1797 9.6 Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Werner Zimmerli und Andreas Schaffner Auf einen Blick 쐌 쐌 쐌 durch Interaktionen von Abwehrmechanismen mit dem Implantat durch funktionelle Schädigung der Gewebsgranulozyten in unmittelbarer Nähe des Implantats durch Adhärenz der Mikroorganismen an den Fremdkörper via körpereigene Proteine wie Fibronectin, Fibrin, Laminin, welche den Fremdkörper nach Implantation überziehen Erregerspektrum Die häufigsten Erreger sind koagulasenegative Staphylokokken, S. aureus und gramnegative aerobe Enterobacte- riceae. Grundsätzlich können alle Mikroorganismen, auch als apathogen geltende, zu Implantatinfektionen führen; wenig pathogene Keime, wie koagulasenegative Staphylokokken, zeigen das klinische Bild einer „low grade infection“. Diagnostik Da systemische Zeichen wie Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl fehlen können, wird die Diagnose häufig erst sehr spät gestellt. Die Infektion muß mit bildgebenden Verfahren (Antigranulozytenszintigramm oder MRT) aktiv gesucht werden. Für die mikrobiologische Sicherung der Diagnose ist meist ein invasives Vorgehen (Punktion, chirurgische Revision) notwendig. Therapie Implantat-assoziierte Infektionen müssen ausreichend lang antimikrobiell behandelt werden. Die langsame Teilungsrate der Bakterien am Implantat erklärt die Resistenz gegen Antibiotika, welche gemäß Antibiogramm wirksam sein sollten. In jedem Fall geht der Behandlung eine mikrobiologische Diagnostik mit Resistenzprüfung voran. Die Wirkung zellwandaktiver Substanzen wie Betalaktame oder Glykopeptidantibiotika ist im allgemeinen schlecht. Rifampicin hat sich als besonders wirksam gegen adhärierende Staphylokokken erwiesen, vor allem in Kombination mit einem Chinolon bei orthopädischen Implantatinfektionen. Im Gegensatz dazu haben sich Chinolone als Monotherapie gegen gramnegative Infektionen mit adhärierenden Keimen in der stationären Wachstumsphase bewährt. Endokarditis nach Herzklappenersatz Synonym: Prothesenendokarditis englisch: prosthetic valve endocarditis Abkürzungen: PVE Der operative Ersatz geschädigter Herzklappen ist heute ein häufiger Eingriff, der entweder elektiv (Klappenvitium) oder notfallmäßig (Dekompensation einer floriden infektiösen Endokarditis) durchgeführt wird. Das klinische Bild der Prothesenendokarditis (PVE) kann sowohl an mechanischen als auch Bioprothesen auftreten, beide Formen unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Von Bedeutung ist dagegen der Unterschied bezüglich Mikrobiologie, klinischem Bild und Prognose zwischen einer frühen PVE (ⱕ 2 Monate nach Klappenersatz) und einer späten PVE (⬎ 2 Monate postoperativ). Grundlagen Epidemiologie Die Inzidenz der frühen PVE beträgt 0,5–2%; die Inzidenz der späten PVE ist schwieriger zu berechnen, da das Kollektiv der Patienten nicht vollständig erfaßt werden kann: Für den Vergleich ist es sinnvoller, die Inzidenz per 100000 Patiententage anzugeben. Auf diese Weise kann berechnet werden, daß der Gipfel der Inzidenz um den 15. postoperativen Tag bei 45 Fällen pro 100000 Patiententage liegt und nach dem 6. postoperativen Monat auf einen Fall pro 100000 Patiententage sinkt. Erregerspektrum Die häufigsten Erreger der frühen PVE sind Hautkeime wie koagulasenegative Staphylokokken, der späten PVE Streptokokken (s. Tab. 9.26). Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Chirurgische und anästhesiologische sowie technische Fortschritte ermöglichen in zunehmendem Maß den Ersatz von pathologisch veränderten Geweben und Organen mit natürlichen oder synthetischen Materialien. Ob einfaches Nahtmaterial, Katheter oder Kunstherz, seit über 50 Jahren werden in steigender Zahl implantierbare Prothesen eingesetzt. Während in der Chirurgie Fremdkörper zum Ersatz von geschädigten Organen oder zur Wiederherstellung von Funktionen meist definitiv implantiert werden, übernehmen die vom Internisten eingesetzten Fremdkörper oft nur eine vorübergehende Funktion (beispielsweise Katheter). Ersatzmaterialien, die nicht aus biologischem Material bestehen, werden als Fremdkörper bezeichnet. Implantate erhöhen das Risiko einer Infektion. Die Infektionsanfälligkeit selbst bei geringer Keimzahl erklärt sich aus einer Änderung der Pathogenität der Bakterien Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Tab. 9.26 Endokarditis nach Herzklappenersatz – Typische Erreger Frühendokarditis – koagulasenegative Staphylokokken – S. aureus – gramnegative Bakterien 30% 19% 18% Spätendokarditis – Streptokokken – koagulasenegative Staphylokokken 39% 22% selten (früh oder spät) nichttuberkulöse Mykobakterien, Salmonellen, Listerien oder Legionellen Pathogenese Die frühe PVE entsteht durch eine intraoperative Kontamination oder eine perioperative Bakteriämie. Ein zunehmend an Bedeutung gewinnender Pathomechanismus ist die Persistenz von Infektionen bei Patienten, bei denen noch vor Therapieabschluß einer aktiven Nativklappenendokarditis (NVE) oder PVE die Indikation für einen operativen Klappenersatz gegeben ist. In ca. 15–20% der Fälle ist das Risiko einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz (NYHA IV) größer als das der PVE. Die Gefahr der persistierenden Infektion bei Klappenersatz während einer aktiven NVE ist erstaunlicherweise mit 5,4–14% relativ gering. Das Risiko ist abhängig davon, ob auf der operierten Klappe noch vitale Keime nachweisbar sind oder nicht. Wird eine noch dokumentiert infizierte Klappe operiert, so ist das Risiko gemäß einer eigenen Untersuchung 25%, bei bereits negativer Klappenkultur beträgt die Infektrate lediglich 6,2%. Gelegentlich manifestiert sich die perioperativ erworbene PVE erst zwischen dem 2. und 12. Monat. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Klappe mit Keimen von geringer Pathogenität infiziert ist. Die späte PVE tritt wie die NVE meist nach akzidenteller Bakteriämie auf. Pathogenetisch wichtig ist die Keimadhärenz am Fremdkörper. Klinisches Bild und Diagnostik Die Diagnose der PVE ist unter Umständen schwierig, da Symptome wie Fieber, Bakteriämie und Embolien mehrdeutig sind; auch fehlt in der Frühphase der Infektion bei über der Hälfte der Fälle das Regurgitationsgeräusch. Symptomatik Das klinische Leitsymptom der frühen wie der späten PVE ist Fieber (94–100%). Die klassischen klinischen Befunde der subakuten NVE (Petechien, Osler-Knoten, Janeway-Läsionen, Roth-Flecken, systemische Embolien und Splenomegalie) werden bei weniger als einem Viertel der Patienten gefunden. Mit einer neuen kongestiven Herzfunktionsstörung ist bei knapp einem Drittel der Patienten zu rechnen. Diagnostisches Vorgehen Da die klinischen Symptome häufig nicht sehr hilfreich für die Diagnostik der PVE sind, müssen bei geringstem Verdacht Blutkulturen angelegt werden. Wie bei der NVE ist bei der PVE die Bakteriämie kontinuierlich, so daß der Zeitpunkt der Blutentnahme nicht entscheidend ist. Bei stabiler Hämodynamik ist es sinnvoll, über 24 h 4–6 anaerobe/aerobe Blut- kulturen anzulegen. Bei kritischer Sepsis sollten vor Therapiebeginn innerhalb einer Stunde 3 Blutkulturen, eine Urinkultur sowie Kulturen von embolischen Herden und klinisch verdächtigen Läsionen gemacht werden. Sowohl bei der NVE als auch bei der PVE ist die Sensitivität der transösophagealen Echokardiographie viel höher als die der transthorakalen. Mit dieser Technik werden nicht nur Vegetationen besser erfaßt, sie ist auch nützlich für die Diagnose von Myokardabszessen. Differentialdiagnose Isoliertes Fieber muß vor allem bei der frühen PVE differentialdiagnostisch gegen postoperatives Fieber anderer Genese abgegrenzt werden. Hilfreich ist dabei das Differentialblutbild, das bei der posttransfusionellen ZytomegalievirusInfektion fast immer eine Monozytose und/oder Lymphozyten mit vermehrt atypischen Zellen zeigt; bei der PVE kommt es zu einer Linksverschiebung und toxischen Zeichen (Vakuolen, grobe Granula). Neue Herzgeräusche treten nur in etwa der Hälfte der Fälle auf. Therapie Die Therapie der PVE unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen der NVE; allerdings ist die Therapiedauer mit 6 Wochen in der Regel länger. Während der gesamten Therapiedauer müssen die Antibiotika mit Ausnahme von Rifampicin parenteral verabreicht werden. Medikamentöse Behandlung Bei der empirischen Therapie ist entscheidend, wann die Klappe implantiert wurde. Im ersten postoperativen Jahr soll initial mit Vancomycin plus einem Aminoglykosid wie Amikacin und Rifampicin (2 x 450 mg/d i. v. oder oral) behandelt werden. Das Aminoglykosid und Vancomycin müssen gemäß dem Körpergewicht und der Kreatinin-Clearance dosiert werden. Einzelheiten siehe Plus 9.13. Zu Beginn und beim Absetzen der Rifampicin-Therapie muß unbedingt und in jedem Fall die Prothrombinzeit wegen der Interaktion von Rifampicin mit Kumarinen engmaschig kontrolliert werden. Operative Behandlung Indikationen zum chirurgischen Klappenersatz bei PVE 앫 schwere Herzinsuffizienz NYHA III-IV (Prothesendysfunktion) 앫 invasive und destruktive paravalvuläre Infektion 앫 Bakteriämie unter adäquater Therapie 앫 Pilzinfektionen 앫 Rückfall nach adäquater Therapie 앫 persistierendes Fieber trotz empirischer Therapie bei kulturnegativer Endokarditis Bei einigen Patienten kommt es allerdings trotz des Klappenersatzes zum Rückfall. Bei mehreren Rezidiven wird die Operation technisch immer schwieriger. Deshalb soll der Klappenersatz nach Möglichkeit erst nach abgeschlossener Antibiotikatherapie durchgeführt werden. Prognose Selbst bei optimaler antimikrobieller Therapie beträgt die Letalität zwischen 40–60%. Es gibt Hinweise, daß sich durch eine kombinierte antibiotisch-chirurgische Therapie die Le- Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1798 Infektionen von implantierten Schrittmachern und automatischen Defibrillatoren talität von 60% auf ⬍ 25% senken läßt; kontrollierte Vergleichsstudien liegen bisher nicht vor. 앫 앫 Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten 앫 1799 Hautinfektionen (Akne, Furunkel) dürfen strikt nicht traumatisiert werden bei unklarem Fieber sofort Arzt konsultieren (Blutkulturen notwendig) Endokarditisprophylaxe bei Zahnarztbesuch und chirurgischen Eingriffen wichtig: Endokarditispaß abgeben PLUS Therapeutische Wertigkeit von Aminoglykosiden und Rifampicin Amikacin und Netilmicin sind auch gegen Oxacillin-resistente, meist Gentamicin- und Tobramycin-resistente Staphylokokken wirksam. Bei der Viridans-Streptokokken-NVE wurde Netilmicin klinisch mit Erfolg getestet. Liegt eine Enterokokken-Endokarditis vor, sollte Gentamicin eingesetzt werden, da einige Enterococcus-faecium-Stämme Aminoglykosid-modifizierende Enzyme produzieren, deren Wirkung im Routinescreening nicht erfaßt wird. Diese Enzyme verhindern die synergistische Interaktion von Tobramycin, Netilmicin oder Amikacin mit Penicillin, Gentamicin dagegen wird von diesen Enzymen nicht inaktiviert und ist deshalb (auch bei nicht bekannter Enterokokkenspezies) das Aminoglykosid der Wahl. Die Rolle von Rifampicin ist klinisch nicht genau definiert; im Tiermodell und in vitro konnte eine Wirkung auf adhärierende Staphylokokken nachgewiesen werden, so daß Rifampicin als Begleittherapie bei der PVE sinnvoll ist. Therapeutisches Vorgehen Dosierungen entsprechend dem Körpergewicht bei normaler Nierenfunktion Staphylokokken Oxacillin-sensibel – Flucloxacillin 6 x 2 g i. v. plus Rifampicin 2 x 450 mg/d (i.v oder oral) über 6 Wochen plus Aminoglykosid i. v. über 2 Wochen Oxacillin-resistent – Vancomycin i. v. plus Rifampicin 2 x 450 mg/d i. v. oder oral über 6 Wochen plus Aminoglykosid i. v. über 2 Wochen Streptokokken Penicillin-sensibel (≤ 0,1µg/ml) – Penicillin G 4 x 5 Mio E/d i. v. über 6 Wochen plus Aminoglykosid i. v. über 2 Wochen Penicillin-resistent (MHK > 0,1µg/ml) – Penicillin G 4 x 5 Mio E/d i. v. plus Aminoglykosid i. v., 2 x/d über 6–8 Wochen Enterokokken – Amoxicillin 6 x 2 g/d i. v. plus Gentamicin (3 x/d) über 6–8 Wochen oder – Penicillin G 4 x 5 Mio E/d i. v. plus Gentamicin über 6–8 Wochen grampositive Keime bei Penicillinallergie – Betalaktam durch Vancomycin ersetzen übrige Keime – individuelle Therapie nach Rücksprache mit einem Spezialisten Infektionen von implantierten Schrittmachern und automatischen Defibrillatoren englisch: infections associated with pacemakers, infections associated with implantable cardioverter defibrillator Abkürzung: ICD Zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen werden immer häufiger permanente Schrittmacher oder automatische Defibrillatoren (ICD) eingesetzt. Infektionen können entweder die Batterieloge, die Elektrode oder beide betreffen. Logeninfektionen sind leicht an lokalen Entzündungszeichen zu erkennen, Elektrodeninfektionen sind seltener und zeigen sich unter dem klinischen Bild einer unklaren systemischen Sepsis oder einer Rechtsherzendokarditis (selten). Die Behandlung der Schrittmacherinfektion ist ebensowenig standardisiert wie die der ICD-assoziierten Infektion. Ein konservatives Vorgehen ohne Entfernung des Implantats hat eine hohe Versagerrate. Bei positiven Blut- oder Wundkulturen sollte deshalb in der Regel alles Fremdmaterial entfernt werden. Grundlagen Ursache von Frühinfektionen (innerhalb von 14 Tagen postoperativ) ist vor allem eine perioperative Kontamination des Implantats. Bei den Spätinfektionen handelt es sich entwe- der um wenig symptomatische Frühinfektionen durch Keime mit geringer Virulenz oder um postoperative Infektionen von Hautnekrosen über der Batterieloge. Hämatogene Infektionen der Schrittmacherelektrode sind selten; prädisponierende Faktoren sind 앫 multiple Revisionen 앫 komplizierte Implantationen 앫 Logenhämatome 앫 Hautnekrosen 앫 Diabetes mellitus 앫 Therapie mit Kortikosteroiden Häufigkeit: Frühinfektionen 2.–26. Woche nach 6 Monaten ⬍ 2% 15% 40% 45% Klinisches Bild und Diagnostik Wenn das klinische Bild durch lokale Entzündungszeichen der Batterieloge oder des Elektrodentunnels charakterisiert ist, ist die klinische Diagnose einfach. Bei einer unklaren systemischen Sepsis oder einer Rechtsherzendokarditis muß aktiv nach einem Schrittmacher-oder ICD-Infekt gesucht werden. Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 9.13 Antimikrobielle Therapie der Prothesenendokarditis Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Diagnostisches Vorgehen Der Batterielogeninfekt kann diagnostisch durch Differentialblutbild, C-reaktives Protein, mehrere Blutkulturen und eine Batterielogenaspiration bei vermutetem Exsudat gesichert werden. Eine kontinuierliche Bakteriämie oder ein verändertes Reizschwellenpotential spricht für eine Infektion der Elektrode. Mit der transösophagealen Echokardiographie lassen sich Vegetationen an der Trikuspidalklappe oder der Elektrode nachweisen. Therapie Grundlage der Behandlung ist die Entfernung des Fremdmaterials. Während die Batterie problemlos entfernt werden kann, ist die Entfernung eingewachsener Elektroden (⬎ 2 Monate postoperativ) mit einem hohen Risiko verbunden; der Eingriff sollte deshalb nur in entsprechend spezialisierten Zentren (herzchirurgischer Bereitschaftsdienst) vorgenommen werden. Die empirische antibiotische Therapie wird in der Regel mit Flucloxacillin (2 g i. v. alle 4–6 Stunden), kombiniert mit ei- nem Aminoglykosid, durchgeführt. Bei endemisch Methicillin-resistenten S. -aureus-Stämmen sollte Vancomycin (2 x 1 g/d als Kurzinfusion) anstelle von Flucloxacillin eingesetzt werden. Dem Ergebnis der mikrobiologischen Resistenzprüfung entsprechend, muß die empirische Antibiotikatherapie optimiert werden. Die Dauer richtet sich nach dem klinischen Bild und dem Verhalten des C-reaktiven Proteins. Bei Ersatz des Implantats und Ausschluß einer Endokarditis ist eine intravenöse Therapie über 2 Wochen im allgemeinen ausreichend. Der Schrittmacher- bzw. ICD-Wechsel kann einzeitig oder, aus infektiologischer Sicht günstiger, zweizeitig durchgeführt werden. In jedem Fall muß eine andere anatomische Lage gewählt werden. Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten 앫 앫 bei Schmerzen oder Verfärbung (Rötung, Druckstelle) im Bereich der Batterieloge sofort Arzt konsultieren falls bei Schrittmacherinfekt die Elektrode belassen wird, muß Patient bei unklarem Fieber (Bakteriämie?) oder Rükkenschmerzen (Spondylitis?) sofort Arzt konsultieren Infektionen durch Gefäßprothesen englisch: infections associated with vascular grafts Infektionen von Gefäßprothesen sind die schwerste Komplikation im Bereich der Gefäßchirurgie. Sie gefährden nicht nur die entsprechende Extremität, sondern sind häufig auch lebensgefährlich. Diese Infektionen können unmittelbar postoperativ oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach der Operation auftreten. Grundlagen Die Inzidenz der Gefäßprotheseninfektionen ist unbekannt, da die Infektionen auch sehr spät nach der Operation auftreten können. Sie wird zwischen 1,3–6% geschätzt. Infektionen von Gefäßprothesen werden in frühe (ⱕ 2 Monate postoperativ) und späte (⬎ 2 Monate nach der Operation) Infektionen eingeteilt. Typische Erreger sind Staphylococcus aureus 32% koagulasenegative Staphylokokken 18% Escherichia coli 13% Streptokokken und Enterokokken 9% verschiedene gramnegative Bakterien 17% Anaerobe 3% verschiedene Mikroorganismen 8% Das Risiko ist je nach Lage des Implantats unterschiedlich, am höchsten bei femoropoplitealen Prothesen oder bei Prothesen mit Schnittführung in der Leiste. Risikofaktoren sind 앫 Diabetes mellitus 앫 präoperative Hautinfektion (Mal perforans) 앫 postoperative Harnwegsinfektionen 앫 prolongierter postoperativer Ileus 앫 vorübergehende Bakteriämie Pathogenese Frühinfektion Bei zwei Dritteln der Infektionen tritt das erste Symptom unmittelbar postoperativ auf, mögliche Inokulationswege sind 앫 Kontamination des Implantats 앫 kontaminierte Wunde nach traumatischer Läsion 앫 unsterile Hautoberfläche 앫 infizierte drainierende Lymphe bei peripherer Infektion Selten kann auch ein intraoperativ akzidentell verletztes Hohlorgan zu einer Infektion führen. Spätinfektion Spätinfektionen kommen entweder durch perioperative Kontamination des Implantats mit wenig virulenten Keimen oder durch eine Bakteriämie zustande. Das Risiko der hämatogenen Implantatinfektion nimmt im Laufe der Zeit ab, da sich postoperativ auf der Prothese eine Neointima bildet. Nach vollständiger Ausbildung dieser Intima ist die Infektionsanfälligkeit nicht größer als die eines nativen Gefäßes. Klinisches Bild und Diagnostik Symptomatik Hauptsymptome der Gefäßprotheseninfektion sind Fieber 앫 Wundinfektion 앫 Hämatom oder Abszeß 앫 Hautinfektion 앫 Fisteln oder Wunddehiszenz 앫 Die Spätinfektion manifestiert sich als rezidivierende Wundinfektion (v.a. inguinal) 앫 Fistelung 앫 gastrointestinale Blutung 앫 ungeklärtes Fieber 앫 Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1800 Infektionen bei intravaskulären Verweilkathetern Diagnostisches Vorgehen Für die mikrobiologische Diagnose, die eine gezielte Therapie erlaubt, sind Blutkulturen und die Nadelaspiration eventueller Flüssigkeitskollektionen um die Prothese herum unentbehrlich. Die Diagnose der Protheseninfektion wird durch ein erhöhtes C-reaktives Protein und ein entzündliches weißes Differentialblutbild unterstützt. Mit dem CT oder der Ultraschalluntersuchung kann Gas, eine Weichteilschwellung, ein falsches Aneurysma oder punktierbare Flüssigkeit entdeckt werden. Die Rolle des Leukozytenszintigramms ist kontrovers. Die Sensitivität ist mit über 80% gut, die Spezifität jedoch gering. Die MRT kann genaue Angaben über das Ausmaß der Entzündung oder Infektion geben. Eine periprothetische Flüssigkeitsansammlung über Wochen bis Monate findet sich häufig als postoperatives Residuum. Daher ist eine Diagnose mit den bildgebenden Verfahren allein meist nicht möglich. Beim Verdacht auf eine Spätinfektion muß nach Zeichen peripherer septischer Embolien, Thrombosen, Geräusche, Fisteln oder Wundsekret aktiv gesucht werden. Behandlung infizierter Aortenprothesen Bei infizierten Aortenprothesen muß häufig ein extraanatomischer Bypass durch ein nichtinfiziertes Gebiet angelegt oder großzügig exzidiert und mit einem Homograft ersetzt werden. Ist die Anastomosenstelle infiziert oder liegt eine infizierte Thrombose vor, muß die Prothese ausgewechselt werden. Nach Eintreffen der mikrobiologischen Resultate muß die empirische Therapie optimiert werden; beim Nachweis von Staphylococcus aureus oder Staphylococcus epidermidis wird mit Flucloxacillin (4–6 x 2 g/d i. v.) oder Vancomycin (2 x 1 g/d i. v.) plus Rifampicin (2 x 450 mg/d oral oder i. v.) behandelt. Für die Langzeittherapie kann die orale Kombination eines Chinolons mit Rifampicin versucht werden (beispielsweise Ciprofloxacin plus Rifampicin). Wird das infizierte Implantat nicht ausgewechselt, muß die Behandlung für 2–3 Monate durchgeführt werden. Behandlung infizierter peripherer Gefäßprothesen Bei Infektion einer peripheren Gefäßprothese hängt die chirurgische Therapie vom funktionellen Zustand der distalen Gefäße und von der Möglichkeit eines Bypasses ab. Bei günstiger Situation wird die infizierte Prothese exzidiert und eine Revaskularisation mit autologem Material versucht. Bei schlechter Situation muß eine Amputation in Erwägung gezogen werden. Die antibiotische Behandlung entspricht der bei infizierten Aortenprothesen. Eine antibiotische Therapie während potentieller Episoden von Bakteriämien (Zahnarbeiten, urogenitale und gastrointestinale Endoskopien) ist in den ersten 1–2 postoperativen Jahren sinnvoll. Prognose Therapie Ziel der Behandlung der Protheseninfektion ist die 앫 Verhütung von Blutungen 앫 Erhaltung der peripheren Blutzirkulation 앫 Elimination der Mikroorganismen Die chirurgische Therapie muß immer mit einer hochdosierten Antibiotikabehandlung kombiniert werden, empirisch mit einem Breitspektrum-Antibiotikum wie Imipenem (4 x 0,5 g/d i. v.). Die Letalität beträgt bei der Infektion einer Aortenprothese 25–75%. Bei einer Infektion peripherer Prothesen liegt die Letalität bei 5–10%, die Amputationsrate zwischen 30–60%. Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten 앫 앫 bei Fistel im Anastomosebereich (v.a. inguinal) unverzüglich Arzt konsultieren bei gastrointestinaler Blutung unverzüglich Arzt konsultieren (Aorto-enterische Fistel verläuft häufig mehrzeitig!) Infektionen bei intravaskulären Verweilkathetern englisch: catheter related infection Teilweise oder vollständig implantierbare Katheter für den intravenösen Zugang werden vor allem für die parenterale Ernährung, die antineoplastische oder antimikrobielle Chemotherapie und für die Hämodialyse verwendet. Grundlagen Epidemiologie Die Infektionsrate wird pro 100 Kathetertage angegeben; sie sollte für Bakteriämien und Fungämien 0,15 : 100 Kathetertage bei Hickmann- und Broviac-Kathetern und 0,05% bei total implantierbaren Kathetern wie Port-a-Cath nicht übersteigen; bei Kindern ist die Infektionsrate 2–3mal höher; Stichkanal- oder Logeninfektionen weisen in etwa die gleiche Inzidenz wie Bakteriämien auf. Erregerspektrum Erreger von mehr als der Hälfte der Katheter-assoziierten Infektionen sind koagulasenegative Staphylokokken, seltener S. aureus oder Corynebakterien; ein Drittel ist durch gramnegative Enterobactericeae, die übrigen durch verschiedenste Mikroorganismen inklusive Candida verursacht. Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Daneben kann sich die Protheseninfektion auch als unklares postoperatives Fieber manifestieren. Besonders wenn das Fieber mit einem freien Intervall erst mehrere Tage postoperativ auftritt, muß eine Protheseninfektion vermutet werden. Ein protrahierter Ileus durch eine Darmischämie ist nach einem Aortenersatz häufig. Infektionen von Gefäßprothesen können außergewöhnliche Manifestationen haben, wie beispielsweise eine gastrointestinale Blutung bei einer Prothesen-enterischen Fistel. Andere Symptome sind Fieber, Leistungsknick, septischer Schock oder Abdominalschmerzen. 1801 Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Pathophysiologie Mögliche Infektionswege sind Einstichstelle entlang des Katheters 앫 Innenfläche des Katheters über kontaminierte Infusionslösung oder über den kontaminierten Dreiwegehahn 앫 hämatogen (Bakteriämie oder Fungämie) Bei den implantierten Kathetern ist die Infektionsrate auf Grund der subkutanen Tunnelierung des Katheters bzw. der vollständigen Implantation des Reservoirs relativ gering. Die luminale Kontamination dieser Implantate ist häufiger als eine Infektion, ausgehend von der Einstichstelle oder vom Reservoir. 앫 Klinisches Bild und Diagnostik Symptomatik Das klinische Bild hängt von der Art und vom Schweregrad der Infektion ab. Stichkanalinfektionen sind charakterisiert durch 앫 Ödem 앫 Schmerzhaftigkeit 앫 Induration 앫 meist Exsudat Bei total implantierbaren Kathetern zeigt die Logeninfektion die gleichen klinischen Symptome. Zusätzlich kann gelegentlich eine Hautnekrose beobachtet werden. Die Tunnelinfektion ist definiert als Entzündungszeichen mindesten 1 cm vom Stichkanal entfernt und Entzündungszeichen entlang des Katheterkanals. Infektionen des intravaskulären Katheterteils können klinisch nicht diagnostiziert werden, da nur unspezifische Sepsissymptome vorliegen. Eine septische Thrombophlebitis muß bei Fieber mit Gesichts-, Hals- oder Armschwellung und bei erhöhtem Druck in der Vena jugularis vermutet werden. Eine seltene Komplikation ist die Rechtsherzendokarditis, die klinisch schwierig diagnostizierbar ist. Diagnostisches Vorgehen Für die mikrobiologische Diagnose werden von einem eventuellen Exsudat Kulturen für Bakterien, Mykobakterien und Pilze angelegt. Mit dem Grampräparat des Exsudats aus der Stichstelle oder aus der Loge des vollimplantierten Katheterreservoirs kann die mikrobiologische Diagnose gestellt werden; quantitative Blutkulturen sowohl aus dem Katheter als auch aus einer peripheren Vene erlauben eine Diagnose ohne Katheterentfernung. Bei einer Kathetersepsis hat das Katheterblut in der Regel eine 10mal höhere Keimzahl als das periphere Blut. Der Verdacht auf eine septische Thrombophlebitis wird mit dem Venendoppler, der CT mit Kontrastmittel oder der MRT gesichtert. Therapie Die unverzügliche Entfernung des Katheters, begleitet von einer antibiotischen Behandlung, ist notwendig bei 앫 Logenabszeß 앫 Logennekrose 앫 purulenter Sekretion 앫 Hinweis auf infizierte Thrombose 앫 septischer Thrombophlebitis 앫 Endokarditis oder beim Nachweis von 앫 S. aureus 앫 Pseudomonas aeruginosa 앫 Candida species 앫 multiplen Mikroorganismen in der Blutkultur. Stichkanalinfektionen oder Katheter-assoziierte Bakteriämien können häufig ohne Katheterentfernung erfolgreich behandelt werden. Die empirische Therapie sollte vom Resultat des Grampräparats geleitet werden; grampositive Kokken werden mit Vancomycin (2 x 1 g/d i. v.) plus Rifampicin (2 x 450 mg/d oral) behandelt, gramnegative Stäbchen am besten mit einem Cephalosporin der 3. Generation mit Antipseudomonaswirkung wie Ceftazidim (3 x 2 g/d i. v.). Spricht die Bakteriämie innerhalb von zwei Tagen nicht befriedigend auf die konservative Therapie an, sollte das Kathetersystem entfernt werden. Bei einer Candidämie muß nach Katheterentfernung die Behandlung mit Amphotericin B oder Fluconazol über mindestens 2 Wochen durchgeführt werden. Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten Nach konservativer Therapie von Infektionen implantierter Katheter können Rezidive auftreten: 앫 bei Fieber sofort Arzt konsultieren (Blutkulturen notwendig) 앫 bei Schmerzen oder Verfärbung im Bereich des tunnelierten Katheters oder des implantierten „Ports“ sofort Arzt konsultieren Infektionen nach neurochirurgischer Implantation von Shunts englisch: infections associated with cerebrospinal fluid prosthetic devices Neurochirurgische Shunts werden bei Störungen des Liquorflusses (Hydrocephalus internus) oder seltener für die intraventrikuläre Applikation von Medikamenten gebraucht. Die ventrikulo-peritoneale Ableitung wird heute dem ventrikulo-atrialen Shunt vorgezogen. In der Notfallchirurgie wird in der Regel temporär eine externe Ventrikeldrainage angelegt. Grundlagen Die Infektrate ist mit weniger als 3% bis mehr als 20% sehr variabel. Besonders häufig sind Infektionen bei Kleinkindern ⬍ 1 Jahr, bei Revisionschirurgie und bei externer Liquordrainage. Die Erreger von Liquorshuntinfektionen sind koagulasenegative Staphylokokken ⬎ 50% S. aureus 20% Streptokokken 10% gramnegative Stäbchen 5–15% anaerobe Diphtheroide 5–10% Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1802 Infektionen bei peritonealem Verweilkatheter Symptomatik Ein Drittel der Shuntinfektionen tritt während der initialen Hospitalisation auf. Hauptsymptome der Shuntinfektion sind 앫 Fieber 앫 Reizbarkeit 앫 Anorexie 앫 Veränderungen im Verhalten In der Regel dominieren Infektionssymptome; steht die Shuntobstruktion im Vordergrund, zeigen sich Symptome wie Kopfschmerzen und Erbrechen. Die chronische Shuntinfektion (meist koagulasenegative Staphylokokken) kann sich als Shuntnephritis (Immunkomplexnephritis) manifestieren. Diagnostisches Vorgehen Unmittelbar postoperativ ist die Diagnose oft schwierig, weil Fieber nach intrakraniellen Eingriffen oder neurochirurgisch versorgten Traumen nur eine geringe Spezifität hat. Bei Nachweis eines Hydrozephalus (CT Schädel) oder einer peritonealen Zyste (abdominelle Ultraschalluntersuchung) muß eine Shuntinfektion vermutet werden. Die Diagnose wird durch die direkte Punktion des Shuntreservoirs gesichert. Die Punktion muß unter sterilen Bedingungen und am besten durch einen Neurochirurgen erfolgen. Die Lumbalpunktion ist im Gegensatz zur direkten Shuntpunktion diagnostisch nicht in jedem Fall aussagekräftig. Typische Liquorveränderungen sind 앫 Zellzahl ⬎ 5 x 106/l 앫 Glukose ⬍ 40% der Serumglukose 앫 Laktat ⬎ 4 mmol/l Blutkulturen sind bei infizierten ventrikulo-atrialen Shunts häufig positiv, bei ventrikulo-peritonealen Shunts nur in ⬍ 25% der Fälle. Therapeutisches Vorgehen Wird eine Shuntinfektion vermutet, muß eine antibiotische Therapie sofort nach den Entnahmen für die mikrobiologischen Untersuchungen eingeleitet werden. Die empirische Therapie muß hoch dosiert und gegen die häufigsten Keime gerichtet sein; man beginnt in der Regel mit einer 3er-Kombination 앫 Vancomycin 2 x 1 g/d i. v. 앫 Rifampicin 2 x 600 mg/d i. v. 앫 Ceftriaxon 2 x 2 g/d i. v. Ist die Shuntinfektion mikrobiologisch bewiesen, der Shunt aber noch notwendig, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: 앫 einzeitiger Wechsel des Shuntsystems, gleichzeitig hochdosiert Antibiotika gemäß Resistenzprüfung 앫 Entfernung des Shunts, vorübergehende externe Drainage, Shuntreimplantation wenn Liquor keimfrei, in der Regel nach 3–7 Tagen systemischer antibiotischer Therapie 앫 intravenöse Therapie über 3–6 Wochen ohne Shuntwechsel Spricht die Infektion auf die systemische Therapie ohne Systemwechsel nicht an, muß eine intraventrikuläre Therapie in Erwägung gezogen werden, beispielsweise bei Nachweis von grampositiven Keimen; lokale Behandlung mit Teicoplanin (20 mg ins Shuntreservoir alle 1–2 Tage). Prognose Bei einem einzeitigen Wechsel bei kombinierter hochdosierter antibiotischer Therapie kann mit einer Heilungsrate von ca. 70% gerechnet werden, bei zweizeitigem Wechsel mit vorübergehender Ventrikulostomie liegt die Heilungsrate bei über 90%. Die systemische Therapie ohne Shuntwechsel ist in weniger als 40% der Fälle erfolgreich, sie sollte allenfalls bei Infektionen mit Rifampicin-sensiblem S. epidermidis eingesetzt werden. Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten 앫 bei Abdominalschmerzen an Möglichkeit einer Infektion des peritonealen Katheters denken; Patient muß Notfallarzt darauf aufmerksam machen Infektionen bei peritonealem Verweilkatheter englisch: infections in continuous ambulatory peritoneal dialysis Peritoneale Verweilkatheter werden für die intermittierende oder kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) eingesetzt. Peritonealkatheter sind häufig Ausgangspunkte einer infektiösen Peritonitis. Grundlagen Epidemiologie rungen zurückzuführen, zum anderen darauf, daß durch die periodische Behandlung der Dialysepatienten mit Mupirocin-Nasensalbe S. aureus in der Nase eliminiert werden konnte. Errergerspektrum Peritonitisepisoden werden verursacht durch S. aureus und S. epidermidis 50–80% Streptokokken 10% gramnegative Stäbchen 20% Pilze oder Mykobakterien selten Die Infektrate hat in den letzten 10 Jahren deutlich abgenommen und beträgt heute noch ungefähr eine Episode pro 15 Patientenmonate. Diese Abnahme ist zum einen auf eine bessere Instruktion der Patienten und technische Verbesse- Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Klinisches Bild und Diagnostik 1803 Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Klinisches Bild und Diagnostik Die Diagnose der Peritonealkatheter-assoziierten Infektion basiert auf der Trias 앫 Fieber 앫 Abdominalschmerzen 앫 trübes Dialysat die Symptome unter 1wöchiger adäquater Antibiotikatherapie, sollte der Katheter entfernt werden. Dies ist meist auch bei Infektionen mit Pilzen, Mykobakterien oder Pseudomonas aeruginosa notwendig. Tab. 9.27 Chronische ambulante Peritonealdialyse (CAPD) – Intraperitoneale Therapie bei Peritonitis Beim Verdacht auf eine Peritonitis muß die Zellzahl im Dialysat untersucht werden. Die sensitivste Technik zur Kultur der Peritonealflüssigkeit ist die Injektion in eine Blutkulturflasche. Die normale Zellzahl im Auslauf beträgt ⬍ 5 x 107/l. Während einer Peritonitis steigen die Zellzahlen auf ⬎ 108/l an (Zunahme der Granulozyten). Der zentrifugierte Dialysatauslauf ergibt mit dem Grampräparat in lediglich 10–40% der Fälle die Diagnose. Im Ultraschall ist als Hinweis auf einen Tunnelinfekt eine Flüssigkeitsansammlung um den Katheter herum sichtbar. Therapie Anfangsdosis (mg/2 l-Beutel) Erhaltungsdosis (mg/2 l-Beutel) Cefazolin Cefamandol Ceftazidim Imipenem Vancomycin Teicoplanin Gentamicin Netilmicin Tobramycin Flucytosin 500–1000 1000 500 1000 1000–2000 800 8 8 8 200 250 500 250 400 50 80 4 4 4 100 beachten Fluconazol, Metroindazol, Rifampicin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol und Chinolone oral Amphotericin B und Piperacillin i. v. Die Behandlung der Peritonitis erfolgt intraperitoneal, Substanzen und Dosierung siehe Tabelle 9.27. Hinweis Aminoglykoside sind bei Langzeit- oder intermittierender Therapie ototoxisch. In der Regel wird eine Peritonitis mit grampositiven Bakterien 10 Tage behandelt. Bei gramnegativen Bakterien wird eine 2wöchige Behandlung vorgeschlagen. Infektionen mit Pseudomonas oder Stenotrophomonas maltophilia müssen über mindestens 3 Wochen behandelt werden. Persistieren Antibiotikum Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten 앫 Wichtigkeit der Mupirocintherapie erklären; Elimination von S. aureus aus der Nase bedeutet weniger Peritonitisepisoden Infektionen durch orthopädische Fremdkörper englisch: infections associated with orthopedic implants In der operativen Orthopädie werden Fremdkörper in Form von Osteosynthesematerialoder künstlichen Gelenken verwendet. Infektionen treten häufig nach Osteosynthese offener Frakturen und nur sehr selten nach Gelenkersatzoperationen auf. Grundlagen Pathogenese Infektionen nach Gelenkersatz werden in drei verschiedene Arten eingeteilt. Die Ursache einer frühen Infektion ⱕ 3 Monate postoperativ ist üblicherweise ein infiziertes Hämatom. Die subakute oder „low grade“ Infektion wird häufig erst nach Monaten bis zu 2 Jahren nach dem chirurgischen Eingriff bei persistierenden Schmerzen diagnostiziert. Hämatogene Infektionen können zu jedem Zeitpunkt nach der Chirurgie auftreten. Epidemiologie Nach Osteosynthese von geschlossenen Frakturen oder Hüftgelenkersatz liegt die Infektrate bei ⬍ 0,5%, nach Kniegelenkersatz um 2% und nach Ellenbogengelenkersatz zwischen 7–9%. Nach Osteosynthese offener Frakturen beträgt die Infektionsrate 1–5% bei erstgradiger und ⱖ 10% bei drittgradiger offener Fraktur. Erregerspektrum S. aureus und koagulasenegative Staphylokokken sind mit mehr als 50% die häufigsten Erreger. Enterobacteriaceae, Streptokokken oder Anaerobier werden vor allem nach Osteosynthese offener Frakturen beobachtet. Klinisches Bild und Diagnostik Symptomatik Bei der frühen Infektion dominieren die Zeichen der lokalen Wundentzündung, die subakute Infektion („low grade“-Infektion) manifestiert sich typischerweise nur durch postoperative Schmerzen ohne Fieber oder lokale Entzündungszeichen, hämatogene Infektionen beginnen mit akuten Infektzeichen wie Fieber, lokalen Schmerzen und Entzündung, mit oder ohne Zeichen der Infektion am Primärherd. Frühe hämatogene Infektionen sind meist durch Harnwegsinfektionen verursacht, spätere durch Pyodermien, infektiöse Enterokolitis oder Pneumonie. Das klinische Bild der Infektion nach Osteosynthese ist charakterisiert durch lokale Entzündungszeichen, Fisteln und Fieber. Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1804 1805 Infektionen durch orthopädische Fremdkörper Diagnostisches Vorgehen Dank der oberflächlichen Lage des meisten Osteosynthesematerials ist die Diagnose klinisch einfach zu stellen. Spezifische Labortests für die Diagnose von Implantat-assoziierten Infektionen gibt es nicht, unspezifische Zeichen sind die Leukozytose mit Linksverschiebung und ein postoperativ nicht rasch absinkendes oder sekundär wieder ansteigendes C-reaktives Protein. Das Knochenszintigramm mit 99 m-Technetium ist, während mehrerer Monate postoperativ nur kombiniert mit dem Leukozyten- oder Antigranulozytenszintigramm, diagnostisch nützlich. In der Übersichtsröntgenaufnahme können Zeichen der Gelenklockerung nachgewiesen werden, in der Arthrographie oder einer Fisteldarstellung läßt sich die Knochen-ZementKontaktphase beurteilen. Mit einer mikrobiologischen Probe aspirierter Flüssigkeit oder intraoperativen Gewebeproben kann die Infektion nachgewiesen werden. Ist eine Revisionsoperation notwendig, sollten mehrere Gewebeproben, nicht Abstriche, ins Labor geschickt werden. Orthopädische Implantatinfektionen können nur konservativ behandelt werden, falls das Implantatmaterial nicht gelockert ist. Meist muß zusätzlich zur antibiotischen Behandlung eine Revisionsoperation mit Débridement durchgeführt werden. Instabiles Osteosynthesematerial muß entfernt und durch eine externe Stabilisation („fixateur externe“) ersetzt werden. Bei Gelenkinfektionen hängt das Vorgehen von verschiedenen prognostischen Faktoren ab (s. Abb. 9.14). Bei kurzer Infektionsdauer und stabiler Prothese kann eine Antibiotikabehandlung mit Revisionsoperation durchgeführt werden, bei einer Infektionsdauer von mehr als einem Jahr oder gelockerter Prothese muß das infizierte Implantat ersetzt werden. Bei wenig virulenten Mikroorganismen und günstigen Knochen- und Gewebeverhältnissen kann ein einzeitiger Wechsel vorgenommen werden, ansonsten ist ein zweizeitiger Prothesenwechsel notwendig. Die antibiotische Behandlung sollte bei Osteosynthesen und Hüftgelenkprothesen für mindestens 3 Monate, bei Kniegelenkprothesen für 6 Monate durchgeführt werden (s. Plus 9.14). Verdacht infizierte Endoprothese – Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen Diagnostik Röntgen, Knochen- und Antigranulozytenszintigramm Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP, Blutkulturen vermutete oder bestätigte Infektion Zustand des Implantats Infektionsdauer stabil kürzer als 1 Jahr keine Flüssigkeitsansammlung Vorgehen diagnostische Punktion mit NaCl-Spülflüssigkeit Zustand von Knochen und Weichteilen Erreger Vorgehen instabil 1 Jahr oder länger Hämatom Abszeß – Revision – Kultur – antibiotische Therapie gut beispielsweise S. aureus, koagulasenegative Staphylokokken, Anaerobier antibiotische Therapie koagulasenegative Staphylokokken – Revision – Kultur – antibiotische Therapie gut schlecht S. aureus, Enterobacteriaceen, Mischinfektion einzeitiger Implantatwechsel alle Erreger zweizeitiger Implantatwechsel – Implantatentfernung – Saug-/Spüldrainage – erneute Implantation Hinweis: Zu antibiotischer Therapie siehe Tabelle antimikrobielle Therapie bei Implantatinfektionen Abb. 9.14 schlecht Verdacht auf infizierte Endoprothese – Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Therapie 1806 Infektionen durch Implantate und Fremdkörper 9.14 Antimikrobielle Therapie bei infizierten Gelenkprothesen Staphylokokken (S. aureus oder koagulasenegative Staphylokokken) Methicillin-sensibel – Flucloxacillin 4 x 2 g/d i. v. plus Rifampicin 2 x 450 mg/d oral über 2 Wochen anschließend – Ciprofloxacin 2 x 750 mg/d oral* plus Rifampicin 2 x 450 mg/ d oral* Methicillin-resistent – Vancomycin 2 x 1 g/d i. v. plus Rifampicin 2 x 450 mg/d oral über 2 Wochen anschließend – Ciprofloxacin 2 x 750 mg/d oral* oder Cotrimoxazol 3 x 1 Fortetablette plus Rifampicin 2 x 450 mg/d oral* Streptokokken – Penicillin G 20 Mio U/d i. v. über 4 Wochen anschließend – Amoxicillin 3 x 1 g/d oral* Anaerobier – Clindamycin 4 x 600 mg/d i. v. über 2–4 Wochen anschließend – Clindamycin 4 x 300 mg/d oral* Chinolon-sensible gramnegative Stäbchen (außer Pseudomonas aeruginosa) – Ciprofloxacin 2 x 750 mg/d oral* Pseudomonas aeruginosa – Ceftazidim 3 x 2 g/d i. v. plus Tobramycin über 2–4 Wochen anschließend – Ciprofloxacin 2 x 750 g/d oral* Mischflora – Imipenem 3 x 500 mg/d i. v. über 2 Wochen anschließend – individuelle Therapie gemäß Resistenzprüfung *Therapiedauer – mindestens 3 Monate bei Hüftprothesen, Osteosynthesen – mindestens 6 Monate bei Kniegelenkprothesen Nach Rückgang von CRP und klinischen Infektzeichen Fortführung der Therapie für mindestens 4 weitere Wochen. *Therapiedauer – mindestens 3 Monate bei Hüftprothesen, Osteosynthesen – mindestens 6 Monate bei Kniegelenkprothesen Nach Rückgang von CRP und klinischen Infektzeichen Fortführung der Therapie für mindestens 4 weitere Wochen. Wichtig für das Gespräch mit dem Patienten Eine antibiotische Langzeittherapie (3–6 Monate) braucht periodisch eine Motivation des Patienten. Wesentlich ist, die Notwendigkeit der Langzeittherapie immer wieder zu erklären, da Implantat-adhärierende Keime nur sehr langsam ab- SERVICE getötet werden. Bei jeder ärztlichen Konsultation sollte nach unerwünschten Wirkungen der Therapie gefragt und gegebenenfalls symptomatisch behandelt werden. Überprüfung der Compliance: Frage nach Einnahme der Medikamente, Häufigkeit der Rezepte prüfen, Kontrolle der Urinfarbe unter Rifampicin-Therapie. Infektionen durch Implantate und Fremdkörper Literatur Arber NE, Pras Y, Copperman et al.: Pacemaker endocarditis. Medicine 73 (1994) 299–305 Retrospektive Analyse und Literaturübersicht über die Endokarditis als schwerste Komplikation der Schrittmacherinfektionen. Keane WF, Alexander SR, Bailie GR et al.: Peritoneal dialysis-related peritonitis treatment recommendations: 1996 update. Perit Dial Int 16 (1996) 557–573 Mayhall CG: Diagnosis and management of infections of implantable devices used for prolonged venous access. In: Remington JS, Swartz MS (eds): Current Clinical Topics in Infectious Diseases. Blackwell Scientific Publications, Boston 12 (1992) 83–110 Umfassender Buchartikel über die Diagnose und Behandlung der Infektionen von tunnelierten und implantierten Venenkathetern. Morisette I, Gourdeau M, Francoeur J: CSF shunt infections: a fifteen-year experience with emphasis on management and outcome. Can J Neurol Sci 20 (1993) 118–122 Retrospektive Studie von 44 Episoden neurochirurgischer Shuntinfektionen bei 38 Patienten; eine Analyse verschiedener Behandlungsmöglichkeiten. O'Brien T, Collin J: Prosthetic vascular graft infection. Br J Surg 79 (1992) 1262–1267 Übersichtsartikel über die Ätiologie, Diagnose und Behandlung von Gefäßprotheseninfektionen. Von Graevenitz A, Amsterdam D: Microbiological aspects of peritonitis associated with continuous ambulatory peritoneal dialysis. Clin Microbiol Rev 5 (1992) 36–48 Informative Übersicht über Epidemiologie, Pathogenese, Diagnostik und Prävention der Peritonitis bei CAPD Patienten. Zimmerli W, Foiada M, Grädel E, Stulz P: Die Rolle der Antibiotika bei der operierten floriden Endokarditis. Schweiz med Wschr 122 (1992) 266–268 Retrospektive Analyse von 30 Patienten mit Herzklappenersatz vor Abschluß der antibiotischen Therapie einer Endokarditis. Zimmerli W, Frei R, Widmer AF, Rajacic Z: Microbiological tests to predict treatment outcome in experimental device-related infections due to Staphylococcus aureus. J Antimicrob Chemother 33 (1994) 959–967 Experimentelle Daten zur Einschätzung verschiedener Antibiotika (Chinolone, Glykopeptide, Rifampicin) bei Fremdkörperinfektionen; Hinweis auf die besondere Rolle von Rifampicin. Zimmerli W, Widmer M, Blatter R, Frei PE, Ochsner PE for the Foreign-Body Infection Study Group: Role of rifampin in the treatment of orthopedic implant-related staphylococcal infections: A randomized controlled trial. JAMA 279 (1998) 1537–1541 Placebo-kontrollierte Studie, die zeigt, daß orthopädische Implantatinfektionen mit Staphylokokken mit einer Langzeittherapie mit Ciprofloxacin plus Rifampicin geheilt werden können. Zimmerli W: Die Rolle der Antibiotika in der Behandlung der infizierten Gelenkprothesen. Orthopäde 24 (1995) 308–313 Übersichtsartikel über die Diagnose und Therapie von infizierten Gelenkprothesen. Keywords catheter related infection, infection associated with cerebrospinal fluid prosthetic devices, infection associated with implantable cardioverter defibrillators, infection associated with orthopedic implants, infection associated with pacemakers, infection associated with vascular grafts, infection in continuous ambulatory peritoneal dialysis, prosthetic valve endocarditis Aus THIEMEs INNERE MEDIZIN – TIM (ISBN 3-13-112361-3) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. PLUS