Umbauten Energiebunker, Hamburg-Wilhelmsburg Architektur: HEGGER HEGGER SCHLEIFF – HHS Planer + Architekten AG, Kassel Tragwerk: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt am Main Bauherr: IBA-Hamburg GmbH/Finanzbehörde Freie und Hansestadt Hamburg, Hamburg Das Tragwerk der Solaren Hülle Die markanteste Veränderung erfährt der ehemalige Flakbunker durch die Ergänzung mit der sogenannten Solaren Hülle. Die aus ca. 300 Tonnen Stahl errichtete Konstruktion ist in gebührendem Abstand an Dach und Südfassade montiert und trägt eine Solarthermie- sowie eine Photovoltaikanlage. Die prägnante Kontur des Gebäudes bleibt darunter deutlich zu erkennen. Die Aufgabenstellung sah vor, auf Dach und Südfassade wahlweise Photovoltaikoder solarthermische Module auf einer übermessenen » Die Kontur des historischen Flakbunkers bleibt unter der neuen Stahlkonstruktion für die Solarelemente deutlich erkennbar. » Solarthermie- und Photovoltaikelemente versorgen ca. 3.000 Haushalte des Quartiers mit Wärme und 1.000 mit Strom. 58 Preis des Deutschen Stahlbaues 2014 © HHS Identität durch Umnutzung Grundlegender Ansatz für die Sanierung (Hüllfläche und innere Tragstruktur) und Umnutzung war es, den Charakter als Mahnmal mit Identifikationswert für das Quartier zu erhalten. Dazu wurden Spuren der Originalsubstanz herausgearbeitet, die als „Fenster“ aus der monolithischen Überformung der alten Betonfassade hervortreten. Letztere war notwendig geworden, um die Bausubstanz als Ganzes zu erhalten. Die ursprüngliche Wehrhaftigkeit ist nunmehr durch das Öffnen der Fassade und die sichtbar © Bernadette Grimmenstein Der ehemalige Flakbunker in Hamburg-Wilhelmsburg aus dem Jahr 1943 konnte im März 2013 einer neuen Nutzung zugeführt werden. Durch die sogenannte „Entfestigung“ des von Friedrich Tamms geplanten insgesamt 42 m hohen Bollwerks durch die britische Besatzungsmacht im Jahr 1947 wurde die innere Tragstruktur zerstört. Dadurch war eine Nutzung über 60 Jahre lang nicht möglich. Im Kontext der IBA-Hamburg konzipierte man nun die Umwandlung der Kriegsruine in eine Energiezentrale, welche von der Hamburg Energie GmbH umgesetzt wurde. Gleichzeitig sollte das quartiersprägende Gebäude auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. gemachten Elemente der Energieversorgung gebrochen. Die neue zivile Nutzung tritt somit deutlich in den Vordergrund. Die oberen Ebenen des Flakbunkers – durch die Höhenlage baurechtlich als Hochhaus eingestuft – sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Ebene 08 beherbergt ein Café, das in den an der Außenfassade liegenden Räumen der ehemaligen Gasschleusen und Munitionskammern untergebracht ist. Die Kontur des Flakturmes blieb dabei erhalten. Die Technikzentrale befindet sich in dem durch die Zerstörung der inneren Struktur entstandenen zentralen Raum mit einer Höhe von ca. 28 m. Sie versorgt ca. 3.000 Haushalte im Quartier mit bis zu 85 Prozent regenerativ erzeugter Wärme – unterstützt durch Industrieabwärme eines benachbarten Betriebs – und ca. 1.000 Haushalte mit Strom. Zentrum der Anlage ist ein 2.000 Kubikmeter Wasser fassender Wärmespeicher. Die Jahresarbeit von 22.420 MWh wird somit hauptsächlich von Grundlasterzeugern gedeckt. Der Großpufferspeicher reduziert so den Einsatz von Spitzenlasterzeugern und damit die installierte Gesamtleistung. © HHS/Guido Höfert Umbauten » Die Lasten werden über ein aufgelöstes V-Stützensystem auf das vorhandene Dach des Bunkers abgeleitet. Fläche von ca. 4.200 Quadratmeter anzuordnen. Die Architekten reagierten darauf mit einer flexibel zu bestückenden Tragkonstruktion. Tragwerk und Dimensionierung der Tragwerkselemente konnten so auf die im Bieterverfahren zu bestimmende Bestückung (Modulart, Modulgröße, Anstellwinkel, Modulabstand) abgestimmt werden. Das Primärtragwerk der Aufständerung auf dem Dach besteht aus Fachwerkbindern, die in Haupt- (Nord-SüdRichtung) und Nebenträger (Ost-West-Richtung) unterteilt sind. Die Hauptträger setzen sich in der Südfassade als Gitterträger für die Unterkonstruktion der Photovoltaikmodule fort. Diese Träger sind so ausgebildet, dass die Kragplatte ausgespart und die Konstruktion dadurch dicht an der Gebäudeaußenwand geführt wird – hiermit wird eine Überschreitung der vorhandenen Grundstücksgrenze vermieden. Das Dachtragwerk wird über insgesamt neun Stützensysteme (aufgelöstes V-Stützensystem in den Bettungen zur Aufnahme der Schubkräfte) auf das vorhandene Dach des Flakbunkers gesetzt. Der gewählte Achsabstand der Nebenträger ist auf die Stützenausbildung abgestimmt und insbesondere der erforderlichen Aussparung der weit über Dach geführten Abgasrohre der nordöstlichen Gefechtsbettung angepasst. Querverbände zwischen den Hauptträgerfeldern und den Nebenträgerfeldern der vier Hauptstützen steifen die Dachkonstruktion aus. Die Gitterträger des Fassadentragwerks werden über V-förmig angeordnete Zugstäbe in der Gebäudeaußenwand rückverankert. Die Diagonalaussteifung erfolgt wieder in der Ebene der Hauptträger. Das Sekundärtragwerk besteht aus einzelnen sogenannten Leiterrahmen und legt sich parallel zur Südfassade auf das Primärtragwerk des Dachs. Die Leiterrahmen nehmen die Wartungsstege (Gitterroste) und die Befestigung für die Absturzsicherung auf. Sie dienen als Auflager für die Aufständerung der Solarmodule. bauforumstahl 59