkrankung, Stress, schädliche Umweltsubstanzen oder Mangelernährung sein. Zupfen, zählen, gucken In den allermeisten Fällen steckt die Ursache für den Haarausfall bei Männern allerdings im Erbgut, d. h. er hat genetische Ursachen. Aufgrund der typischen „Musterbildung“ am Kopf ist der anlagebedingte Haarausfall gut zu diagnostizieren. Mögliche weitere Untersuchungen sind der Zupftest (Pull-Test) und ein Trichogramm (Untersuchung der Haarwurzeln unter dem Mikroskop). Sie zeigen, wie aktiv die Haarfollikel sind und welcher Verlauf des Haarausfalls künftig zu erwarten ist. Manchmal werden die Patienten aufgefordert, daheim die täglich ausgefallenen Haare zu zählen, um einen realistischen Eindruck vom tatsächlichen Verlust zu gewinnen. Wie geht es weiter? Natürlich ist nicht immer eine Behandlung der androgenetischen Alopezie notwendig. Viele Männer arrangieren sich gut mit schütterem Haar und Glatzenbildung oder lehnen Eingriffe und ihre Risiken ab, wenn sie „nur“ der Ästhetik dienen (dauerhafte Medikamenteneinnahme, Haartransplantation usw.). Allen anderen stehen mehrere Wege offen. Sie sollten Nutzen und Risiken einer Therapie genau abwägen und können mit einer Therapie bereits in einem recht frühen Stadium beginnen. Um dem Haarverlust auf den Grund zu gehen, wird der Arzt zum Beispiel mehr über die Familiengeschichte (Neigen Ihre Verwandten zur Glatzenbildung?) wissen wollen – oder über die Lebensumstände des Betroffenen (Nehmen Sie Medikamente? Gab es in letzter Zeit eine größere Veränderung?). Auch Blutuntersuchungen (z. B. zu Hormon- und Leberwerten) können aufschlussreich sein. 12 | 13 Initiative gegen Glatzenbildung Entscheidungen vor der Therapie Androgenetische Alopezie – oder anlagebedingter Haarausfall – ist keine Krankheit. Doch bei Betroffenen, die tatsächlich unter der zunehmenden Kahlheit leiden, kann der Haarverlust nicht als rein kosmetisches Problemchen abgetan werden. Gut gemeinte Sprüche wie „Opa sah auch so aus – reiß dich zusammen!“ oder „Bruce Willis hat eine Glatze und ist ein Sexsymbol!“ sind nicht wirklich tröstlich – ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Störung sehr weit verbreitet ist. Eine erfolgreiche ärztliche Behandlung kann den Haarausfall mildern bzw. stoppen – und so eine Entlastung für das angeknackste Selbstwertgefühl bieten. Mitarbeit gefordert Eine wirkungsvolle Therapie gegen den Haarausfall ist in den meisten Fällen eine Dauerbehandlung. Wird die Behandlung beendet (oder nicht korrekt durchgeführt), verliert sie ihre Wirkung. Dies erfordert Durchhaltevermögen auf mehreren Ebenen: • Zeit Fast alle Haarausfall-Therapien erfordern Geduld, da sich der Erfolg erst nach Wochen oder Monaten zeigt. Weil sich die Veränderung nur langsam vollzieht, haben manche HaarausfallPatienten den Eindruck, es würde sich trotz Behandlung gar nichts tun. Eine genaue Foto-Dokumentation kann hier Abhilfe schaffen und bei Zwischentiefs Mut machen. • Disziplin Es ist nicht jedermanns Sache, täglich an die Einnahme von Medikamenten zu denken oder haarwuchsfördernde Lösungen auf die Kopfhaut aufzutragen. Für alle Medikamente gilt: Sie sollen in der verschriebenen bzw. empfohlenen Tagesdosis angewendet werden (z. B. eine Tablette täglich). Überdosierung lässt die Haare nicht schneller sprießen, eine nachlässige Einnahme kann den Erfolg schmälern. Die sogenannte „Therapietreue“ ist daher für den Erfolg wichtig – selbst wenn etwa am Beginn einer Behandlung Haare ausfallen. Auch die „Wartung“ von Haarteilen muss regelmäßig durchgeführt werden. • Geld Die medikamentöse Haarausfall-Therapie gilt als Lifestyle-Behandlung. Daher werden die Kosten dafür nicht von den Krankenkassen übernommen. Weil die wirksamen Präparate dauerhaft eingenommen werden müssen, bedeutet dies einen stetigen finanziellen Aufwand. Auch gemachte Haarteile und deren Pflege sowie eine Haartransplantation haben ihren Preis. 14 | 15 Fördermittel für den Schopf Großes Angebot, wenige wissenschaftliche Belege Wer sich dazu entschlossen hat, etwas gegen den Haarausfall zu tun, hat – scheinbar – die Qual der Wahl. Denn „Haarwuchsmittel“ gibt es in vielen Formen, zum Beispiel als Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel im Drogeriemarkt oder als apothekenpflichtige Präparate. Gesunde Skepsis ist angebracht Eine in wissenschaftlichen Großstudien nachgewiesene Wirkung haben allerdings nur wenige Mittel. Selbst jene Methoden, die bei einem Großteil der Anwender eine deutliche Verbesserung erzielen, können keine Wunder bewirken – und erzeugen mitunter unangenehme Nebenwirkungen. Jeder Mann, der sich für eine Therapie entscheidet, sollte vorab mit dem Arzt folgende Fragen klären: • Welche Erwartungen sind (un)realistisch? Empfehlenswerte Wege Nach derzeitigem Wissensstand wirken bei anlagebedingtem Haarausfall zwei Medikamentengruppen am nachhaltigsten: Minoxidil-Lösungen sowie Finasterid-Tabletten. Ebenfalls eine deutliche Verbesserung ist mit fachgerecht durchgeführten Haartransplantationen zu erzielen. Personen, die derartige Eingriffe nicht durchführen möchten oder schnellere Resultate wünschen, können auf hochwertigen Haarersatz (Toupets) zurückgreifen oder durch geschicktes Styling „tricksen“. Lösung für die Kopfhaut Zu den wenigen Präparaten mit nachgewiesener Wirkung zählen Minoxidil-Lösungen. Sie sind rezeptfrei in verschiedenen Dosierungen in der Apotheke erhältlich und werden direkt auf die Kopfhaut aufgetragen (ein- bis zweimal täglich). Möglicherweise erreicht Minoxidil, dass die Durchblutung in der Kopfhaut gesteigert wird – der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht im Detail aufgeklärt. Das Mittel sorgt jedenfalls dafür, dass „faule“ Follikel wieder Haare produzieren. Nach dem Absetzen des Mittels kehrt der Haarausfall zurück. • Wann sind erste Ergebnisse sichtbar? • Welcher Aufwand (Zeit, Geld, Disziplin) ist erforderlich? • Welche Nebenwirkungen gibt es? • Ist die Kombination mehrerer Methoden sinnvoll? Finger weg von … • Kunsthaar-Implantation • teuren Wunderwässerchen • gefälschten Medikamenten, z. B. aus dem Onlinehandel – sie sind im besten Falle wirkungslos, im schlimmsten Falle gefährlich • haltlose „Alternativverfahren“, Massagetherapien und Psychotechniken ohne Wirkungsnachweis 16 | 17 Einmal täglich Wie Finasterid-Präparate wirken Die wirkungsvollsten Medikamente gegen anlagebedingten Haarausfall bei Männern sind Präparate mit dem Wirkstoff Finasterid. Sie sind seit den späten 1990er-Jahren auf dem Markt. Bei den meisten Anwendern kann die Substanz einerseits den Haarausfall drastisch bremsen. Andererseits bringt Finasterid träge Haarfollikel wieder auf Trab. Welche Form hat das Medikament? Finasterid gibt es in Tablettenform. Diese werden einmal täglich und unabhängig von den Mahlzeiten geschluckt. Für wen sind Finasterid-Präparate geeignet? Das Medikament wurde für Männer entwickelt, die schon in jungen Jahren mit stärkerem Haarausfall zu kämpfen haben, in deren Kopfhaut aber noch genügend aktive Follikel vorhanden sind. Wie wirken Finasterid-Präparate? Normalerweise wird aus Testosteron mit Hilfe des Enzyms alpha-5-Reduktase (Typ II) ein anderes Hormon gebildet: Dihydro-Testosteron. Dieses bindet spezielle Androgenrezeptoren im Haarfollikel. Dies löst bei Männern mit bestimmten Gen-Faktoren eine Überempfindlichkeitsreaktion aus. Die Follikel schrumpfen, sie produzieren immer dünnere Haare und stellen schließlich ihre Leistung komplett ein. Indem Finasterid das Enzym alpha-5Reduktase hemmt, wird deutlich weniger Dihydro-Testosteron gebildet. Der Haarfollikel-Feind ist entmachtet. Wann sollte man mit der Einnahme beginnen? Wer sich dafür entscheidet, dem Haarverlust mit einem Finasterid-Präparat entgegenzutreten, kann schon bei beginnendem – und absehbar starkem – Haarausfall mit der Einnahme beginnen. Wann zeigt sich die Wirkung von Finasterid? Finasterid wirkt in der Kopfhaut schon sehr rasch nach der ersten Einnahme. Bis Ergebnisse tatsächlich sicht- und fühlbar sind, ist allerdings etwas Geduld gefragt. Erst nach drei bis sechs Monaten ist die Wirkung von Finasterid sicht- und fühlbar. Nach rund einem Jahr kann man endgültig über den Therapieerfolg urteilen. Wie lange muss man das Medikament nehmen? Die Wirkung von Finasterid bleibt nur bestehen, solange das Präparat regelmäßig geschluckt wird. Wird das Medikament abgesetzt, stellt sich der Haarausfall wieder ein. Das heißt: Eine dauerhafte Wirkung kann nur durch eine ständige Einnahme erzielt werden. das Übel an der Wurzel Beim anlagebedingten Haarausfall hemmt das körpereigene Hormon Dihydro-Testosteron das Haarwachstum durch seine Wirkung auf die Haarwurzel. Finasterid-Präparate reduzieren die Bildung von Dihydro-Testosteron und wirken so dem Haarausfall entgegen. 18 | 19 Wo Wirkung, da auch Nebenwirkung Unerwünschte Begleiterscheinungen Finasterid-Präparate sind keine Wundermittel, sondern Medikamente. Sie dürfen erst nach ärztlicher Verschreibung und sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken eingenommen werden. Welche Nebenwirkungen gibt es? Wie bei allen Medikamenten können auch bei Finasterid-Präparaten unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Dazu gehören u. a. verringerte Libido, Erektionsstörungen (geminderte Potenz) oder die Verringerung des Ejakulatvolumens. In Einzelfällen wurde auch eine Gynäkomastie (Vergrößerung der Brustdrüse) beobachtet. Zur Diskussion steht, ob durch die Einnahme der Substanz das Risiko für männlichen Brustkrebs gesteigert wird oder sich möglicherweise die Fruchtbarkeit verringert. Was kann man gegen die Nebenwirkungen tun? Die Nebenwirkungen verschwinden meistens von selbst – entweder noch während der Einnahme oder sobald das Medikament abgesetzt wird. In Einzelfällen können die Nebenwirkungen auch nach dem Absetzen weiterhin bestehen. Wer muss über die Finasterid-Einnahme Bescheid wissen? Am besten wird die Einnahme von Finasterid bei jeder ärztlichen Untersuchung bekannt gegeben. Wichtig: Zur Früherkennung von Prostatakrebs wird in Routine-Blutuntersuchungen der sogenannte PSA-Wert gemessen; er liefert wichtige Hinweise auf eine mögliche Erkrankung in der Prostata. Bei Finasterid-Anwendern sind die sogenannten PSA-Werte im Blut allerdings künstlich niedrig. Dürfen Frauen Finasterid nehmen? Nein, auf keinen Fall. Einerseits ist das Präparat bei Frauen mit Haarausfall wirkungslos. Andererseits kann der Wirkstoff ein ungeborenes männliches Baby schwer schädigen. Daher ist es für Schwangere sogar schon gefährlich, wenn sie eine zerbrochene Finasterid-Tablette nur mit den Fingern berühren – denn die Substanz kann über die Haut in den Blutkreislauf gelangen. Stimmt es, dass Finasterid eigentlich ein Prostatamedikament ist? Der Wirkstoff wird – in höherer Konzentration – auch bei der sogenannten benignen Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung) eingesetzt. Es hat sich gezeigt, dass FinasteridAnwender seltener Prostatakrebs entwickeln – aber sich in diesen Ausnahmefällen eher eine besonders aggressive Karzinomform entwickelt. Als „Vorbeugungsmedikament“ ist die Substanz Finasterid daher nicht geeignet. Kinderwunsch und Finasterid Männer mit Kinderwunsch sollten auf eine Behandlung mit Finasterid unbedingt verzichten. Denn die Substanz, die auch in der Samenflüssigkeit nachgewiesen wurde, kann ab einer bestimmten Dosis schädlich für einen Fötus sein. Dies gilt auch für eine frühe ­– und vielleicht auch noch unbekannte ­– Schwangerschaft. Daher muss beim Sex mit einer auch nur möglicherweise schwangeren Frau ein Kondom verwendet werden. Die Partnerin darf nicht mit dem Sperma in Berührung kommen. Das heißt auch: Männer, die Vater werden wollen und ein Finasterid-Präparat einnehmen, sollten die Behandlung beenden, bevor sie mit der Familienplanung beginnen. 20 | 21 Verpflanztes Wachstum Haartransplantation Selbst bei starkem anlagebedingten Haarausfall bleibt Männern eine wertvolle Reserve: der hufeisenförmige Haarkranz, der von den Schläfen zum Hinterkopf führt. In diesen Arealen reagieren die Haarfollikel nicht empfindlich auf Dihydro-Testosteron. Es ist möglich, diese Haarkranz-Haare an andere Stellen in der Kopfhaut zu verpflanzen – und so kahle Areale „wiederzubeleben“. Wenn ein Arzt die Kunst der Haartransplantation beherrscht, dann überstehen die verpflanzten Haare die Prozedur zu einem sehr hohen Prozentsatz und sprießen in ihrer neuen Umgebung. Wichtig dabei ist, dass die „neuen“ Haare nach der Transplantation geschickt verteilt sind, in die richtige Richtung wachsen und einen natürlich aussehenden Haaransatz bilden. Hoher Aufwand für gute Ergebnisse TOUPETS: KEINE SLAPSTICK-NUMMER MEHR Nicht für jeden ist eine Haartransplantation geeignet, wünschenswert oder leistbar. Eine Alternative sind Toupets bzw. Haarteile. Toupets gibt es in allen möglichen Qualitäten (Echthaar, Kunsthaar), Formen und Farben. Oft sehen sie so echt aus, dass sie nur von Experten identifiziert werden können. Die Angst vor einem peinlichen, slapstickartigen Toupetverlust durch einen kräftigen Windstoß ist unberechtigt. Denn moderne Toupets sind fest mit dem Kopf verbunden. Sie werden entweder mit eigenen Haaren verwebt oder durch Clips bzw. einen Spezialklebstoff mit der Kopfhaut verbunden. Nicht zu unterschätzen sind Zeit und Kosten, die durch die fachgerechte „Wartung“ der Haarteile entstehen. Für manche Männer – zum Beispiel für jene, die sich eine rasche Veränderung wünschen – ist das Tragen von Haarteilen eine große Erleichterung. Für andere kommt es jedoch nicht in Frage, weil sie sich paradoxerweise durch das Toupet noch mehr auf den eigenen Haarverlust konzentrieren. Sie machen sich (zu) viele Gedanken, ob ihr Kopfschmuck noch in der richtigen Position ist oder für andere Personen als Schwindel erkennbar ist. Neigt man zu dieser Art der Befangenheit, wird das Toupet eher zur Belastung. Wird eine Transplantation fachgemäß durchgeführt, so können also erstaunlich gute und „haltbare“ Ergebnisse erzielt werden. Allerdings ist diese Maßnahme mit einem oder mehreren operativen Eingriffen verbunden und relativ teuer. Kein Wunder, denn die Methode ist ziemlich aufwändig: Haar für Haar muss entnommen, zwischengelagert und sodann wieder eingepflanzt werden – all dies, ohne die empfindliche Wurzeln der Mini-Transplantate zu verletzen. Information über Innovation In den letzten Jahren gab es viele Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet. Wer einen solchen Eingriff in Erwägung zieht, sollte sich ernsthaft über die vom Operateur angewandte Methodik informieren. Um das gute Ergebnis der Transplantation nicht zu gefährden, kann es günstig sein, die verbliebenen nichttransplantierten Eigenhaare durch Medikamente zu erhalten. 22 | 23 Aus weniger mehr machen Haarpflege und Styling Haarpflege-Produkte – so viel versprechend sie beworben sein mögen – erwecken geschrumpfte Haarfollikel leider nicht wieder zu neuem Wachstum. Allerdings kann man durch Pflege und Styling viel erreichen und schütteres Haar gut aussehen lassen bzw. mehr Volumen vortäuschen. Was Haare (nicht) mögen Richtig gepflegtes Haar glänzt, weil seine äußere Schuppenschicht intakt ist. Dazu gehört, zu milden Kosmetika (Shampoo, Balsam) zu greifen. Strapaziös hingegen ist das Haarespülen mit heißem Wasser, übermäßiges Bürsten, Kämmen, Toupieren und Fönen. Das Rubbeln und Auskämmen von nassem Haar oder strenges Bürsten gegen den Strich setzt den spröden Hornfäden zu. Hell und kurz Wer etwa seine Haare färbt, sollte eher einen helleren Farbton wählen – dieser bildet keinen verräterischen Kontrast mit der Kopfhaut und lässt den Schopf voluminöser erscheinen. Ein gekonnter Haarschnitt bringt die Vorzüge des Gesichts zur Geltung. Übrigens – eine Kurzhaarfrisur wirkt meist besser als einige lange Haare, die über die schütteren Stellen drapiert werden. Es ist allerdings ein Mythos, dass das Schneiden oder Rasieren von Haaren zu einem stärkeren Nachwuchs führt – die Haarwurzel bleibt von diesem Prozess völlig unbeeindruckt. Haare aus der Dose Klingt etwas seltsam, aber es gibt sie: Haare aus der Dose. Sie werden aufgestreut bzw. aufgesprüht. Die „Dosenhaare“ bestehen aus Fasern, die sich an die eigenen Haare heften. Auf diese Weise erscheinen kleinere kahle oder schüttere Stellen unauffälliger. Das Instanthaar ist in verschiedenen Farben erhältlich; man kann damit durchaus überzeugende Ergebnisse erzielen, wenn noch genügend eigenes Haar vorhanden ist. NEUES AUS DER FORSCHUNG In der Antike versuchte man angeblich, den Haarausfall mit Igel- und Tarantelblut zu besiegen. Moderne Forscher sind weniger an der Entwicklung gruseliger Tinkturen interessiert, sondern an der genetischen Grundlage des Haarausfalls. Sie hoffen, nach der Entschlüsselung der beteiligten Faktoren bessere Behandlungswege zu entwickeln. Für eine ganz andere Studie wurden unlängst traditionelle Medizinpflanzen aus Thailand untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass u. a. die Färberdistel und der Amlabaum, die zur Haarpflege verwendet werden, in der Lage sind, das Enzym 5-alpha-Reduktase zu hemmen. Sie haben also eine ähnliche, wenn auch viel mildere, Wirkung wie Finasterid. Andere Forscher untersuchen, ob Männer, die zur Glatzenbildung neigen, aufgrund einer genetischen Grunddisposition ein höheres Risiko für Herzkreislauferkrankungen und andere Beschwerden haben. 24 | 25 Lil-Dagover-Ring 7 82031 Grünwald Deutschland Telefon:+49 (0)89 641 860 Telefax:+49 (0)89 641 861 30 E-Mail: [email protected] www.dermapharm.de