Rathausplatz – Unser neues Zentrum?

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Rathausplatz – Unser neues Zentrum?
Umgestaltung des Rathausplatzes Neubrandenburg mit Übergang zum
Katharinenviertel
MASTERTHESIS
Julia Seewald
in Landschaftsarchitektur und Umweltplanung
an der Hochschule Neubrandenburg
im September 2016
Betreuer
Prof. Dipl.- Ing. Thomas Oyen
Dipl.- Ing. Peggy Bahmann
urn:nbn:de:gbv:519-thesis2016-0284-5
Abstract
This master thesis deals with the modification of the town hall square in Neubrandenburg/
Mecklenburg- Vorpommern.
The old town hall is no longer in its original spot. Initially it was in the marketplace but ever
since the town fire in 1945 it is located outside the urban core which is the subject of
controversial public discussion. The forecourt of the presentday town hall is surrounded by
corporate buildings and artistically it does not set itself apart from the others. The flooring
is partially broken, the lighting is out of date and it does not have a unitary character. In
addition the historical sight lines are to some extent blocked.
To re-shape and open up the forecourt of urban buildings, the planner needs a fundamental
analysis of the history and the surrounding development. The story of the town hall, town
planning requirements and previous scheduling are being considered.
Main point of the planning are two new buildings that will be in front of the city hall and
thus give it a new forecourt. They will be located along the main road axis and the ring road
will be restructured in order to reduce the traffic. The flooring will be unified and the parking
area rearranged. Tree-lined avenues will emphasize the historical sight lines.
I
Gliederung
Vorwort und Zielsetzung
1
1. Rathausplätze
3
1.1. Welche Bedeutung und Funktion haben sie von jeher?
3
1.2. Rathausplatz Neubrandenburg
4
1.2.1. Geschichte des Rathauses
4
1.2.2. Nutzungsgeschichte
7
1.2.3. Vorherige Planungen
7
2. Bestand
9
2.1. Beschreibung
9
2.1.1. Eingrenzung und Erschließung
9
2.1.2. Rathausgebäude
11
2.1.3. Außenanlagen
13
2.1.4. Sichtachsen
15
2.2. Jetzige Nutzung
16
2.2.1. Stadtverwaltung
16
2.2.2. Umliegende Gebäude
18
2.3. Angrenzendes Gebiet
21
2.3.1. Friedrich- Engels- Ring
21
2.3.2. Umliegende Bebauung
23
2.4. Defizite und Potenziale
28
3. Planung
30
3.1. Ideenentwicklung
30
3.2. Beschreibung
31
3.2.1. Planungsgebiet
31
3.2.1.1. Erschließung
31
3.2.1.2. Parkierungsflächen
32
3.2.1.3. Neue Gebäude
33
3.2.1.4. Rampe
37
3.2.1.5. Bepflanzung
40
II
3.2.1.6. Sichtachsen
42
3.2.1.7. Bodenbelag
43
3.2.1.8. Entwässerung
44
3.2.1.9. Beleuchtung
45
3.2.2. Wieso eigentlich städtebaulich?
46
3.2.3. Das Rathaus zurück auf den Marktplatz?
48
3.3. Der Ring ist zweispurig?
49
3.3.1. Umgehungsstraße Neubrandenburg
49
3.3.2. Vor- und Nachteile
53
4. Fazit
56
5. Abbildungsverzeichnis
58
6. Planverzeichnis
60
7. Quellenverzeichnis
61
Eidesstattliche Erklärung
67
III
„Nie zuvor sind unsere Städte so häßlich gewesen. […] Sie soll um jeden Preis funktionieren, schön braucht
sie nicht zu sein. […] Stadtruinen und sentimentale Kitschinseln sind nicht schön und sie funktionieren nicht
einmal.“ [REIß- SCHMIDT/ ZWOCH 1991: 31]
Vorwort
Vor Ihnen liegt nun die fertige Masterthesis „Rathausplatz- Unser neues Zentrum“. Die
Masterarbeit ist im Rahmen meines Studiums an der Hochschule Neubrandenburg im Fach
„Landschaftsarchitektur und Umweltplanung“ entstanden.
Im Zeitraum zwischen April und September 2016 habe ich mich der Datenerhebung und
Auswertung, der vollen Entwurfsphase und dem Verfassen meiner Arbeit gewidmet.
Der Grund, weshalb ich mich genau für dieses Thema entschieden habe, ist, dass ich nun
schon sechs Jahre in Neubrandenburg studiere und wohne. Ich habe mich schon früh mit der
Umgebung Neubrandenburgs beschäftigt und somit auch den Rathausvorplatz ins Auge
gefasst.
Aufgefallen ist mir, dass dieser gestalterisch nicht sehr wertvoll ist. Das Gelände ist sehr
ungepflegt und Teilabschnitte sogar defekt. Dominierend wirken eher die umliegenden
Gebäude und die Hauptverkehrsstraße der Stadt.
Die Fragen, die sich mir auftaten, waren:
Warum sorgt die Stadt nicht für einen ansprechenden Vorplatz für das Rathaus?
Warum wird dieser wichtige Platz nicht in Stand gehalten?
Warum steht das Rathaus, wie üblicher Weise, eigentlich nicht auf dem Marktplatz?
Welche Auswirkung hat der Standort auf die Bürger und auf die umliegende Bebauung?
Fragen, die in der Planung eines neuen Entwurfes des Rathausvorplatzes in Neubrandenburg
von großer Bedeutung sind.
Diesen und weiteren Fragen bin ich auf den Grund gegangen und habe aus den Resultaten
meiner Forschung diese Arbeit verfasst.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen meiner Masterthesis.
Julia Seewald
1
Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit soll es sein, den Rathausvorplatz Neubrandenburgs neu zu gestalten und
somit das Stadtbild aufzubessern und ihn in seiner Funktion hervorzuheben. Dabei sollen
städtebauliche Aspekte berücksichtigt werden.
Das Wohnen in der Stadt beschränkt sich oft auf die eigenen vier Wände, da das
Wohnumfeld wenige Möglichkeiten für feierabendliche Aktivitäten und Entspannung bietet
und vielen einfach keine Zeit oder auch keine Motivation bleibt, nach der Arbeit noch
auszugehen. Jedoch sollten Möglichkeiten im Quartier bereitgestellt werden, um lange, triste
Fußwege zu vermeiden und die abendlichen Aktivitäten anzukurbeln [vgl. FESTER/
KRAFT/ METZNER 1983: 41]. Die Straßen sollen als multifunktionaler Ort dienen und als
Erweiterung der Wohnhäuser agieren. Die Lebensqualität ist eng verknüpft mit
gestalterischer Stadtqualität, dazu gehört als wichtiger Punkt auch die Orientierung.
Einprägsame Gebäude, markante Plätze und unverwechselbare Identität zeichnen eine Stadt
aus [BIG STÄDTEBAU 2000]. Die Stadt ist und bleibt ein Raum öffentlichen Lebens und
der muss geboten, erhalten und erneuert werden. Gerade an einem wichtigen Gebäude wie
dem Rathaus Neubrandenburgs, welches keine herausragenden Kriterien des Aufenthaltes
bietet.
„Wer Straßen säht, wird Verkehr ernten“ [REIß- SCHMIDT/ ZWOCH 1991: 37]
Der Aufenthaltsfaktor des Rathausvorplatzes ist nicht nur durch seine nicht vorhandene
Gestaltung so gering, sondern maßstäblich auch wegen des Ringverkehres. Verkehrslärm
und Abgase der dreispurigen Hauptstraße stören am Tag als auch in der Nacht [vgl.
STEINIGER, M. 2010: 45]. Es müssen Möglichkeiten der Verkehrsminderung in dem
Gebiet gefunden werden, um überhaupt einen Aufenthaltsraum hier zu schaffen. Weiterhin
sollen klare Grenzen geschaffen werden, um multifunktionale Mischflächen nicht
herunterkommen zu lassen oder durch PKW besetzt werden. Der Bodenbelag muss
ausgetauscht werden und einheitlich strukturiert sein. Wichtige Sichtachsen und Orte mit
historischer Bedeutung sollen hervorgehoben werden.
Um zu diesen Zielen zu gelangen, ist eine umfassende Grundlagenanalyse notwendig, die in
dieser Arbeit bearbeitet wurde.
2
1. Rathausplätze
1.1. Welche Bedeutung und Funktion haben sie von jeher?
Im frühen Mittelalter gab es weder Kaufhallen noch Warenhäuser, erst im Spätmittelalter
wurden diese erfunden. Der gesamte Handel fand auf dem Platz neben und vor dem Rathaus
statt, dem sogenannten Marktplatz. Es war der Platz, an dem man sich versammelte und
gesellschaftliche
Feste
feierte.
Es
diente
als
Warenumsatzstätte,
Treffpunkt,
Orientierungsmarke und Platz für Gerichtsbarkeit. Alle Straßen von den Stadttoren aus
gesehen, führten zu ihm. Der zentrale Platz einer Stadt ist zumeist aufwendig und qualitativ
hochwertig gestaltet, beispielsweise mit schmuckreichen Fassaden der umliegenden
Gebäude oder teurem Bodenbelag. Auch die Kirche sowie ein Brunnen waren fester
Bestandteil des Platzes [vgl. WAGNER, A. 1998: 6].
Im Mittelalter war es zunächst noch eine große Freifläche mit permanenter Nutzung, später
kamen weitere Einrichtungen auf den Platz hinzu. Das Rathaus gehörte als politischwirtschaftlich- rechtliches und gesellschaftliches Mehrzweckgebäude zur festen baulichen
Einrichtung. Das Rathaus diente nicht nur dem Bürgermeister oder den Rittergutsbesetzern,
es fungierte auch als Platz für Bürgerrepräsentationen. Markttage wurden ganz zeremoniell
mit Pauken und Trompeten gefeiert. In manchen Gebieten hatten die Kinder an solchen
Tagen schulfrei und auch Dienstleute auf dem Land hatten frei, um einen Besuch auf dem
Markt abzustatten [vgl. WAGNER, A. 1998: 6].
Durch die Verlagerung flächenbeanspruchter Funktionen, wie beispielsweise der Viehmarkt,
an den Stadtrand, verlor der zentrale Platz seine ursprüngliche Funktion und wurde durch
gärtnerische Gestaltung mehr und mehr zum Schmuckplatz. Später kam der Verkehr hinzu.
Der Platz löste sich von seiner ökonomischen Funktion. Wurde der Platz in vorindustrieller
Zeit vorranging von der Unterschicht besetzt, wurde er ab dem 19. Jahrhundert vom
aufsteigenden Bürgertum vereinnahmt („Sehen und Gesehen werden“). Das Aufstellen von
Denkmälern und Skulpturen war eine gängige Gestaltung.
Durch den zunehmenden Verkehr der 1950er Jahre wurden viele Plätze den Autos geopfert,
was in den siebzigern wieder durch Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Flächen
aufgehoben wurde [vgl. WAGNER, A. 1998: 6].
Die ursprüngliche Funktion ist bis heute nicht mehr erhalten, dennoch werden Märkte immer
noch auf dem Marktplatz abgehalten, in vielen Städten befindet sich das Rathaus aber nicht
mehr auf diesem Platz. Durch Stadtbrände oder dem zweiten Weltkrieg wurde diese oft
3
zerstört und an derer Stelle neu aufgebaut. Aber auch durch die Verkleinerung der zentralen
Fläche finden viele Rathäuser keinen Platz mehr auf der Fläche [vgl. WAGNER, A. 1998: 6
ff; STEINIGER, M. 2010: 44].
1.2. Rathausplatz Neubrandenburg
1.2.1. Geschichte des Rathauses
Aus einigen Quellen geht hervor, dass bereits mit dem Beginn der Erbauung der Stadt
Neubrandenburg am Friedländer Tor, am damaligen Dettmar- Platz, das älteste Rathaus der
Stadt gestanden haben soll [vgl. SCHULZ, H. 1993]. Andere Quellen hingegen sagen, dass
circa einhundert Jahre nach der Stadtgründung zwischen „Marien- Kirchhoff“ und dem
Eingang der Großen Wollweberstraße ein altes Fachwerkhaus stand, in dem die ersten
Sitzungen des Rates stattgefunden haben sollen und das erste Stadtarchiv beinhaltete.
„Harnisch“- oder „Plattenburg“ wurde dieses Gebäude genannt, da es neben Waffen und
Rüstzeug auch Platten beherbergte, und daher auch Zeughaus war. Dieses Haus wurde 1848
abgerissen [vgl. WAGNER, A. 1998: 5].
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts existierte ein weiteres rathausähnliches Gebäude
in Neubrandenburg. Aus schriftlichen Quellen des Mittelalters geht hervor, dass das
Handwerk der Schuhmacher zu den stärksten dieser Zeit gehörte. So war es auch in
Neubrandenburg, weswegen ein „Schohus“ auf dem hiesigen Marktplatz entstand, in dem
sich natürlich der Schuhmarkt etablierte, aber auch das Stadtgericht mit dem fürstlichen
Stadtschulzen mit seinen sieben Schöffen ansässig war. Der Keller des Bauwerkes wurde als
Gefängnis genutzt („Faule Munke“). Wie man bei Ausgrabungen 1994/1995 entdecken
konnte, bestand das Haus aus Feldstein und hatte eine Breite von 6,7 Metern und einer
unvollständig erhaltenen Länge von 12,4 Metern. [vgl. SCHMIDT, V. 1997: 78].
Nach Erstarken des Bürgertums im Spätmittelalter schmückten sich die Städte mit
pompösen, gotischen Ratspalästen. Neubrandenburg hingegen verzichtete ganz auf ein
solches adäquates Bauwerk. Doch durch die gesellschaftliche Situation durch der
Renaissance, wollte der Rat seine Präsenz manifestieren. Nun brauchte auch die Stadt
Neubrandenburg ein politisches Zentrum, das mit der Zeit ging [vgl. LUDWIG, C. 1988].
4
Im Jahre 1585 wurde laut lateinischer Bauinschrift ein „öffentliches Gebäude“ an das
Schohus angebaut. Der Bau aus Sandstein mit figürlichen Darstellungen dauerte bis 1588
an. Es ist überliefert, dass das neue Renaissancegebäude zwei bis drei Obergeschosse hatte
und dazu einen Keller. Eine vorgebaute, zweischiffige Bogenhalle war an den Westgiebel
angebracht. Der Stadtbrand um 1676 zerstörte dieses noch nicht einmal einhundert Jahre alte
Bauwerk.
Der Wiederaufbau ging langsam voran und dauerte sechzig Jahre lang an. Es wurde an das
Schohus, westlich der Bogenhalle, ein Anbau errichtet, in dem die städtischen
Angelegenheiten nun weiter ausgeführt wurden. Nach und nach wurde der Anbau
vergrößert, bis es bei einem weiteren Stadtbrand, 1737, kurz nach der Fertigstellung, wieder
den Flammen zum Opfer fiel.
Noch im selben Jahr begann der erneute Wiederaufbau. Die alten Mauern wurden
beibehalten und aus den Überresten der noch vorhandenen Bausubstanz ein massiver
dreigeschossiger, unterkellerter Putzbau mit allseitig abgewalmtem Mansardendach
errichtet. Die Architektur wurde stark modifiziert: man orientierte sich nicht mehr an dem
Renaissancegebäude, sondern es entstand unter dem Hofbaumeister Julius Löwe ein
barocker Neubau. Auf einer Grundfläche von 12 mal 35,6 Metern entstand das neue
Bauwerk, welches einen eingebauten, massiven, achteckigen, dennoch schlanken Turm mit
barocken Helm bekam.
Die Fassade wurde mit
Schmuckelementen, wie
Zierankern,
versehen.
Auf der Sonnenseite des
Hauses befand sich der
sogenannte „Kaak“, der
Prangerstein. Seit dem 18.
Jahrhundert
Abbildung 1 Altes Rathaus um 1930, MILSTER, J.
wird
im
Rathaus nicht mehr nur
regiert, sondern auch verhört und verwahrt. Im Ratssaal wurden die Landtage von
Mecklenburg- Strelitz abgehalten, auch die Repräsentanten des Bürgertums führten hier ihre
öffentlichen Sitzungen durch. Ein besonderes Recht besaßen die Räte: edle französische und
rheinische Weine und vollmundige Biere durften im Ratskeller ausgeschenkt werden. Einen
solchen gibt es heutzutage in Neubrandenburg nicht mehr. Ratskeller sind heute allerdings
noch weit verbreitet, zum Beispiel in Rostock.
5
Mit dem Einmarsch der Roten Armee am 29.04.1945, brannte das Rathaus völlig ab und
wurde nicht wieder aufgebaut. Zurück blieb nur ein Mahnmal, welches mit der Neubebauung
nach der Wende auch abgerissen wurde. Es ist aber das einzige der vielen Rathäuser
Neubrandenburgs, das bildlich festgehalten und überliefert ist [vgl. SCHMIDT, V. 1997: 7879; WAGNER, A. 1998: 6; LUDWIG, C. 1987].
Mit dem Stadtbrand 1945 wurde nicht nur das Rathaus, sondern mit ihm auch achtzig
Prozent der Innenstadt zerstört. Der Wohnungsbau der Innenstadt hatte in dieser Zeit
Vorrang. Aus diesem Grund blieben keine finanziellen Mittel für den Ausbau des Rathauses
übrig. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte der erste Bürgermeister der Stadt seinen Sitz in der
Moltestraße (heutiges Bankenviertel am Ring). Zur siebenhundertsten Jahresfeier
Neubrandenburgs hatten die Stadtväter im Rahmen des Wiederaufbaus ein neues Rathaus
geplant. Man rief bei Betrieben, Gewerbebetrieben und Handwerkern der Stadt nach
Spenden auf. Der Erlös wäre angeblich nicht hoch genug gewesen. Alle Pläne von den
Architekten, unter anderem von Professor Tessenow konnten daher nicht realisiert werden
[vgl. MILSTER, J. 2010: 23]. (Weiterführend siehe Kapitel 1.2.3. Vorherige Planungen)
Der Rat der Stadt zog 1950 in das
rekonstruierte und vor allem größere
Gebäude der ehemaligen, bis dato
ausgebrannten Ruine der Hagelkasse
und kaufte das Grundstück für
76.800 Reichsmark. Dort blieb die
Stadtverwaltung bis zum Frühjahr
1990. Danach wurde das Gebäude
als
Arbeitsamt
genutzt
[vgl.
BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT
UND WEITERE 1998: 29].
Abbildung 2 Hagelkasse BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND
WEITERE 1998
Unter der Bauleitung von Albrecht Panna und den Plänen des Architekten Manfred Lüdke
(BDA/DDR) entstand das Gebäude der neuen Bezirkswaltung am heutigen Standort. Die
alten Villen mussten 1967 dem Neubau weichen, nur die Löwenvilla blieb bis heute erhalten.
Die Grundsteinlegung war am 10.07.1967 und das Richtfest wurde am 12.08.1968 gefeiert.
Alle Versorgungsleitungen waren vorhanden, wodurch der Bau schnell und mit wenig
6
Aufwand realisiert werden konnte.
Der Bau des Gebäudes betrug
insgesamt zweiundzwanzig Monate
und endete mit der Übergabe am
01.05.1969.
Das
Wohnungsbaukombinat
Neubrandenburg
bauausführende
Abbildung 3 Rathaus 1970er Jahre BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT
UND WEITERE 1998
war
der
Betrieb
[vgl.
RUDOLPH, A. 2010: 20].
1.2.2. Nutzungsgeschichte
Seit 1969 hatten die Bezirksleitung der SED und der Rat des Bezirkes ihren Sitz am
Friedrich- Engels- Ring, in der sogenannten „Scheibe“. Im Nordflügel wurden 1990 die
Sparkasse, Versicherungen und Firmen untergebracht. Im selben Jahr verließ die
Bezirksleitung der SED das Gebäude, sodass die Stadtverwaltung einziehen konnte. Das
neue Gebäude beherbergt Büroräume und Sitzungssäle für die Arbeit von Stadtverwaltung
und Stadtvertretung. Es konnten damals alle Behörden, bis auf das Grünflächen- und das
Gesundheitsamt untergebracht werden [vgl. BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND
WEITERE 1998: 101].
1.2.3. Vorherige Planungen
Nach der Zerstörung der Innenstadt 1945 kamen die Bürger nach Neubrandenburg zurück.
Die wenigen Häuser, die von der totalen Vernichtung, nicht aber vor Einbrüchen,
Demolierung und Diebstahl verschont geblieben sind, konnte man sozusagen an einer Hand
abzählen. Die Straßen waren weder befahr- noch begehbar. Der Drang nach Ordnung und
Sauberkeit war stärker, als der Aufbau eines neuen Rathauses. Dennoch legten Architekten
freiwillig Pläne zum Wiederaufbau des Marktplatzes vor.
Wie im Kapitel 1.2.1. Geschichte des Rathauses schon erwähnt, legte Prof. Tessenow den
ersten Entwurf zum Wiederaufbau des Rathauses vor, gefolgt von den Architekten Timm
und Adam im Jahr 1947. Jedoch war der damalige Senator Dr. Koch pessimistisch und
7
kalkulierte den Aufbau eines neuen Rathauses aufgrund von Verarmung und der großen
Zerstörung erst in einhundert Jahren, wenn überhaupt [MILSTER, J. 2000: 17].
Abbildung 4 Entwurf neues Rathaus TIMM, W./ ADAM, A.
Nachdem das Gebäude des Rates schon 1955 in die Hagelkasse eingezogen war, gab es noch
einige Versuche, das Rathaus zurück auf den Marktplatz zu holen. Der Berliner Architekt
Walter Franck entwickelte 1955 einen neuen Plan für die Kernstadt, wobei das Rathaus dem
ursprünglichen sehr ähnlich sah. Die Planung rief große Zustimmung und Begeisterung in
der Bevölkerung aus. Der Entwurf hätte sich der gotischen Landschaft der beiden Kirchen
der Stadt angepasst [vgl. MILSTER, J. 2010: 23].
Neben Walter Franck legten auch die Architekten Walter Lauermann und Diedrich Zahn im
selben Jahr einen weiteren Entwurf vor. Bezogen auf die Bedeutung Neubrandenburgs als
Bezirksstadt wurde der zentrale Platz mit
Rathaus sehr groß dimensioniert. Das Leitmotiv
war der kreuzförmige Grundriss des Gebäudes
im Stil der nordischen Renaissance. In
Anlehnung an das Bremer Rathaus sollten
Schmuckgiebel
Abbildung 5 Entwurf Rathausgebäude HOPP, H.
mit
Schweifwerk
aus
Kunststein an das Gebäude angebracht. Die Idee
war soweit, dass die Pläne und das Modell von
Hanns Hopp der Stadt im April 1955 bereits vorgelegt wurden. Mit dem Fünfjahresplan und
der wechselnden politischen Situation wurde die Bausumme von ursprünglichen acht
Millionen DM auf fünf gekürzt. Nach der Reduzierung der Größe der Räume, wurden nun
auch die Terrassen und der Turm ausgeplant. Nachdem der Rat des Bezirkes nähere
Ausarbeitungen vornahm, sollte der Bau 1957 beginnen. Dazu kam es dann aber nicht, da
„die Architektur nicht mehr zeitgemäß war“.
8
Im Jahr 1957 entschied man sich für eine Neuprojektierung. Der Fokus lag hierbei auf nichthistorisierter Bauformen und modernster Gesichtspunkte der Architektur [WIESEMANN,
G. 1995: 91].
So rief die Stadt 1958 den geplanten
Architektenwettbewerb zur Gestaltung des
zentralen Platzes auf. Das Modell der
Architekten Fiedler, Weitsch und Kraus
gewann. Das letzte Modell eines Rathauses
wurde 1968 vorgestellt. Bis heute blieb nur
das Modell. An seiner Stelle steht das nun
Abbildung 6 Entwurf FIEDLER, WEITSCH, KRAUS 1958
Marktplatzcenter [vgl. MILSTER, J. 2010:
23].
Den Quellen zufolge lagen zwar etliche Planungen nach der Zerstörung des Rathauses 1945
vor, nicht jedoch für den Standort am Friedrich- Engels- Ring. Was ziemlich unverständlich
ist, da die Kriegszeit längst vorbei ist und der augenscheinliche provisorische Platz vor dem
Rathaus seit dem Bau nicht mehr auch nur in handfesten Überlegungen überdacht wurde.
Jedoch ist und bleibt, auch mit dieser Arbeit, der Vorplatz des Rathauses ein oft und gerne
gewähltes Ziel studentischer Planungen. Die nicht mehr nur anscheinliche Unzufriedenheit
macht mehr als deutlich, dass hier Agierungsbedarf besteht und die Stadt, beziehungsweise
die Bürger Neubrandenburgs sich zwar mit dem Standort, nicht aber mit der Gestaltung des
Vorplatzes arrangiert hat.
2. Bestand
2.1. Beschreibung
2.1.1. Eingrenzung und Erschließung
Das Rathaus sowie die Rathauspassage und der Stadtringtreff liegen außerhalb der
Stadtmauern und somit vermeintlich außerhalb des Stadtkerns Neubrandenburg am
Friedrich- Engels- Ring (mehr dazu siehe Kapitel 3.2.2. Wieso eigentlich städtebaulich?).
9
Begrenzt wird das Rathaus im
Norden von der Woldegker Straße,
im
Osten
von
der
Großen
Krauthöferstraße, im Süden von
der
Katharinenstraße
beziehungsweise
von
der
Ziegelbergstraße, wenn man die
Banken zum gesamten Komplex
dazuzählt und im Westen vom
Friedrich- Engels- Ring.
Erreichbar ist das Rathaus mit dem
Auto
durch
Krauthöferstraße
Ziegelbergstraße
die
Große
über
vom
die
Abbildung 7 Lage GOOGLE MAPS 2016
Friedrich-
Engels- Ring aus, wo man die Parkflächen neben dem Kino oder die darunter liegende
Tiefgarage in Anspruch nehmen kann. Diese Plätze
sind den ganzen Tag über sehr frequentiert.
Angrenzend gibt es einen ungegliederten Parkplatz,
der durch ein Schranke gesichert ist, parallel der
Großen Krauthöferstraße. Vereinzelt parken dort
einige Autos, ausgelastet ist dieser jedoch nie.
Weiterhin erreicht man das Rathaus durch einen
Abbildung 8 Unstrukturiertes Parken
Weg südlich des Gebäudes, wo man freie Parkplätze,
darunter
auch
eine
Mehrzahl
von
behindertengerechten Parkflächen vor und neben
dem Rathaus findet. Auch diese sind nur von
wenigen Autos besetzt. Für die Angestellten
bestehen im Innenhof des Rathauses weitere
Stellplätze.
Abbildung 9 Parken vor dem Rathaus
Etwas außerhalb liegende Parkmöglichkeiten gibt es
an der Gebrüder- Boll- Straße im Nordosten, östlich der Großen Krauthöferstraße und am
Pferdemarkt im Norden. Da diese Flächen nur gegen eine Gebühr besetzt werden dürfen,
wird für kurze Aufenthalte, zum Beispiel zum Geldabheben bei den Banken, das Gelände
vor den Kreditinstituten durch die verlängerte Katharinenstraße unbefugt benutzt.
10
Es gibt also genügend Erschließungsmöglichkeiten mit dem PKW, doch zeigt das illegale
Halten bei den Banken, dass die Bürger nicht bereit sind, den kurzen Fußmarsch von den
vorhandenen Parkmöglichkeiten zurückzulegen. Außerdem wird der Weg vor dem Rathaus
und dem Kino, auf der anderen Seite zur Katharinenstraße durch Poller versperrt, was das
Umfahren des Rathauses mit dem Auto unmöglich macht und dazu noch gestalterisch nicht
wertvoll ist.
Zu Fuß und mit dem Fahrrad ist die
Erschließung
ebenso
möglich.
Von
der
Turmstraße aus geradewegs auf den Eingang
des Rathauses führt eine Überquerung über den
Ring mittels einer Ampel Es ist der einzige
Übergang, der mit dem PKW nicht möglich ist.
Um das Rathaus herum sind Fußgängerwege
angelegt.
Abbildung 10 Fußgängerüberweg
Wer weder zu Fuß noch mit dem Auto oder Fahrrad kommt, nimmt einen der zahlreichen
Busse, die an der großen Busspur am Friedrich- Engels- Ring halten. Ausgestattet ist die
Haltestelle mit mehreren Bänken und Wartehäuschen. Jede Richtung wird von hier aus
angefahren.
2.1.2. Rathausgebäude
Der Baustil der späten fünfziger Jahre bis zu den frühen siebzigern bevorzugte leichte
Proportionen und transparente Wandgliederungen.
Bereits in der Bauhaus- Ära hat sich dieser Stil angekündigt. In den sechziger Jahren kam
die spezielle Bauweise hinzu. Die Verfarbigung von Bauelementen sorgte auch für die starke
Durchbrechung von Fassaden. Im vielgeschossigen Bau tendierten man zu Flachdächern –
auch hier mit großzügigen Verglasungen.
Das heutige Rathaus wurde mit der 5,0- Mp- Wandbauweise realisiert. Der Bau war DDRweit der erste in dieser Bauweise. Später wurde dieser Typ des Plattenbaus ein
Exportschlager im gesamten Ostblock.
„Alle Materialien der Fassaden- und Außenhautverkleidung wurde so gewählt, daß keinerlei Pflege und
Unterhaltungsarbeiten erforderlich sind“ [vgl. ZEITSCHRIFT DEUTSCHER ARCHITEKTUR
1971: 356].
11
Aluminium und Farbglas gestalten die acht
Geschosse zu einer Einheit. Früher war
Eingangsüberdachung künstlerisch gestaltet, das Kunstwerk wurde weiß überstrichen und
später ganz entfernt [vgl. ZEITSCHRIFT DEUTSCHER ARCHITEKTUR 1971: 355ff].
Dieses architektonisch ansprechende Bild, das um 1970 vermittelt wurde, hat heute seine
positive Wirkung, wenn diese auch nur jemals vorhanden war, verloren. Wenn man bedenkt,
dass das Rathaus eine Länge von einhundertzwanzig Metern aufweist, erscheint der Bau, im
Vergleich zu den umliegenden Gebäuden, nicht so gigantisch, wie man annehmen sollte.
Kommt man aus der Turmstraße, mit seinen kleinstädtischen Häusern auf das
Rathausgelände, scheint der Baukörper aber wie eine riesige Wand. Die horizontale
Gliederung und die strenge Fensterfassade streckt das Gebäude optisch noch mehr. Das
Rathaus wurde wohl bewusst überdimensioniert, um ihm große Präsenz und Ausdruck zu
verleihen, so steht es im städtebaulichen Gutachten. Dazu kommt die nach Aufmerksamkeit
heischende Fassade. Nicht umsonst wurde das Haus unter der Bevölkerung „die Scheibe“
genannt. Rückseitig befinden sich die Kantine und ein sechsgeschossiger Erweiterungstrakt
[vgl. BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998: 100ff].
Das Rathausgebäude mit seinen aktuell achtundvierzig Jahren ist mittlerweile so
sanierungsbedürftig, dass sogar über einen möglichen Abriss nachgedacht wird. Die reine
Sanierung würde 7,8 Millionen Euro kosten- Kosten, die die Stadt Neubrandenburg nicht
tragen kann. Somit wurden mehrere Varianten zum Teilabriss vorgestellt. Zum einen wird
darüber nachgedacht, den Nordflügel abzureißen, zum anderen steht der Südflügel zur
Debatte oder auch nur der hintere Teil des Südflügels. Befürworter halten den Standpunkt
als ideal und auch das Gebäude an sich habe seine Qualität als Verwaltungsgebäude [vgl.
SEGETH, A. 2013]. Allerdings ist eine Sanierung unumgänglich, vor allem, seit die
Kreisgebietsreform die Landkreise reduziert beziehungsweise zusammengefügt hat und
zusätzlicher Platz im Rathaus benötigt wird.
Abbildung 11 Rathausgebäude
Abbildung 12 Farbige Bauelemente
12
2.1.3. Außenanlage
Die Außenanlage des Rathauses wurde von Klaus Radecke (BDA/DDR) mit dem Bau des
Gebäudes geplant [vgl. ZEITSCHRIFT DEUTSCHER ARCHITEKTUR 1971: 355ff].
Seither hat sich der Rathausvorplatz nicht verändert.
Unmittelbar vor dem Gebäude wurde eine circa 1,5 Meter breite, gebäudelange Bepflanzung
angelegt, die sehr üppig gewachsen ist und die Kellerfenster fast verdeckt. Direkt dort
befinden sich auch zahlreiche Fahrradständer.
Neben dem Rathaus führt ein Weg von der Katharinenstraße zu den Parkplätzen seitlich des
Gebäudes. Die Umfahrung des Bauwerkes ist nicht möglich, da die Fahrbahn beidseitig mit
Pollern abgesperrt ist und die Grenze zwischen dem Vorplatz des Stadtringtreffs einerseits,
andererseits die Grenze zur Ringpassage bildet.
Etwas deplatziert wirkt
der
Springbrunnen
seitlich
vor
dem
Gebäude, er gliedert sich
keineswegs
in
den
Vorplatz ein. Er ist nur
Abbildung 14 Springbrunnen
Abbildung 13 Beete
selten in Betrieb und dient mehr der Müllablagerung als der Zierde. Als Gegenstücke wurden
wohl die zwei gewaltigen Beete auf der anderen Seite angelegt, die, wie auch die
Bepflanzung direkt vor dem Rathaus, derzeit ungepflegt ist.
Vereinzelt finden sich groß angelegte Rasenstücke mit
hohen Bäumen, vermutlich um die immense Platzgröße
aufzulockern. Die Bushaltestellen stehen vor solch einer
eben beschriebenen Fläche, die nur noch wenig bewachsen
ist und auf der sich zahlreiche Trampelpfade gebildet
haben. Auf einer Fläche wurden Werbetafeln angebracht.
Die Einfassungen der Beete sind veraltet und teilweise
Abbildung 15 Rasenflächen
defekt.
Richtige Sitzgelegenheiten, außer den Bänken an den Bushaltestellen, finden sich erst vor
dem Kino wieder.
Alte, fünfarmige Leuchten noch aus der DDR- Zeit sorgen für eine spärliche Beleuchtung in
den Neubrandenburger Nachtstunden.
13
Ein Austauschen der Beleuchtungsanlagen, die Sanierung des Bodenbelags und das
Aufstellen einiger Sitzmöglichkeiten wären schon ein kleiner Schritt um einen angenehmen
Aufenthalt am Platz auch nur annährend zu gewährleisten.
Der bereits genannte Vorplatz des Stadtringstreffs gehört hierbei genauso zur Gesamtfläche
und zählt zum Rathausvorplatz dazu, auch wenn er sich durch die Gestaltung vom direkten
Vorplatz abgrenzt und wird in der Neuplanung mit einbezogen.
Der Platz wurde erst in späterer Zeit saniert. Er ist mit Kleinsteinpflaster ausgelegt und mit
kleineren
Erhöhungen
und
Ebenenwechseln
strukturiert. Mehrere kleine Sitzmauern, circa dreißig
Zentimeter
hoch,
mit
Blechabdeckungen,
sind
orthogonal dem Stadtringtreffgebäude angeordnet.
Unmittelbar davor und daneben befindet sich eine
Vielzahl von Fahrradständern. Zur Straße hin
schmücken vier parallel verlaufende Ahorne den Platz.
Drei weitere geben der vierstufigen Treppenanlage
Abbildung 16 Vorplatz Stadtringtreff
hinter der Baumreihe einen Rahmen zur Straße.
Moderne Beleuchtungsanlagen sorgen in der Nacht für
Licht.
Auf der anderen Seite grenzt der Vorplatz der
Rathauspassage, der ebenfalls in die Neuplanung
einbezogen
wird.
Pflasterarbeiten
mit
hervorgehoben.
Besonders
durch
seine
wird
dieser
Ornamenten
Die
rot
eingefärbten
Abbildung 17 Vorplatz Banken
Betonsteinpflaster sind mit natursteinernen Linien
durchzogen und sollen die Eingangsbereiche der
Banken besonders hervorheben. Kleine Nischen für
kurze Aufenthalte wurden erhöht, mit Bänken
ausgestattet
und
mit
Palisaden
abgestützt.
Aussparungen für Bäume wurden ebenfalls mit
Natursteinen
eingerahmt,
meist
in
organischen
Formen. Der Übergang zum Rathausplatz ist sehr hart
und ohne gestalterische Sorgfalt vollzogen.
14
Abbildung 18 Übergang zum Rathausvorplatz
Gesamt betrachtet beunruhigen die verschiedenen Pflasterarbeiten auf dem Platz die
Situation und existiert nicht als Gesamtfläche, die sie städtebaulich eigentlich sein sollte.
Hier werden mehr der Stadtringtreff durch Sitzgelegenheiten und die Banken durch
ornamentierte Platzgestaltung präsentiert, als das eigentliche Gebäude, um das es auf diesem
Areal geht. Als repräsentativer Rathausvorplatz geht dieser leider nicht hervor.
2.1.4. Sichtachsen
Sichtachsen dienen im Allgemeinen dazu, entlang einer Achse, durch eine angelegte oder
freigehaltene Schneise, ein Blick in eine Bestimmte Richtung oder auf prägnante Elemente,
zum Beispiel auf ein Bauwerk, zu lenken. Dies kann durch eine direkte Wegeverbindung
oder durch eine klare Sichtverbindung geschehen.
Trotz des unbefriedigenden Zustandes des Vorplatzes
sind dennoch zwei wichtige Sichtachsen zu erkennen.
Der Blick vom Eingang des Rathauses zielt fast genau
auf die Platanenallee in der gegenüberliegenden
Turmstraße. Vielleicht versuchte man deshalb auf der
einen Seite des Einganges den Springbrunnen und auf
der anderen Seite die Beete zu setzen, um den Blick
Abbildung 19 Sichtachse auf Turmstraße
etwas mehr zu fokussieren. Die Verbindung zwischen
Turmstraße und Rathaus ist deshalb so wichtig, weil sich am Ende der Turmstraße der
Marktplatz Neubrandenburgs, der zentrale Platz der Stadt, befindet und diese Plätze
zumindest visuell miteinander verbunden werden sollen. Ziel soll es sein, die Sicht in der
Planung durch unterstützende Elemente noch mehr auf die Turmstraße zu lenken.
Die
zweite
prägnante
Achse
führt
von
der
Katharinenstraße zum Neuen Tor, eines der vier
historischen Tore der Stadt. Diese Linie wird jedoch
durch das Parkhaus auf der Seite der Banken, mehreren
Bäumen und der schrägführenden Wegeführung
gestört. Mit Hilfe der Neuplanung soll diese Achse
deutlich hervorgehoben werden, um das Neue Tor
herausstechen zu lassen und den Weg in die
Neutorstraße, aber auch in die Katharinenstraße
optisch freizugeben.
15
Abbildung 20 Sichtachse auf Neues Tor
2.2. Jetzige Nutzung
2.2.1. Stadtverwaltung
Seit die Stadtverwaltung im Jahr 1969 in das heutige Rathausgebäude einzog, war
Neubrandenburg noch eine kreisfreie Stadt und hatte alle stadtbezogenen Ämter in dem
Gebäude. Im Jahr 2011 nun, kam es nach jahrelanger Diskussion, „endlich“ zur umstrittenen
Kreisgebietsreform.
Am 04.09. 2011 trat in Mecklenburg-Vorpommern die Kreisgebietsreform in Kraft, wodurch
sich die Anzahl der Landkreise von sechs auf zwölf und die Anzahl der kreisfreien Städte
von sechs auf zwei verringerte.
Der neue Landkreis Nordwestmecklenburg wurde aus dem gleichnamigen Altkreis sowie
der ehemaligen kreisfreien Hansestadt Wismar gebildet, der Landkreis Ludwigslust-Parchim
aus den Altkreisen Ludwigslust und Parchim, der Landkreis Rostock aus den Altkreisen BadDoberan und Güstrow, der Landkreis Vorpommern-Rügen aus den Altkreisen
Nordvorpommern und Rügen sowie der ehemaligen kreisfreien Hansestadt Stralsund und
der der Landkreis Vorpommern-Greifswald aus den Altkreisen Ostvorpommern und UeckerRandow, einigen Ämtern des Altkreises Demmin sowie der ehemaligen kreisfreien
Hansestadt Greifswald. Die Städte Schwerin und Rostock behielten ihre Kreisfreiheit [vgl.
BBSR 2016].
Neubrandenburg ist auch eine jener ehemaligen
Kreisfreien Städte, die mit der Kreisgebietsreform
ihre Kreisfreiheit verlor. Heute ist sie Kreisstadt
des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte, den
mit einer Fläche von 5.496 Quadratkilometern
größten
Landkreises
LANDKREIS
Deutschlands
[vgl.
MECKLENBURGISCHE
SEENPLATTE 2016]. Dieser wurde aus den
Altkreisen Mecklenburg-Strelitz, Müritz und dem
Großteil des Altkreises Demmin sowie der
Abbildung 21 Landkreis MSE DÖRRBECKER, M. 2011
ehemaligen kreisfreien Stadt Neubrandenburg zusammengelegt [vgl. BBSR 2016].
Mecklenburg-Vorpommern ist sehr ländlich geprägt und hat die geringste Einwohnerdichte
16
Deutschlands. Laut Schätzungen der Landesregierung soll die Einwohnerzahl von 1991 bis
2020 von nahezu zwei Millionen Einwohnern auf anderthalb Millionen zurückgehen,
Experten prognostizieren bis 2050 sogar nur 1,3 Millionen. So waren der damals genannte
Hauptgrund für die Kreisgebietsreform die negative demografische Prognose für das Land
und die damit entstehende, zu geringe Einwohnerzahl pro Landkreis. Die Zahlen setzen sich
zusammen aus dem Sterbeüberschuss und Abwanderungen [vgl. SEGETH, A. 2010: 18]. Da
kostet die Verwaltung natürlich mehr pro Einwohner. Ein Zustand, der in unserer heutigen
Zeit, in der Effizienz ganz groß geschrieben wird, nicht tragbar ist. Man rechnet mit
rückläufigen Finanzmitteln. So war das Ziel auch ganz klar definiert: Die Reform sollte
Einsparungen bringen. Im Juli 2010, als die Kreisgebietsreform verabschiedet wurde, war
von 80 Millionen Euro Einsparung die Rede – und das mit keinerlei Einschränkungen für
die Bewohner des Landes [vgl. RBB/24 2016].
Trotz des Hauptsitzes in Neubrandenburg als Kreisstadt des Landkreises Mecklenburgische
Seenplatte, sollten alle anderen Objekte trotzdem weitergenutzt werden. In der neuen
Verwaltung haben 1290 Mitarbeiter einen „sicheren“ Arbeitsplatz. Doch wie sicher ist
„sicher“, wo man doch von Reduzierungen des Personals in den Folgejahren spricht? [vgl.
SEGETH, A. 2010: 18]
Weiterhin ist es sinnwidrig, dass nur zwei von insgesamt zweiundzwanzig Amtsleitern im
Großkreis aus Neubrandenburg sind und nur drei von insgesamt vierundvierzig Amtsleiterund Vizeposten von Neubrandenburger belegt sind. Die Verteidigung lautete hier, dass
Neubrandenburg ja nicht mit der kompletten Verwaltung in den Landkreis geht und
außerdem gebe Neubrandenburg „nur“ vier Bereiche an den Großkreis ab: Soziales,
Jugendhilfe, das Gesundheitsamt und die Veterinär- und Lebensmittelüberwachung. Aber:
zweihundertzehn Mitarbeiter sind in diesen Ämtern beschäftigt, damit schrumpft die
Stadtverwaltung auf ein Drittel [vgl. SEGETH, A. 2011: 13].
Heute, fünf Jahre nach der Reform, sind die Erhofften Einsparungen leider noch nicht
Eingetreten, aber bis 2020 sind ja auch noch vier Jahre Zeit [vgl. RBB/24 2016].
Und zum Glück ist „bürgernah“ ein subjektiver Begriff und liegt im Ermessen des
Betrachters. So ist es für die Macher der Reform sicher auch bürgernah, wenn man
beispielsweise das Bauamt im Großkreis Mecklenburgische Seenplatte nur noch in Waren
anfindet, als bisher in allen ehemaligen Kreisverwaltungen des Großkreises. Aus Friedland
sind es ja auch nur knapp siebzig Kilometer bis dahin.
17
2.2.2. Umliegende Gebäude
Der Rathausplatz beinhaltet nicht nur das Rathaus an sich, es bietet auch Raum für
Freizeitaktivitäten, unter anderem durch das Kino, verschiedene Bars, einem Fitnesscenter,
einem Wellnessanbieter und einem Restpostenmarkt.
Auch die Banken haben schon lange einen Platz auf der Fläche, wenn auch kleiner, als es
1993 als ganzes Bankenviertel noch geplant wurde [vgl. BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT
UND WEITERE 1998: 97].
In der sogenannten Rathauspassage sind die meisten Bankfilialen des Platzes vertreten.
Das Gebäude der Deutschen Bank war der ehemalige „Kupferkessel“, die Parteischule der
SED. Nachdem 1989 friedlich demonstriert wurde, indem hunderte von Kerzen rings um das
Gebäude gestellt wurden, lud der damalige Oberbürgermeister zum Dialog zwischen Volk
und Staat ein, welcher wohl nicht besonders erfolgreich war, denn kurze Zeit später wurde
das
Haus
von
Kulturschaffenden
besetzt,
um
ein
kommunales
Kultur-
und
Kommunikationszentrum aus der alten SED- Immobilie zu machen. Man erreichte, dass
wenigstens die Philharmonie in das Haus einzog, wenn auch nur kurz, da sie auf die
Fertigstellung
des
Konzertsaals
in
der
Marienkirche
wartete.
Das
ehemalige
Seminargebäude wurde nach dem Einzug der Bank mit einem Parkhaus überdacht, auf
dessen Oberdeck sich ein Großraumbüro für Telekommunikation befindet [vgl.
BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998: 97].
Die Commerzbank zog mit dem Bau
des dreispurigen Verkehrsrings in die
Rathauspassage
mit
ein,
da
ihr
ehemaliges Domizil, die alte Wallhalle
am Ring Nummer 25, wegen des
Ringbaus
abgerissen
BIERMANN/
wurde
ENDERS/
[vgl.
GUDAT
UND WEITERE 1998: 41].
Auch eine Filiale der Postbank und die
Abbildung 22 Deutsche Bank, Commerzbank
Hypovereinsbank finden einen Platz in
der Passage.
18
Neben den Banken befinden sich auch das
Hotel am Ring, das dazugehörige Parkhaus
sowie ein Fleischer mit Imbiss, der Lila
Bäcker,
eine
Nagelstudio
Fachbuchhandlung,
und
Tabakwarengeschäft
Friseure,
mit
Lotterie,
ein
ein
die
Cocktailbar „Koni’s“, eine Apotheke und eine
Boutique.
Abbildung 23 Rathauspassage
Die Sparkasse existiert schon seit den
neunziger Jahren am Ort, wenn auch zuerst im
Nordflügel des Verwaltungsgebäudes und zog
dann als Eigentümer 1951 in die alte
Löwenvilla ein. Heute ist es kaum vorstellbar,
dass ein Park mit Buchsbäumen bis Ende der
vierziger Jahre die schöne Villa umgab. Eine
Terrasse
zum
Park
war
mit
einem
Abbildung 25 Alte Löwenvilla BIERMANN/ ENDERS/
GUDAT UND WEITERE 1998
Springbrunnen und zwei Löwen aus Stein
ausgestattet. Damals führten noch Brücken
über einen Bach zur Wallanlage. In den
fünfziger Jahren mussten einige Villen dem
Straßenbau weichen, sowie auch der Park um
die
Löwenvilla.
Das
Ambiente
ging
wortwörtlich „den Bach hinunter“. Die
mittlerweile sanierte Villa ist die einzige von
Abbildung 24 Sparkasse in ehemaliger Löwenvilla
den Villen, die heute noch verblieben ist, nur ein Glasanbau wurde neu hinzugefügt. Die
restlichen Bauten wurden 1967 endgültig wegen des Ringverkehrs abgerissen [vgl.
BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998: 103].
Nördlich des Rathauses, gegenüber der Löwenvilla, befindet sich ein großes, dreistöckiges
Gebäude mit diversen Freizeitangeboten, genannt Stadtringtreff. Im ersten Stock und durch
den Vordereingang erreichbar, befindet sich das CineStar Neubrandenburg. Es ist einer der
Haupttreffpunkte des Stadtringtreffs. Die Kinokette ist das einzige Großraumkino der Stadt
und deswegen gerne genutzt. Die nächsten Kinos befinden sich in Waren (ebenfalls
19
CineStar) und Neustrelitz (MovieStar).
Auf gleicher Etage befinden sich die
Escobar, eine preisgehobene Bar mit
elektronischer Musik und Balkon sowie ein
Spielcasino.
Im Erdgeschoss, ebenfalls durch den
Vordereingang erreichbar, befindet sich
der gut frequentierte Restpostenmarkt
Thomas Phillips. Ein idealer Standort für
Abbildung 26 CineStar Kino, Imbiss
den räumlich großen Laden. Daneben
befindet sich ein Imbiss, der auch nachts
noch die Kinogänger und Barbesucher mit
Döner versorgt. Ebenfalls im Erdgeschoss
gibt es für die Nachtschwärmer eine
weitere Bar, die Rumpelkammer. Mit
zahlreichen Mottopartys, auch unter der
Woche, belustigt sie die jungen und älteren
Bürger
jeder
sozialen
Schicht
Neubrandenburgs. Die Preise sind hier
Abbildung 27 Casino, Bar, Thomas Phillips
erschwinglicher als bei der oben genannten Escobar und immer gefüllt. Der Außenbereich
wird hierbei gerne genutzt und ist mit Schirmen und zahlreichen Bänken ausgestattet, sodass
hier ein wenig Leben auf die Straßen von Neubrandenburg gebracht wird. Für den einen oder
anderen stehen nachts auf der Fläche zwischen Bar und Löwenvilla zahlreiche Taxen zur
Verfügung.
Doch bevor man ordentlich trinken kann,
muss man auch eine gute Grundlage
schaffen:
Im
Schweinestall
auf
der
Nordseite des Gebäudes, gibt es eine große
Auswahl an Schnitzelgerichten. Daneben
gibt es noch ein Sonnenstudio und ein
Brautmodengeschäft.
Für
die
gesundheitsbewussten Bürger gibt es ein
Fitnessstudio, das MAXX GYM, oberhalb
der Gaststätte, nur durch den Eingang der
Abbildung 28 MAXX GYM, Solarium, Salzgrotte, Restaurant
20
Nordseite erreichbar. Ebenfalls auf der Etage befindet sich die Salzgrotte, ein kleiner
Wellnessbereich mit einem Angebot von Massagen und wie der Name hergibt einer kleinen
Salzgrotte. Auf der Ecke hatte ein kleiner Brautmodenladen vor kurzem sein Gewerbe, die
Räume stehen nun leer. Das ehemalige Geschäft ist im Vergleich zu den anderen mit großen
Schaufenstern ausgestattet.
Auf der Südseite des Gebäudes, neben dem Parkplatz, bietet ein Geschäft Autoschilder
„schnell und preiswert“ an.
Angrenzend an die Woldegker Straße
befindet
sich
ein
längliches,
ovales
Gebäude, welches im Volksmund „Zigarre“
genannt
wird.
Das
viergeschossige
Gebäude ist überwiegend von Büroräumen
besetzt. In ihm hat die Deutsche Kreditbank
(DKB) ihren Sitz, außerdem die BKK
Krankenkasse,
CallaPizza
und
ein
Sportwettenbüro und kleine Bürgerhilfen,
wie
Abbildung 29 Büroräume der DKB
zum
Beispiel
der
Vereinigte
Lohnsteuerhilfe e.V.
Gesamt betrachtet weicht das Areal von der typischen Villenbebauung des Rings ab. Es sind
keine einheitliche Gebäudefluchten oder Architekturformen zu erkennen. Sie stehen als
Strukturfragmente isoliert und sind nicht logisch gegliedert.
2.3. Angerenzendes Gebiet
2.3.1. Friedrich- Engels- Ring
Der Ring zeichnet Neubrandenburg noch heute aus. Was früher die Eingrenzung des vierzig
Hektar großen, schachbrettartigen Stadtkerns war, ist heute die Hauptverkehrsstraße, mit 2,3
Kilometern Länge und 45.000 Kraftfahrzeugen pro Tag. Der drei- bis vierspurige Ring ist
als Einbahnstraße befahrbar. Auch zu Fuß kann man die historische Stadt umgehen: entlang
der noch vorhanden Stadtmauer oder zuseiten der fünfzig bis einhundert Meter breiten
Wallanlage [vgl. NEUBRANDENBURGER FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 5].
21
Durch die versetzt erbauten Tore wurde früher der Verkehr in die Stadt auf wirksame Weise
verteilt: Die jeweils angeordneten Positionen konnten schnellstmöglich erreicht werden [vgl.
NEUBRANDENBURGER FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 20]. Doch wie entstand
der Neubrandenburger Ring als Verkehrsknotenpunkt überhaupt? Ein Blick in die
Geschichte gibt Aufschluss.
„Die Straße lag dem Wall gegenüber und war nur auf einer Straße bebaut. Die andere Straßenseite bildete der
Wall, von der Straße durch eine einreihige Lindenpflanzung und einen Streifen feuchten Graslandes, die
sogenannte Allee, getrennt.“ [MARUNG, E. 1998: 31]
Mit dem Mauerdurchbruch 1863 begann die Stadt sich zu öffnen und ein sogenannter
Villenring entstand rund um den Stadtkern.
Die Straßen trugen einfache Namen: 1. – 3. Wallstraße. Aber schon 1906 veränderten sich
die Straßenbezeichnungen nach dem Herzog, wobei die 1. Wallstraße zur „Adolf- FriedrichStraße“ wurde und die 2. und 3. Wallstraße zusammengefasst zur „Elisabethstraße“. Nach
1945 gab es die „Rudolf- Breitscheid- Straße und erst 1972 wurde der Ring zum „FriedrichEngels- Ring“ umbenannt.
Bereits um 1970 wurde der Stadtring in Höhe der Wallanlagen zu einer mehrspurigen
Einbahnstraße ausgebaut. Ziel war es, den Verkehr aus dem Stadtzentrum zu halten. Um
überhaupt die Straße tragfähig zu machen, musste der sumpfige Unterboden tragfähig
gemacht werden: Neuntausend Betonpfähle wurden in den Boden getrieben um die neue
Fahrbahn verkehrstüchtig zu machen. Das südliche Villenviertel „An der Linde“ und das
östliche „Am Schützenwall“ fielen schnell dem Ringbau zum Opfer, sowie viele weitere
Wohnhäuser und Gebäude, die heute nur noch auf Bildern und Dokumenten zu finden sind.
Heute kann man sich kaum vorstellen, dass der Ring einst aus Kopfsteinpflaster bestand [vgl.
BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998: 3].
1973 wurde der Straßenring um die Innenstadt endlich freigegeben. Doch fertig wird der
Ring niemals werden: wegen des oben schon benannten sumpfigen Untergrundes müssen
Abschnitte des Rings alle Jahre wieder erneuert und saniert werden. Aktuell zwischen
Lessingstraße und Neustrelitzer Straße, was zur Rush Hour täglich Stau verursacht (mehr
dazu siehe Kapitel 3.3. Der Ring ist zweispurig?).
22
2.3.2. Umliegende Bebauung
Bei einer Neuplanung ist es sehr wichtig, auch die Umgebung in die Planung mit
einzubeziehen und umfassend zu analysieren, um einen funktionalen und gestalterisch
hochwertigen Entwurf schlüssig zu entwickeln. Wie ist sie strukturiert? Wie wird sie
genutzt? Welche Erschließungsachsen gibt es?
Katharinenstraße
Die Katharinenstraße führt von der Ziegelbergstraße im Osten ab geradewegs zum FriedrichEngels- Ring. Bis zur Kreuzung zur Wilhelm- Külz- Straße ist die Fahrbahn mit
Kopfsteinpflaster ausgelegt. Die schmalen Gehwege sind mit Betonsteinplatten versehen
und in schlechtem Zustand. Die Straße wird von alten, noch gut erhaltenen Linden begrünt.
Die nördliche Fahrbahnseite der Katharinenstraße ist mit Plattenbauten der siebziger Jahre
bebaut. Die Querparkplätze sind in die Fahrbahn eingelassen. Auf der anderen Seite befinden
sich
dreißiger
Jahre
Werkswohnungsbauten
mit
einheitlichen Vorgärten. Am Fahrbahnrand wurden
Längsparkplätze angelegt. Bis zur Wilhelm- Külz- Straße
ist jede Seite der Bebauung in sich uniform und bildet
eine eigene Bauflucht. Nach dieser Kreuzung verändert
sich das Bild der Straße: Die Fahrbahn und der Gehweg
Abbildung 30 Katharinenstraße
gehen
ineinander
über.
Alles
ist
mit
neuem
Betonsteinpflaster ausgelegt. Zu den Plattenbauten der Nordseite der Fahrbahn kommen
kleine Neubauten dazu, die vorwiegend kommerziellen Nutzen haben. Auf dieser Seite gibt
es teilweise erhöhte Gehwege. Wege, die nicht erhöht sind, werden von der Fahrbahn mit
Pollern abgegrenzt. Einheitliche Großbepflanzung gibt es hier nicht mehr. Das einzige
Gebäude, was sich hier besonders abhebt und nicht in der Bauflucht liegt, ist die FritzReuter- Schule. Das Backsteingebäude ist einige Meter zurückgesetzt.
Große Krauthöferstraße
Die Große Krauthöferstraße verbindet die Ziegelbergstraße mit der Woldgeker Straße. Bis
zur Mündung der Katharinenstraße ist sie dreispurig angelegt, dahinter sind es nur noch zwei
Fahrbahnspuren, die schon sehr in die Jahre gekommen sind. Geprägt ist sie durch die
23
Hotelbauten, der Fritz- Reuter- Schule und der Grundschule „Uns Hüsung“, dem Rathaus
und dem Stadtringtreff. Die Gebäude sind unregelmäßig
auf dieser Seite angeordnet und geben aufgrund der
verschiedenen Baustile kein einheitliches Bild ab.
Wohnhäuser gibt es hier keine. Vereinzelt sind Linden
gepflanzt. Mit Hecken, die die Parkplätze beiderseits
abgrenzen sollen, hat man versucht, eine Flucht zu
Abbildung 31 Große Krauthöferstraße
bilden.
Ziegelbergstraße
Die Ziegelbergstraße ist einer der Haupterschließungsstraßen des Rathauses. Sie geht vom
Friedrich- Engels- Ring aus ab und zieht sich bis zum Mühlendamm. Bis sie von der Großen
Krauthöferstraße gekreuzt wird, ist die Bebauung sehr unregelmäßig gestaltet. Das
neuzeitliche Hotel und der Musikschulenzweckverband Kon.Centus bestimmen hier das
uneinheitliche Bild. Eine beständige Bauflucht findet man hier nicht. Ab der Kreuzung der
Mühlenholzstraße weiter östlich wird die Bebauung gleichförmiger. Zweigeschossige
Gründerzeithäuser mit Sattel- und Walmdächer sind hier überwiegend vorhanden. Die
Zweispanner bilden mit ihren Traufkanten eine geradlinige horizontale Bauflucht. Ab der
Mündung der Wilhelm- Külz- Straße wird die Straße von
einer Lindenallee gesäumt und erzielt dadurch ein
vertikales Wirken. Die Fahrbahn ist ab eben dieser Straße
mit Kopfsteinpflaster ausgelegt. Die Ziegelbergstraße ist
vorwiegend dem Wohnen vorbehalten, nur wenige
Gebäude geben Raum für eine Versicherung, der Caritas
Abbildung 32 Ziegelbergstraße
und einem Bäcker.
Woldegker Straße
Die Woldegker Straße ist die B104 und führt vom Ring ab in die Oststadt und Friedland und
Woldegk und dient als Verbindungsstraße zwischen Zentrum, Katharinenviertel und
Oststadt. Sie ist vierspurig gegliedert und ist mit einem Grünstreifen in der Mitte
ausgestattet, um den Begegnungsverkehr abzugrenzen. Beiderseits gibt es breite Geh- und
Radwege, welche mit regelmäßiger Bepflanzung zur Fahrbahn hin abgeschirmt sind. Es gibt
24
wenige Übergangsstellen für Fußgänger. Eine unregelmäßige Bebauung von Neubauten und
Gewerbe prägen ihr Bild. Anfänglich streift das Katharinenviertel noch mit seinen
Plattenbauten im Süden die Straße bis es ab der Höhe des neuen Friedhofs an Bebauung
verliert und sich später die Randbebauung der Oststadt an die Straße nähert. Im Norden
hingegen herrschen unregelmäßige Gewerbeneubauten vor, wie beispielsweise Webasto,
Tankstellen und Autohäuser. Nur auf Höhe der Ackerstraße gibt es noch zwei ursprüngliche
Gebäude.
Turmstraße
Die Hauptsichtachse des Rathauses liegt genau auf der
Turmstraße. Sie ist die Verlängerung des zentralen
Platzes (= „Marktplatz“) mit dem Anfang der Treptower
Straße und dem Ende des Rathauses und verbindet somit
den historischen Rathausplatz mit dem neuen.
Sie erstreckt sich über zwei Quartiere der Innenstadt, liegt
Abbildung 33 Turmstraße
in der Achse der Treptower Straße und wird von der
Wartlausstraße geschnitten. Die Straße ist als Fußgängerzone ausgewiesen und wird nicht
von PKW befahren werden.
Die Häuser sind im Erdgeschoss mit kleinen Geschäften belegt, die übrigen Geschosse
dienen überwiegend wohnlichen Zwecken. Die Trennung der kommerziellen und
wohnlichen Nutzung ist stark abgegrenzt. Die Bebauung besteht überwiegend aus
traufständigen, viergeschossigen Gebäuden mit Sattel- und Walmdach. Die Lochfassaden
sind in hellen warmen oder grauen Farbtönen verputzt. Die Vordächer sind teils aus StahlGlas- Konstruktionen oder Stoffmarkisen gefertigt. Kennzeichnend ist die geschlossene,
regelmäßige und geradlinige Bauflucht. Die horizontale Gliederung der Straße erfolgt durch
lange, durchgehende Traufkanten, sich stetig wiederholenden Fensterreihen und teilweise
auch Geschossgesimse, die Ober- und Untergeschosszonen voneinander trennen. Vertikal
gegliedert ist die Straße durch die mit großem Abstand gehaltenen Gebäudekanten, den
zweiseitigen Beleuchtungselementen und die zwei mittig platzierten Platanenreihen. Die
Turmstraße ist mit Pavillons, Bänken, Stehtischen, Brunnen und Abfallbehältern ausgestattet
[BRAUN, L. 2014: 26 (Städtebaulicher Rahmenplan); BIG STÄDTEBAU 2000].
25
Stadtmauer
Vor Angst räuberischer Übergriffe und Kriege wurde im Mittelalter so gut wie jede Stadt
befestigt. Die erste provisorische Stadtbefestigung bestand aus hölzernen Planken und wurde
um 1260 als palisadenähnlicher Zaun in Neubrandenburg angelegt. Um 1300 wurde dann
eine Stadtmauer aus Feldsteinen gebaut. Diese Steine wurden nur in lehmigen Sand
eingebettet, sodass man ihn sogar mit dem Finger aus den Fugen reiben kann. Wegen der
spannungsfreien Schichtung hält sie noch bis heute. Die Mauerkrone ist aus Backstein
geschichtet.
Die kreisrunde Mauer ist 2,3 Kilometer lang und bis 7,5
Meter hoch und noch bis heute fast vollständig erhalten.
Zum Schutz und zur Abwehr, zum Beispiel in Form von
Pulverlagerungen oder Löschwasserversorgung, wurden
Wiekhäuser in die Stadtmauer eingelassen. Sie springen
um drei bis vier Metern hervor und weisen in den drei
Abbildung 34 Stadtmauer
Außenmauern Schießscharten auf. Ursprünglich besaß
die Mauer sechsundfünfzig Wiekhäuser. Diese lagen um die dreißig bis teilweise siebzig
Meter voneinander entfernt; heute sind es nur noch fünfundzwanzig. Nach 1650 wurden die
Wiekhäuser im Fachwerkstil als Wohnungen für die Armen umfunktioniert, heute befinden
sich darin unter anderem Museen, Ferienwohnungen und Bars sowie Restaurants [vgl.
NEUBRANDENBURGER FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 8ff].
Wallanlage
Die Wallanlage Neubrandenburgs besteht aus drei Gräben und zwei künstlich
aufgeschütteten Erdwallen von drei bis vier Metern. Sie sind voneinander und von der
Stadtmauer zwanzig bis dreißig Meter entfernt. In Kriegszeiten sollte das Wall- und
Grabensystem verhindern, dass Gegner mit mobilen Belagerungsgeräten bis an die
Stadtmauer vordringen konnten. Der Außenwall und der abschließende Wassergraben
wurden vermutlich erst im 15. Jahrhundert angelegt. Auch die Bäume, überwiegend Eiche,
und Sträucher wurden erst im 16. Jahrhundert gepflanzt, da man ein freies Schuss- und
Blickfeld im Krieg über die Stadtgrenze haben musste und nicht behindert werden durfte.
Heute ist der Wall so dicht bewachsen, dass die Stadtmauer hinter ihm zu verschwinden
vermag [vgl. NEUBRANDENBURGER FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 18]. Die
26
Wallanlage wurde in der Gründerzeit als erste öffentliche Grünanlage als Promenade für die
Stadtbürger angelegt. Das Verlangen des Bürgertums
nach einem Landschaftsgarten zum Spazieren und
Anschauen war so groß, dass sie sich ihn direkt an die
Stadtmauer holten. Neben den Eichen wurden nun auch
Pappeln, Kastanien, Linden und Eschen gepflanzt. Im
Süden führt die Promenade direkt in den Stadtpark mit
Tollensesee weiter [vgl. BERNATZKY, A. 1960].
Abbildung 35 Wallanlage
Das Neue Tor
Eine weitere der in Kapitel 2.1.2. Sichtachsen bereits genannten
Linien führt geradewegs auf das Neue Tor, eines der vier
gotischen Tore der Stadt Neubrandenburg, welche im
Mittelalter den Kern mit der Außenwelt verband und dabei aber
als mehrfache Hindernisse dienten, unter anderem durch
Fallgitter. Die allseitig verschließbare Toranlage diente also als
Verteidigungsanlage, da alle Tore auch gegenseitig versetzt
gebaut wurden, um einen Rückenangriff zu verhindern. Jedes
Tor gehörte einem der vier beamteten Bürgermeister, die sich
Abbildung 36 Neues Tor
1395 die Regierung der Stadt teilten. 1701, mit der Gründung
des Herzogtums Mecklenburg- Strelitz, wurde in jedes der vier Tore ein Zollhaus errichtet
sowie
ein
Torschreiberhaus
für
den
fürstlichen
Steuereinnehmer
[vgl.
NEUBRANDENBURGER FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 20].
Der Name „ Neues Tor“ lässt bereits vermuten, dass es das letzte gebaute Tor der
Viertorestadt ist, nämlich um 1450. Das älteste, das Friedländer Tor, wurde bereits um 1300
errichtet. Allerdings existiert das spätgotische Neu Tor nicht mehr in seiner Urform, denn
1850 ließ Friedrich Wilhelm Buttel neugotische Akzente anbringen, unter anderem die
Giebelabschlüsse und Rosetten in den Rundblenden, wodurch das Gesamtbild stark
verändert wurde, was nicht weniger an den Kleeblattbögen an den Durchfahrten liegt. Nur
der Sockel aus Feldsteinquadern zeichnet das spätgotische Tor als solches aus. Auch durch
die Aufnahme acht lebensgroßer Skulpturen, wie am Stargarder Tor, schmiegt sich das Neue
Tor
in
die
Wehranlage
hinein
[vgl.
NEUBRANDENBURGER
FREMDENVERKEHRSVEREIN 1995: 34]. Leider ist heute nur noch das Haupttor
27
erhalten. Das Vortor, ein Renaissance- Backsteinbau, wurde bereits 1852 komplett
abgetragen. Es existierte einhundertfünfzig Jahre. Auch dem Zingel wurde nur eine kurze
Lebensdauer eingereicht: im Februar 1631 errichtet und schon im März durch
Kanonenbeschuss zerstört [vgl. SCHMIDT, V. 1997: 84].
Neutorstraße
Direkt hinter dem Neuen Tor beginnt die Neutorstraße. Sie liegt mit der kleinen
Wollweberstraße auf einer Achse und wird östlich von der Wartlausstraße und der
Behmenstraße geschnitten. Sie ist nicht einheitlich gestaltet, es herrscht eine Mischung
kleinerer und großen Gebäudemassen vor. Die südlichen Erdgeschosszonen sind mit
Dienstleistungseinrichtungen
und
Läden
belegt,
die
restlichen
sind
komplette
Wohngebäude. Das westliche Straßenende weist großteilige Blockrandbebauung und
Neubauten auf, das östliche hingegen kleinteiligere
Bebauung, die durch ihre Größe und Material einen
Kontrast zur umgebenden Bebauung bildet. Eine
ersichtliche Raumkante und geordnete, konsequente
Bepflanzung gibt es hier nicht [BRAUN, L. 2014: 26
(Städtebaulicher Rahmenplan); BIG STÄDTEBAU
Abbildung 37 Neutorstraße
2000].
2.4. Defizite und Potenziale
Aufgrund der vorherigen Bestandsbeschreibung sind einige Defizite als auch Potenziale des
Neubrandenburger Rathausplatzes festzustellen.
Eines der Hauptprobleme ist der Verkehr des Friedrich- Engels- Rings. Durch den
Dauerlärmpegel und der Immission der hier vierspurigen Hauptstraße erreicht der Platz eine
geringe Aufenthaltsqualität. Da der Vorplatz so weitläufig und mit wenigen
Gestaltungselementen ausgestattet ist, rückt der Verkehr in den Vordergrund. Auch das
unbefugte Befahren und Parken der Autos auf der Fläche stört den Aufenthalt auf dem Platz
immens.
Die eben schon genannten wenigen Gestaltungselemente sind scheinbar willkürlich
angeordnet. Zwar hat man versucht, einige Fluchten mit den Beeten und dem Springbrunnen
zu bilden und Sichtachsen hervorzuheben, doch wirken sie, trotz ihrer Größe, auf dem
28
großen Platz verloren. Dazu sind die Beete ungepflegt und
der Springbrunnen ist selten in Betrieb und teilweise
defekt.
Mit mehreren Grünflächen und Linden wurde versucht,
die Platzsituation bei den Bushaltestellen aufzulockern.
Diese werden jedoch als Werbeflächen, Trittflächen und
Wege benutzt, die Borde, die sie einfassen, sind ebenfalls
Abbildung 39 Defekte: Springbrunnen
mangelhaft und alt. Die Bäume bieten wenig Schatten, da
sie ungünstig platziert wurden. Außerdem fehlen hier
einige Bänke oder andere Sitzgelegenheiten vor oder
neben den Bäumen. Oft wird der Springbrunnen als
Sitzmöglichkeit und Müllablagerung genutzt. Letzteres ist
dem Fehlen von Mülleimern auf dem direkten Vorplatz
Abbildung 38 Defekte: Bodenbelag
zuzuschreiben. Erst bei den Bushaltestellen und vor dem
Kino finden sich mehrere davon.
Die verschieden Bodenbelege und Pflasterarbeiten vom
Stadtringtreff, Rathausvorplatz und der Rathauspassage,
beziehungsweise direkt vor den Banken, beunruhigen die
Fläche und verhindern das Erkennen einer Einheit. Zudem
Abbildung 40 Defekte: Einfassungen
sind die Betonsteinplatten auf dem Platz vor dem Rathaus
fehlerhaft. Zum einen sind sie teilweise gebrochen, zum
anderen stehen Kanten hervor. Weiterhin sind die
Übergänge zu hart.
Die Gebäude unterscheiden sich in ihren verschiedenen
Baustilen und bilden weder eine Flucht, noch eine Einheit
als
Komplex.
Die
verschiedenen
Bauhöhen
Abbildung 41 Harte Übergänge
und
Anordnungen unterstreichen das.
Auch die Beleuchtungsanlagen des Platzes sind veraltet. Sie sind nicht in der Lage, die
gesamte Fläche in der Nacht auszuleuchten.
Neben diesen oben genannten Defiziten, gibt es eine Vielzahl von Potenzialen auf dem
Rathausvorplatz.
Der große Vorplatz bietet genug Raum für neue, weitläufige Gestaltungsmöglichkeiten. Es
ist denkbar, den direkten Vorplatz des Gebäudes zu verkleinern um eine intime Situation zu
29
schaffen und kleinere Plätze als multifunktionale Flächen zu errichten. Weiterhin kann man
das vorhandene Freizeitangebot im Areal erweitern, um dem Platz mehr Aufenthaltsqualität
zu geben und zu beleben. Dazu bietet der Platz genug Raum, um die Parkmöglichkeiten neu
zu strukturieren und in die Neuplanung adäquat miteinzubeziehen.
Aufgrund des ausreichenden Platzes vor dem Rathaus ist genug Spielraum vorhanden, um
die Fassade gestalterisch aufzuwerten und es in seiner Bedeutung und Funktion kenntlich zu
machen.
Die erkenntlichen Sichtachsen vom Rathaus auf die Turmstraße sowie von der
Katharinenstraße auf das Neue Tor können durch Neupflanzungen und leichte Verschiebung
der Wegeführung mehr betont werden. Ersteres schafft auch eine direkte Verbindung zum
Marktplatz, dem ursprünglichen Platz des Rathauses.
Die Achse des Friedrich- Engels- Ring kann durch die Neuplanung hervorgehoben werden.
Die letzte der verbliebenen Ringvillen, die Löwenvilla, die noch in der Achse der
Hauptstraße liegt, kann als Orientierungspunkt dienen.
Die vorhandenen Baumstrukturen können in der Neuplanung größtenteils bestehen bleiben
und sich axial in die Neuplanung fügen und integriert werden.
3. Planung
3.1. Ideenentwicklung
Bevor ich mir Gedanken zur Neuplanung des neuen Rathausvorplatzes gemacht habe,
befasste ich mich umfassend mit dem Standort in Neubrandenburg. Die Frage, die ich mir
stellen musste, war: Was will ich mit dem Entwurf erreichen? Wie kann ich diesen in die
Umgebung anpassen?
Die Antwort war schnell eindeutig: Ich möchte, dass die Stadtstraßen zum Aufenthalt
genutzt werden und die Stadt zum Lebens- und Begegnungsraum werden lassen. Weiterhin
ist es notwendig, die Freizeitaktivität der Bürger anzukurbeln und die Wohn- und
Arbeitsqualität im Zentrum zu verbessern.
Meine Überlegungen gingen vorerst in Richtung parkähnlicher Anlage. Aufenthalt im
Grünen passt immer, salopp gesagt. Doch wozu aber in einer grünen Stadt wie
Neubrandenburg noch einen Park, neben dem Kulturpark mit Tollensesee, dichter
Begrünung im Umfeld, dem Schwanenteich und der Wallanlage? Noch eine parkähnliche
Situation kommt hier nicht infrage. Die Planung sollte nicht nur standortgebunden sein,
30
sondern weitläufiger definiert werden. Der Hauptschwerpunkt ist, das bedeutungsvolle
Rathaus als zentralen Punkt zu integrieren und zu gestalten, auf die gesamte Stadt bezogen.
Die Gestaltung muss dabei dem Raum angemessen sein und die Hierarchie des Ortes eben
durch diese Gestaltung hervorkommen. Dabei gibt es einige Probleme zu bewältigen. Als
zentraler Platz muss das Rathausgelände gut erkennbar und frei zugänglich für jedermann
sein. Die Hauptorientierungsachse muss sich gestalterisch sowie funktional durchsetzen. Die
Fahrbahnüberquerung
muss
verbessert
werden,
bestenfalls
durch
eine
Verkehrsverminderung. Die vorhandenen Mischflächen müssen geordnet werden und
funktional nicht erforderliche Teilflächen einer Nutzungsvorstellung entsprechend gestaltet
werden um somit die Nutzungsaktivität zu fördern. Ansonsten geschieht genau das, was am
Rathausvorplatz eingetreten ist: überflüssige Flächen wurden schnell zu zusätzlichen
Stellflächen umgenutzt oder sie verkümmern gänzlich. Ersichtliche Grenzen müssen
aufgezogen werden, ohne dem Bürger das Gefühl der Eingeschränktheit zu geben.
„Die Versperrung der Wege muss geschickt angestellt werden“ [HEINZ/ SCHMIDT 1992: 88]
Die unaufdringliche und städtebaulich begründete Separation kann dies vermeiden.
Zusätzlich sollen neue flanierfähige Gehwege entstehen.
Nun galt es, diese Ideen in einem Entwurf zusammenzufassen.
3.2. Beschreibung
3.2.1. Planungsgebiet
3.2.1.1. Erschließung
Die Erreichbarkeit mit dem PKW bleibt in der Neuplanung erhalten, wird aber
eingeschränkt.
Im Westen wird das Rathaus weiterhin durch den Friedrich- Engels- Ring erreichbar sein.
Geändert hat sich hierbei die Auflösung der dreispurigen Einbahnstraße in eine zweispurige
Hauptstraße mit Gegenverkehr (siehe Kapitel 3.3. Der Ring ist zweispurig?). So muss man
beispielsweise von der Demminer Straße kommend, nicht mehr um den gesamten Ring
fahren, sondern kann direkt das Rathaus erreichen. Die Bushaltestellen bleiben an dem
bisherigen Standort, werden aber neu gebaut und modernisiert. Die Große Krauthöferstraße
31
im Osten gibt dabei ihre Haupterschließungsbedeutung ab, bleibt jedoch trotzdem als
Erschließungsstraße erhalten.
Die Parkplätze neben dem Imbiss und die Tiefgarage sind weiterhin nur ihrerseits erreichbar,
genauso wie der neu gegliederte Parkplatz gegenüber (siehe Kapitel 3.2.1.2. Parkflächen).
Weitere Wege, wie die verlängerte Katharinenstraße, wurden im Zuge der Neuplanung, für
Autos geschlossen, da der Fußgängerverkehr unterstützt werden soll. Der direkte Vorplatz
des Rathauses wird nicht mehr durch private PKW befahrbar sein. Nur für Lieferverkehr,
Krankenwagen, Polizei und Feuerwehr wird der Platz über die Große Krauthöferstraße
erschließbar sein. Die Parkflächen vor dem Haus werden an anderer Stelle ausgeglichen
(siehe Kapitel 3.2.1.2. Parkflächen).
Fußläufig bleibt die Turmstraße die Haupterschließungsader. Die Sichtachse wird durch
zwei Linden am Ende der Turmstraße unterstützt und der Fußverkehr wird direkt auf das
Rathaus gelenkt (siehe Kapitel 3.2.1.6. Sichtachsen). Durch Ampeln bleibt die Überquerung
des Rings an dieser Stelle weiterhin sichergestellt. Der Platz wird aufgrund der neuen
Gebäude verkleinert, ist für Fußgänger und Fahrradfahrer trotz allem weitläufig genug
ausgedehnt. Das Gelände wirkt durch die Arkaden dazu optisch noch größer. Der Hauptweg
auf das Rathaus wird durch vier Bäume, durch die knapp sechzehn Meter breite Schneise
zwischen den neuen Bauwerken, visuell gelenkt. Der gesamte Platz bleibt für Fußgänger und
Fahrradfahrer von jeder Seite erschließbar und wird, wie im Plan Nummer 2 Planung
erkennbar, teilweise ausgebessert.
Der gehemmte Autoverkehr auf der Fläche sorgt für erhöhte Sicherheit. Die verlängerte
Katharinenstraße, die nur noch fußläufig oder durch das Fahrrad begeh- beziehungsweise
befahrbar ist, gibt durch die Baumreihen einen intimen Weg zum Ring frei, wenn man das
Rathaus umgehen möchte. Das war vorher in dieser Form, unter anderem durch die PKW,
nicht möglich.
3.2.1.2. Parkierungsflächen
Im Zuge der Neuplanung des Rathausplatzes werden auch neue Parkierungsflächen
eingerichtet. Durch die Verkleinerung des Verkehrsrings auf zwei Spuren (siehe Kapitel 3.3.
Der Ring ist zweispurig?) entstehen sechsunddreißig neue Längssstellflächen parallel zum
Rathaus am Friedrich- Engels- Ring. Je zwei Parktaschen werden von insgesamt
einundzwanzig Winterlinden unterteilt, um eine optische Abgrenzung seitens des
Rathausplatzes zu haben und gleichzeitig ein schattiges Parken zu gewährleisten.
32
Der auf der östlichen Seite des Rathauses befindliche, formlose Parkplatz wird im Zuge der
Neuplanung neu strukturiert, vergrößert und durch eine Asphaltdecke befestigt. Die
vorhandene Einfahrt bleibt bestehen und wird durch dreiundzwanzig schräggestellten
Parknischen und acht Längsparkplätzen unterteilt. Sieben Winterlinden geben dem Platz das
nötige Grün, um einen schattiges Abstellen der Fahrzeuge sicherzustellen.
Ein neuer Parkierungsstreifen ist in der Großen Krauthöferstraße mit zwölf
Längsparktaschen vorgesehen. Auch hier werden die Parkplätze paarweise von insgesamt
sieben Winterlinden unterteilt.
Die gegenwärtigen Abstellmöglichkeiten am Südflügel bleiben in ihrer groben Form
bestehen, werden aber im Zuge der neuen Pflasterung in einundzwanzig neue Nischen
gegliedert. Zusätzlich werden diese durch eine Hainbuchenhecke eingefriedet, um den Blick
einerseits von den parkenden Autos abzuschirmen, andererseits um der Fläche eine
abschließende Form zu geben.
Die vorhandenen Flächen neben dem Imbiss bleiben in ihrer Gestalt bestehen, ebenso die
Tiefgarage. Damit entstehen zusätzlich einhundert neue Parkplätze rund um das Rathaus.
3.2.1.3. Neue Gebäude
Zwei neue Gebäude sind Hauptbestandteil der neuen Planung des Vorplatzes. Sie betonen
das Rathaus in seiner bestehenden Form und passen sich dem Rathausgebäude optisch und
der Umgebung städtebaulich an. Sie reihen sich dem Ursprungsverlauf des Verkehrsrings
ein und geben ihm eine beständige Achse. Als Orientierungspunkt diente die ursprüngliche
Löwenvilla. Die Gebäudeanordnung unterstützt die Schalldämmung für dahinterliegende
Gebäude.
Die dreigeschossigen Gebäude beinhalten im Untergeschoss Gewerbe in Form von
Einzelhandel. Geplant sind unter anderem ein Spätkauf, ein exotischer Markt, Boutiquen,
Bars und Streetfoodgeschäfte (weiteres siehe Pläne Nummer 3 bis 6).
In den ersten und zweiten Stöcken sind Büroräume geplant, um dem Rathaus als
Verwaltungsgebäude für den Kreis mehr Platz zu schaffen und um verschiedene Ämter
unterzubringen.
Durch künstliches Licht, unterschiedliche Raumbedingungen durch die Klimaanlage, Lärm
und optische Überreizungen durch den Computer sollen die Terrassen den Mitarbeitern als
Erholungsort für Arbeitspausen dienen.
33
Das verglaste Obergeschoss wird für Freizeitangebote vorbehalten sein. Überlegenswert
wäre hier eine Tagesdisko mit nichtalkoholischen Getränken, vielleicht in Kombination mit
einer Smoothiebar.
Die Fassade soll ein wichtiges Vermittlungs- und Verbindungsglied zwischen Gebäude und
Rathaus, aber auch zur Straße sein.
„Nur ein Haus, dass sich der Straße zuwendet, kann ein Gesicht (frz. façe), eine façade haben.“ [FESTER/
KRAFT/ METZNER 1983: 115]
Die Schauseite soll in ihrer Gestaltung die konkrete Nutzung darstellen. Dabei geht es um
die einladende Gestaltung der Eingangsbereiche durch große Schaufenster, Auslagen oder
Sitzmöglichkeiten. Außerdem soll sie den gesellschaftlichen Status symbolisieren und
repräsentieren. Wenn die Zuwendung der Häuser zur Straße dieser erst ihren öffentlichen
Charakter verleiht, so müssen die Gebäude selber ihr „Gesicht“ nach außen hin kenntlich
machen. Dabei wird zwischen Erdgeschoss (Eingangsbereich) und den Obergeschossen
(Büroräume) unterschieden [FESTER/ KRAFT/ METZNER 1983: 116].
Hierbei werden zwei Varianten der Fassadengestaltung vorgestellt.
Gebäude 1/ Variante A
Siehe dazu Plan Nummer 3/ Gebäude No 1/ Variante A
Das Gebäude 1 ist mit seinen einundsiebzig Meter Länge das größere der beiden neuen
Häuser. Es wird durch drei komplette Durchgänge in vier Teilabschnitte unterteilt. Die
Fassade hat einen modernen, der Bauweise des frühen siebziger Jahre verpflichteten Stils.
Das verglaste Erdgeschoss ist zwei Meter zurückgesetzt und mit schlanken, schnörkellosen
Sichtbetonsäulen
ausgestattet,
sodass
eine
Arkade
entsteht.
Diese
sogenannte
„Flanierfläche“ bietet in ihrer Größe das genaue Nähe- Distanz- Verhältnis zu den
Geschäften und hilft potentiellen Kunden schneller über die Schwelle, sozusagen als
Vorzone, als kleinere Geschäfte, die mehr mit ihrem Schaufenster arbeiten müssen [vgl.
FESTER/ KRAFT/ METZNER 1983: 126].
34
Wie oben schon genannt, ist das Erdgeschoss mit vielen kleinen Geschäften belegt. Gesucht
wurden großstädtliche Läden, die Neubrandenburg gewerblich weiter bringen und wo große
Nachfrage besteht. Neben einem Naturkosmetikgeschäft und einem Weltladen, die es in
Neubrandenburg noch nicht gibt, sollen aber auch Ketten einziehen, wie beispielsweise
Dunkin‘ Donuts. Auch ein Spätkauf, wie diese in Großstädten zu finden ist, soll hier seinen
Einzug finden, wo man auch noch nachts kleine Einkäufe in Form von Getränken oder
Tabakwaren besorgen kann. Durch den Anstieg von Vegetariern und Veganer in den letzten
Jahren, sollte Neubrandenburg auch dort ein Angebot bringen, mein Vorschlag wäre ein
Schnellrestaurant mit veganem Streetfood. Auch für Nichtveganer ein Trend, den man
ausprobieren kann und der besonders junge Menschen anspricht, gerade im medialen
Zeitalter, wo nicht nur Freunde oder Katzen auf Bildern posieren, sondern auch
Lebensmittel. Neben diesen gibt es auch noch mehrere Aufzüge, sanitäre Anlagen und eine
Information.
Das erste und zweite Obergeschoss ist ebenfalls verglast und mit einem türkisblauen
Außenrahmen und einem cremefarbenen Innenrahmen eingefasst. Die Durchgänge vom
Erdgeschoss werden auch in diesen Etagen aufgenommen und fungieren als Durchgang
zwischen den Büros. Auch diese sind verglast. Am Erweiterungsbau befindet sich im ersten
Geschoss eine überdachte Terrasse mit weiteren Säulen und einer Erhöhung des Bodens als
Sicherung. An der Südseite des Gebäudes (Seite b) sind im ersten OG künstlerisch gestaltete
Platten angebracht, die Menschen in verschiedenen Tätigkeiten zeigen.
Das dritte Geschoss ist zweigeteilt, der Durchgang ist nach oben hin offen und wird durch
ein neunzig Zentimeter hohes, verglastes Geländer mit Rundhandlauf aus Edelstahl
eingezäunt. Auch hier befindet sich auf dem Anbau eine weitere Terrasse, die ebenfalls mit
einem Glasgeländer abgesichert wird. Die Flachdächer der beiden Bauten sind mit
extensiver Dachbegrünung gestaltet.
Gebäude 1/ Variante B
Siehe dazu Plan Nummer 4/ Gebäude No 1/ Variante B
Die Variante B unterscheidet sich von der Variante A nur in der Fassadengestaltung. Hierbei
fließen klassische Elemente mit ein, um den Platz deutlich von der umliegenden Bebauung
hervorzuheben. Die Sichtbetonsäulen in den einzelnen Geschossen sind hier mit einfachen
pastellfarbenen Sockeln und Kapitellen gestaltet. Die Fassade hat eine zurückhaltende
35
Farbkombination aus cremigem gelb und kräftigerem pastellfarbenem altrosa. Auf die
Dachbegrünung im Obergeschoss wird in dieser Variante verzichtet und durch zwei
eindrucksvolle Walmdächer ersetzt, die das Gebäude zusätzlich um einen Meter erhöhen.
Durch die Glasfronten gliedert sich das Bauwerk dennoch in die Rathauspassage ein und
nimmt die Formen des Rathauses auf.
Gebäude 2/ Variante A
Siehe dazu Plan Nummer 5/ Gebäude No 2/ Variante A
Das zweite, fünfundvierzig Meter lange Gebäude ist ähnlich aufgebaut wie das Gebäude 1.
Aufgrund seiner Größe ist dieses durchgängig und ohne Unterteilung, aufgebaut. Im
Erdgeschoss finden auch hier kleine Einzelhandelsgeschäfte ihren Platz, darunter ein
Frischobstmarkt, ein Teeladen und ein Geschäft mit Secondhandkleidung. Der alternative
Lebensstil soll nicht nur den Großstädten vorbehalten sein, Neubrandenburg sollte auch
seinen Bürgern eine Möglichkeit des Fairtradekonsums bieten.
Hier befinden sich ebenfalls neben Aufzügen und Treppen auch sanitäre Anlagen.
Wieder schmücken schlanke Säulen im Fünfmeterabstand die Vorzonen der Geschäfte. Die
Fassade ist mit türkisblauen und cremefarbenen Tönen gestaltet. Die Fensterfront im ersten
und zweiten Geschoss ist durchgängig geschlossen. Wie auch beim Gebäude 1 befindet sich
im Anbau des ersten Geschosses eine halboffene Terrasse mit Säulen, im zweiten Geschoss
die nach oben hin offene zweite Terrasse mit Glasgeländer. Die Flachdächer sind auch hier
mit extensiver Dachbegrünung versehen.
Anders als beim Gebäude 1 ist der Zugang im Hofbereich durch eine auffallende,
behindertengerechte Rampe gegeben, durch die man in den ersten Stock gelangt (mehr
dazu siehe Kapitel 3.2.1.4. Rampe)
Gebäude 2/ Variante B
Siehe dazu Plan Nummer 6/ Gebäude No 2/ Variante B
Die Variante B dient der optischen Anpassung an das Gebäude 1 in dieser Variante.
Mithilfe der Gebäude soll auch das Leben außerhalb belebt werden. Durch die verschiedenen
Bars und nächtlich offenen Geschäften wird das auch Nachtleben auf der Straße angekurbelt.
36
Mithilfe der Arkaden bildet sich eine Vorzone vor den Geschäften, wo man sich mit Stühlen
und kleinen Tischen oder auch im Stehen aufhalten kann, wobei der Bezug zur Straße
ebenfalls hergestellt wird. Außerdem wird die Arkadensituation vom Stadtringtreff
aufgenommen.
Die Zugänglichkeit soll für jeden gewährleistet und kenntlich sein. Ohne dies entsteht ein
Verunsicherungsverhalten bei den Menschen und die Gebrauchsfähigkeit des Raumes leidet.
Die Fläche zwischen Rathaus und neuen Gebäuden wird miteinbezogen, wobei das Prinzip
„weniger ist mehr“ gilt: der Raum bekommt neue Aufenthaltsqualität und sichert freies
Gehen ohne Hindernisse. Durch die relativ niedrige Höhe entsteht aber keine Konkurrenz
zum Rathaus, es wird vielmehr durch die städtebaulichen Achsen und Aufenthaltsqualität
hervorgehoben.
Die Wartehäuschen der Bushaltestelle direkt vor dem Gebäude 1 wird im Zuge der
Neuplanung ebenfalls neu gebaut. Hierbei wird eine verglaste Wartestation, die an den
Seiten abgeschirmt und nach vorne hin offen ist und einen freigehaltenen Durchgang zum
Rathaus aufweist, mit einem Pultdach überdacht. Die Stahlstreben werden dem jeweiligen
Stil des Gebäudes farblich angepasst.
Abbildung 42 Neue Wartehäuser
3.2.1.4. Rampe
Durch die Rampe am Gebäude 2 erreicht man die Terrasse im ersten Stock des Gebäudes
und kann von dort aus ins Haus gelangen. Sie hat eine Gesamtlänge von 22,50 Metern, eine
Gesamtbreite von 7,50 Metern und eine Gesamthöhe von 3,86 Metern. Sie ist in zwölf
Rampenabschnitte und dreizehn Zwischenpodesten unterteilt. Die begeh- und befahrbaren
37
Flächen mit Längsgefälle haben eine Breite von 1,50 Metern mit 0,10 Metern Radabweiser.
Die Bewegungsflächen am Anfang und Ende der Rampe haben eine Größe von 1,50 mal
1,50 beziehungsweise in den Wendungen 1,5 mal 3,00 Metern.
Diese sind barrierefrei gestaltet; sechs Prozent Steigung auf sechs Metern, sodass auch
Rollstuhlfahrer die Rampe hinauffahren können. Der letzte Abschnitt hat als Übergang nur
eine Steigung von drei Prozent [nach DIN 18040-1].
Abbildung 43 Rampe Aufsicht
Abbildung 44 Rampe Ansicht
Die Rampe ist unterhalb begehbar und bietet Platz, den Abfall der Geschäfte vom Müllraum
hinauszustellen, damit der Müllwagen diesen abholen kann. Die Tür dessen befindet sich
direkt unter dem Bau (siehe Grundriss auf Plan Nummer 5 Gebäude 2/ Variante A).
Wie auch bei den neuen Gebäuden, gibt es auch für die Rampe zwei Variationen, je passend
zum jeweiligen Stil des dazugehörigen Gebäudes.
38
Variante A
Siehe dazu Plan Nummer 5/ Gebäude No 2/ Variante A
Passend zum Stil des Gebäudes 2 sollte die Rampe ein modernes Aussehen haben und ein
„echter Hingucker“ sein, aber darf gleichzeitig das Gebäude nicht erdrücken. Die Rampe ist
aus Betonfertigteilen gefertigt, verputzt und passend zum Gebäude türkisblau angestrichen.
Die Trittfläche ist aufgeraut, damit der Halt, gerade für die Rollstuhlfahrer gesichert ist.
Dazu kommt ein Radabweiser von 0,10 Metern. Das 0,90 Meter hohe Geländer besteht aus
Plexiglas, das fünfteilig an sechs Stahlstreben pro Rampenlauf befestigt ist. Die Stahlstreben
haben einen Durchmesser von 0,06 Metern und sind mit einem Handlauf aus Rundstahl mit
einem Durchmesser von 0,09 Metern versehen. Der Handlauf beginnt 0,30 Meter vor dem
Beginn der Rampe. Der Abstand der Streben beträgt 1,20 Meter pro Rampenlauf. Die Rampe
steht ab der dritten Bahn auf 0,15 Meter breiten und runden Betonstützen mit einem
jeweiligen Abstand von 1,35 Metern. Die Rampenläufe haben ab hier eine Dicke von 0,36
Metern inklusive Radabweisern.
Die Auskragung der Rampe steht auf vier
Stützen, die eine Lackierung im gleichen
Farbton wie der Putz hat, um sie optisch
hervorzuheben, da diese Stützen die einzigen
sind, die frei sichtbar vom Rathausplatz sind.
Abbildung 45 Auskragung Variante A
Variante B
Siehe dazu Plan Nummer 6/ Gebäude No 2/ Variante B
Auch in der Variante B besteht die Rampe aus Betonfertigteilen, ist ebenfalls verputzt und
nimmt einen pastelligen Sandton, opportun zum Gebäude, an. Die Trittfläche ist wie beim
39
vorherigen Modell ebenfalls aufgeraut und mit einem Radabweiser versehen. Das 0,9 Meter
hohe Geländer ist im Gegensatz zur Variante A komplett mit Stahlstreben verbaut. An einem
Abschnitt, die jeweils ebenfalls 1,20 Meter entfernt angeordnet sind, befinden sich sieben
Stahlstreben, welche in die Stützstreben mit 0,10 Meter Abstand hineingesteckt werden. Pro
Länge sind fünf Abschnitte angeordnet. Die Stützstreben haben einen Durchmesser von 0,06
Metern und sind mit einem durchlaufenden Handlauf aus Rundstahl mit einem Durchmesser
von 0,09 Metern abgedeckt. Auch hier steht die Rampe steht ab der dritten Bahn auf 0,15
Meter breiten und runden Betonstützen mit einem jeweiligen Abstand von 1,35 Metern.
Auch die Rampenläufe sind hier 0,36 Meter dick.
Die Stützpfeiler der Verlängerung der Rampe
zwischen 2,88 und 3,32 Meter Höhe sollen hier
von immergünen Kriechspindeln (Euonymus
fortunei var. radicans) berankt werden. Hierbei
werden Aussparungen am Boden gelassen und
mit Erde gefüllt um den Pflanzen genug Platz
zum Wachsen zu bieten.
Abbildung 46 Auskragung Variante B
3.2.1.5. Bepflanzung
Das Grün spielt seit dem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle im Stadtbild. Durch die
Öffnung der Städte durchbrach man die Grenze zwischen Siedlungsfläche und Landschaft.
Wegen der unhygienischen Umstände zur damaligen Zeit, wurden Bepflanzungen sogar als
therapeutische Flächen angesehen und geschätzt. Und auch noch heute ist es so: Frisches
Grün in der Stadt gibt einem heute noch das Scheinbild eines Erholungsortes der
gesundheitsorientierten Gesellschaft zwischen Autoverkehr, Betonbauten und technischfunktionalen Raum. Es spiegelt die Bedürfnisse und Wertevorstellungen der Bevölkerung
wider, gerade in Zeiten des Klimawandels, wo Luftfilterung und –befeuchtung sowie
Abkühlung eine wichtige Rolle spielen. Die Bepflanzung gibt einem Platz ein
dreidimensionales Bild und wertet ihn mittels seines frischen Grüns ihn nicht nur optisch,
40
sondern auch funktional auf, sei es als Abgrenzung oder Trennung von Straße und Stadtraum
oder
als
abwechslungsreiches
Gestaltungselement.
Gerade
Bäume
prägen
das
Erscheinungsbild eines Ortes immens und unterstützen die ästhetische Wirkung, die lokale
Baukultur und die Eröffnung neuer Nutzungsmöglichkeiten, wie das Spielen oder Verweilen
an einem Ort [vgl. BMUB 2015: 24].
Auch auf dem neugeplanten Rathausplatz darf das Grün nicht fehlen: Insgesamt
zweiundsiebzig neue Bäume, im Plan Nummer 2 Planung farbig dargestellt, darunter vier
Ginkgos, sechs Formschnittbäume und zweiundsechzig Linden sowie eine Hecke
schmücken den neuen Platz. Davon stehen, wie bereits genannt, einundzwanzig
Winterlinden (Tilia cordata) parallel zum Friedrich- Engels- Ring, um den Parkflächen eine
Form zu geben und um eine durchlässige Begrenzung zur Straße seitens des Walles zu
schaffen. Auch sensorisch betrachtet ist die Bepflanzung an sich zwar keine
verkehrsberuhigende Maßnahme, wird aber aufgrund ihrer gestalterischen und ökologischen
Wirkung meist als kompensatorisches Element eingesetzt [vgl. HEINZ/ SCHMIDT 1992:
75]. Dieselbe Funktion üben die sieben Winterlinden an der Großen Krauthöferstraße,
östlich des Rathauses, aus. Weitere sieben Winterlinden befinden sich auf dem
neustrukturierten Parkplatz, um die reine Funktionalität der Fläche etwas abzuschwächen.
Durch kleinere Rasenflächen wird das Grün unterstützt. Die zwei neu angelegten
Baumreihen, die fast einer Allee gleichen, südlich des Rathauses, zwischen den Banken und
Verwaltungsgebäude, geben dem vorhanden Weg von der Katharinenstraße auf den
Friedrich- Engels- Ring überhaupt eine Struktur. Vorher wirkte der Weg eher platzartig und
weitläufig. Durch die Abgrenzung wird man nicht nur geführt, man erhält auch einen freien
Blick auf das Neue Tor. Des Weiteren erhält das Rathaus einen Rahmen auf der Südseite
und eine, wenn auch beabsichtigt durchlässige, optische Abgrenzung zu den Banken.
Außerdem wird unbefugtes Halten der Autos durch die Baumreihen unterbunden. Eine
Hainbuchenhecke (Carpinus betulus) säumt die Parkplätze der Südseite ein, um ihnen eine
Einfassung zu geben und die parkenden Autos optisch zu kaschieren. Je drei
Formschnittbäume zu Seiten der neuen Gebäude verlängern den Anbau der Häuser und
unterstützen die Platzatmosphäre zwischen Rathaus und den neuen Bauwerken. Inmitten des
Platzes sind vier Ginkgobäume (Ginkgo biloba) zu den Ecken der neuen Gebäude drapiert,
die, vom Rathauseingang, die Sicht auf die Platanenallee der Turmstraße unterstreichen und
als vertikale Elemente den drei langgestreckten Häusern entgegenstehen. In der
Querschnittsaufteilung wird dadurch die gebäudebezogene Fläche besonders betont, wobei
die Gebäude als primäres Element bleiben, da sonst die Orientierung und Übersicht als
41
Raumeinheit verloren ginge [vgl. HEINZ/ SCHMIDT 1992: 41]. Die verbleibenden acht
Linden rahmen die neue Villa neben der Sparkasse ein. Möglicherweise findet hier ein
gemütliches Restaurant Einzug. Hierbei nehmen die Bäume die Achse der bestehenden
Baumreihe vom Parkplatz neben dem Imbiss auf und unterstreichen die Ringführung.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine Überfüllung in Form von Bäumen oder
Sträuchern stattfindet. Der Straßenraum soll überschaubar bleiben und durch die
Bepflanzung einen Beitrag zur Stadtidentität leisten, aber nicht primär im Vordergrund
stehen. Da die Tendenz zur Überpflanzung in vielen Gebieten vorherrscht, wird hier die
Bepflanzung den besonderen Gegebenheiten (Eingrenzung, Abschirmung, Begleitgrün)
angepasst [vgl. HEINZ/ SCHMIDT 1992: 74, 75].
3.2.1.6. Sichtachsen
Die Betonung der Achsen auf die Hauptmerkmale in der Umgebung war in der Planung
grundlegendes Element. So wird durch den Standort der Gebäude und die neugepflanzten
Ginkgos die Sicht auf die Turmstraße besonders deutlich. Durch die Neustrukturierung des
vorher herrschenden Durcheinanders wird eine optische Schneise zwischen Rathaus und
Turmstraße gebildet. Die Gebäude schirmen den Blick in eine andere Richtung ab, welches
durch die hohen Bäume noch unterstützt wird. Durch die Bepflanzung entlang des FriedrichEngels- Rings entsteht eine zusätzliche visuelle Grünbarriere, die jedoch Raum auf der Höhe
der Turmstraße lässt, um diese noch farblich zusätzlich hervorzuheben.
Der Weg zwischen Katharinenstraße und Neuem Tor wurde mit zwei Baumreihen aus
Winterlinden, fast einer Allee ähnlich, umsäumt. Herausfordernd wurde hierbei die korrekte
Anpassung an das Parkhaus, um eine gerade Achse zu erzielen. Der bestehende Weg wurde
auf sechs Meter reduziert, neu umfasst und mit Kopfsteinpflaster ausgelegt um die
Beziehung zur Neutorstraße zu unterstreichen. Von der Katharinenstraße genießt man nun
einen direkten Blick auf das Neue Tor. Die Platzsituation wird neu gegliedert, man kann
geradewegs auf die Neutorstraße zugehen, hat aber immer noch die Möglichkeit, zu allen
Seiten des Rathausvorplatzes zu gelangen, da die Begrenzung durch die Baumreihen offen
gelassen wird. Außerdem werden die bestehenden Bepflanzungen bei den Banken optisch
aufgenommen, sodass sich auch diese Gegebenheiten sichtlich eingliedern.
42
3.2.1.7. Bodenbelag
Vor allem im Sinne der Sicherheit der Bürger wird in der Neuplanung auch der Bodenbelag
ausgetauscht. Die großen, teilweise defekten Betonsteinplatten direkt vor dem
Rathausgebäude, werden durch kleinere, rot eingefärbte sowie anthrazitfarbene Betonsteine
(10/10/8 beziehungsweise 5/5/5) ausgetauscht. Durch das
Verlegemuster entsteht der Eindruck von großen Platten,
fast einem Teppich, die nun den Vorplatz zwischen
Rathaus und den zwei neuen Gebäuden schmücken. Es soll
das Gefühl eines großen Wohnzimmers vermittelt werden,
in dem man gerne verweilt. Der Belag sollte nicht zu
schwer oder zu grob wirken und sich der städtebaulichen
Umgebung anpassen. Die Farben wurden weder zu grell
Abbildung 47 Verlegemuster
noch zu dunkel gewählt und wirken grobmaßstäblich aber
auch nicht zu fein. Somit erfolgt eine Zonierung des Straßenraums in unterschiedliche
Funktionsbereiche um Störungen zu vermindern. Der Übergang soll gestalterisch nicht zu
drastisch sondern fließend geschehen, insbesondere, wenn Gebäude involviert sind [vgl.
HEINZ/ SCHMIDT 1992: 49, 57]. Aussparungen für die Bäume werden dabei in Kreisform
gelassen und mit Erde ausgefüllt. Es soll keine Unterteilung von Rad- und Gehweg erfolgen,
da der Platz als Platz gesehen und frei begehbar werden soll. Die Proportionen des Platzes
sind eher großzügig als eng gewählt, um die Flanierflächen zu kennzeichnen. Die
Konstruktion wird so stark ausgelegt, dass auch die Feuerwehr, Krankwagen und Polizei
sowie Lieferverkehr keinen Schaden anrichten können.
Die weitere, nicht befahrbare Fläche wird komplett mit cremefarbenem Betonsteinpflaster
(10/6/6) ausgelegt. Dazu gehören auch die Fläche der Banken auf der Südseite und der Platz
nördlich zwischen Woldegker Straße und Stadtringtreff. Zusammengehörige städtebauliche
Abschnitte brauchen eine einheitliche Oberflächenstruktur, insofern sie dann auch baulich
begründet sind und in den Gesamtzusammenhang passen.
Der nördliche Abschnitt zwischen Rathaus und Parkplatz bleibt mit seinem grauen
Kleinsteinpflaster so bestehen, wie auch der asphaltierte Parkplatz über der Tiefgarage. Der
neu strukturierte Parkplatz auf der Nordseite wird dem gegenüberliegenden im Bodenbelag
angepasst und ebenfalls asphaltiert. Der südlich gelegene Parkplatz am Rathaus wird der
gegenüberliegenden Seite optisch angepasst und mit demselben grauen Kleinsteinpflaster
ausgebessert.
43
Die verlängerte Katharinenstraße soll auch optisch die Verbindung zur Neutorstraße und vor
allem zum Neuen Tor bekommen. Dafür wird der sechs Meter breite Weg mit
Kopfsteinpflaster ausgestattet und mit Borden eingefasst. Damit ist das Problem der
Mischflächensituation aufgehoben. Das vorherige Areal erhöhte zwar aufgrund des
Flächenangebots die Nutzungsmöglichkeiten, führte aber zur gestalterisch unerwünschten
Ausweitung der befahrbaren Flächen. Mischnutzung ist nicht mit der Mischfläche als
solches gleichzusetzen [vgl. HEINZ/ SCHMIDT 1992: 47].
Die Gehwege von der Großen Krauthöferstraße abgehend, also auf die beiden Parkplätze
nördlich sowieso südlich des Rathauses führend, sind durch Hochborde eingefasst und liegen
erhöht, um diese als feste Wege für Fußgänger zu kennzeichnen und sie als Nutzungsbereich
zu definieren. Des Weiteren geben sie der Fläche eine Struktur (siehe Plan Nummer 9
Schnitte).
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Variation in Farbe, Größe, Material und deren
Kombinationen
Nutzungsbereiche
eine
Oberfläche
dennoch
klar
ergeben
und
hervorgehen.
Der
zusammenspielen,
wobei
die
Materialwechsel
betont
den
Funktionswechsel oder die Grenzen in einem zusammenhängenden Gebiet. Unterschiedlich
starke Wechsel werden in einer Symbolhierarchie bestenfalls aufeinander abgestimmt um
verschieden starke funktionale oder städtebauliche Wechsel zu verdeutlichen. Dabei ist eine
sanfte Separation im Sinne von fließenden Übergängen sehr wichtig ist [vgl. HEINZ/
SCHMIDT 1992: 51, 54; FESTER/ KRAFT/ METZNER 1983: 142]. Fußgänger, Rad- und
Autofahrer nehmen ihre Umgebung ganz unterschiedlich wahr. Die Fußgänger benötigen
aufgrund ihrer Fortbewegungsgeschwindigkeit viele unterschiedliche Oberflächen in
Material, Farbe, Struktur und Textur wahr. Radfahrer hingegen brauchen eher glatte Flächen,
nehmen aber im Gegensatz zum Autofahrer besser ihre Umgebung wahr. Autofahrer
erkennen nur Farbe und Helligkeit der Oberflächen, weswegen ein gut gestalterisches
Gesamtbild für alle Teilnehmer im Verkehr von Nöten ist, sich aber nur auf Stellen
beschränkt, die sie rechtfertigen [vgl. HEINZ/ SCHMIDT 1992: 53].
3.2.1.8. Entwässerung
Der Platz zwischen Rathaus und den neuen Gebäuden wird durch insgesamt zwölf
Schlitzrinnen entwässert. Zwei davon liegen quer zwischen Gebäude 1 und 2. Die Rinnen
haben jeweils eine Länge von zwölf Metern und einen Abstand zueinander von jeweils
44
einem Meter. Durch ein Gefälle von zwei Prozent wird das Wasser vom Platz zur Rinne
abtransportiert. Eingebaut werden hierbei „City Drain 100“ Schlitzrinnen, die zwischen den
Steinen gelegt werden und frostsicher verbaut sind (siehe Plan Nummer 8 Entwässerung).
Weiterhin werden je zwei Kastenrinnen à fünfundvierzig beziehungsweise einundsiebzig
Metern entlang der Gebäude 1 und 2 verlegt, um den Fußweg zwischen Verkehrsring und
den Gebäuden zu entwässern. Auch hier wird mit zwei Prozent Gefälle das Wasser
abgeleitet. Die Kastenrinnen bestehen aus einem zehn Zentimeter breiten Einlaufrost aus
Edelstahl, aufliegend auf einer Betonfassung und einem Auflager, das ebenfalls frostsicher
verbaut wird. Seitlich der neuen Gebäude wird der Platz mittels vier punktueller Abläufe mit
muldenförmigen Aufsatz entwässert.
3.2.1.9. Beleuchtung
Inspiriert durch die Straßenbeleuchtung vieler Großstädte, wie München, sollen auch auf
unserem Platz Hängeleuchten in Form von Lampions für das nötige Licht in der Nacht
sorgen (Siehe Plan Nummer 7 Beleuchtung). Vierzig Exemplare mit vier Meter Abstand
voneinander hängen an Befestigungen in fünf Meter Höhe zwischen Gebäude1
beziehungsweise Gebäude 2 und Rathaus.
Der Abstand der Leuchten beträgt zehn Meter und der Abstand der Gebäude liegt zwischen
zwanzig und einundzwanzig Metern. Die Lampions sind mit LED- Birnen versehen.
Diese Hängeleuchten haben noch eine weitere Funktion: Sie vermitteln das Scheinbild einer
Überdachung auf dem neuen, belebten Platz und laden auch nachts zum Verweilen in einem
gemütlichen Ambiente ein. Eine angepasste Ausstattung ist gerade in der Städteplanung sehr
wichtig: jedes einzelne Element beeinflusst die Raumwirkung, ganz egal wie klein diese
sind. Die Raumproportionen müssen hierbei unbedingt beachtet werden, da die Ausstattung
oft erdrückend erscheinen kann. Das Gefühl des
Freiraums kann für den Fußgänger verloren gehen,
beispielsweise, wenn die Beleuchtung mitten auf
dem Gehweg platziert wurde oder zu nah an der
Fassade steht. Die geplanten Leuchten geben dem
Platz einen sehr hohen Wiedererkennungswert, die
dem Bereich unverwechselbar macht und zur
örtlichen
Abbildung 48 Lampion
Orientierung
beiträgt
SCHMIDT 1992: 79, 87, 132].
45
[vgl.
HEINZ/
3.2.2. Wieso eigentlich städtebaulich?
„Eine Stadt ist niemals fertig; sie ist beständig nur in ihrem Wandel, der im historischen Sinne nicht zufällig
ist, sondern das Resultat der auf die Stadt wirkenden, sie formenden gesellschaftlichen Kräften“ [REIß-
SCHMIDT/ ZWOCH 1991: 33]
Wie in vorherigen Kapiteln schon erwähnt, haben Städte oder Teile von Städten besonders
durch die Industrialisierung ihren historischen Charme verloren. Große Plätze wurden in
der Vergangenheit verkleinert und bebaut und haben ihre eigentliche Funktionalität verloren.
Das Neubrandenburger Rathaus wurde nicht einmal mehr an seinem ursprünglichen Platz
wieder aufgebaut. An seiner Stelle steht nun das Martkplatzcenter. Quellen zufolge war der
Markplatz zu klein für den Wiederaufbau eines Rathauses in seiner jetzt notwendigen Größe.
Städte verändern sich, es ist nun die Aufgabe des Stadtplaners, nützliche, funktionale und
schlüssige Räume zu schaffen.
Das neue Rathaus wurde nur zweckgemäß an anderer Stelle errichtet. Alle
Versorgungsleitungen waren damals vorhanden, sodass der Bau schnell vonstattengehen
konnte. Eine pompöse Gestaltung des Rathausplatzes gab es allerdings nie.
Der Standort des Rathausgebäudes wurde seinerzeit so gewählt, dass der Haupteingang auf
der Achse der Turmstraße liegt, in der Verlängerung des zentralen Platzes, auf dem das alte
Rathaus gestanden hat. Vermeintlich liegt es außerhalb des Stadtkernes.
Aber ändert man die Sichtweise, so kann man den Marktplatz und die Turmstraße mit dem
Ende des Rathauses als ganze Einheit sehen. So lockert man den Stadtkern mit samt seines
Verkehres auf und gibt ihm neue Freiräume. Das verschafft eine deutliche
Qualitätssteigerung für den gesamten städtischen Raum. Die Problematik besteht darin, dass
das Rathaus in seiner jetzigen Form nicht besonders attraktiv für die Bürger ist. Man geht
hin, wenn man muss, aber nicht, um sich weiter dort zwischen Bauklötzen und demolierten
Betonsteinplatten aufzuhalten. Eine schwache Lage und schlechte Bestände werden vom
Nachfrager ausgeschlossen [vgl. STEINIGER, M. 2010: 63]. Der ständige Wechsel der
Geschäfte in der Turmstraße bestätigt das.
Da das Rathaus immer noch eine wichtige Funktion in der Stadt hat, muss dieser Platz auch
dementsprechend gestaltet sein. Die Ausweitung des zentralen Platzes muss nicht nur
zweckgemäß sein, sondern ihm auch die Funktion des Aufenthaltes, des Flanierens und des
Treffens wiedergeben. Ein interessanter Punkt hierbei ist, dass das Rathaus von allen
46
Stadtlinienbussen angefahren wird, der Marktplatz an sich aber nicht. Damit ist schon eine
Grundlage geschaffen.
Durch die Neuplanung werden die Bürger durch zwei Neubauten angelockt, die durch ihr
Gewerbe ein neuer Anlaufpunkt in der Stadt sind. Somit wird auch die Turmstraße mehr
frequentiert und das Gewerbe gestärkt, da es am Ende der Straße ein „Ziel“ gibt. Dabei
stehen die neuen Gebäude aber nicht in Konkurrenz mit dem Marktplatzcenter, da das
Angebot der Geschäfte ein anderes ist, als es im Marktplatzcenter zu finden ist. Vielmehr
werden diese Gebäude miteinander verbunden. Des Weiteren wird die Katharinenstraße
durch die Betonung der Sichtachse ebenfalls mit einbezogen.
Durch die Verkleinerung des Ringes soll der Charakter der Stadtautobahn verloren gehen.
Das Gebiet wird weitestgehend ruhiger und attraktiver für die Bürger. Die Erschließung über
den Ring wird einfacher. Die neuen Gebäude liefern zudem eine neue alte Betonung der
Hauptstraße. Das Bild der ehemaligen Villenbebauung wird hierbei neu interpretiert: eine
dichte Bebauung rund um die Hauptverkehrsader. Die Orientierung wird zudem vereinfacht:
ein markanter Platz mit Wiedererkennungswert, einprägsame Gebäude und schnelles
Erreichen des Platzes. Minderwertige Mischflächen werden durch die neue Platzsituation
vermieden.
Weiterhin ist zu sagen, dass der direkte
Vorplatz
des
Rathauses
gewollt
abgeschlossen ist, der gesamte Platz aber
Planungen im Umfeld zulässt.
So kann man darüber nachdenken, das
„Latücht“ in die Planung miteinzubeziehen
und eine Sichtachse mit Hilfe einer
Baumreihe entlang dem Gebäude der
Deutschen Kreditbank entstehen zu lassen.
Dafür kann man ein neues Element
schaffen, wie beispielsweise einen Brunnen.
Eine weitere Sichtachse könnte auf die
Abbildung 49 Weiterführung der Planung
geplanten Gebäude auf dem Parkplatz neben dem „Latücht“ an der Großen Krauthöferstraße
führen. Eine Überlegung dazu wäre die Betonung der neuen Gebäude durch eine weitere
Baumreihe am Parkplatz, die mit einem Mahnmal oder einer Gedenktafel abschließt.
47
3.2.3. Das Rathaus zurück auf den Marktplatz?
Kritiker wünschen sich bis heute das Rathaus auf den Marktplatz zurück.
„Wie die Kirche ins Dorf, so gehört auf den Marktplatz ein repräsentatives Gebäude, ganz gleich, ob unter der
Bezeichnung Rathaus, Bürgerhaus oder noch anders- ganz einfach zum Nutzen und zur Zierde der Stadt“
[SCHULZ, H. 1993]
„Zum Nutzen und zur Zierde der Stadt“ sind keine Argumente, die die Stadt
Neubrandenburg dazu bringen, das Rathaus an seinen historischen Standort zu versetzen. Es
ist nachvollziehbar, dass die Bürger Neubrandenburgs sich das Rathaus auf den historischen
Platz zurück wünschen, doch weder hat die Stadt das Geld und die Mittel dazu, noch ist der
Marktplatz groß genug für den heutigen Gebrauch des Hauses. Durch die Kreisgebietsreform
werden mehr Räume gebraucht, als das ursprüngliche Rathaus in seiner Form hergeben
konnte. Auch die Argumente, die Michael Nötzel, Ratsherr, der Neubrandenburger Zeitung
2009 gegenüber diesbezüglich hervorbringt, sind veraltet. Seiner Meinung nach müsse das
Rathaus einige Plätze, wenn nicht sogar das gesamte Gebäude für das Landratsamt aufgrund
der Kreisgebietsreform frei räumen und bräuchte daher ein neues Gebäude. Sein Vorschlag
wäre gewesen, die Büros des Oberbürgermeisters und des Stadtpräsidenten im Haus der
Kultur und Bildung (HKB) unterzubringen. Darin befindet sich nun aber das kürzlich fertig
gestellte Medien- und Veranstaltungszentrum und bietet ebenfalls keinen Platz für die
Stadtverwaltung.
Nötzel merkt außerdem an, dass es denkbar wäre, das Gebäude der Stadtverwaltung
abzureißen [vgl. NÖTZEL, M. 2009]. Allerdings braucht die Stadt dann ebenfalls ein neues
Gebäude, in dem sich die Stadtverwaltung und das Landratsamt befindet, denn wie oben
schon erwähnt, ist ein Wiederaufbau des Rathauses auf dem Marktplatz in der benötigten
Größe unmöglich. Außerdem wäre der Aufbau zu teuer für die Stadt, die kaum die Kosten
der Sanierungen am heutigen Gebäude tragen kann.
Der Historiker Dr. Harry Schulz vertritt die Meinung, das Rathaus wieder an Ort und Stelle
aufzubauen und dazu die Fundamente bei Ausgrabungen freizulegen. Dies ist unmöglich, da
an der Stelle des alten Rathauses nun das Marktplatzcenter steht.
„Heute kann man Fehler aus der Vergangenheit zum Teil wieder gut machen.“ [SCHULZ, H. 1993]
48
Das Rathaus an heutiger Stelle erfüllt seinen Nutzen in jeglicher Hinsicht. Zwar ist das
Gebäude mit seinem Vorplatz gestalterisch nicht hochwertig, aber es werden Überlegungen
diesbezüglich angestellt. Im Laufe der Jahre hat sich gezeigt, dass sich das Rathaus am
jetzigen Standort am Friedrich- Engels- Ring seit sechsundzwanzig Jahren etabliert hat.. Der
Einzelhandel würde in der Turmstraße nicht so gut funktionieren wie jetzt. Mit dem Rathaus
am Ende der Turmstraße, haben die Menschen ein Ziel, um den sogenannten Boulevard zu
passieren. Außerdem sichert der Einzelhandel Geld und sichere Arbeitsplätze. Mit der
Verlängerung des zentralen Platzes, mit dem Rathaus als Endpunkt sind diese geschaffen.
Die Idee Schulz‘, mit einem Ratskeller an die Rathausgeschichte zu erinnern, wäre eine gute
und kostengünstigere Alternative. Vorherige Argumente sind nicht gut durchdacht und
lassen sich in Neubrandenburg nicht in der Art realisieren.
3.3. Der Ring ist zweispurig?
3.3.1. Umgehungsstraße Neubrandenburg
Der Friedrich- Engels- Ring ist im Zuge der Neuplanung auf zwei Spuren reduziert worden.
Aufgrund der Planung der Ortsumgehungstraße ist die Verkleinerung umsetzbar.
Das Hauptstraßennetz der Stadt Neubrandenburg besteht hauptsächlich aus den aus der
Innenstadt verlaufenden Bundesstraßen B96 und B104 sowie den Landstraßen L27, L28,
L33 und den Kreisstraßen K26, K35 und K35. Die Bundesstraßen B96 und B104 führen in
ihren Verlauf direkt auf den Friedrich- Engels- Ring. Derzeit erfolgen der größte Teil der
innerstädtischen Fahrten sowie der Durchgangverkehr über den dreispurigen Ring [vgl.
LSBV- MV 2016: 20].
Durch die hohe Frequentierung des KFZ-Verkehrs kommt es auf dem Friedrich- EngelsRing zu einer durchgängig starken Verkehrsbelastung und einer zeitweisen Überlastung.
Besonders strapaziert sind hierbei die Knotenpunkte, wie beispielsweise der Pferdemarkt
mit 90.000 KFZ pro Tag [vgl. STADT NEUBRANDENBURG 2010: 96]. Die starke
Belastung des Hauptstraßennetzes führt dazu, dass ein Teil des Verkehrs auf das
Nebenstraßennetz ausweicht, wodurch sich die Wohnumfeldsqualität der betroffenen
Wohngebiete verschlechtert.
49
Insgesamt ist der Verkehr im Stadtgebiet durch eine hohe Konzentration auf wenigen
Straßen gekennzeichnet. Das hohe Verkehrsaufkommen verursacht zeitweise Stau,
zunehmende Verkehrsstörungen, steigende Unfallzahlen, stadtökologische Belastungen,
Behinderung des ÖPNV sowie die Zerstörung der historischen Bausubstanz, wie die
Wallanlage [DEGES 2015:4].
Die negativen Auswirkungen der hohen Verkehrsbelastung können durch den Ausbau des
bestehenden Straßennetzes nicht vollständig abgemildert werden [DEGES 2010].
Um den Störungen des hohen Verkehrsaufkommens entgegen zu wirken, soll innerhalb des
Stadtgebietes eine Ortsumgehung geplant und gebaut werden. Die Ortsumgehung
Neubrandenburg wurde im Bundesverkehrswegeplan 2003 und im Bedarfsplan für
Fernverkehrsstraßen 2007 als Maßnahme mit „vordringlichen Bedarf“ eingestuft. Unterteilt
wird die Umgehungstraße in folgende vier Bauabschnitte:
x
1. Bauabschnitt Baulos 1 (Anbindung B96 an B104)
x
1. Bauabschnitt Baulos 2 (Knotenbau Brücke mit Anschluss an B96 Süd, B104 Ost
und Sponholzer Straße)
x
2. Bauabschnitt (Anbindung Sponholzer Straße an B96 Nord)
x
3. Bauabschnitt ( Anbindung B96 Nord an B104 West)
[DEGES 2015:2]
Somit verläuft die Umgehungsstraße, beginnend von der B96 im Süden zwischen den
Anschluss Bethaniencenter und Gewerbegebiet Lindenhof, in einen Dreiviertelkreis vom
Süden Neubrandenburgs über den Osten und Norden mit Anschluss an die B104. Im Westen
verläuft sie bei Weitin [LSBV- MV 2016:20].
Zur Realisierung der 10,3 Kilometer langen Umgehungsstraße werden 115 Millionen Euro
eingeplant.
50
Abbildung 50 Bauabschnitte Ortsumgehung Neubrandenburg DEGES 2012
In dem Maßnahmenkatalog des Bundesverkehrswegeplan 2030 wurde nur der erste
Bauabschnitt aufgenommen und die für den Bau nötigen Bundesmittel in Höhe von 40,6
Millionen Euro genehmigt. Nach Auskunft der Stadtverwaltung wurden die anderen
Bauabschnitte als unwirtschaftlich ermittelt [SCHWAHN, K. 2016]. Mit diesem Beschluss
ging die Planung der Bauabschnitte 2 und 3 vom Bund in die Verantwortlichkeit des Landes
Mecklenburg-Vorpommern über. Die ursprünglich für alle Bauabschnitte zuständige
Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) wurde nach Planung des
ersten Bauabschnittes von der Planung der anderen Bauabschnitte zurückgezogen. Für die
weitere Planung wurde vom Land das Straßenbauamt Neustrelitz beauftragt, die Planung
liegt aber derzeit auf Eis [UßNER, P. 2016].
Am 7. Juli 2016 begannen die Bauarbeiten zum ersten Bauabschnitt und bis Mitte 2019
sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Durch die Bauarbeiten soll die B104
bestandsorientiert ausgebaut werden. Die B96 soll durch einen Trasse mit der B104
verbunden werden. Die B104 soll an die Sponholzer Straße sowie an die Johannes Straße
angeschlossen werden.
Nach Prognosen der Stadt ergibt sich durch den Bau des ersten Bauabschnittes der
Ortsumgehung eine Minderung des Verkehrsaufkommens des Friedrich-Engels-Ring auf
51
Höhe des Rathauses von 40.000 bis 45.000 KFZ pro Tag auf 39.000 KFZ pro Tag
[SCHWAHN, K. 2016].
Abbildung 51 Südlicher Abschnitt OU Bergstraße
Der erste Bauabschnitt unterteilt sich in zwei Unterabschnitte:
Bauabschnitt Baulos 1
Im Zuge des ersten Bauabschnitt Baulos 1 wird von der Neustrelitzer Straße ausgehend,
vierhundertfünfzig Meter südlich des Knotenpunktes Lindenstraße, eine Trasse in
gestreckter Führung Richtung Nordosten an die Bergstraße führen und von dort durch die
Südstadt ein Anschluss an die B104 in Höhe der Hochstraße/ Sponholzer Straße entstehen.
Fertig geplant ist derzeit die Trasse von der Neustrelitzer Straße zur Bergstraße. Die weitere
Führung ist schon im Flächennutzungsplan festgesetzt, es bedarf aber noch der
Untersuchung des Knotenpunktes Anschluss B96 an die B104 [vgl. DEGES 2015: 83].
Im Verlauf der Bauarbeiten müssen einige in der Führung der Trasse befindlichen Gebäude
zurückgebaut werden.
52
Bauabschnitt Baulos 2
Mit dem ersten Bauabschnitt Baulos 2 soll der nördliche Teil der Stadt besser an den
östlichen Teil angebunden werden. Dazu soll die Johannesstraße verlängert werden, um an
ihr eine über den Bahnübergang Sponholzer Straße verlaufenden Anschluss der B104 zu
gewährleisten. Der dabei entstehende Knoten verbindet die Straßen Johannesstraße,
Sponholzer Straße und die B104 Ost (siehe Abbildung). Über die Sponholzer Straße soll die
Erschließung an den nördlichen Teil (Ihlenfelder Vorstadt) der Stadt erfolgen sowie der
Durchgangsverkehr von Ost nach Nord über sie abgewickelt werden [vgl. LSBV- MV 2016:
24; DEGES 2015: 3 ff.].
Abbildung 52 Knoten Sponholzer Straße, Johannesstraße und B104 Ost DEGES 2015
3.3.2. Vor- und Nachteile
Mit dem geplanten Bau der Umgehungsstraße in Neubrandenburg ergeben sich sowohl Vorals auch Nachteile.
Positiv an der Umsetzung der Ortsumgehung ist, dass das derzeitige Verkehrsaufkommen
des Ringes auf Höhe des Rathauses von 45.000 Kraftfahrzeugen pro Tag mit der
Realisierung des ersten Bauabschnittes auf 39.000 reduziert werden kann. Mit der
Umsetzung der gesamten Ortsumgehung könnte es sogar auf die Hälfte verringert werden.
53
Abbildung 53 Verkehrsbelastung ohne OU, Prognose 2025 DEGES 2015
Abbildung 54 Verkehrsbelastung mit OU, Prognose 2025 DEGES 2015
54
Durch die Verlagerung des Durchgangsverkehres sowie des Quell- und Zielverkehres
werden das innerstädtische Straßennetz und der Stadtring entlastet, der Verkehrsfluss
verbessert und die Verkehrssicherheit gefördert. Weiterhin wird die historische Wallanlage
Neubrandenburgs durch die Verringerung von Lärm und Abgasemission entlastet. Die
Verlagerung des Verkehres fördert zudem die Wohn- und Aufenthaltsqualität in der
Innenstadt. Des Weiteren verbessert die Ortsumgehung die Anbindung der Innenstadt mit
anderen Stadtzentren, wie zum Beispiel die Oststadt. Durch die Umgehung beziehungsweise
Überfahrt der Bahntrasse an der Sponholzer Straße entfallen die Bahnübergangswartezeiten,
womit das Staurisiko gemindert wird und es damit zu einer Verkehrsentlastung auf der
Sponholzer Straße kommt, was indirekt auch zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit
führt angeordnet Durch die Verbindung der B104 und der B96 ergibt sich eine
Fahrtlängenminderung, die zusätzlich das innerstädtische Straßennetz entlastet und unnötige
Umwege verringern und sogar vermeidet [LSBV- MV 2016:28; DEGES 2015: 8].
Durch die Realisierung des ersten Bauabschnitts Baulos 1 soll der Verkehr von Ost nach Süd
verbessert werden. Dadurch kommt es zur Verkehrsentlastung des südlichen und zentralen
Stadtgebietes, wodurch sich die Wohnqualität der Wohngebiete Südstadt, Innenstadt und
Katharinenviertel verbessert [STADT NEUBRANDENBURG 2016: 6].
Als möglicher Nachteil der Ortsumgehung wird von der Stadtverwaltung die Verringerung
der Touristenbesucherzahlen angegeben. Die Stadtverwaltung vermutet, dass wenn der
Durchgangsverkehr an den historischen Siedlungsgebieten (z.B. Wallanlage) vorbei gelenkt
wird, weniger Menschen auf die Stadt aufmerksam werden und so weniger Menschen in
ihren Urlaub wieder nach Neubrandenburg kommen [SCHWAHN, K. 2016].
Die derzeit geplante Trasse an die Bergstraße verläuft durch die Kleingartenanlage „Gute
Hoffnung ev.“ Die als Erholungsfläche gedachte Kleingartenanlage wird durch die Trasse
zerschnitten.
Durch
die
Zerschneidung
sind
dreißig
bis
fünfunddreißig
Kleingartenpaarzellen direkt durch Überbauung betroffen. Die anderen Gartenpaarzellen
werden durch Lärmemissionen gestört. Nach der Kosten- und Nutzenanalyse wurde der
Rückbau von fünfzehn Gartenpaarzellen als Lärmschutzmaßnahme angeordnet [vgl.
STADT NEUBRANDENBURG 2012: 6]. Innerhalb des von der Trasse betroffenen
Gebietes erhöht sich die Nutzungsintensität, was zu einer kleinräumigen Zunahme von
Lärm- und Schadstoffimmissionen führt. Zur Ausgleichung der Immissionen werden entlang
der Trasse
bepflanzte Immissionsschutzstreifen angelegt. Das von der Trasse
durchschnittene Gebiet wird kleinklimatisch, durch Kaltluftstaus an den Straßendämmen
55
und den Verlust der Baumgruppe an der Bergstraße, negativ beeinflusst [vgl. STADT
NEUBRANDENBURG 2012: 6].
Durch die Überbauung sind Biotoptypen sehr hoher sowie hoher bis mittlerer Bedeutung
durch Zerschneidung und Zerstörung betroffen. Um die negativen Auswirkungen für Fauna
und Flora zu kompensieren, wurden anhand der Eingriffs- und Ausgleichregelung
Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt. Der Stoffeintrag in den betroffenen Biotopen kann durch
Vermeidungsmöglichkeiten ausgeglichen werden. Insgesamt kommt es im betroffenen
Gebiet zu einer Erhöhung des Versiegelungsgrades[vgl. STADT NEUBRANDENBURG
2012: 6].
Für das Bauvorhaben wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Dabei
wurden betroffene Schutzgüter erfasst und Auswirkungen bewertet. Eine negative Belastung
durch Lärm wurde an den Gehöften des Zubringers an die Sponholzer Straße/
Johannesstraße
ermittelt.
Zum
Ausgleich
sollen
Maßnahmen
nach
dem
Bundesimmissionsschutzgesetzt durchgeführt werden angeordnet [vgl. LSBV- MV
2016:23].
Durch das Bauvorhaben wird erheblich und nachhaltig in den Naturhaushalt eingegriffen.
Die betroffenen Gebiete sind naturschutzfachlich als geringwertig anzusehen, mit Ausnahme
vereinzelter Gehölzstrukturen mit mittlerem naturschutzfachlichem Wert. Auf Grundlage
einer Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung werden für die Eingriffe Ausgleichsmaßnahmen
durchgeführt [vgl. LSBV- MV 2016:23].
Ein weiterer Nachteil der Ortsumgehung ist der Rückbau der Wohnhäuser in den
betreffenden Gebieten.
4. Fazit
Nach umfassender Analyse der Geschichte des Rathauses, der umliegenden Bebauung, des
angrenzendem Gebietes sowie der Planungen im Umfeld ist dieser Entwurf des
Rathausplatzes entstanden.
Die Stadt bekommt ein neues, zeitgemäßes Gesicht. Der Platz ist nun ein markanter Punkt
der Stadt mit hohem Wiedererkennungswert.
Durch die verbesserte Betonung der Sichtachse auf die Turmstraße erfolgt eine visuelle
Verbindung zum Marktplatz. Es erfolgt eine Ausweitung des zentralen Platzes außerhalb des
Stadtkernes. Durch die beiden neuen Gebäude, die die Sichtachse unterstützen, wird zudem
56
der Handel in der Turmstraße angekurbelt und schafft durch die Geschäfte ein Stück
Marktplatz auf dem Rathausplatz.
Durch die Fassadengestaltung kommt auch das Rathausgebäude besser zum Vorschein und
wird in seiner Funktionalität hervorgehoben. Außerdem wird die Idee der Villenbebauung
aus der Gründerzeit wieder aufgenommen und es kommt an diesem Punkt zur geschlossenen
Stadtkante.
Weiterhin dient der Vorplatz als multifunktionaler Ort: Er gewährleistet die Orientierung
(Sichtachsen), das Freizeitangebot wird maximiert (Einzelhandel im Erdgeschoss) und die
Aufenthalts- sowie Arbeitsqualität wird verbessert (Büroräume mit Terrassen). Die
Weitläufigkeit des Platzes wird ebenfalls reduziert und zu einer flanierfähigen Fläche
gestaltet. Außerdem wurden im Zuge der Neuplanung nicht erforderliche Teilflächen
beseitigt, um Fremdnutzungen entgegenzuwirken (beispielsweise unbefugtes Parken).
Pflanzen werden gezielt eingesetzt und dienen hauptsächlich der Unterstützung der
Sichtachsen Richtung Katharinenstraße und der Betonung des Eingangsbereiches des
Rathauses. Die Formschnittbäume seitlich der neuen Gebäude schließen den direkten
Rathausvorplatz als solches ab.
Weiterhin wird der Verkehrsring aufgrund der Bilanzen der Ortsumgehung Neubrandenburg
auf zwei Spuren reduziert. Das senkt den Lärmpegel und mindert die Abgasemission, was
die Aufenthaltsqualität um einiges steigert. Im Zuge dessen werden die Parkierungsflächen
teilweise neu strukturiert. Diese erreichen die bessere Erschließbarkeit der Fläche.
Der Bodenbelag wird vereinheitlicht und gibt der Fläche ein stimmiges Gesamtbild. Die
Beleuchtung sorgt für eine intime Atmosphäre.
Der direkte Rathausvorplatz ist an sich ein geschlossenes Areal, die umliegende Fläche lässt
aber Spielraum für eine weiterführende Neuplanungen zur städtebaulichen Eingliederung.
57
5. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Altes Rathaus um 1930, MILSTER, J.............................................................. 5
Abbildung 2 Hagelkasse BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998 .......... 6
Abbildung 3 Rathaus 1970er Jahre BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE
1998....................................................................................................................................... 7
Abbildung 4 Entwurf neues Rathaus TIMM, W./ ADAM, A............................................... 8
Abbildung 5 Entwurf Rathausgebäude HOPP, H. ................................................................ 8
Abbildung 6 Entwurf FIEDLER, WEITSCH, KRAUS 1958 ............................................... 9
Abbildung 7 Lage GOOGLE MAPS 2016 ......................................................................... 10
Abbildung 8 Unstrukturiertes Parken.................................................................................. 10
Abbildung 9 Parken vor dem Rathaus................................................................................. 10
Abbildung 10 Fußgängerüberweg....................................................................................... 11
Abbildung 11 Rathausgebäude............................................................................................ 12
Abbildung 12 Farbige Bauelemente.................................................................................... 12
Abbildung 13 Beete............................................................................................................. 13
Abbildung 14 Springbrunnen .............................................................................................. 13
Abbildung 15 Rasenflächen ................................................................................................ 13
Abbildung 16 Vorplatz Stadtringtreff ................................................................................. 14
Abbildung 17 Vorplatz Banken........................................................................................... 14
Abbildung 18 Übergang zum Rathausvorplatz ................................................................... 14
Abbildung 19 Sichtachse auf Turmstraße ........................................................................... 15
Abbildung 20 Sichtachse auf Neues Tor............................................................................. 15
Abbildung 21 Landkreis MSE DÖRRBECKER, M. 2011 ................................................. 16
Abbildung 22 Deutsche Bank, Commerzbank.................................................................... 18
Abbildung 23 Rathauspassage ............................................................................................ 19
Abbildung 24 Sparkasse in ehemaliger Löwenvilla............................................................ 19
Abbildung 25 Alte Löwenvilla BIERMANN/ ENDERS/ GUDAT UND WEITERE 1998
............................................................................................................................................. 19
Abbildung 26 CineStar Kino, Imbiss .................................................................................. 20
Abbildung 27 Casino, Bar, Thomas Phillips....................................................................... 20
Abbildung 28 MAXX GYM, Solarium, Salzgrotte, Restaurant ......................................... 20
Abbildung 29 Büroräume der DKB .................................................................................... 21
Abbildung 30 Katharinenstraße .......................................................................................... 23
58
Abbildung 31 Große Krauthöferstraße................................................................................ 24
Abbildung 32 Ziegelbergstraße........................................................................................... 24
Abbildung 33 Turmstraße ................................................................................................... 25
Abbildung 34 Stadtmauer.................................................................................................... 26
Abbildung 35 Wallanlage.................................................................................................... 27
Abbildung 36 Neues Tor ..................................................................................................... 27
Abbildung 37 Neutorstraße ................................................................................................. 28
Abbildung 38 Defekte: Bodenbelag.................................................................................... 29
Abbildung 39 Defekte: Springbrunnen ............................................................................... 29
Abbildung 40 Defekte: Einfassungen ................................................................................. 29
Abbildung 41 Harte Übergänge .......................................................................................... 29
Abbildung 42 Neue Wartehäuser ........................................................................................ 37
Abbildung 43 Rampe Aufsicht............................................................................................ 38
Abbildung 44 Rampe Ansicht ............................................................................................. 38
Abbildung 45 Auskragung Variante A................................................................................ 39
Abbildung 46 Auskragung Variante B................................................................................ 40
Abbildung 47 Verlegemuster .............................................................................................. 43
Abbildung 48 Lampion ....................................................................................................... 45
Abbildung 49 Weiterführung der Planung .......................................................................... 47
Abbildung 50 Bauabschnitte Ortsumgehung Neubrandenburg DEGES 2012.................... 51
Abbildung 51 Südlicher Abschnitt OU Bergstraße............................................................. 52
Abbildung 52 Knoten Sponholzer Straße, Johannesstraße und B104 Ost DEGES 2015 ... 53
Abbildung 53 Verkehrsbelastung ohne OU, Prognose 2025 DEGES 2015 ....................... 54
Abbildung 54 Verkehrsbelastung mit OU, Prognose 2025 DEGES 2015.......................... 54
59
6. Planverzeichnis
Plan Nummer 1: Bestand
Plan Nummer 2: Planung
Plan Nummer 3: Gebäude1/ Variante A
Plan Nummer 4: Gebäude 1/ Variante B
Plan Nummer 5: Gebäude2/ Variante A
Plan Nummer 6: Gebäude 2/ Variante B
Plan Nummer 7: Beleuchtung
Plan Nummer 8: Entwässerung
Plan Nummer 9: Schnitte
60
7. Quellenverzeichnis
Literatur
BERNATZKY, ALOYS: Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung zu den
Wallgrünflächen von Heute; Sarstedt 1960
BIERMANN, JOACHIM/ ENDERS, ELKE/ GUDAT, BÄRBEL/ GUTH, MARLIS/
EHLERDING, SUSANNE/ HEIMS, ANKE/ KUBOTH, ANGELA/ MILSTER,
JOACHIM/ SCHIPKE, RALPH/ SCHUBEL, ULRIKE/ SCHUMACHER, PAUL/
SOMMER, HEIKE/ WEHDEN, REINHARD/ WILHELM, FRANK: Neubrandenburger
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3m1!4b1!4m5!3m4!1s0x47abc336ec2783d9:0x4251ae8ad8482a0!8m2!3d53.5678292!4d1
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Eidesstattliche Erklärung
Neubrandenburg, den 12.09.2016
Eidesstattliche Erklärung
Ich, Julia Seewald, versichere, diese Masterthesis selbstständig und lediglich unter
Benutzung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel verfasst zu haben.
Ich erkläre weiterhin, dass die vorliegende Arbeit noch nicht im Rahmen eines anderen
Prüfungsverfahrens eingereicht wurde.
Julia Seewald
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