MENSCH & BÜRO das magazin büroprojekt Gesamtsanierung und Büroplanung des Gemeindehauses im schweizerischen Meiringen Neues Innenleben in altem Gemäuer Das als Hotel um die Jahrhundertwende in Meiringen konzipierte, dann als Gemeindehaus genutzte Gebäude wurde komplett entkernt, die Außenhülle restauriert und die innere Struktur neu aufgebaut. Die Eröffnung des sanierten Hauses fand im September 2015 statt. Der Aufenthaltsraum für die Beschäftigten des Gemeindehauses Meiringen mit sattgrünen Wänden, farbigen Stühlen und organisch geformten Leuchten stellt einen bewussten Kontrast zu den zurückhaltend gestalteten Arbeitsbereichen dar. 18 Ausgabe 2/2016 raumconcepte Erbaut in den letzten Jahren des neunzehnten Jahrhunderts zeugt das Jugendstilgebäude im Dorfzentrum von der bewegten Geschichte der schweizerischen Gemeinde Meiringen. Denn 1891 fiel ein Großteil des Dorfs einem Feuer zum Opfer. Danach wurde praktisch der gesamte Dorfkern neu aufgebaut. Dazu gehörte auch das Hotel Rüti, das heutige Gemeindehaus an der Hauptstraße. Vor einigen Jahren stuften kantonale Denkmalpflege und Heimatschutz das Haus als schützenswert ein. Nach der ursprünglichen Verwendung als Hotel wurde das Gebäude mehrfach umgenutzt und umgebaut. Das führte zu einer unübersichtlichen Raumaufteilung, sodass die Gebäudestruktur für die künftige Nutzung unumgänglich bereinigt werden musste. Die Einstufung als schützenswertes Objekt bedeutete, dass die historische Fassade des ehemaligen Hotels erhalten und der Aufzug ins Gebäudeinnere verlegt werden musste. Zu den weiteren Anforderungen zählten MinergieStandard, Erdbebensicherheit und hindernisfreie Zugänge. Der Bauherr, die Einwohnergemeinde Meiringen, gab weiter vor, dass die Räume so konzipiert werden sollten, dass zusätzliche Arbeitsplätze ohne bauliche Maßnahmen integriert werden können. Der intensive Austausch mit der Denkmalpflege und dem Heimatschutz führten zu dem Ergebnis, dass der Bau innen völlig entkernt werden konnte. Als Basis für die endgültigen Entscheidungen diente eine Machbarkeitsstudie. Den Auftrag erhielt bereits drei Jahre vor Beginn der Gesamtsanierung das Innenarchitektur- und Bürofachplanungsbüro form-sache aus dem schweizerischen Schwendibach. Ziel der Studie war es, den Platzbedarf und die nötigen Raumstrukturen zu überprüfen und Vorschläge zur Möblierung und Unterbringung der Verwaltungsarbeitsplätze vorzubereiten. NEUE BÜROORGANISATION Peter Kohler, damaliger Gemeindeverwalter von Meiringen und Projektleiter, sagt: „Wir dachten zunächst darüber nach, an einem anderen Standort die Gemeindeverwaltung umzubauen und neu einzurichten.“ Doch die Gemeindeversammlung entschied sich für den Umbau des aktuellen Gebäudes. Die Gemeindeverwaltung sollte demnach im bisherigen Bau bleiben. Die Machbarkeitsstudie, basierend auf planerischen Grundlagen des Meiringer Architekturbüros Raess und ausgearbeitet von form-sache-Innenarchitektin Eveline Kaufmann, diente als Ausgangslage für das Folgeprojekt. Auch während der Realisierungsphase erwies sie sich als effizientes Hilfsmittel. Dass die Bauherren die Zusammenarbeit mit den Innenraumplanern beibehalten wollten, begründet Kohler so: „Bei der Gestaltung der Büroräumlichkeiten wurde rasch klar, dass es nicht Trennwandsysteme Schrankwandsysteme Innenausbau Serienfertigung Systemmöbel lanen p e i ren ! S e i s i l ea Wir r Zwar blieb die historische Fassade des ehemaligen Hotels erhalten. Doch erhielt das Jugendstilgebäude eine neue farbliche Gestaltung. Sie basiert auf einer umfangreichen Expertise der Farbtöne. Scannen und online auf Informationen für Architekten und Planer zugreifen. Ausgabe 2/2016 www.goldbachkirchner.de MENSCH & BÜRO das magazin büroprojekt nur darum ging, genügend Möbel anzuschaffen, sondern darum, die Büroorganisation grundlegend zu strukturieren. Wir wollten Arbeitsumgebungen schaffen, die bestenfalls auch noch in 15 bis 20 Jahren funktionieren.“ Die neuen Räumlichkeiten sollten den Bedürfnissen von Besuchenden und Mitarbeitenden entsprechen sowie den Austausch und das Arbeiten in angenehmer Atmosphäre ermöglichen. Das äußere Erscheinungsbild wurde sorgfäl- tig gestaltet: Die Innenarchitektin erstellte das Farbkonzept für die historische Fassade. Bei den Innenräumen widmete sie sich beispielsweise den barrierefreien Zugängen in den öffentlichen Bereichen und der Gestaltung ge- Das visuelle Element der Jugendstiltapete präsentiert sich auf jedem Geschoss im Eingangsbereich. Die großzügigen Büroräume bestechen durch Einfachheit – auch hervorgerufen durch die einheitlich weißen USM-Möbel. 20 Im Schalterraum vermittelt die Farbgebung den Übergang von innen nach außen. Das Grau der Fassade wurde an den Innenwänden aufgenommen. Zugleich dienen die braungrauen Fensterrahmen als verbindendes Element. Fotos: Alexander Anderfuhren Ausgabe 2/2016 eigneter Rückzugsmöglichkeiten für Sitzungen und vertrauliche Gespräche. Denn dem Bauherrn war es wichtig, praktische Büro- und Begegnungsräume zu schaffen, in denen sich die Mitarbeitenden und die Besuchenden wohlfühlen. Der Architekt gestaltete großzügige Büroräume und die Innenarchitektin ergänzte diese mit übersichtlicher Einfachheit. So weisen alle Räumlichkeiten einheitliche, weiße USM-Möbel auf. Die Arbeitstische können zu Stehtischen hochgefahren werden, die Bürostühle in dunklem Grau entsprechen ergonomischen Empfehlungen. Der braungraue Teppichboden und dezente, fließende Vorhänge – ebenfalls in warmen Grautönen – vermitteln Wohnlichkeit. Die ursprüngliche Skepsis gegenüber den Teppichböden in den Arbeitsräumen wich rasch, denn die hohe Qualität, die angenehme Farbe und die positiven akustischen und klimatischen Auswirkungen auf die Raumatmosphäre überwogen deutlich. In öffentlich zugänglichen Bereichen liegt ein solider, langlebiger, heller Eichenriemenboden. Vor allen Dingen im Erdgeschoss legten die Planer besonders viel Gewicht auf Gesichtspunkte der Diskretion. So gibt es dort zum Beispiel Nischen für vertrauliche Gespräche. Vorhänge verhindern bei Bedarf den direkten Einblick. Während der Grundlagenermittlungen fand Eveline Kaufmann im Mansardenzimmer des ehemaligen Hotels die Überreste einer Papiertapete, wahrscheinlich der originalen Wandverkleidung eines Dienstbotenzimmers. Sie war begeistert von Ausdruck, Farbigkeit und Motiv der Jugendstiltapete. Sie nahm diese Eindrücke auf und verwendete sie dazu, einen gestalterischen roten Faden zu entwickeln. Jahres eröffnet wurde, seien die Rückmeldungen der Gäste durchweg positiv ausgefallen, vor allem was den Parkettboden und die Tapete betrifft. Offenbar förderte die Zusammenarbeit aller Partien ein gelungenes Ergebnis BAUTAFEL Projekt: Gemeindehaus der Einwohnergemeinde Meiringen Standort: Rudenz 14, 3860 Meiringen, DURCHKOMPONIERTER FARBKLANG Das Sujet der Papiertapete wurde fotografiert, grafisch aufbereitet und auf Rohfasertapete aufgedruckt. Die Besucherinnen und Besucher nehmen die Tapete als visuelles Element wahr. Das Motiv wiederholt sich auf jedem Stockwerk im Eingangsbereich und bildet somit eine gestalterische Einheit innerhalb des Gebäudes. Nicht nur davon zeigte sich Projektleiter Kohler begeistert. Er spricht vielmehr von weiteren „Aha“-Erlebnissen wie der Umsetzung des Begriffs „Farbklang“, also der Abstimmung verschiedener Farben aufeinander. „Steht man heute in den Räumen, so meint man tatsächlich die Farbstimmung klingen zu hören.“ Als das kernsanierte Gemeindehaus im September vergangenen Schweiz Bauherr: Einwohnergemeinde Meiringen Architekt/Bauleiter: Daniel Gisler, Architekturbüro Raess, Meiringen Innenarchitektur/Bürofachplanung/ Farbgestaltung: Eveline Kaufmann, form- sache AG, Schwendibach bei Thun Auftrag: Umbau und Sanierung des Gemeindehauses; ehemaliges Hotel, erbaut nach dem Dorfbrand von 1891, eröffnet 1902, umgenutzt als Verwaltungsgebäude. Es besteht aus einem Untergeschoss, drei Obergeschossen und einem Dachgeschoss. Mobiliar (Auswahl): USM Möbelbausysteme, Züco, Blaha, Création Baumann Anzahl Arbeitsplätze: 20 Arbeitsplätze, 3 Schalteranlagen, 4 Besprechungszimmer, 1 Stehtisch als informeller Treffpunkt, 1 Aufenthaltsraum Netto-Gebäudefläche: 840 m² Baukosten: 3,8 Mio. Schweizer Franken Anzeige KONOA INTERIOR: AKUSTISCHE DESIGNLÖSUNGEN FÜR BÜROIMMOBILIEN. KONOA BUILDING: DAS RAUMPROGRAMM FÜR FLÄCHENEFFIZIENZ UND WIRTSCHAFTLICHKEIT. DIE ZUKUNFT DES BÜROS: NEU ERFUNDEN. +RFKHƵ]LHQWH*HE¦XGHPLW$XVVWUDKOXQJSHUIHNWHQ$NXVWLN/LFKW XQG.OLPDEHGLQJXQJHQŢGXUFK/¸VXQJHQYRQ.RQRDp,QWHULRUXQG .RQRDp%XLOGLQJComing soon. [email protected] · www.konoa.de MENSCH & BÜRO das magazin büroprojekt zutrage. Das bestätigt rückblickend Architekt und Bauleiter Daniel Gisler. Der Inhaber des Meiringer Architekturbüros Raess sagt: „Herausragende Merkmale dieses Projekts waren die hohe Effizienz und die architektonischen Lösungen, die sich in der Zusammenarbeit zwischen dem Bauherrn und mit form-sache fließend ergaben.“ So habe man schon in einer frühen Phase des Projekts Klarheit über Schnittstellen und Kompetenzen geschaffen. Das wiederum habe sich un- 22 ter anderem positiv auf die Kosten und die Effizienz ausgewirkt. Ihm pflichtet Innenarchitektin Kaufmann bei: „Das Projekt betrachten wir als gelungenes Beispiel dafür, wie sich die frühzeitige Einbindung von Innenarchitektur und Bürofachplanung auf den gesamten Projektverlauf auswirken.“ Die transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten, der offene Meinungsaustausch – beispielsweise über Budgetfragen – habe das gesamte Projekt kontinuierlich vorwärts gebracht. „Das führte zu gegenseitigem Vertrauen und in der Folge zu Lösungen, die überzeugten und begeisterten.“ Der Wahrnehmung des damaligen Meiringer Gemeindeverwalters und Projektleiters Kohler zufolge teilen die Beschäftigten diese Einschätzung: „Ich bin davon überzeugt, dass sich die Mitarbeitenden an den neuen Arbeitsplätzen sehr wohlfühlen. Damit steigt die Arbeitsmoral und die Effizienz.“ Grundriss Erdgeschoss Grundriss 1. Obergeschoss Grundriss 2. Obergeschoss Grundriss Dachgeschoss Marlies Eggen ••• Grafiken: form-sache Ausgabe 2/2016