objekt Sanierung Qualität auf 6,5 Meter Breite Bemerkenswert ist bei diesem Projekt nicht nur die architektonische Lösung, sondern auch die Vorgeschich­ te: Es begann nämlich mit einem klei­ nen Laden in Linz, bestehend aus nur einem Raum, den Architekt Andreas Heidl neu gestaltete. Auch hier war die Größe nebensächlich: das Konzept machte einen solchen Eindruck, dass die Verantwortlichen der Spänglerbank den jungen Architekten für den Umbau der Filiale in Linz vom Fleck weg en­ Durch die wechselvolle Abfolge von Räumen, Höfen, Ausblicken und Durchsichten ist der Besucher mit ständig wechselnden Perspektiven konfrontiert. Statische Herausforderung: Die Mauern sind wegen des Alters und der zahlreichen Bauetappen nicht homogen und boten immer wieder Überraschungen in Form von Hohlräumen. gagierten. Dieser Auftrag war sein er­ ster als selbstständiger Architekt und sollte ihn so bald nicht loslassen. Nach der ersten Bauetappe im Jahr 1999 folgte bald die zweite, für die Architekt Heidl 2002 mit dem Denkmalpflege­ preis des Landes Oberösterreich ge­ würdigt wurde. 2005 startete dann die letzte Bauphase, die 2007 ihren Ab­ schluss fand. Eine besondere Heraus­ forderung war, dass der Bankbetrieb während der Umbaujahre voll gewähr­ leistet bleiben musste. Die Baustoffe wurde daher nicht von vorne durch das Gebäude geschleust, sondern mit dem Kran eingebracht, wie es auch beim Umbau von vermieteten Wohn­ häusern üblich ist. Die Zusammenar­ beit mit den Verantwortlichen des Bankhauses verlief mustergültig, von gegenseitigem Vertrauen, großem Ver­ ständnis und der nötigen Portion Groß­ zügigkeit geprägt, unter Wahrung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Bevor überhaupt begonnen werden konnte, waren intensive Analysen er­ forderlich, alle teilweise in Schichten übereinanderliegenden Relikte der ver­ gangener Epochen mussten genau ana­ lysiert und richtig zuzuordnet werden. Erst danach war eine zusammenfas­ 4 | bm 2 2010 www.bm-online.at bau magazin z Fotos: Josef Pausch | Christoph Goldmann | Heidl Architekten Die Größe der Herausforderung lag bei diesem Projekt in der Beengtheit: Nicht einmal sieben Meter Breite standen Architekt Andreas Heidl zur Verfügung, um in das Altstadthaus am Linzer Hauptplatz die Struktur eines zeitgemäßen Bankbetriebes zu integrieren. Das Ergebnis spricht für sich und punktet durch eine feinsinnige Ergänzung der historischen Struktur mit zeitgenössi­ schen Elementen. Kontrastierende Texturen von historischen Oberflächen, gepaart mit industrieller Perfektion, verleihen den Räumen und Höfen ein einzigartiges Ambiente. Fotos: Fotocredit Sanierung objekt Da die relativ schallharte Putzoberfläche für die Akustik nicht günstig ist, wurden bei Tischen und Schränken nicht sichtbare Akustikelemente versteckt. www.bm-online.at bm 2 2010 bau magazin z | 5 objekt Sanierung sende Bewertung und eine Machbar­ keitsstudie möglich. Auf Grund der historisch wertvollen Gebäudeteile wa­ ren natürlich auch strenge Vorgaben des Bundesdenkmalamtes zu berück­ sichtigen. Doch dies alles hat sich ge­ lohnt, wie man sieht, und war wegen der guten Kooperation nicht so teuer wie man meinen möchte. Heute ist das Gebäude ein wesentlicher Beitrag zur Corporate Identity des Bankhauses Spängler. Ein Umbau dieser Dimensi­ on erfordert Geduld und Flexibilität, ist aber auch eine einmalige Chance, eine wirklich unverwechselbare Adres­ se zu bekommen. Spannende Architekturerlebnisse Das vom Hauptplatz aus nur ob seiner Schmalheit auffallende Gebäude mit den drei Fensterachsen überrascht den Besucher im Inneren durch seine leb­ hafte Abfolge von Räumen, Höfen, Ausblicken und Durchsichten mit ständig wechselnden Perspektiven. Egal ob man das Haus über den Haupt­ eingang oder über die mit feinem Blech vergitterte Hoftür betrifft, es eröffnet sich ein einzigartiges Raumkontinu­ um, das auch in seiner Höhenentwick­ lung für „erhebende“ Erlebnisse sorgt. Vor allem in den Höfen und in der Dr­ aufsicht erkennt man die intensive Verflechtung zwischen Außen und In­ nen, Alt und Neu. Das in seiner Grund­ struktur spätgotische Langhofhaus gliedert sich in Haupt-, Mittel- und Hinterhaus, wobei das vormals 2-ge­ schoßige Hinterhaus zur Gänze abge­ rissen wurde und einem bekiesten Innenhof Platz machte. An dieser Stel­ le kann später noch ein 180 m2 großer Saal eingebaut werden, die Vorkeh­ rungen dafür wurden bereits getroffen. Das Mittelhaus blieb zur Gänze beste­ hen. Das ursprünglich 3-geschoßige Vorderhaus wurde im Barock um zwei Geschoße aufgestockt und die Fassade in eine traufständige Prospektfassade umgebaut. Beim Stadtbrand von 1800 wurden die Obergeschoße stark be­ schädigt und nur mangelhaft wieder hergestellt. Diese beiden Geschoße be­ reiteten auch statisch die größten Schwierigkeiten, was zum Einbau von bauteilaktivierten Stahlbetonwand­ scheiben führte. Die Heiz- und Kühl­ leitungen waren bereits eingelegt, als die Fertigteile mit dem Kran eingepasst wurden. Dass auch sonst keine Heiz­ körper im Haus zu sehen sind, liegt an der Doppelbodenlösung, die nicht nur optisch für eine durchgängige und bar­ rierefreie Fläche sorgt, sondern neben der Fußbodenheizung auch die ganzen horizontalen Haustechnikleitungen aufnimmt, die ansonsten eingestemmt hätten werden müssen, mit allen schädlichen Folgen für die historische Substanz. Die Heidl-Architekten haben diesen neuen Hohlraum auch genutzt, um Lichtbänder zwischen Wänden und Fußböden zu installieren, wo­ durch die mit Naturkalkputzen bewor­ fenen Wände effektvoll leuchten. Eine besondere Attraktion ist Mittelmauer, die sich im Grundriss hin- und her­ schlängelt. Dies ist nicht auf Bauun­ genauigkeiten zurückzuführen, son­ dern es handelt sich um absichtliche perspektivische Verzerrungen, die die Räume optisch verlängern oder verkür­ zen. Es gibt unzählige wunderschöne Details zu bewundern, aus allen Zeite­ pochen und natürlich auch aus der jüngsten Umbauphase, die hier nicht alle erwähnt werden können, die man einfach gesehen haben muss. Architekt Heidl hat allen Respekt vor der Histo­ rie, ist bereit mit ihr zu kommunizie­ ren und von ihr zu lernen. Aber das Neue soll nicht hinter das Alte zurück­ treten, sondern eine gleichrangige Symbiose eingehen, um gemeinsam ein perfektes Ganzes zu ergeben, das offen ist für die Zukunft. Bei derart vielschichtigen Gebäuden ist keine komplette Planung im Büro möglich, sondern vieles muss auf der Baustelle entschieden werden, oft sehr schnell und unerwartet. Das verlangt nicht nur große Offenheit und Flexibilität im Denken, sondern auch ein sicheres Form- und Feingefühl. Die neuen Ein­ griffe dürfen nicht zu massiv werden, es muss alles im Rahmen des Verträg­ lichen bleiben. Nur ganz wenige Ar­ chitekten besitzen so viel Fingerspit­ zengefühl, um hier die richtige Balan­ ce zu finden. Architekt Heidl präferiert großzügige Lösungen mit möglichst flexibler Nutzung. Da Bankangestellte auch die Möglichkeit haben müssen, sich mit Kunden zurückzuziehen, wurden neben den Großraumbüros viele Besprechungsräume geschaffen. Alle Räume sind natürlich belichtet und belüftet, auf den Hofseiten mittels modernen Verglasungen. Als Eye-Cat­ cher und Orientierungshilfe im Inne­ ren dienen weiß hinterleuchtete Glas­ kuben, hinten denen sich der Lift und die Toiletten verbergen. 6 | bm 2 2010 www.bm-online.at bau magazin z Fotos: Josef Pausch | Christoph Goldmann | Heidl Architekten Durch die Entfernung von Innenwänden wurde das statisch überlastete Haus um einige Tonnen Gewicht erleichtert und Spielraum für das neue Konzept geschaffen. Sanierung objekt Die Ausführung ist überall behindertengerecht, mit Lift und teilweise geneigten Fußbodenflächen. Vorhandene Niveausprünge wurden ausgeglichen. Die Arbeitsplätze sind in ihrer Lage veränderbar und passen sich damit den wechselnden Erfordernissen an. Sanierungstechnische Spezialitäten Die bestehende Statik hatte ihre Lei­ stungsgrenzen erreicht, daher wurde nicht nur alles Unnötige abgebrochen, sondern auch viele Hohlräume ver­ füllt. Da es nicht möglich ist, jeden Querschnitt zu überprüfen, entschloss man sich, die statischen Lasten punk­ tuell abzutragen und nicht über die ganzen Wandflächen. Frühere Bau­ meister scheinen sich öfter geirrt zu haben bei ihren statischen Schät­ zungen, was zu beachtlichen Verfor­ mungen geführt hatte. So war z. B. eine alte Holzdecke ganze 60cm durchgebogen, was jedoch weitgehend wieder in Ordnung gebracht werden konnte. Über den gotischen Putzen, die schließlich freigelegt wurden, mussten zuerst 6 cm jüngere Putze abgeschlagen werden. In Summe wur­ de das überlastete Haus um einige Tonnen Gewicht erleichtert. In den 1960er-Jahren war man be­ kanntlich nicht zimperlich, was den BAUTAFEL Projekt Bankhaus Spängler Ort Hauptplatz, Linz, Oberösterreich Umbau, Innenausbau, Bankgebäude Bankhaus Carl Spängler & Co AG Heidl Architekten ZT GmbH, Linz, www.heidl.com Email: [email protected] DI Gerald Zehetner DI Barbara Bacher, Linz DI Peter Platzer, Linz Ernst Grillenberger GmbH, Perg Direktauftrag 530 m2 (1.+2. BE) + 255 m2 (3. BE) 2007 Denkmalpflegepreis des Landes Oberösterreich 2002 (für die 2. BE) Gebäudeart Bauherr/in Planung Mitarbeit Freiraumgestaltung Statik Haustechnik AUFTRAG Fotos: Fotocredit Umgang mit alten Bauschätzen betraf. So wundert es nicht weiter, dass die heutigen Mittelgänge skrupellos zu Haustechniktrassen „umgewidmet“ worden waren und nun erst freigelegt werden mussten. Im neuen Haustech­ nikkonzept erfolgt die Hauptversor­ gung wesentlich intelligenter durch einen vertikalen Schacht, der in jedem Geschoß einen ganzen Raum ausfüllt. Die gemauerten Wände bleiben auf diese Weise ungeschmälert. Zum Teil sind die Installationen in eleganten Vorwandkonstruktionen unterge­ bracht, die keineswegs nach Verlegen­ heitslösungen aussehen, sondern als Teil der Gesamtkomposition perfekt gestaltet sind. Die Nutzer oder Besu­ cher des Gebäudes dürfen das reine Raumerlebnis genießen, ohne mit komplizierter Technik konfrontiert zu werden. Sogar die notwendigen Aku­ stikelemente wurden unsichtbar unter Schränken und Tischen versteckt. Be­ sonders raffiniert ist das natürliche Nutzfläche Fertigstellung Auszeichnung Quer-Lüftungssystem, das bereits in der Gotik vorgesehen wurde und nur mehr wiederentdeckt werden musste. Hierfür wird die Luft vom Hauptplatz über die Höfe nach oben geleitet, wes­ halb es wichtig ist, dass die Höfe nicht überdacht werden. Die Haustechnik­ geräte, die früher im Keller standen, wurden nun auf eine der Terrassen gehievt, weil sie dort leichter zugäng­ lich sind - natürlich nicht mit derber Schale sondern bis zur Unkenntlich­ keit verkleidet und wie alle anderen Einzelelemente sensibel integriert. Serienaufbauten und -details sucht man hier vergeblich, alles ist sonderund maßgefertigt. Kein Einzelelement tritt daher als Störfaktor irgendeiner Ordnung auf, sondern ist Teil eines virtuosen Zusammenspiels, das man besonders auf den Dachterrassen ein­ druckvoll beobachten kann. Architekt Heidl bewies mit diesem Projekt nicht nur technische Sattelfe­ stigkeit, sondern sein ungewöhliches Feingefühl, sowie die Fähigkeit, auf ganz unterschiedliche Situationen einzugehen. Und die aufmerksamen Verantwort­ lichen der Carl Spänglerbank haben sich nicht getäuscht, als sie im Planer des eingangs erwähnten Mini-Ge­ schäftes ihren späteren Hausarchi­ tekten witterten. Es ist immer die Lei­ stung von vielen Beteiligten, wenn ein Gebäudes wie dieses entsteht und sich auch bewährt. Besonders zu erwäh­ nen wären hier auch die Haustechnik­ firma, der Statiker und die Land­ schaftsarchitektin, die kongeniale Arbeit leisteten (siehe nebenstehen­ den Kasten). www.bm-online.at bm 2 2010 bau magazin z | 7