Bauen für die Zukunft Projekte der HHS Planer+Architekten AG „Nachhaltigkeit“– ein Begriff, inzwischen so inflationär verwendet, dass man ihn nicht mehr gerne in den Mund nimmt. Und so ist auch „nachhaltiges Bauen“ eine Standardvokabel, die ständig und überall beschworen wird, deren Bedeutung dabei aber häufig allzu nebulös und vage bleibt, ähnlich wie die des Etiketts „Bio“ auf unseren Lebensmitteln. Ganz anders beim Kasseler Architekturbüro Hegger Hegger Schleiff, HHS Planer+Architekten. Nicht nur, dass einer der drei Gründer und Vorstand, Manfred Hegger als Präsident der DGNB, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V., maßgeblich an der Entwicklung eines Zertifizierungssystems zur Bewertung umweltfreundlicher, Ressourcen sparender und wirtschaftlich effizienter Gebäude beteiligt war und damit ganz erheblich zu einer klaren und umfassenden Definition nachhaltigen Bauens beigetragen hat, auch die Projekte von HHS, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden, sind im besten Sinne des Wortes nachhaltig. Das Architekturbüro mit 25 Mitarbeitern, das seit 1998 erfolgreich mit ARCHICAD arbeitet, hat eine Vielzahl Bauvorhaben realisiert, in denen sich zukunftsfähige Energie- mit flexiblen Nutzungskonzepten, Ressourcen schonender Ein­ satz von Materialien und größter Nutzerkomfort mit qualitätvoller, spektakulärer Architektur verbinden. So zum Beispiel bei ihrem Projekt Solar Academy, ein modernes Schulungszentrum, das HHS Architekten für die SMA Solar Technology AG in Niesetal bei Kassel realisiert haben. Die schwebende Energie-Insel Dass die SMA, die als weltweit größter Hersteller von SolarWechselrichtern aktiv zum Klimaschutz beiträgt, auch beim Bau ihrer Gebäude ein Energiekonzept verfolgt, das auf Erneuerbarkeit und größtmögliche Vermeidung von CO2Emmissionen zielt, liegt auf der Hand. So standen HHS Architekten nicht nur vor der Aufgabe ein Schulungszentrum, sondern quasi ein „Kraftwerk“ zu bauen, d.h. ein Gebäude zu entwickeln, das alle für seinen Betrieb notwendige Ener­ gie selbst erzeugt. Eine weitere Herausforderung bot die Grundstückssituation, steht die Solar Academy doch inmitten einer Hochwasserzone der Fulda. Günter Schleiff, ebenfalls Gründungsmitglied bei HHS, und sein Planungsteam fanden eine überzeugende Lösung, indem sie Konstruktion und Gestaltung des Gebäudes von den eben genannten Forderungen bzw. Voraussetzungen ableiteten und diese intelligent miteinander verknüpften. „Die erste Entscheidung war, „über“ dem Wasser zu bauen und das Gebäude auf Stützen zu stellen“, erinnert sich Günter Schleiff. „Wir haben daher nach einer Gebäudeform SMA Solar Academy, Ansicht Süden, © HHS Planer + Architekten gesucht, die eine gewisse Leichtigkeit besitzt und auch von unten schön aussieht. Da die Energie im Wesentlichen von gebäudeintegrierten Photovoltaik-Modulen erzeugt werden sollte, haben wir geneigte Fassaden- und Dachflächen konzipiert, um eine Optimierung der solaren Erträge sicherzustellen“, so Schleiff. Großflächige gebäudeintegrierte Photovoltaikelemente fungieren als Dach und als Fassade. Somit vereint die Gebäudehülle technische Anforderungen mit der Ästhetik eines schwebenden leichten Baukörpers. Die Polygonalität der Fassaden- und Dachflächen korrespondiert wiederum mit der Grundrissform, die sich durch das große Foyer in der Gebäudemitte ergibt. „Eine Form, die alle Anforderungen architektonisch umsetzt, ist das im Querschnitt unregelmäßig röhrenförmige Profil des Gebäudes, das zwei Fassaden mehr hat als ein normales Haus, denn auch die Unterseite und das Dach sind sichtbare Fassaden,“ erklärt Schleiff. Die Verankerung im Boden erfolgt über einen Kern aus Sichtbeton, in dem sich auch die Erschließung des Gebäudes und die erforderlichen Versorgungsanschlüsse befinden – einen Stromanschluss benötigt das energieautarke Gebäude freilich nicht. Im Obergeschoss sind ein Foyer, die Schulungsräume und die Technikzentrale untergebracht, die einsehbar quasi als Showroom das Gebäude selbst zum technischen Anschauungsobjekt macht. Seit August 2010 in Betrieb, erzeugt das Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von 1.600 qm nahezu die gesamte Energie, die es benötigt und funktioniert unabhängig vom öffentlichen Stromnetz als energetischer Inselbetrieb. Ein hoher Wärmeschutzstandard in Verbindung mit dem Kältemedium Grundwasser aus Tiefbohrungen und ein Blockheizkraftwerk mit Biogasbetrieb – für den Fall nicht ausreichender PV-Leistung im Winter – sichern diese Lösung ab. Nicht nur mit seinem innovativen und klimaneutralen Energiekonzept überzeugt dieses Projekt, sondern auch durch den hohen Komfort, den es seinen Nutzern bietet und last but not least mit seiner klaren, lichten und große Leichtigkeit ausstrahlenden Formensprache. Klimaneutrale Fabrikation – hohe Arbeitsplatzqualität Zwei weitere nicht minder ambitionierte Bauvorhaben realisierte das Kasseler Büro für die SMA mit dem SolarWerk 1 und dem SMA Service Center. Ersteres stellt bis heute die weltweit größte Solar-Wechselrichterfabrik mit CO2-neutraler Fabrikation dar. Das ebenfalls energieautarke Gebäude mit einer lichten Höhe von 8,50 Metern wurde von den Architekten als liegender Baukörper in Analogie zu einem industriellen Strangpressprofil entwickelt. Die Längsfassaden der Produktionshalle sind leicht gekrümmt und werden von vertikalen Fensterelementen „perforiert“. Im Kontrast dazu bestehen die beiden Stirnseiten komplett aus Glas; ein einspringender Sockel lässt das „Profil“ schweben. Die Längsseiten der Halle erhielten eine vorgehängte Fassade aus weißen Aluminiumverbundplatten, die Fensterelemente sind dunkelgrau. Neben der Halle für die Montage und Herstellung der Wechselrichter sind in den Randbereichen im Obergeschoss Sozial- und Büroräume untergebracht. Die Gebäudezugänge für die rund 450 Mitarbeiter befinden sich an den beiden Stirnseiten. Die für die Energieversorgung notwendigen Photo­ vol­ taik­anlagen wurden entweder als Aufdach-Systeme auf dem Hallendach montiert oder aber auch gebäudeintegriert installiert, beispielsweise in die Oberlichter, in die Vordächer über dem Logistikhof oder in einer Außenterrasse. Die Gesamtleistung der Anlagen beträgt 1,2 MWp und deckt damit den gesamten Energieverbrauch der Produktionshalle; überschüssiger Strom wird direkt in das öffentliche Netz gespeist. Für die Wärmeerzeugung im Winter sorgt ein biogasbetriebenes Blockheizkraftwerk. Produktionshalle Neben der Forderung nach autarker Energieversorgung komplett aus erneuerbaren Energien galt es auch, andere wesentliche Komponenten nachhaltigen Bauens zu realisieren: größte Flexibilität bei der Nutzung der Produktionshalle sowie hohe Arbeitsplatzqualität. Auch in diesem Sinne überzeugten Hegger Hegger Schleiff, so dass der nächste noch größere Auftrag, das SMA Service Center, unmittelbar folgte und inzwischen auch fertig gestellt werden konnte. Superlative wurden nicht nur im Bezug auf die Klimaverträglichkeit der Gebäude erreicht, sondern auch bei der Geschwindigkeit, in der das Solar-Werk 1 geplant und realisiert wurde. Beinahe unvorstellbar, dass es vom Startschuss bis zur Fertigstellung gerade einmal etwas länger als zwölf Monate dauerte. Optimierte Arbeitsabläufe – dank ARCHICAD Unverzichtbar ist dabei eine durchgängig funktionierende Software, die Planungsprozesse beschleunigt und Arbeitsabläufe optimiert. HHS arbeiten seit fast 15 Jahren mit ARCHICAD. Dabei war im Kasseler Architekturbüro, in dem fast alle Projekte von Beginn an in 3D geplant werden, die hervorragende 3D-Fähigkeit des Programms und die Möglichkeit, mit realen Bauteilen zu planen, ein ganz wesentliches Entscheidungskriterium. Nicht „nur“ bei der Planung, sondern auch bei der späteren Visualisierung bauen die Architekten auf die guten 3D-Qualitäten von ARCHICAD, sind sie doch eine wesentliche Voraussetzung für klare, eindeutige Abstimmungen und eine gute Kommunikation mit dem Bauherren bzw. anderen Projektbeteiligten. Heute verfügt das Büro über 21 ARCHICAD Lizenzen. Als ArchiCARD-Kunden installieren HHS Architekten die im zwölfmonatigen Zyklus erscheinenden Updates regelmäßig auf allen Arbeitsplätzen. „Das funktioniert in der Regel reibungslos – auch bei laufendem Geschäft, so dass wir meist bereits schon kurz nach der Umstellung von den Neuerungen des jeweiligen Updates profitieren“, bestätigt Bence Zobor, Architekt bei HHS. Als wichtigste und herausragende technologische Entwicklung der letzten Jahre bewertet man im Büro die neue Teamworkfunktion. „Kurz nachdem ARCHICAD 13 mit Teamwork 2.0 auf den Markt gekommen war, testeten wir in einer Gruppe von drei bis vier Mitarbeitern die neue Funktion. Sowohl die Installation als auch die Arbeit mit dem BIM Server klappten von Beginn an hervorragend“, erinnert sich Zobor. Bei der Markteinführung von ARCHICAD 14 wurden dann alle Projekte des Büros, an denen mehr als ein Kollege arbeitete, als Teamworkdateien angelegt. Das funktionierte problemlos und lief auch dank der Unterstützung von Volker Ponzer, Geschäftsführer der CAD intern GmbH und GRAPHISOFT Partner vor Ort, innerhalb von zwei bis drei Tagen nahezu reibungslos. Zur Zeit existieren bei HHS circa 20 Teamworkdateien. „Die sind schnell und einfach anzulegen“, freut sich Bence Zobor. „Und die unkomplizierte Freigabe der Elemente und Bereiche, die problemlose und lückenlose Kommunikation der Mitarbeiter untereinander, ja die Zusammenarbeit eines „Energiebunker“ Planungsteams an einem Modell quasi in Echtzeit, das ist ein großer Fortschritt! Wir haben uns mittlerweile so daran gewöhnt, dass der BIM Server aus unserem Büroalltag nicht mehr wegzudenken ist. Teamwork 2.0, das bedeutet eine signifikante Beschleunigung der Arbeitsabläufe, Optimierung der Prozesse und Minimierung der Fehlerquote. Außerdem macht’s auch mehr Spaß, weil lästige Wartezeiten und umständliche Zugangsrechte entfallen“, so Zobor. Nahwärmeversorgung eines angrenzenden Wohngebietes, des Reiherstiegviertels, umgenutzt. Zu dieser technischen kommt noch eine weitere, eine öffentliche Nutzung hinzu: Im 1942 errichteten Bunker, der bis zu 30.000 Menschen Schutz bot, und der mit seinen vier Flaktürmen gleichzeitig Teil der deutschen Kriegsmaschinerie war, sollen ein Dokumentationszentrum und ein Besucher-Café eingerichtet werden. Der BIM Server ist eine, aber längst nicht die einzige Neuerung der letzten ARCHICAD-Versionen, auf die man bei HHS nicht mehr verzichten möchte. „Das neue Fassadenwerkzeug beispielsweise wird bei uns in fast allen Projekten eingesetzt und erleichtert bzw. beschleunigt unsere Planung. Sehr hilfreich sind auch die eingebetteten Bibliothekselemente, die als Projektdaten stets erhalten bleiben. Bei einem aktuellen, außergewöhnlichem Bauprojekt, dem sogenannten „Energiebunker“, haben sich, um zwei weitere Beispiele zu nennen, die neuen Werkzeuge der 3D-Modellierung und die Solid-Element-Befehle bewährt. Ohne diese hätten sich die speziellen Geometrien, wie sie hier benötigt wurden, nur schwer herstellen lassen“ erklärt Bence Zobor. Keine alltägliche Planungsaufgabe! Doch zunächst einmal hieß es: Sanierung des Betons und Wiederherstellung des Tragwerkes. Durch gezielte Sprengungen war der Stahlbetonklotz nach dem 2.Weltkrieg im Inneren völlig zerstört worden. Sechs der acht Etagen waren eingestürzt; nur die äußere Hülle mit bis zu zwei Meter dicken Wänden und vier Meter dicken Decken war nahezu unbeschädigt geblieben. Vom Bunker zur Energiezentrale mit Aussicht Der „Energiebunker“, das aktuellste Bauvorhaben von HHS, gilt als eines der Schlüsselprojekte der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg. Ein ehemaliger Flakbunker im Stadtteil Wilhelmsburg wird zur Energiezentrale für die Ziel der Planung bei HHS war es, sowohl die technische als auch die öffentliche Nutzung des Gebäudes mit möglichst wenigen Eingriffen in das denkmalgeschützte Bauwerk zu realisieren. Dabei sollte die zivile Nutzung nach außen hin deutlich sichtbar gemacht werden. Das Museumscafé beispielsweise erhält innerhalb der Turmkontur eine großzügige Fensteröffnung. Eine große Öffnung an der Westfassade diente zunächst der baulichen Instandsetzung und wird später zum Sichtfenster in die Technikzentrale. „Energiebunker“ mit Aussicht Das Dokumentationszentrum, so sieht es die Planung von HHS vor, wird u.a. in einer der vier sogenannten Gefechtsbettungen auf dem Dach des Bunkers untergebracht. Das Museumscafé entsteht direkt unter der Ausstellungsfläche, wobei die bestehende Auskragung zu einer umlaufenden Außenterrasse wird, die einen einmaligen Blick auf Hamburg und den Hafen freigibt. Die Technikzentrale des Nahwärmenetzes zieht in die unteren Etagen. Ein etwa 8.000 Kubikmeter Wasser fassender Speicher wird in der Mitte des ehemaligen Bunkers platziert. Auf seiner Südseite ist eine Photovoltaikfassade vorgesehen. Winkelförmig dazu schließt sich auf dem Dach eine Sonnenkollektorfläche von circa 2.000 qm an. Die Eigenständigkeit der Kontur des Bunkers, darauf legten die Planer größten Wert, wird davon nicht beeinträchtigt. Mit der intelligenten Verknüpfung der Energieerzeugung aus Solarenenergie, Biogas, Holzhackschnitzeln und Abwärme aus einem benachbarten Industriebetrieb wird der Energiebunker nach seiner Fertigstellung, die für das Jahr 2013 geplant ist, einen Großteil des Reiherstiegviertels mit Wärme versorgen und darüber hinaus erneuerbaren Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Ein wirklich außergewöhnliches Projekt: Das seit über 60 Jahren ungenutzte „Kriegsbauwerk“ wird nun als weithin sichtbarer „Energiebunker“ einen Meilenstein auf dem Weg zu einer erneuerbaren Energieversorgung der Elbinseln markieren und gleichzeitig als Dokumentationszentrum an die finstersten Kapitel deutscher Geschichte erinnern. Da verwendet man ihn doch wieder gerne, den Begriff: Nachhaltigkeit. Das Büro HHS Planer + Architekten AG wird betreut von unserem Partner: GRAPHISOFT Center Kassel Volker Ponzer, CAD intern GmbH [email protected] München/Kassel, April 2012 Fotos: Constantin Meyer, Köln Renderings: HHS Planer + Architekten AG Text: Angelika Keitsch Layout: FORM+ZEICHEN www.graphisoft.de I www.graphisoft.at HHS Planer + Architekten AG Habichtswalder Strasse 19 I 34119 Kassel www.hhs.ag