Presseerklärung der Südthüringer Bündnisse gegen Rechts vom

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Und nun?! – Eine Nachbetrachtung zum Rechtsrock-Konzert
„Rock gegen Überfremdung“ am 15.7. 2017 in Themar
Das Rechtsrock-Konzert am 15.07.2017 in Themar hat unserer Auffassung nach eine Stadt
und Region verändert. Die Südthüringer Bündnisse gegen Rechtsextremismus stellen nach
genauer Betrachtung der Geschehnisse im Vorfeld und am vergangenen Samstag fest:
Wir haben gemeinsam etwas geschafft, was auch uns bis vor einigen Wochen kaum
vorstellbar war. Es ist gelungen, Teile der Bevölkerung der Stadt Themar, der umliegenden
Gemeinden und der Region zu motivieren, sich aktiv am Widerstand gegen ein RechtsrockFestival zu engagieren. Sicherlich ist es nicht gelungen, die Neonazi-Veranstaltung zu
verhindern, aber einen eindeutigen, überall sichtbaren Protest in Themar aufzustellen, war
unseres Erachtens nach ein großer Erfolg. Die Vielzahl unserer Kundgebungen hat mit dazu
beigetragen, dass Themar weitestgehend frei von Nazis gehalten wurde. Es ist nicht
selbstverständlich, in einer ländlichen Region Widerstand aufzubauen. Dass sich ca. 500
Personen an den Gegenaktionen beteiligten, darauf können wir stolz sein. Und wir haben es
geschafft, eine große mediale Aufmerksamkeit zu erregen und so die Öffentlichkeit auf uns
und das Problem in Themar zu lenken.
Es ist für uns daher sehr wichtig danke zu sagen. Danke an Herrn Bürgermeister Hubert
Böse. Er hat Mut und Standhaftigkeit in einer äußerst schwierigen Situation bewiesen. Wir
würden uns wünschen, dass mehr Bürgermeister so wären wie er. Herr Böse hat gezeigt,
dass er ein wahrer Demokrat ist, der mit Herz und Seele sich seiner Heimatstadt verpflichtet
hat und um sie kämpft. Selbiges gilt für einen Teil der Ortsteilbürgermeister und der
Verwaltung der Feldsteingemeinde. Auch den Bürgermeistern aus Meiningen und Eisfeld
danken wir für ihre Unterstützung. Danke an die Vertreter der Kirchen. Ihre Unterstützung tut
gut und gibt Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Die Klarheit, die sie alle im Vorfeld
und am vergangenen Samstag ausstrahlten war beeindruckend. Bemerkenswert war der Mut
von Frau Pfarrerin Polster und vielen Teilnehmer*innen, sich stündlich im Rahmen des
Pilgermarsches, dem dröhnenden rechten Hass entgegenzustellen. Danke an die
Bündnisse, die Vereine, die Antifa, den „Nochtwächter“, die Verwaltung der Stadt Themar
und die vielen einzelnen Helfer und Unterstützer auch aus dem parteipolitischen Raum. Sie
haben mit Kreativität, großem Engagement und Mut dazu beigetragen, dass dieser Protest
möglich war. Der größte Dank aber gilt den Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben mit Stolz
und Zivilcourage ein Zeichen gegen Rechtsextremismus in Südthüringen gesetzt. Wir hoffen
und wünschen uns für die Zukunft, dass dieser Mut auf mehr Bürgerinnen und Bürger
ausstrahlt und sie sich ankommenden Aktionen noch deutlich mehr beteiligen.
Weiterhin
wollen wir uns im besonderen Maß bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Mobit, der
mobilen Beratung in Thüringen, bedanken. Ohne Euch hätten wir das sicherlich nicht
geschafft. Bitte sehen Sie uns nach, wenn wir hier nicht alle Helfer und Unterstützer
aufgeführt haben. Unser Dank ist Ihnen sicher!
Neben diesen positiven Erfahrungen bleiben aber auch negative Eindrücke zurück. Viele
Fragen bedrücken uns, auf die wir bisher keine Antworten finden konnten. Unverständlich ist
für uns das Verhalten des Landratsamtes in Hildburghausen. Warum wurde so
unprofessionell mit den Klagen vor den Verwaltungsgerichten umgegangen? Wollten Sie
eine Pseudolegitimation für die Genehmigung zukünftiger rechter Versammlungen erhalten?
Oder haben Sie ein ernsthaftes Interesse an einer Unterbindung? Wir haben Zweifel an Ihrer
Aufrichtigkeit und Ihrer Haltung gegenüber rechtsextremistischen Umtrieben im Landkreis
Hildburghausen! Diese Zweifel speisen sich aus Erfahrungen und Eindrücken im Vorfeld des
15.07.2017. Wo war Ihre Unterstützung in und für Themar? Warum wurde bei uns der
Eindruck im Vorfeld erweckt, dass wir als Störung empfunden werden? Wir möchten hier
deutlich betonen, wir sind nicht das Problem! Wir sind an Lösungen und einer aktiven und
effektiven Zusammenarbeit interessiert. Wir hoffen, es ist Ihnen bewusst, welcher
Imageschaden für Südthüringen und den Landkreis entstanden ist und dass auch Sie
Verantwortung daran haben.
Wir gehen aufgrund des Versagens der Verwaltung des Landkreises Hildburghausen davon
aus, dass entsprechende personelle Konsequenzen daraus gezogen werden. Sicherlich sind
wir froh, dass die Polizei unseren Gegenprotest abgesichert hat und somit zum Gelingen des
Vorhabens, Themar nazifrei zu halten, beigetragen hat. Was für uns allerdings nicht
nachvollziehbar ist, ist das Verhalten gegenüber den rechten Versammlungsteilnehmern.
Wieso wurde nicht konsequent gegen das Tragen von verfassungsfeindlichen Symbolen
vorgegangen? Warum war es möglich, dass ein Großteil der Versammlungsteilnehmer den
Hitlergruß zeigen konnte, ohne dass konsequent eingegriffen wurde? Warum konnten
vereinzelt Nazis in die Stadt einsickern? Wir fordern die Polizei deutlich auf, ihre Strategie im
Umgang mit rechtsextremen Versammlungen zu überdenken und konsequenter auf
Verstöße zu reagieren. Weiterhin ist es für uns wichtig, dass Sie sich an getätigte
Absprachen halten. Wir tun dies ebenfalls.
Vollkommen unverständlich ist für uns, dass bis
auf die Mitglieder der parlamentarischen Beobachtungsgruppe (DIE LINKE, SPD, Bündnis
90/DIE GRÜNEN) keine Vertreter weiterer etablierter politischer Parteien vor Ort waren. Wir
rufen den Vertretern der Parteien zu, kommen Sie und seien Sie präsent! Es ist wichtig, dass
demokratische Kräfte Gesicht zeigen und sich nicht mehr und mehr zurückziehen. Es ist Ihre
Aufgabe, hier eine deutliche Position zu vertreten und sich nicht vor unangenehmen
Situationen zu verstecken.
Wir erwarten, dass die politischen Vertreter im Landkreis, im
Freistaat Thüringen und in der Bundesrepublik ernsthaft daran arbeiten, solche unter dem
Deckmantel der Versammlungsfreiheit durchgeführten rechtsextremistischen
Zusammentreffen mit NS-Verherrlichung zukünftig zu verhindern. Sicherlich gibt es noch
viele weitere Fragen, die sich stellen oder noch offen sind. Wir hoffen, dass im Vorfeld auf
die nächste rechtsextreme Versammlung am 29.07.2017, diese uns bedrückenden Fragen
beantwortet werden bzw. ein Umdenken im Handeln bei einigen beteiligten Akteuren
stattfindet.
Wir blicken erwartungsvoll auf die kommenden Wochen und hoffen auf eine
rege Beteiligung an den Gegenprotesten in Themar. Hierzu laden wir Sie gerne ein!
Südthüringer Bündnisse gegen Rechtsextremismus, 20.7.2017
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