Der lange Weg zum Markteintritt

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22.04.2009
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Arzneimittelzulassung
Der lange Weg zum Markteintritt
ó Zwölf Jahre vergehen im Durchschnitt, bis
ein neues Medikament auf den Markt kommt
– und etliche bleiben auf der Strecke: Der vfa
(Verband forschender Arzneimittelhersteller)
schätzt, dass nur etwa eine von 5.000 bis
10.000 untersuchten Substanzen die Marktreife erreicht.
Auf dem Weg dorthin ist der Wirkstoff Trabedersen, den die Regensburger Antisense
Pharma GmbH zur Behandlung von Patienten mit bösartigen Tumoren entwickelt. Das
Antisense-Oligodesoxynukleotid bindet spezifisch an die mRNA für TGF-beta-2 (Transforming growth factor beta-2) und unterdrückt die Neubildung dieses Proteins, das
Tumorzellen vor einem Angriff von Immunzellen schützt und die Teilungsrate und
Migrationsfähigkeit von Krebszellen steigert.
Diese Phasen hat Trabedersen erfolgreich
und vergleichsweise preisgünstig durchlaufen: Die Entwicklungskosten betrugen bisher deutlich weniger als 100 Mio. Euro – üblicherweise liegen sie für onkologische Wirkstoffe bei knapp dem Zehnfachen. Anfang
2009 startete nun eine weltweite Phase-IIIStudie, an der ca. 70 Studienzentren in voraussichtlich 14 Ländern Europas, Amerikas
und Asiens beteiligt sind. In der Zulassungsstudie muss Trabedersen eine signifikant bessere Wirksamkeit gegen rezidivierende oder refraktäre anaplastische Astrozytome – sehr aggressive Gehirntumore –
zeigen. Standardchemotherapie für die
Behandlung dieser Patienten ist Temozolomid bzw. Carmustin.
Harmonisierte Zulassungsverfahren
Von der präklinischen Phase zur
Zulassungsstudie
Vor der Zulassung eines Arzneimittels müssen Hersteller Daten zur angemessenen pharmazeutischen Qualität, therapeutischen
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit und zum
Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko sammeln: In der präklinischen Phase untersuchen Forscher zunächst in vitro an Zellkulturen, später in vivo im Tiermodell beispielsweise Wirkmechanismus oder Halbwertszeit des Wirkstoffs. „Aber diese Studien
sind nur beschränkt aussagekräftig, was die
Wirksamkeit beim Menschen angeht“, erklärt
Dr. Hubert Heinrichs, Chief Medical Officer
bei Antisense Pharma. Also folgen klinische
Studien am Menschen: In der nicht vorgeschriebenen, aber empfohlenen Phase 0
erhalten die Probanden subtherapeutische
Dosen des Wirkstoffs, um erste Daten zur
Verträglichkeit und Pharmakodynamik beim
Menschen zu erheben. In Phase I, früher
wegen der erstmaligen Gabe therapeutischer
Dosen auch als „First in Man“ bezeichnet,
stehen vor allem die Verträglichkeit und
Sicherheit des Wirkstoffs, aber auch die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik auf dem
Prüfstand. In der möglichst randomisierten
und aktiv kontrollierten anschließenden Phase II werden das Therapiekonzept überprüft
(„Proof of Concept“, Phase IIa) und die optimale Dosierung ermittelt („Dose Finding“,
Phase IIb).
BIOspektrum | 03.09 | 15. Jahrgang
Wie viele Patienten an einer Zulassungsstudie teilnehmen müssen, lässt sich im Vorfeld
abschätzen; je nach Studiendesign liegt die
Zahl zwischen etwa 200 und 10.000. „Sieht
man in Phase II einen großen Effekt, wird die
nötige Fallzahl für die Phase-III-Studie kleiner“, erklärt Hubert Heinrichs. Da Trabedersen bereits in Phase II einen deutlichen Überlebensvorteil bewirkte, müssen insgesamt
nur etwa 135 Patienten behandelt werden,
die entweder Trabedersen oder die Standardchemotherapie erhalten.
An das Hauptzielkriterium einer Zulassungsstudie legen die Zulassungsbehörden
wie die European Medicines Agency (EMEA)
oder die Food and Drug Administration (FDA)
in den USA immer strengere Maßstäbe an:
„Bei einem Krebsmedikament reicht es nicht
mehr aus, wenn sich der Tumor verkleinert.
Die Behörden verlangen heute ein längeres
Überleben der Patienten“, sagt Hubert Heinrichs. Hauptzielkriterium der Studie ist daher
die Überlebensrate in einem Zeitraum von 24
Monaten – überleben während dieser Zeit signifikant mehr mit Trabedersen behandelte
Patienten als unter der Standardchemotherapie, können die Hersteller die Zulassung
beantragen.
Zur Verringerung der Bürokratie haben die
EU-Staaten die Arzneimittelzulassung harmonisiert: Im zentralisierten Verfahren, das für
onkologische und verschiedene andere Wirkstoffe zwingend vorgeschrieben ist, kann die
Zulassung für die gesamte Europäische Union
beantragt werden. Außerdem gibt es das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und das
dezentralisierte Verfahren, in denen nacheinander bzw. gleichzeitig die Zulassung in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten beantragt wird.
Die Zusammenarbeit in Sachen Arzneimittelzulassung mit den USA oder Japan hat
zum Teil andere Schwerpunkte: „In Japan
legen die Behörden Wert darauf, dass in einer
Zulassungsstudie Daten für japanische Patienten erhoben werden“, erklärt Hubert Heinrichs. Auch die FDA stelle mitunter andere
Anforderungen als die EMEA. Arzneimittelproduzenten müssen daher entweder für jede
Region eigene Zulassungsstudien durchführen oder in Absprache mit den Behörden in
allen Regionen Patienten rekrutieren und
Daten erheben.
Neben den formalen Hürden – die sich
durch eine frühzeitige Kontaktaufnahme zu
und partnerschaftlichen Umgang mit den
Zulassungsbehörden häufig niedrig halten
lassen – gibt es weitere „Stolpersteine“ auf
dem Weg zur Zulassung, z. B. seltene Nebenwirkungen, eine unerwartet geringe Wirksamkeit oder die Zulassung eines Konkurrenzpräparats. Immerhin: Je weiter das Zulassungsverfahren voranschreitet, desto größer
sind die Chancen für eine Marktzulassung –
für einen Wirkstoff, der es bis in die klinische Phase III geschafft hat, liegen sie bei
zwischen 60 und 70 Prozent.
ó
Korrespondenzadresse:
Alexis Katechakis
ANTISENSE PHARMA GmbH
Josef-Engert-Straße 9
D-93053 Regensburg
Tel.: 0941-92013-0
[email protected]
www.antisense-pharma.com
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