Positionen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)

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Berlin, 7. November 2012
Positionen der
Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)
zu
Lieferengpässen von Arzneimitteln
in Krankenhäusern
Positionen der DKG zu Lieferengpässen von Arzneimitteln
in Krankenhäusern
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Inhaltsverzeichnis:
I. Zusammenfassung .............................................................................. 3
II. Problemlage ......................................................................................... 5
III. Ergebnisse der Datenerhebung zu Arzneimittelengpässen in
Krankenhäusern ................................................................................. 6
IV. Forderungen zur Verhinderung von Arzneimittelengpässen… ........... 9
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Positionen der DKG zu Lieferengpässen von Arzneimitteln
in Krankenhäusern
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I.
Zusammenfassung
Lieferengpässe von Arzneimitteln haben in den vergangenen Monaten deutlich
zugenommen und betreffen vielfach lebenswichtige Arzneimittel, die zur Behandlung schwerster Erkrankungen zwingend benötigt werden. Aufgrund ihres Versorgungsspektrums sind Krankenhäuser von Engpässen bei diesen Präparaten besonders betroffen. Durch gesteigerte Anstrengungen der Kliniken haben Lieferausfälle der Arzneimittelhersteller bisher noch nicht zu einer gravierenden Beeinträchtigung der Patientenversorgung in den Krankenhäusern geführt. Angesichts
der Häufung von Engpässen bei lebenswichtigen Arzneimitteln besteht aber die
Gefahr, dass bei einer weiteren Verschärfung der Situation die Versorgung von
schwerstkranken Patienten mit den notwendigen Arzneimitteln nicht mehr sichergestellt werden kann.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Meldungen über Arzneimittelengpässe
und um das gegenwärtige Ausmaß der Arzneimittelengpässe besser einschätzen
zu können hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein Monitoring zur Dokumentation von Arzneimittel-Lieferengpässen eingerichtet. Die Ergebnisse der Datenerhebung bilden die Versorgungslage in den beteiligten rund 100 Kliniken ab
und stellen damit einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Krankenhäuser dar. Die wichtigsten Ergebnisse der erhobenen Daten zu Arzneimittelengpässen in den Krankenhäusern sind:

Arzneimittelengpässe treten für die Kliniken plötzlich und ohne Vorabinformation der Arzneimittelhersteller auf. In 80 Prozent der Lieferausfälle
wurden die Krankenhäuser vorab nicht informiert.

Lieferengpässe gefährden durch unnötige Umstellungen von Patienten auf
andere Präparate die Arzneimitteltherapiesicherheit. In 20 Prozent der Fälle mussten Patienten auf therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate umgestellt werden.

Arzneimittel zur Behandlung von Krebspatienten, Antibiotika und insgesamt Präparate zur intravenösen Gabe sind von Engpässen am häufigsten betroffen.

In den beteiligten Kliniken bzw. Klinikapotheken standen in nur einem Monat durchschnittlich 25 Arzneimittel nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung. Da die meisten Kliniken etwa 400 bis 600 verschiedene Arzneimittel einsetzen, ist dies bereits eine relevante Größenordnung.

Arzneimittel-Lieferengpässe der Industrie führen zu erheblichen organisatorischen und finanziellen Belastungen der Kliniken.
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Angesichts dieser bereits alarmierenden Ergebnisse und der sich in den letzten
Monaten deutlich verschärfenden Situation besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Kliniken können andernfalls die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zukünftig nicht mehr umfassend gewährleisten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert deshalb Politik und Arzneimittelhersteller auf, die Problematik der
Arzneimittel-Lieferengpässe schnellstmöglich anzugehen, bevor Patienten ernsthaft zu Schaden kommen.
Als konkrete Maßnahmen fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft:
1. Aufbau eines zentralen Melderegisters für Arzneimittel-Lieferengpässe
Lieferengpässe treten gegenwärtig plötzlich und ohne Vorwarnung durch
die Hersteller auf. Arzneimittelhersteller sollen deshalb verpflichtet werden,
erkennbare Lieferengpässe frühestmöglich dem BfArM bzw. PEI zu melden.
Nach behördlicher Prüfung sind Informationen über erkennbare, relevante
Lieferengpässe durch das BfArM bzw. PEI zu veröffentlichen. Bei schwerwiegenden Versorgungsengpässen sind weitergehende Maßnahmen, wie
beispielsweise Empfehlungen zur Behandlung bestimmter Patientengruppen, umzusetzen.
2. Erweiterung des gesetzlichen Bereitstellungsauftrags für Arzneimittelhersteller
Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zu dem Bereitstellungsauftrag für
Arzneimittelhersteller reichen nicht aus. Konkrete Vorgaben zur gesicherten
Vorhaltung von Arzneimitteln gibt es für pharmazeutische Unternehmen
nicht. Deshalb ist dringend erforderlich, dass zumindest für Arzneimittel, die
zur Behandlung schwerster Erkrankungen zwingend benötigt werden, verpflichtende Regelungen für Arzneimittelhersteller zur ausreichenden Vorhaltung dieser Präparate geschaffen werden.
3. Aufbau eines zentralen Risikomanagements zur Prävention von Arzneimittelengpässen
Längerfristig muss das Ziel sein, Lieferengpässe möglichst präventiv zu
verhindern. Dafür sollte ein zentrales Risikomanagement beim BfArM bzw.
PEI angesiedelt werden. Das behördliche Risikomanagement sollte im Kern
3 Säulen umfassen:
• Identifizierung und Monitoring besonders benötigter, aber aufgrund ihrer
Produktionsbedingungen für Engpässe gefährdeter Präparate;
• präventive Maßnahmen im Vorfeld von Lieferengpässen, wie beispielsweise bei auftretenden Produktionsproblemen frühzeitiges Ansprechen
anderer Hersteller zur Ausweitung der Produktion;
• Maßnahmen, die bei bereits aufgetretenen Engpässen ergriffen werden, wie behördlich angewiesene Kontingentierungen knapper Arzneimittel.
Die Forderungen sind eng an die in den USA bereits erfolgreich umgesetzten
Maßnahmen angelehnt. Dort konnte durch die Umsetzung entsprechender Maßnahmen die Anzahl von Arzneimittelengpässen mehr als halbiert werden.
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II. Problemlage
In den vergangenen Monaten haben Arzneimittel-Lieferengpässe in erheblichem
Umfang zugenommen und betreffen zunehmend auch lebenswichtige Arzneimittel zur Behandlung schwerster Erkrankungen. Bisher waren schwerwiegende
Engpässe bei Arzneimitteln vorwiegend aus Schwellen- und Entwicklungsländern
bekannt, zunehmend sind aber auch Industrieländer betroffen. In anderen Industrieländern sind die Arzneimittelengpässe teilweise deutlich gravierender, da
Deutschland wegen des nach wie vor vergleichsweise hohen Preisniveaus bei
Arzneimitteln von der Industrie bei globalen Engpässen bevorzugt beliefert wird.
Besonders gravierend war die Situation in den USA, wo aber durch umfangreiche
gesetzgeberische Maßnahmen die Lage wieder deutlich verbessert werden konnte. Aber auch aus anderen Industrieländern wie der Schweiz, Großbritannien und
Irland wird über erhebliche Engpässe bei lebenswichtigen Arzneimitten berichtet.
Die Ursachen der Lieferausfälle liegen überwiegend in den veränderten weltweiten Produktionsbedingungen der Arzneimittelhersteller. Vielfach werden Arzneimittel weltweit nur von einem Hersteller in einer Produktionsstätte hergestellt.
Produktionsausfälle, beispielsweise durch Qualitätsprobleme, können damit die
Versorgung mit diesen Arzneimitteln weltweit gefährden. Hinzu kommt, dass die
Produktion von Arzneimitteln zunehmend in Niedriglohnländer verlagert wurde,
die vielerorts nicht über die nötigen Fachkräfte und technische Infrastruktur verfügen, um schwerwiegende und komplexe Probleme bei der Herstellung schnellstmöglich zu beheben. Verstärkt wird dies dadurch, dass vorübergehende Produktionsausfälle nicht mehr durch eine ausreichende Lagerhaltung der Arzneimittelhersteller aufgefangen werden können. Da Arzneimittelhersteller aus Kostengründen praktisch keine Lagerbestände vorhalten und zunehmend „just-in-time“
produzieren, wirken sich temporäre Produktionsausfälle zunehmend unmittelbar
auf die Verfügbarkeit der jeweiligen Arzneimittel auch in Deutschland aus.
Mehrere Beispiele belegen dies bereits und verdeutlichen damit die zunehmende
Abhängigkeit von einzelnen Produktionsanlagen der Pharmaindustrie. Im Fall von
nicht ersetzbaren Arzneimitteln zur Behandlung schwerster Erkrankungen, bestimmter Zytostatika, Antibiotika oder auch Impfstoffen, haben längerfristige Produktionsausfälle bereits erhebliche Auswirkungen auf die Versorgung der Patienten, auch in Deutschland.
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III. Ergebnisse der Datenerhebung zu Arzneimittelengpässen in
Krankenhäusern
Angesichts der zunehmenden Berichte und der Rückmeldungen vieler Kliniken zu
Lieferengpässen bei Arzneimitteln hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein
Monitoringsystem zur Dokumentation von Arzneimittel-Lieferengpässen eingerichtet. Zielsetzung der Datenerhebung war, das Ausmaß und die Auswirkungen
der Engpässe für Kliniken und Klinikpatienten beurteilen zu können und darauf
aufbauend konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. An der zentralen Erfassung der Lieferengpässe haben sich 19 Krankenhausapotheken beteiligt, die insgesamt 99 Krankenhäuser, vom Universitätsklinikum bis zum kleineren Krankenhaus, versorgen. Die Ergebnisse der Datenerhebung zur Versorgungssituation
bilden damit einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Krankenhäuser ab.
Teilnehmende Kliniken bzw. Krankenhausapotheken haben aktuell auftretende
Lieferengpässe mittels eines standardisierten Meldeformulars dokumentiert. Um
zeitnah Ergebnisse zur aktuellen Versorgungssituation zu erhalten wurde das
Monitoring für einen Zeitraum von 6 Wochen, zwischen dem 1. August 2012 und
dem 15. September 2012 durchgeführt. Erhoben wurde bei dem Monitoring insbesondere, welche Präparate in welchem Zeitraum nicht oder nicht ausreichend
zur Verfügung standen. Neben der Erhebung dieser quantitativen Aspekte zum
Ausmaß der Engpässe wurde dokumentiert, ob gleichwertige Alternativpräparate
zur Verfügung standen und wann bzw. ob der Arzneimittelhersteller die Klinik
vorab über den Lieferausfall informiert hat. Zusätzlich wurde nach den ergriffenen
Maßnahmen in der Klinik gefragt.
Die wichtigsten Ergebnisse der Datenerhebung zu Arzneimittelengpässen werden
nachfolgend dargestellt.
 Arzneimittelengpässe treten für die Kliniken plötzlich und ohne Vorabinformation der Arzneimittelhersteller auf. In 80 Prozent der Lieferausfälle
wurden die Krankenhäuser vorab nicht informiert.
Das plötzliche Auftreten von Arzneimittelengpässen stellt die Kliniken vor erhebliche Probleme und erschwert die Anstrengungen der Kliniken, die Arzneimittelversorgung der Patienten sicherzustellen. Dadurch müssen Kliniken häufig sehr
kurzfristig prüfen, ob gleichwertige Alternativpräparate zur Verfügung stehen und
ob diese auch sofort erhältlich sind. Bei vielen Patienten, die in genau festgelegten Behandlungszyklen therapiert werden müssen, ist eine Umstellung auf andere Präparate aber häufig nicht oder nicht risikolos möglich. Dies ist insbesondere
bei Krebspatienten der Fall, die Chemotherapeutika in über mehrere Wochen
festgelegten Behandlungszyklen erhalten. Ziel muss es sein, Ärzte und Apotheken frühzeitig über auftretende Lieferengpässe zu informieren, um diese bereits
bei der Therapieplanung berücksichtigen zu können.
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 Lieferengpässe gefährden durch unnötige Umstellungen von Patienten
auf andere Präparate die Arzneimitteltherapiesicherheit. In 20 Prozent
der Fälle mussten Patienten auf therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate umgestellt werden.
Insgesamt konnten Kliniken in 80 Prozent der gemeldeten Lieferausfälle die Versorgung durch die Behandlung mit einem therapeutisch gleichwertigen Alternativpräparat sicherstellen. Grundsätzlich birgt dabei aber bereits jede kurzfristige
Therapieumstellung ein gewisses Risiko, da die Behandlungsabläufe in den Klinken standardisiert sind und jedes neue Präparat die Änderung dokumentierter
Abläufe erfordert. Jede Umstellung auf andere Präparate erfordert deshalb besondere Aufmerksamkeit der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte. In 20 Prozent der Fälle mussten Patienten aber auf andere Arzneimittel umgestellt werden, die – nach Beurteilung des Apothekers oder Arztes – therapeutisch nicht als
gleichwertig anzusehen sind. Vielfach war eine Umstellung auf andere Wirkstoffe
notwendig, die insbesondere bei Antibiotika und Zytostatika mit unnötigen Risiken für die Patienten verbunden ist. Lieferengpässe gefährden durch unnötige
Umstellungen von Patienten auf andere Präparate damit bereits jetzt zunehmend
die Arzneimitteltherapiesicherheit.
 Arzneimittel zur Behandlung von Krebspatienten, Antibiotika und insgesamt Präparate zur intravenösen Gabe sind von Engpässen am häufigsten betroffen.
Von den dokumentierten Lieferausfällen sind nahezu alle Indikationsgebiete betroffen. Am häufigsten traten Lieferengpässe aber bei Zytostatika, Antibiotika und
allgemein bei Präparaten zur intravenösen Gabe auf. Die Ursachen dafür liegen
in den wesentlich komplexeren Herstellungsbedingungen dieser Präparate,
wodurch Produktionsausfälle oder Sperrungen einzelner Chargen hier deutlich
häufiger auftreten. Darüber hinaus sind aber auch die Anzahl und Bedeutung
dieser Präparate durch die neuen Therapiemöglichkeiten insbesondere in der
Onkologie deutlich gestiegen. Im Ergebnis sind Zytostatika und Antibiotika besonders anfällig für Lieferausfälle. Aber gerade bei diesen Präparaten sind Umstellungen der meist schwerstkranken Patienten auf andere Präparate besonders
problematisch und risikobehaftet.
 In den beteiligten Kliniken bzw. Klinikapotheken standen in nur einem
Monat durchschnittlich 25 Arzneimittel nicht oder nicht ausreichend zur
Verfügung. Da die meisten Kliniken etwa 400 bis 600 verschiedene Arzneimittel einsetzen, ist dies bereits eine relevante Größenordnung.
Nach den von den Kliniken und Klinikapotheken gemeldeten Engpässen standen
im August 2012 in den Kliniken durchschnittlich 25 Präparate nicht oder nicht
ausreichend zur Verfügung. Krankenhäuser setzen abhängig von ihrem Versorgungsspektrum im Durchschnitt etwa 400 bis 600 unterschiedliche Arzneimittel
regelmäßig ein. Diese werden von der aus Ärzten und Apothekern gebildeten
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Arzneimittelkommission des Krankenhauses in der so genannten ArzneimittelListe für das Krankenhaus gemeinsam festgelegt und sind in der Krankenhausapotheke vorzuhalten. Engpässe bei durchschnittlich 25 Präparaten in nur einem
Monat bedeuten, dass ein relevanter Anteil der benötigten Arzneimittel nicht oder
nicht ausreichend zur Verfügung steht.
 Arzneimittel-Lieferengpässe der Industrie führen zu erheblichen organisatorischen und finanziellen Belastungen der Kliniken.
Neben dem erheblichen Gefährdungspotential, das Arzneimittel-Lieferausfälle für
die Patientenversorgung bergen, führen Lieferausfälle der Industrie aber auch zu
erheblichen organisatorischen und finanziellen Belastungen der Kliniken. Die an
der Datenerhebung beteiligten Kliniken haben zahlreiche Maßnahmen dokumentiert, die zur Sicherstellung der Versorgung bei einem plötzlich auftretenden Versorgungsengpass ergriffen werden mussten. Dabei stehen der erhöhte Arbeitsund Logistikaufwand zur Beschaffung alternativer Präparate (diese müssen vielfach durch Einzelimporte aufwändig beschafft werden) und insbesondere die Beratung und Information von Ärzten und Pflegekräften über die notwendige Umstellung auf Alternativpräparate im Vordergrund. Vielfach müssen standardisierte
Abläufe und dokumentierte Behandlungsvorgaben, z.B. zur Dosierung bestimmter Präparate, kurzfristig geändert werden. Häufig wurde auch die Umstellung
von Herstellungsprozessen bei der Zubereitung patientenindividueller Zytostatika
dokumentiert, wenn ein Arzneimittel nicht verfügbar ist und ersetzt werden muss.
Darüber hinaus führen die Lieferausfälle der Industrie zu direkten finanziellen Belastungen der Kliniken. Insbesondere müssen vielfach alternative Präparate zu
höheren Preisen kurzfristig beschafft werden. Durch die zunehmenden Lieferausfälle der Industrie müssen in den Klinikapotheken insbesondere aber auch große
Lagerbestände aufgebaut werden, um im Falle von plötzlichen Lieferausfällen die
Versorgung der Patienten aufrechterhalten zu können. Bei hochpreisigen Arzneimitteln entstehen den Kliniken dadurch erhebliche Kosten, die eigentlich von
der Pharmaindustrie zu tragen wären.
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IV. Forderungen zur Verhinderung von Arzneimittelengpässen
Der bisherige Umfang von Arzneimittelengpässen in den Krankenhäusern verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf. Kliniken und Klinikapotheken können
andernfalls die Arzneimittelversorgung der Klinikpatienten zukünftig nicht mehr
umfassend sicherstellen. Als konkrete Schritte fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Umsetzung der nachfolgend dargestellten drei zentralen
Maßnahmen.
1. Aufbau eines zentralen Melderegisters für Arzneimittel-Lieferengpässe
Eines der gravierendsten Probleme für die Kliniken bei ArzneimittelLieferengpässen ist, dass diese fast immer plötzlich und ohne Vorwarnung
durch die Hersteller auftreten. Die Ergebnisse der Datenerhebung in den Kliniken belegen, dass in 80 Prozent der Lieferausfälle keine Vorabinformation
durch den Hersteller erfolgt ist. Lieferengpässe treten deshalb in den Kliniken
sehr kurzfristig auf und erschweren damit die Anstrengungen, die Arzneimittelversorgung der Patienten sicherzustellen. Dadurch wird die Problematik von
Lieferengpässen erheblich verschärft, längerfristige Behandlungszyklen müssen geändert oder unterbrochen werden und es müssen zum Teil therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate eingesetzt werden. Aus Sicht der
Deutschen Krankenhausgesellschaft ist es deshalb notwendig, dass Krankenhäuser frühestmöglich über absehbare Arzneimittel-Lieferengpässe informiert
werden.
Dafür ist der Aufbau eines zentralen Melderegisters für ArzneimittelLieferengpässe notwendig. Das zentrale Melderegister sollte bei den zuständigen Bundesoberbehörden, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder dem Paul-Ehrlich Institut (PEI), angesiedelt werden.
Zentrales Element des Melderegisters soll dabei eine Verpflichtung der Arzneimittelhersteller zur Meldung von erkennbaren Lieferengpässen sein. Bei
Qualitätsproblemen in der Produktion ist für den Hersteller vielfach viele Monate vor Auftreten eines Lieferengpasses erkennbar, dass die Arzneimittel
nicht ausreichend zur Verfügung stehen werden. Deshalb sollte die Meldepflicht den Hersteller verpflichten, alle relevanten Ereignisse in Produktion und
Distribution, die zu Lieferengpässen führen können, unmittelbar nach Auftreten gegenüber dem BfArM bzw. PEI zu melden. Die Behörde sollte die vorgelegten Informationen dahingehend prüfen, ob ein relevanter Lieferengpass zu
erwarten ist und auf dieser Basis entscheiden, ob eine Veröffentlichung (für
Fachkreise) des erkennbaren Engpasses erfolgt. Durch die behördliche Prüfung, ob ein Lieferengpass zu erwarten ist, soll sichergestellt werden, dass
nicht alle von den Herstellern dem BfArM bzw. PEI zu meldenden Vorfälle
veröffentlicht werden, sondern ausschließlich absehbare, in relevantem Umfang auftretende Lieferengpässe veröffentlicht werden. Mit Veröffentlichung
sollten bei schwerwiegenderen Engpässen Handlungsempfehlungen für die
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behandelnden Ärzte, beispielsweise zur Behandlung bestimmter Patientengruppen, gegeben werden.
Diese Forderungen zum Aufbau eines zentralen Melderegisters sind eng an
die in den USA bereits gesetzlich umgesetzten Maßnahmen angelehnt. Dort
wurde ein entsprechendes Meldesystem bei der zuständigen Aufsichts- und
Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) eingerichtet. Das
Meldesystem wurde durch eine weitere aktuelle Gesetzesänderung im Juli
2012 dahingehend erweitert, dass Arzneimittelhersteller verpflichtet sind, zu
erwartende Lieferengpässe zu melden.
Zentrale Zielsetzung für den Aufbau eines bundesweiten Melderegisters soll
dabei sein, Kliniken, Ärzte und Apotheken frühzeitig über auftretende Lieferengpässe zu informieren, um diese bereits bei der Therapieplanung berücksichtigen zu können. Dies ist insbesondere bei den von Lieferausfällen
sehr häufig betroffenen Präparaten für Krebspatienten, die i.d.R. Chemotherapeutika in festgelegten Behandlungszyklen erhalten, dringend notwendig da
diese Präparate im laufenden Behandlungszyklus nicht ohne weiteres ausgetauscht werden können. Aber auch die hohe Zahl von – vermeidbaren – Therapieumstellungen durch kurzfristig auftretende Lieferengpässe macht deutlich, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.
2. Erweiterung des gesetzlichen Bereitstellungsauftrags für pharmazeutische Unternehmen
Für Apotheken und Krankenhausapotheken gibt es bereits verpflichtende Vorgaben zur Vorhaltung ausreichender Lagerbestände. Danach müssen Klinik
apotheken Arzneimittel in einer Menge vorhalten, die mindestens dem Bedarf
der Klinik von zwei Wochen entsprechen. Öffentliche Apotheken müssen bestimmte Präparate in der Menge vorhalten, dass der Bedarf für eine Woche
gedeckt werden kann. Vergleichbare konkrete Vorgaben zur Bereitstellung
und Vorhaltung von Arzneimitteln gibt es für die Pharmaindustrie aber nicht.
Angesichts der zunehmenden Lieferengpässe müssen aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft die gesetzlichen Regelungen dahingehend
erweitert werden, dass für pharmazeutische Unternehmen vergleichbare, konkrete Vorgaben zur Vorhaltung von Arzneimitteln gelten, wie für Krankenhausapotheken.
Bislang haben Arzneimittelhersteller nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zwar
grundsätzlich eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen. Konkrete Vorgaben zur Vorhaltung dringend benötigter Arzneimittel oder Verpflichtungen bei Lieferengpässen, die Beteiligten zu
informieren, sind daraus aber nicht abzuleiten. Im Rahmen der letzten Novellierung des AMG waren allerdings Neuregelungen zur Erweiterung des bisherigen Bereitstellungsauftrags für Arzneimittelhersteller geplant. Vorgesehen
waren behördliche Befugnisse zur Ausweitung von Produktions- und Lagerkapazitäten der Pharmaindustrie, sowie Bußgelder bei gravierenden Liefereng10/12
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pässen. Die geplante Gesetzesänderung ist aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden. Als Begründung dafür wurde auch eine
von der Industrie geforderte Entschädigungsregelung angeführt.
Die ursprünglich im Rahmen der 16. AMG-Novelle geplante Erweiterung des
Bereitstellungsauftrags in § 52b Abs. 5 AMG war zu begrüßen und hätte zumindest präventiven Charakter zur Vermeidung gravierender Lieferengpässe
haben können. Die Koalitionsfraktionen hatten in einem entsprechenden Änderungsantrag auch angekündigt, dass das Thema eines Bereitstellungsauftrags für die Pharmaindustrie weiter eingehend geprüft werde und gegebenenfalls in einem späteren Gesetzgebungsverfahren wieder aufgenommen wird.
Aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft sollte vor dem Hintergrund
der sich aktuell verschärfenden Lieferengpässe die Umsetzung entsprechender gesetzlicher Vorgaben schnellstmöglich erneut aufgegriffen werden und
zumindest die ursprünglich geplanten gesetzlichen Regelungen umgesetzt
werden.
3. Aufbau eines zentralen Risikomanagements zur Prävention von Arzneimittelengpässen
Neben der frühestmöglichen Information über bevorstehende Lieferengpässe
und der Erweiterung behördlicher Befugnisse bei gravierenden Lieferengpässen muss aber das Ziel sein, Lieferengpässe zukünftig möglichst zu verhindern. Dafür sollte ein zentrales Risikomanagement aufgebaut werden. Das
zentrale Risikomanagement sollte beim BfArM bzw. PEI angesiedelt werden.
Als Beispiel dafür sollten die Maßnahmen dienen, die in den USA von der FDA
bereits erfolgreich umgesetzt werden. Dort konnte durch die Umsetzung entsprechender Maßnahmen die Anzahl von Engpässen mehr als halbiert werden. So traten im ersten Halbjahr 2012 in den USA noch 42 Arzneimittelengpässe auf, im Vergleich zu 90 im Vorjahreshalbjahr. Insgesamt konnten nach
Angaben der FDA seit Umsetzung der Maßnahmen zu Beginn des Jahres
2010 bereits 137 Arzneimittelengpässe erfolgreich verhindert werden.
Das behördliche Risikomanagement sollte im Kern 3 Säulen umfassen:
•
Identifizierung und Monitoring besonders gefährdeter Präparate und Produktionsanlagen. Vielfach werden Arzneimittel weltweit in nur einer einzigen Produktionsanlage hergestellt. Im Fall von nicht ersetzbaren Arzneimitteln zur Behandlung schwerster Erkrankungen, bestimmter Zytostatika,
Antibiotika oder Impfstoffe hätte ein längerer Produktionsausfall gravierende Auswirkungen auf die Versorgung der Patienten. Deshalb ist die
Identifikation dieser Präparate, die einerseits zwingend benötigt werden,
andererseits aber unter besonders anfälligen Bedingungen hergestellt
werden, erforderlich, um effektiv und zielgerichtet Vorkehrungen treffen zu
können.
•
Maßnahmen, die auf dieser Informationsbasis präventiv oder bei bereits
aufgetretenen Produktions- oder Distributionsproblemen noch im Vorfeld
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von Arzneimittelengpässen behördlich eingeleitet werden. Konkrete Maßnahmen können beispielsweise die Beschleunigung und Flexibilisierung
von Genehmigungsverfahren für neue Produktionsanlagen, das Ansprechen anderer Hersteller zur Ausweitung der Produktion bei erkennbaren
Problemen oder die Vorhaltung angeordneter Lagerbestände bei besonders relevanten Präparaten sein.
•
Maßnahmen, die bei nicht zu verhindernden Arzneimittel-Lieferengpässen
ergriffen werden. Konkrete Schritte sollten hier beispielsweise behördlich
angewiesene Kontingentierungen knapper Arzneimittel sein, damit diese
nicht wie bisher durch vielfach willkürliche Zuteilungen durch den Hersteller erfolgen.
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