Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main – im Effizienzhaus Plus

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21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015
Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main – im EffizienzhausPlus-Standard | A. Wiege
Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main –
im Effizienzhaus Plus-Standard
Active townhouse in Frankfurt – «EffizienzhousePlus»
standardLa façade du futur – statique ou dynamique ?
Dipl. Ing. Architekt Andreas Wiege
HHS Planer+ Architekten AG
DE-Kassel
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Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main –
im Effizienzhaus Plus-Standard
1.
Herausforderung
In Frankfurt am Main in der Speicherstraße 20-26 entstand bis Ende Juli 2015 das AktivStadthaus der Wohnungsbaugesellschaft ABG FRANKFURT HOLDING. Auf einem der letzten Grundstücke im Gebiet Gutleutviertel / Westhafen haben HHS Planer + Architekten
aus Kassel die Herausforderung angenommen, in zentraler Lage das aktuell erste und
größte innerstädtische Mehrfamilien-Wohnhaus im Effizienzhaus-Plus-Standard der Bundesregierung zu errichten.
Abbildung 1: Aktiv-Stadthaus in der Innenstadt von Frankfurt am Main, Photo: Thomas Baron, Berlin
2.
EffizienzhausPlus-Standard
In diesem, durch die Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) geförderten Forschungsprojekt,
sollen die bisherigen Erkenntnisse im Maßstab von Einfamilienhäusern erstmals auf einen großmaßstäblichen Geschosswohnungsbau übertragen und auf ihre Umsetzbarkeit
geprüft werden.
Das Grundstück, welches aufgrund seiner Abmessung von rund 150 m Länge und nur 9 m
Tiefe lange Zeit als unbebaubar galt und nur als Parkplatzfläche genutzt wurde, bietet
nun Platz für das Wohngebäude mit 8 Geschossen und 74 Mietwohneinheiten in Größen
von 60 bis 120 qm.Technisch basiert das Stadt-Aktivhaus auf dem Prinzip des Passivhauses. Zielsetzung ist es durch eine optimierte Dämmung der Gebäudehülle und automatische Lüftungsanlage möglichst geringen Energiebedarf zu schaffen. Im Gegenzug
wird durch Wärmerückgewinnung in einem nahegelegenen Abwasserkanal die nötige
Energie für Fußbodenheizung und Warmwasser erzeugt.
Abbildung 2: Grundriss des Regelgeschoss (1.OG bis 6.OG), Quelle: HHS AG, Kassel
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Abbildung 3:Ansicht von Süd-Fassade des Gebäudes mit integrierter Photovoltaik, Quelle: HHS AG, Kassel
3. Photovoltaik
Der Großteil des Stroms wird über rund 750 PV-Module (Wirkungsgrad rund 20%) auf
einem rund 1500 qm großen auskragenden Pultdach erzeugt. Weiteren Strom produzieren die in der Südseite integrierten 348 Fassadenmodule auf rund 900 qm Fläche. Für
die fassadenintergierte Photovoltaik konnte die Herstellerfirma der Module (Solarnova
GmbH) bereits auf der Messe Intersolar Europe 2015 in München den Intersolar Award
2015 gewinnen.
Der Strom aus «eigener Produktion» wird in einer großen Batterie im Untergeschoss des
Hauses gespeichert. Dieser Puffer mit rund 250 Kilowattstunden Speicherkapazität dient
dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage an Elektrizität innerhalb des Gebäudes und
macht es somit zu einem «Smart Home», welches seine Bewohner bei der Energienutzung und -einsparung unterstützt.
Abbildung 4: Photovoltaikfassade mit Spiegelung der umliegenden Bebauung, Photo: Thomas Baron, Berlin
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Abbildung 5 + 6: Detailschnitt und Ansicht der Süd-Fassade mit Photovoltaikmodulen, Quelle: HHS AG, Kassel
4.
Hybridkonstruktion
Auf Grund der innerstädtischen Lage, der besonderen Form, mit rund 150 m Länge, nur
9m Grundstückstiefe und in der Höhe nur knapp unter der Hochhausgrenze (22 m) wurde nach einer ökonomisch und ökologisch sinnvollen Lösung gesucht dieses Mehrfamilienhaus maximal effizient zu konstruieren. Aus verschiedenen Gründen fiel die Entscheidung auf eine Hybridkonstruktion. Nur die primäre Tragstruktur ist aus Stahlbeton
(Geschossdecken und Schottentrennwände). Die gesamte Dach-, sowie Außenwandkonstruktion wurde in Holzrahmenelementen erstellt.
Abbildung 7 + 8: Fertigung der ersten Wände Januar und Februar 2013, Photo: HHS AG, Kassel
5.
Holzbau
Das schmale Grundstück, fast ohne Flächen für Baustelleneinrichtung, stellte einen weiteren Pluspunkt für die Entscheidung für Holzrahmenelemente dar. Der hohe Vorfertigungsgrad, die Elemente wurden sämtlich mit eingebauten Holz-Alu-Fenstern und der
vorgehängten Fassade aus Eternittafeln vorgefertigt und die direkte Anlieferung und
Montage der Elemente entspannten die Baulogistik sehr.
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Abbildung 9 + 10: Testaufbau der Musterwand im März, Montagebeginn Mai 2013,Photo: HHS AG, Kassel
Die knapp 100 Elemente haben Größen von etwa 3,05 m*12m. Diese Fassadenkonstruktion in Holz bietet eine Hand voll entscheidender Vorteile. So lässt sich der Wandaufbau
mit KfW-40 Standard mit rund 47 cm bei der Nordfassade (Eternitverkleidung) und bei
der Südfassade mit rund 55 cm(Fassadenphotovoltaik mit Hinterlüftungsebene) dünner
erstellen als in einer Massivkonstruktion. Dieses schafft auf dem schlanken Grundstück
zukünftig mehr vermietbare Fläche und ist somit eine wirtschaftliche und nachhaltige
Lösung.
Auch ökologisch kann die Wandkonstruktion mit der Verarbeitung von Holz und gedämmt mit dem Naturprodukt Zellulose die Ökobilanz des Gebäudes deutlich verbessern. Die Elemente tragen sich jeweils über die 7 Geschosse aufeinander ab, die Vertikallasten werden in die Decke über EG in das Gebäude eingeleitet. Alle Elemente erfüllen
mit der innseitig vorgestellten GK-Vorsatzschale die geforderten Schall- und Brandschutzanforderungen.
Abbildung 11: Schallschutzanforderung (Rw,R ≥ 44 dB) bis Schallschutzklasse 5, Photo: HHS AG, Kassel
Abbildung 12: Wärmedurchgangskoeffizient der Fensterkonstruktion: Ucw,BW ≤ 0,72 [W/m²K],
Photo: HHS AG, Kassel
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Abbildung 13: Detail Fenster Nordfassade, Quelle: Gumpp & Maier GmbH, Binswangen, Fenster+Raffstore:
Wipfler Fenster + Fassaden GmbH, Zusmarshausen-Wörleschwang
Abbildung 14: Detail Fenster Südfassade (Photovoltaik),Quelle: Gumpp & Maier GmbH, Binswangen, Fenster +
Raffstore: Wipfler Fenster + Fassaden GmbH, Zusmarshausen-Wörleschwang, PV-Fassade: Hunsrücker Glasveredelung, Kirchberg
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Abbildung 15: Detail Dachkonstruktion Südseite, Quelle: HHS AG, Kassel
Abbildung 16: Detail Durchdringung Lüftungsanlage Südfassade, Quelle: Gumpp & Maier GmbH, Binswangen,
PV-Fassade: Hunsrücker Glasveredelung, Kirchberg
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6.
Energiekonzept
Das Aktiv-Stadthaus besitzt eines der innovativsten Gebäudeenergiekonzepte für Geschosswohnungsbauten. Denn mit dem realisierten EffizienzhausPlus-Standard hat das
Aktiv-Stadthaus den bedeutsamen Schritt vom Energieverbraucher hin zum Gebäude als
Kraftwerk bereits getan.
Abbildung 17: Energiekonzept, Grafik+Text: egs-plan, Stuttgart
Die Gebäudehülle weist sehr gute Dämmeigenschaften auf und bildet damit die Grundlage
für einen niedrigen Heizwärmebedarf. Zusätzlich sorgt eine hocheffiziente Wärmeerzeugung mit einer Wärmepumpe für einen niedrigen Energiebedarf. Dabei wird aus einem
Abwasserkanal Wärme entzogen und mittels Wärmepumpe auf die benötigte Warmwassertemperatur gehoben.
Über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und an der Fassade wird mehr erneuerbare
Energie erzeugt als im Haus verbraucht wird. In der Energiezentrale befindet sich zudem
eine Batterieanlage, die überschüssigen Solarstrom speichert und den Mietern in den
Abendstunden zur Verfügung stellt. Für Zeiten in denen nicht genügend Solarstrom vorhanden ist versorgt das öffentliche Netz weiterhin das Haus mit Strom. Ein übergeordnetes
Energiemanagementsystem vernetzt intelligent die einzelnen Komponenten im Gebäude.
Ergänzend finden Sie in Ihrer Wohnung eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und
Haushaltsgeräte sowie Beleuchtung der höchsten Effizienzklasse. Diese hochwertige Basisausstattung ermöglicht eine energieschonende Nutzung der Wohnungen.
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7.
Smart Home
Bei jedem Gebäude stellt das Nutzerverhalten einen wesentlichen Faktor für den Energieverbrauch dar. Dies gilt umso mehr bei einem Mehrfamilien-Wohnhaus mit vielen
Bewohnern. Hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Bewohner von sich
aus eine hohe Motivation zum Energieeinsparen mitbringt. So kann es sein, dass bei
manchen Plus-Energie-Konzeptionen der Verbrauch aufgrund von Nutzergewohnheiten
von der Bilanz stark abweicht. Neben dem Energieverbrauch ist es bei einem PlusEnergie-Gebäude zudem von Interesse, den Eigengebrauch regenerativ erzeugten
Stroms zu Spitzenzeiten der Erzeugung zu erhöhen. Neben dem Einsatz innovativer
Technologien zur Energieerzeugung sollen daher die Mieter des Aktiv-Stadthauses über
ein Nutzerinterface zum Energiesparen bzw. Eigengebrauch des regenerativen Stroms
angeregt werden. Dieses soll den Energieverbrauch, die regenerative Energieerzeugung
und die Energiebilanz über Tablet-PCs in den Wohneinheiten sichtbar machen.
Jede der 74 Wohnungen ist mit einem Tablet ausgestattet. Die Mieter sind jederzeit über
die Ausnutzung des erzeugten Stromes informiert, so soll eine hohe Eigennutzungsquote
des Stroms gefördert werden und möglichst wenig Netzstrom zugekauft werden. Alle
steuerbaren Funktionen, wie z.B. Raumtemperatur und auch die Hausgeräte der Wohnung lassen sich hier bequem im eigens entwickelten Menü steuern. Auch können sich
die Mieter untereinander anonym im Energieeinsparen messen. Ein Warmmietenkonzept
nach einem Guthaben-System soll zusätzlich einen verstärkten Anreiz zur Energieeinsparung generieren. Ein solches Nutzerinterface mit Integration eines GuthabenKonzeptes war auf dem Markt nicht verfügbar. Die notwendigen Inhalte für das Interface
wurden daher im Rahmen eines weiteren Forschungsprojektes entwickelt und werden
heute von den Mietern genutzt.
Abbildung 18: Gebäudesteuerung via Tablet, Photo: Thomas Baron, Berlin
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8.
Mobilität
Das umfassende Konzept zum nachhaltigen Wohnen endet nicht an der Hauseingangstür,
acht Stellplätze mit Elektroautos des Anbieters book’n’drive im EG des Gebäudes halten
Bewohner und Car-Sharing-Kunden mobil. Die durch Nachverdichtung entstandene zentrale Wohnlage spart unnötige Pendlerwege aus der Peripherie und wirkt sich positiv auf
Umwelt und Wohlbefinden der Bewohner aus.
Abbildung 19: Elektro-CarSharing im Erdgeschoss des Aktiv-Stadthaus, Photo: Thomas Baron, Berlin
9.
Wirtschaftlichkeit
Das Gebäude ist zwar ein Pilotprojekt, muss aber trotzdem wirtschaftlich sein. Die ABG
will an diesem Projekt das Bauen der nicht mehr allzu fernen Zukunft erproben. Ab 2020
gelten die neuen Energieeinsparverordnungen für Neubauten EU-weit. Ab Juli 2015 können Mieter das Haus zu einem Preis von im Schnitt 13,50 Euro pro/qm bewohnen. Darin
enthalten sind nicht nur die geringen Heizkosten, sondern auch 1800 kWh Strom (abhängig von Wohnungsgröße) pro Jahr. Des Weiteren sind alle Wohneinheiten mit besonders sparsamen A+++ Hausgeräten ausgestattet.
10. Zahlen und Fakten
Objektadresse: Aktiv-Stadthaus, Speicherstraße 20-26, 60327 Frankfurt am Main
Architekt: HHS Planer + Architekten AG, Kassel
Auftraggeber: ABG FRANKFURT HOLDING Wohnungsbau- und Beteiligungsgesellschaft
mbH, Frankfurt am Main
Forschung: TU Darmstadt Lehrstuhl Energieeffizientes Bauen Prof. Hegger, Darmstadt
und Steinbeis Transferzentrum (Energie-, Gebäude- und Solartechnik), Stuttgart
Technische Gebäudeausstattung: EGS-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Stuttgart
Tragwerksplanung: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt
Holzbau: Gumpp & Maier GmbH, Binswangen
Fenster/Raffstore: Wipfler Fenster + Fassaden GmbH, Zusmarshausen-Wörleschwang
Photovoltaikfassade: Hunsrücker Glasveredelung Wagener GmbH & Co. KG, Kirchberg
Solarteur: Lorenz Energie GmbH, Gründau-Lieblos
Bruttogeschossfläche (BGF): 11.688 m²
Bruttorauminhalt (BRI): 38.070 m³
Gesamtwohnfläche WoFIV: (inkl. 50% Loggien): 6.644 m2
Grundstücksfläche: 1.296 m² (rund. 9m tief und 150m lang)
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Bauzeit: 24 Monate ( Aug. 2013 - Aug. 2015)
Baukosten: KG 100 - 700 = 26,2 Mio. (inkl. 19% MwSt.)
Fenster: Holzaluminium, 3-fach, g-Wert 0,44, Ug 0,5[W/m²K], Uf 0,72 – 0,80 [W/m²K]
Außenwand: 30cm Zellulosedämmung U-Wert 0,127 [W/m²K]
Photovoltaik-Stromproduktion gesamt: rund 300 MWh/a (Dach + Fassade)
Dach-Photovoltaik: 237 MWh/a bei 247 kWp (ca. 1500qm mit 770 Modulen)
Fassadenphotovoltaik: 55 MWh/a bei 118 kWp (ca. 900qm mit 348 Modulen)
Batteriespeicher: LiFePo-Technologie mit rund 250 kWh Speicherkapazität
Abbildung 20: Südfassade mit Photovoltaik, Photo: Thomas Baron, Berlin
Kennwerte nach EffizienzhausPlus Bewertung
(Monatsbilanz gemäß DIN V 18599), Standort Frankfurt am Main
Spezifische Transmissionswärmeverluste (H’T): 0,30 W/m²K
Endenergiebedarf: 27,1 kWh/m²a
Primärenergiebedarf QP: 65,1 kWh/m²a
Endenergieüberschuss: +7,0 kWh/m²a
Primärenergieüberschuss: 23,0 kWh/m²a
Eigennutzungsgrad PV: 54%
Energiestandard:«Effizienzhaus Plus» gemäß Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit BMUB und KfW 40 Standard
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