Biblische Gemeindeleitung1 - Biblisch

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Biblische Gemeindeleitung
© Ronald Senk
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Biblische Gemeindeleitung1
Eine biblisch-theologische Untersuchung
Von Ronald Senk (BTh, HonsBTh, MTh)
Einleitung
Viele Christen sind hin und hergeworfen, weil sie einerseits die biblische Lehre
sehen, aber andererseits sich auch der (andersdenkenden) Gemeindeleitung
unterordnen möchten. Um diese Frage beantworten zu können, muss die Schrift über
die Autorität von Gemeindeleitern hin befragt werden.
Diese praktisch-theologische Frage gehört eigentlich auch in den Bereich der
Hermeneutik. Denn wenn die Entscheidung über die rechte Schriftauslegung in den
Händen von den Gemeindeleitern gelegt sein soll, dann sind diese Menschen ein
wichtiger Schlüssel für die „rechte Schriftauslegung“.
Wir werden daher der Frage nachgehen, wie viel Lehrautorität ein heutiger
Gemeindeleiter für sich in Anspruch nehmen darf und was dies konkret für den
Umgang mit unterschiedlichen Ansichten bedeutet.
Wie viel (Lehr-)autorität haben heutige Gemeindeleiter?
Eine „göttliche Vollmacht und Autorität“ einer Person ist allein vom Wort Gottes
geliehen und keine dem Menschen ontologisch-habituell gegebene „pneumatische
Eigenschaft“. Verkündigt und handelt ein Ältester (oder Missionar, Evangelist,
Sonntagsschulmitarbeiter usw.) in Übereinstimmung mit der Schrift, handelt er in
Vollmacht. Aber nicht in eigener Vollmacht, sondern in der Vollmacht des lebendigen,
mächtigen und geisterfüllten Wortes Gottes (Jes.55,10f; Jer.23,; Neh.9,30; Joh.3,34;
6,63; Apg.20,32; 1.Kor.1,18.21; Röm.1,16; 1.Thes.2,13; Eph.6,17; 2.Tim.3,15-17;
Hebr.4,12; Jak.1,18; 1.Petr.1,23 uva.2). Besonders Apg.20,32 macht diesen
Sachverhalt deutlich.
Roloff kommentiert dazu:
„Das Amt [des Ältesten - RS] garantiert für Lukas trotz der hohen Bedeutung, die er
ihm beimißt, nicht die Wirksamkeit des Geistes, es ist vielmehr selbst der im Wort
gegenwärtigen Macht des Geistes unterstellt. Das Wort Gottes allein ist mächtig, die
Kirche zu ’erbauen’ - hinter dieser Wendung steht das im Neuen Testament
verbreitete Bild der Kirche als der Gottestempel der Endzeit (1.Kor.3,9-14; Eph.4,12
u.a.) – und das zukünftige Heil zu erschließen. (...) Lukas erweist sich als ’Theologe
des Wortes’”3
Barrett sagt: „In fact it is the word of God, God in his word, who is able to build up the
elders themselves and the church that they serve.”4
Menschen – auch Gemeindeleiter – haben nur in dem Maße „Autorität und
Vollmacht“, wie sie sich an Gottes Wort halten. Denn nicht Menschen regieren die
1
Vgl. Ronald Senk. 2006. Das Israel Gottes – Die Frage nach dem Volk Gottes im Neuen Bund. RVB
Hamburg.
2.ed. S.98-115
2
Ronald Senk. 2008. Das Schwert des Geistes – der Zusammenhang von Wort und Geist in der Heiligen
Schrift.
2.ed. Betanien Oerlinghausen (siehe dazu auch die Corrigenda zur 2.Auflage auf „cbuch.de“).
3
Jürgen Roloff. 1981. Die Apostelgeschichte (NTD 5). Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht., S.306f
4
Charles K. Barrett. 1998. The Acts of the Apostles Bd.II (ICC). Edinburgh T & T Clark. S. 981
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Gemeinde, sondern Gott mit seinem lebendigen und pneumaerfüllten Wort. Die
Aufforderungen im NT sich den Gemeindeleitern unterzuordnen und gehorsam zu
sein (z.B. Hebr.13,17 u.a.) gelten nicht als „Autoritäts- Blankoscheck“. Als die
Verfasser (Paulus u.a.) diese Aussagen formulierten, hatten sie konkrete Menschen
vor Augen, von denen sie wussten, dass sie die rechte Lehre recht austeilten
(damals hatte nicht jeder eine „Bibel“ und man war viel mehr von der Lehre anderer
abhängig – daher auch mehr Verantwortung).
Die Apostel haben aufs engste mit den Ältesten der Gemeinden
zusammengearbeitet und diese (durch Mitarbeiter und anhand vorgegebener
Kriterien) eingesetzt (vgl. nur Apg. 15,1ff; 20,17ff; Tit.1,9; 1.Tim.5,22 u.a.). Oder sie
wurden sogar direkt vom Heiligen Geist eingesetzt (vgl. Apg.20,28 mit 13,2f ). Von
diesen so durch die Apostel (oder deren Mitarbeiter) bzw. den Heiligen Geist
erkannten (oder den Aposteln bekannten) Ältesten konnte gesagt werden, dass man
ihnen gehorchen und folgen sollte. Auch die anderen Anweisungen bzgl. der Ältesten
im NT (wie z.B. die Anweisungen in 1.Tim.5,17-21 über die Anklage oder den
Umgang mit Ältesten) dürfen nicht auf heutige (zumeist von der Gemeinde
demokratisch gewählte oder bestätigte5) Gemeindeälteste oder Leiter übertragen
werden, da sie alle nicht direkt von Gott eingesetzt wurden und keine
„gleichwertigen“ Ältesten oder Leiter wie z.Zt. des NT sind bzw. sein können. Heute
(in der nachapostolischen Zeit) gibt es keine apostolisch-pneumatisch berufenen
Ältesten bzw. Gemeindeleiter mehr, wie es sie z.Zt. des NT gab. Diese
neutestamentlichen Ältesten hatten eine apostolisch-göttliche Lehrautorität, die es
heute nicht mehr gibt. Daher sind die Aussagen über die Ältesten bzw.
Gemeindeleiter nicht auf heutige „Amtsinhaber“ übertragbar. Dies betrifft vor allem
Aussagen über die Autorität und Vollmacht von Ältesten (gegen Stadelmann,
5
Älteste wurden nicht demokratisch gewählt, sondern anhand bestimmter apostolischen Kriterien und
Auflagen erkannt und eingesetzt. Nur weil eine Anzahl oder Mehrheit von Menschen eine Person zu ihrem
„Führer“ wählen, hat dies keinerlei geistliche oder theologische Bedeutung (geschweige denn „geistlichtheologische Autorität“). Es wird einem bei einer solchen Wahl oft suggeriert, dass der Heilige Geist sie
dabei leiten würde. Diese Vorstellung ist schwärmerisch und nicht mit der Bibel zu begründen. Zumeist
ist es eben nicht „der Heilige Geist“, sondern die Sympathie oder andere menschliche Kriterien, die die
Wahl bestimmen.
Vor allem im Blick auf so manche theologischen Überzeugungen und Vorstellungen mancher Gemeinden
ist eine Verbindung bzw. Ineinssetzung von „Gottes Willen“ und „Demokratischer Wahl“ unhaltbar und
utopisch.
Auch Apg.6,3-5 kann nicht als Beleg für die demokratische Wahl genommen bzw. als Anleitung zur
heutigen Ältestenwahl herangezogen werden. Zuerst geht es hier um eine Diakonen-, nicht um eine
Ältestenwahl (vgl. den ausdrücklichen Unterschied zur Lehraufgabe in V.2b). Dabei ist die Bezeichnung
„Diakon“ nicht unbedingt mit einem „Leitungsamt“ der Gemeinde verbunden, sondern – wie hier in Apg.6
die Verwaltung des Witwengeldes – mit einem ganz bestimmten Dienst und Auftrag (vgl. Röm.16,1, wo
eine Frau einen diakonischen Dienst ausübt, obwohl nach Tit.1,5ff und 1.Tim.2,11ff den Frauen diese
Dienste nicht erlaubt sind – siehe Fußnote 13). Zweitens wurde hier nicht gewählt (also demokratisch
„abgestimmt“), sondern anhand von geistlichen Kriterien wurden Leute „erkannt“ (hier ist eine Analogie zu
dem Vorgehen in 1.Tim.3,1-13; Tit.1,5-9 zu sehen). Danach wurden diese Leute von den Aposteln durch
Handauflegung in ihrem Dienst bestätigt und eingesetzt. Auch dies ist heute in der nachapostolischen Zeit
nicht mehr möglich, so dass – selbst wenn es hier in Apg.6 um den Ältestendienst gehen würde – dies
nicht auf uns heute übertragbar wäre. Es ist einfach unzulässig und inkonsequent Teile eines
zusammenhängenden Bibeltextes (bzw. eines zusammenhängenden Vorgangs, wie hier bei dieser
„Diakonenwahl“) aufzuspalten, indem man einige Sachen daraus direkt auf heute überträgt und andere
(wie die Handauflegung der Apostel) einfach in der Übertragung auf heute ignoriert – der Text bzw. hier
beschriebene „Wahl und Erkennungsvorgang“ ist entweder ganz oder gar nicht (direkt) übertragbar. Dies
gilt auch für viele andere Schriftaussagen (FN). Daher hat keine heutige „Ältestenerkennung“ eine (direkte)
pneumatisch-apostolische Legitimation oder Autorität.
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Strauch, Peters6 u.a.). Zwar hing die Vollmacht der neutestamentlichen Ältesten und
Gemeindeleiter auch von deren Übereinstimmung mit der rechten (apostolischen)
Lehre zusammen, doch war dies durch die apostolische Prüfung und (z.T. zusätzlich
pneumatische) Berufung gegeben. Weder hat heute jemand ein „apostolisches
Empfehlungsschreiben“ noch eine direkt pneumatische Berufung für sein Ältestenamt
(auch wenn manche dies von sich selber behaupten). Außer auf eine theologische
Ausbildung, homiletisch-rhetorische oder andere (organisatorische) Fähigkeiten,
einer menschlich-demokratischen Wahl etc. kann man sich nicht berufen. Diese
Dinge aber sind in keiner Weise eine Berechtigung, für sich eine besondere
geistliche Vollmachts- oder Führungsautorität (in Analogie zum NT) zu
beanspruchen.
Aussagen wie Hebr.13,17 darf man daher nicht einfach auf heutige xbeliebige
„Gemeindeleiter“ übertragen7, als wenn sie sozusagen qua Amt diese Lehr- (oder
sonstige) Autorität hätten. In Hebr.13,7 erwähnt der Verfasser die „Führer“ (griech:
ton hägoumenon), welche den Adressaten „das Wort Gottes“ verkündigt hatten. In
Hebr.13,17 spricht er auch von den (neuen8) „Führern“ (griech: tois hägoumenois),
denen sich die Adressaten nun unterzuordnen haben und denen sie gehorchen
sollen. In 13,24 lässt er diese auch ausdrücklich grüßen. Der Apostel hat hier also
6
„Den Ältesten der Gemeinde sollte von allen Gliedern Gehorsam und Ehrerbietung entgegengebracht
werden. So biblisch das allgemeine Priestertum ist, so unbiblisch ist es, denen die Ehre und den
Gehorsam zu verweigern, die einen besonderen Dienst in der Gemeinde ausüben.“ Helge Stadelmann.
1985. „Gemeindedemokratie oder Führungsverantwortung der Ältesten“. In: www.efg-hohenstaufenstr.de;
vgl. auch Benedikt Peters. 1996. Weder Diktatur noch Demokratie. Bielefeld CLV. S.78. Viele Menschen
berufen sich dann fälschlicherweise auf eine „göttliche Autorität“, welche Gott ihnen aber nie gegeben oder
zugesprochen hat. Andererseits werden viele Christen völlig unberechtigt zu einen Gehorsam „gegenüber
Gott“ bzw. den „von Gott eingesetzten“ Ältesten aufgerufen und ermahnt. Ungehorsam gegenüber den
„Ältesten“ wird dann nicht selten mit „Ungehorsam gegenüber Gott selber“ gleichgesetzt. Manche drohen
sogar mit „Segensverlust“ oder „Fluch“. Hier werden sich eines Tages viele sog. „Ältesten“ dafür vor Gott
rechtfertigen
müssen.
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Bei der Auslegung der Schrift ist es von enormer Wichtigkeit, die Bibel nicht wie ein „Orakelbuch“ zu
behandeln, indem man z.B. (so gut wie) alle Schriftaussagen direkt auf sich überträgt bzw. anwendet. Man
muss genau hinschauen, wer im Text angesprochen bzw. über wen im Text berichtet wird. Natürlich ist
jeder Buchstabe der Schrift Gottes Wort für uns. Doch nicht in dem Sinne, dass man willkürlich
Schriftstellen direkt auf sich bezieht. Wir lernen auch aus den indirekten und geschichtlichen Texten etwas
über Gott und auch über uns und theologische und ethische Prinzipien, welche wir dann indirekt auf uns
und unser Glaubensleben anwenden können (vgl. 2.Tim.3,15-17). Doch niemand steinigt heute – wie im
AT vorgeschrieben – Kinder, wenn sie gegen die Eltern rebellieren (5.Mo. 21,18ff); niemand schlägt mit
einem Stock an einen Stein um Wasser zu empfangen, nur weil Gott dies dem Mose so gesagt hatte;
niemand darf von Gott eine direkte Führung in der Partnerwahl fordern bzw. erwarten, nur weil er dies so
mit Isaak und Rebekka (u.a.) gemacht hat; niemand verkauft seine ganze Habe und geht heute mit nur
„einen Unterkleid“ und ohne „Sandalen, Stab und Beutel“ durch Judäa wunderwirkend missionieren, nur
weil Jesus das damals seinen Jüngern aufgetragen hatte usw.. Hier könnte man noch etliche Beispiele
anführen. Man kann und darf nicht einfach bestimmte Aussagen oder Verheißungen der Bibel auf sich
direkt übertragen, wenn der Text eindeutig zeigt, dass hier eine andere Heilszeit (alter Bund) oder eine
bestimmte Person und Situation gemeint ist und nicht die „allgemeine Glaubensgemeinschaft“ (bzw. das
ganze Volk Gottes zu allen Zeiten). Dies trifft auch für Aussagen wie z.B. Hebr.13,17 zu. Ähnliches gilt für
die Empfehlungen und Autoritätsbestätigungen des Paulus für Timotheus oder anderer Mitarbeiter. Diese
dürfen nicht einfach direkt auf uns übertragen werden, weil Paulus hier von konkreten Personen redet (wie
in Hebr.13,17) und nicht einfach generell sagen will, dass jedem beliebigen „Ältesten“ zu gehorchen ist.
Dieses hermeneutische Thema ist zu komplex, um es hier ausführlich zu behandeln (vgl. dazu Fußnote
2).
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Man muss bedenken, dass die „Führer“ in 13,7+17 nicht unbedingt zwei unterschiedliche Gruppen
meinen. Es kann sich um eine Mehrzahl von Führern gehandelt haben, von welchen einige (die „ersten“)
schon gestorben waren, aber andere davon noch leben und daher auch in V.17 gemeint sein können.
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ganz konkrete, bestimmte und ihm bekannte Leute vor Augen (vgl. ebenso
1.Thes.5,12f9; 1.Kor.16,15f10).
Diese Tatsache macht eine beliebige Übertragung der in Hebr.13,17
ausgesprochenen Autorität auf heutige „Führer“ unmöglich. Daher hat keine heutige
„Ältestenerkennung“ eine (direkte) pneumatisch-apostolische Legitimation oder
Autorität11. Kein Ältester in der nachapostolischen Zeit kann für sich eine derartige
apostolisch-pneumatische Berufung in Anspruch nehmen. Nein, ihre geliehene
Autorität steht und fällt mit ihrer Haltung zum Wort Gottes und ihrer Lehre. Folgen
müssen wir Gott und seinem Wort. Die Leitung hat die Aufgabe, dieses Wort an die
Gemeinde weiterzugeben und auf diese Weise zu führen. Tut sie es nicht oder nicht
in Übereinstimmung mit der Schrift, hat sie keinerlei Autorität und es muss ihr klar
widersprochen werden. Viele Gemeindeleiter stimmen prinzipiell zu, dass allein die
Heilige Schrift die Autorität für die Gemeinde ist. Doch bestimmt eben die
Gemeindeleitung oft selber, was biblisch ist und was nicht (bzw. bestimmt die
Lehrinhalte). Damit machen sie sich praktisch unantastbar. Hier besteht dann kaum
ein Unterschied zu dem katholischen Klerus, der sich in ähnlicher Weise
unhinterfragbar macht. Dazu kommt noch, dass in diesen Gemeinden die Mitglieder
es oft kulturell gewöhnt sind, dem Leiter, Ältesten oder Prediger „hörig“ zu sein.
Diese kulturelle Prägung der Gemeindeglieder ist natürlich ein guter „Wirt“ für Älteste,
die Ihre Macht, Interessen und Lehrmonopolstellung ausleben möchten.
In den Gemeinden soll allein das klare, mächtige und geisterfüllte Wort Gottes
regieren. Die von Gott berufenen Ältesten und Leiter im NT haben nichts anderes
getan (Apg.20,32). Doch heute gibt es keine apostolischpneumatisch berufenen
Älteste und Leiter mehr, sodass das Wort allein Regent der Gemeinde ist. Dies
bedeutet nicht, dass die Gemeinde heute keine Älteste, Leiter oder Lehrer hat oder
haben darf12. Doch dieser Dienst darf nicht als „ordiniertes Amt“ gesehen werden, bei
9
Es ist wohl unbestreitbar, dass der Apostel Paulus – als Gemeindegründer (Apg.17,1ff) – diese Gemeinde
und deren Vorsteher kannte. Nach 1.Thes.3,1ff sandte Paulus den Timotheus sogar bald wieder nach
Thessaloniki. Vielleicht hat er in dieser Zeit auch die Leitungsfrage behandelt (vgl. die Aufgaben des
Timotheus und Titus – 1.Tim.2,8ff; Tit.1,5ff). Wie dem auch sei – Fakt ist jedenfalls, dass Paulus hier von
ganz konkreten Menschen redet, die er persönlich kennt. Daher legt er der Gemeinde ans Herz, sich
diesen Dienern im (vom Apostel zugesprochenen) Vertrauen unterzuordnen. Diesen apostolischen
Vertrauenszuspruch
darf niemand für sich heute beanspruchen oder einfach auf sich übertragen.
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Auch hier geht es um konkrete Menschen, welche einen konkreten Dienst innehatten. Selbst wenn heutige
Christen ihr „Haus“ in ähnlicher Weise der Gemeinde zur Verfügung stellen berechtigt dies nicht, dass man
die paulinische Aufforderung zur Unterordnung auf diese (dem Apostel ansonsten unbekannten) Personen
übertragen darf. Zudem ist auch nicht ganz eindeutig, welche Art der Unterordnung gemeint ist.
Hochwahrscheinlich
ist dies parallel zu Phil.2,29 zu verstehen.
11
Und schon damals sollte dieser Dienst der Leitung und des Ältesten ein Dienst des Vorbildes und nicht
des Herrschens sein (1. Petr.5,3). Wenn schon damals die direkt apostolischpneumatische eingesetzten
Leiter diese Ermahnung erhielten – obwohl sie eigentlich eine Autorität zugesprochen bekommen haben
– wie viel mehr gilt diese Ermahnung heutigen Leitern, welche sich nicht auf eine direkte apostolischpneumatische
Berufung und Autorität berufen können (vgl. Mk.10,43).
12
Manche berufen sich auf Aussagen wie Spr.11,14 oder Richter 21,25 um deutlich zu machen, dass eine
Leiterschaft absolut notwendig ist. Zuerst muss man festhalten, dass es nicht Gottes Wille war, dass ein
König bzw. ein menschlicher Führer über das Volk Gottes herrschte – Gott allein war ihr König (1.Sam.8,57; 10,19; 12,12.17). Daher sollte man mit einer derartigen Argumentation lieber zurückhaltend sein.
Daneben übersieht man dabei, dass im AT eine Theokratie herrschte, in der politische und geistliche
Leiterschaft nicht getrennt wurden. Dies ist für das geistliche Volk Gottes des Neuen Bundes nicht mehr
so. Hier sind Staat und Kirche getrennt. Es ist eine geistliche Theokratie. Bzgl. des Staates gilt, dass die
Regierung von Gott eingesetzt wurde und man sich ihr unterzuordnen hat (Röm.13,1ff; Apg.23,5). Wo eine
politische Leitung fehlt, macht sich Anarchie und Chaos breit. Doch diese politische Autorität hat (für
Christen) ihre Grenzen am Wort und Willen Gottes (Apg.5,29 – was auch für die geistliche „Leitung“ gilt!).
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der man in Analogie zum NT davon ausgeht, dass hier eine göttliche Berufung samt
Autorität und Vollmacht vorliegt. Vollmacht und Autorität hat allein Gott, der diese
mittels seines Wortes ausführt. Die Gemeinde hat sich unter dieses zu versammeln.
Durch die Klarheit (5.Mo.4,1f; 6,4-9; 29,28; 30,11-14ff; Ps.1,2; 19,7-11; 119,130) und
pneumatische Kraft (s.o. die Schriftbelege und Fußnote 2) hat das Wort Gottes die
Vollmacht und Möglichkeit, die Gemeinde zu führen und zu regieren (Apg.20,32).
Natürlich hat nicht jeder Bibelleser die Fähigkeit und die Erlaubnis zu lehren (für
Frauen gilt noch eine besondere Einschränkung13). Diese Gabe der Lehre haben alle
13
In 1.Tim.2,11-14 wird deutlich gesagt, dass Frauen ein Lehren untersagt wird, da sie dadurch eine
Autoritätsstellung einnimmt und damit herrscht (Lehren ist an sich eine autoritative Angelegenheit und hat
– wie eben auch das damals damit zusammenhängende lehrhafte Ältestenamt – mit „Herrschen“ zu tun
und nicht erst, wenn eine Frau dies als negativen Zweck beabsichtigt. Es gab kein Lehren ohne
„Herrschen“). Dem entgegen stellt Paulus die Schöpfungsordnung (was dieser Anordnung eine
überkulturelle autoritative Bedeutung für alle Zeiten gibt), mit der er schon öfters argumentiert hat (vgl.
1.Kor.11,3ff). Daneben zeigt der Sündenfall für Paulus, dass die Frau ein potentieller Angriffspunkt für
Verführung zur falschen Lehre und zur Sünde ist und sie sich anscheinend eher verführen lässt (vgl.
2.Kor.11,3 – obwohl eben Adam als Haupt die Verantwortung zu tragen hatte Röm.5,12ff). Paulus will
zeigen was passiert, wenn die Frau die (geistliche) Leitung in die Hand nimmt. Da Lehren und Weissagen
im NT nicht dasselbe meint, sondern deutlich unterschieden werden, besteht kein Widerspruch zu
1.Kor.11,3f (in den Gabenlisten werden Prophetie und Lehren klar unterschieden; daneben ist Lehren die
autoritative Weitergabe des Wortes Gottes: 1.Kor.12,28f; Eph.4,11; 1.Tim.2,7; 2.Tim.1,2f; 3,16; Jak.3,1;
Prophetie ist das Weitergeben spontaner, situationsbezogener und zu prüfende Offenbarungen: vgl.
Apg.21,12ff; 1.Thes.5,20f; in 1.Kor.14,33-37 wird der Frau das lehrhafte Beurteilen von Weissagung
verboten – vgl. Eckhard J. Schnabel. 1998/99. „Urchristliche Glossolalie“. In: JETh. Wuppertal Brockhaus,
S.77-95). Nirgendwo im Text wird ersichtlich, dass Paulus hier in 1.Tim.2,11-14 nur von konkreten
Irrlehrerinnen in Ephesus redet ohne eine allgemeintheologische Aussage zu machen. Nicht nur die
Begründung mit der Unterordnung und der Schöpfungsordnung macht diese Annahme unmöglich (vgl.
1.Kor.11,3ff; Eph.5,25ff u.a.), sondern auch die Tatsache, dass an Stellen, wo Männer falsche Lehren
verbreiten, nicht dann auch nur diesen Männern das Lehren untersagt wird (was sonst zu erwarten wäre).
Auch die Theorie, dass Paulus in 1.Tim.2,11-14 auf die Lehren dieser Frauen konkret eingeht und diese
in V.13-14 beschreibend widerlegen will (sie hätten fälschlicherweise behauptet, dass der Mann zuerst
geschaffen und Adam verführt wurde etc. und Paulus würde dies dort dann widerlegen), ist am Text selber
nicht festzumachen und auch sonst völlig abwegig. Denn wir können nicht wissen, ob überhaupt und
geschweige denn was irgendwelche Frauen damals dort gelehrt haben sollen. Dass „gar“ (denn) in V.13
macht deutlich, dass Paulus eine Begründung für sein Lehrverbot gibt und nichts widerlegen will. Daneben
begründet Paulus das Verhältnis von Mann und Frau (auch in der Gemeinde) an anderen Stellen ebenfalls
mit der Schöpfungsordnung etc. (1.Kor.11,3ff; 2.Kor.11,3). Es ist das Lehren allgemein untersagt, nicht
nur die Ausübung des Ältestenamtes, da es in den Gemeinden auch Lehrer gab, welche nicht Älteste
waren (vgl. 1.Kor.12,28; 14,26; 2.Tim.2,2; Röm.12,7f). Auch der Versuch, an Randaussagen wie z.B. an
Grußlisten ein Lehr- oder Leitungsamt für die Frau zu begründen, ist völlig unzulässig und nicht tragend.
Es kann z.B. sein, dass in Röm.16,1 nur gesagt werden soll, dass Phöbe „gedient“ hat, ohne zu sagen,
dass sie ein leitendes Amt inne hatte (was ja auch 1.Tim.3,12 widersprechen würde, da dort in V.11 vom
Kontext her die Ehefrauen der Diakone gemeint sind, weil in V.13 wieder die Diakone angesprochen
werden und es auch sonst nicht ungewöhnlich war [wie man an den Voraussetzungslisten dazu in 1.Tim.2
und Tit.1 sehen kann], dass ein Leitender der Gemeinde eine vorbildliche Familie zu haben hatte). In
Röm.16,7 wird nur gesagt (falls hier überhaupt eine Frau gemeint ist), dass sie unter den Apostel
angesehen war – also bei ihnen einen guten Ruf hatte und nicht selber dazugehörte. Ob und inwieweit
Prizilla und Aquila gemeinsam Apollos belehrt haben (Apg.18,26), ist uns nicht bekannt. So ist auch
Kol.3,16 nicht im Widerspruch zu den anderen Aussagen wie z.B. 1.Tim.2,11-14 u.a. gemeint, sondern
in diesem hier bereits aufgezeigten schöpfungstheologischen Rahmen zu verstehen. Gal.3,28 ist eine
soteriologische und keine ekklesiologische bzw. schöpfungstheologische Aussage (denn auch der Sklave
bleibt unter seinem Herrn, selbst wenn er Christ geworden ist). Natürlich lehren auch Frauen (2.Tim.1,5;
3,15; Tit.2,3f), aber eben Kinder und andere Frauen und auch nur bestimmte Inhalte. Auch das Beten und
Weissagen der Frau in der Gemeinde (1.Kor.11,3ff) geschah nur unter bestimmten
(schöpfungs)theologischen Regeln. Dabei ist zu 1.Kor.11,3-16 zu erwähnen, dass der natürliche Sinn des
Textes klarmacht, dass es hier nicht um eine stoffliche Kopfbedeckung geht, sondern um die Länge der
Haare bzw. die Haartracht. So wird in V.13-15 kein neues Thema angesprochen, sondern hier folgt nach
einer theologischen und schöpfungstheologischen Begründung ein weiteres Argument aufgrund des
„Anstandes“ und der „Natur“. Paulus macht dann in V.15 deutlich, dass eben das lange [bzw. weiblich
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diejenigen, welche die Schrift und ihre Aussagen in ihrer Gesamtheit kennen und
recht erkennen. Dies ist die Voraussetzung dafür, die Lehre der Bibel recht austeilen
zu können. Die Gabe der Lehre wird durch Lehre empfangen. Diese Gabe ist also
nicht eine homiletisch-rhetorische, sondern eine theologische Fähigkeit. Die Gabe
der Lehre besteht darin, dass man die Lehre der Apostel (Schrift) gelehrt bekommt
(also kennt) und theologisch richtig versteht und zuordnet. Die Gabe der Lehre kann
also durch Lehre weitergegeben werden. Die, welche die (rechte) Lehre empfangen
haben, indem sie das Wort in rechter Weise erklärt bekamen und verstanden, waren
Lehrer (vgl. 2.Tim.1,13f; 2,2; 3,14ff; Hebr.6,12; Jak.3,1). Doch die Autorität dieser
„Hirten und Lehrer“ steht und fällt mit ihrer Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift
(und deren Glaubwürdigkeit mit ihrem Lebenswandel14). Nicht jeder hat die Gabe der
Lehre.
getragene] Haar diese hier von Paulus geforderte Bedeckung ist. Eine Frau, die dies nicht akzeptiert – also
kurze bzw. maskuline Haare trägt – kann dann auch gleich alle Haare abschneiden bzw. sich kahl scheren
lassen (steigerndes Argument). Sie hat dann auch keine Vollmacht bzw. Berechtigung, in der Gemeinde
zu Beten und zu Weissagen (vgl. V.5 mit V.10 – die Engel sind vielleicht in Verbindung mit dem Gebet der
Gemeinde zu verstehen - vgl. Offb.8,1-6). Die Wendung in V.4 kata kephales echon heißt wörtlich: „etwas
vom Kopf herab[hängen] haben“ (vgl. Craig Blomberg. 1994. 1 Corinthians (NIVAC). Grand Rapids
Zondervan, S.210f; Andreas Lindemann. 2000. Der erste Korintherbrief (HNT 9/I). Tübingen Mohr S.240).
Auch dies macht deutlich, dass der Apostel von den (langen, weiblichen) Haaren spricht, die ein Mann
nicht aber eine Frau sehr wohl zu tragen hat (V.13-15). Auch das äußere Auftreten der Glaubenden ist Gott
wichtig. Aber auch hier darf man natürlich nicht über die Schrift hinausgehen. So bekommt keine Frau
einen „geistlichen inneren Menschen“ einfach dadurch, indem sie (aufgrund einer falschen Auslegung von
1.Petr.3,1ff) stupide allen Schmuck und alles Verschönerungsmaterial ablegt. Zudem verbietet die Schrift
an keiner Stelle den Schmuck. So wird Sara in 1.Petr.3,6 als Vorbild genommen, obwohl in ihrer Zeit
Schmuck eine Selbstverständlichkeit war (vgl. 1.Mo.24,22f u.a.). Wenn man z.B. 1.Petr.3,3 (oder
1.Tim.2,9) als völliges Verbot versteht, dann müssten die Frauen nackt und ohne Kleider herumlaufen, da
Petrus dies dort ausdrücklich so sagt. Nein, es geht um eine innere Haltung, welche sich auch nach außen
zeigt: eine fromme Frau legt mehr Wert auf die innere als auf die äußre Schönheit, wobei das eine das
andere nicht völlig ausschließt. Ein absolutes „Schmuckverbot“ ist von der Schrift also nicht begründbar.
Ähnlich verhält es sich mit einem angeblichen „Hosenverbot“ für Frauen in 5.Mo.22,5. Dort geht es nicht
um „Hosen“ (die es damals noch nicht gab), sondern um ein Verbot des Transvestismus und der
Homosexualität (Gordon J. Wenham. 1991. „The Old Testament Attitude to Homosexuality“ In: Expository
Times
102, S.362).
14
Man muss auch beachten, dass diese Kriterien keinen Perfektionismus meinen. Es sind grundsätzliche
Voraussetzungen, bei denen es zumeist um die Treue und Glaubwürdigkeit eines Ältesten geht. Sein Ruf
– nach innen und außen – musste ein guter, kein perfekter sein. So durfte er nicht geschieden und
wiederverheiratet sein und musste seiner Familie gut vorstehen u.a. (kein Säufer, Verbrecher usw.).
Daneben muss man den „guten Ruf nach außen“ differenziert betrachten. Denn ein Christ, welcher
ungeteilt bei den Aussagen der Heiligen Schrift bleibt, wird auf jeden Fall Verfolgung und üble Nachrede
erdulden müssen – und dies nicht nur von Ungläubigen (vgl. Joh.15,20; 1.Petr.2,1.12; 3,16f; 2.Tim.3,12
u.a.). Schon Jesus machte seinen Jüngern deutlich, dass es ein schlechtes Zeichen sei, wenn die Leute
nur „Gutes“ über einen reden – denn dies taten sie zumeist mit den falschen Propheten. Jesus macht
deutlich, dass unsere Treue zu ihm und zu seinem Wort auf jeden Fall dazu führen wird, dass die Leute
negativ uns gegenüber eingestellt sind und schlecht von uns reden werden (Lk.6,26; vgl. Mk.10,34-39).
Jesus selber wurden immer wieder falsche Unterstellungen und Vorwürfe gemacht.
Einen „schlechten Ruf“ zu haben ist nur dann problematisch (für den Leitungsdienst), wenn dieser auch
der Wahrheit entspricht und tatsächlich Sünde oder andere Dinge vorliegen (Säufer, Dieb, Ehebrecher
usw.). Solange dies aber nur „üble Nachrede“ ist, dienst es eher der Bestätigung des Glaubens.
Wir sollen nicht darauf achten, was Menschen von uns denken oder über uns reden, sondern uns ganz
und gar an die Heilige Schrift halten (Gal.1,9f) und ein gutes Gewissen vor Gott und den Menschen
bewahren (Apg.24,16; 1.Petr.3,16). Dann brauchen uns die ganzen Anfeindungen und üblen Nachreden
etc. nicht zu stören. Auch dürfen wir deswegen niemandem den Ältestendienst aberkennen bzw.
verwehren – im Gegenteil können wir hier eine Bestätigung und Festigung des Glaubens erfahren. Der
„schlechte Ruf“ kann also eine bestätigende Qualifikation für einen Lehrdienst darstellen, wenn er nicht
der Wahrheit entspricht.
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Wir sind deshalb füreinander da, dass wir uns mit unseren Gaben gegenseitig helfen
(Eph.4,11-16; 1.Petr.4,10f). Und nur eine Leitung zu haben, damit die Gemeinde
strukturiert und organisiert ist, kann nicht als Begründung ausreichen. Was hilft eine
Leitung und Struktur, wenn sie nicht biblisch bzw. nicht mit biblischen Inhalten und
Zielen gefüllt ist? Hauptsache jemand sagt mit der Bibel in der Hand wo es langgeht,
auch wenn er nicht in Übereinstimmung mit der Schrift lehrt (und damit seine
Richtungsanweisung eigentlich eine gefährliche ist!)? Hauptsache das Schiff wird
gelenkt – egal wohin?
Natürlich ist die Alternative dazu keine führerlose Gemeinde, in der Jedermann
pluralistisch glaubt, lehrt oder macht was er will. Die Frage ist aber, was gefährlicher
ist: eine Gemeinde, welche bewusst und praktisch ausführend das Wort der Bibel
über die menschliche Leitung stellt (was zugegeben vielleicht die ein oder andere
organisatorische Problematik mit sich bringt); oder eine Gemeinde, die einer Leitung
„hörig“ ist, welche nicht mit der Lehre der Schrift übereinstimmt bzw. wo auch
persönlicher Machtmissbrauch vorzufinden ist?
Es ist das Wort Gottes, welches die Gemeinde führt und leitet. Hier ist Struktur,
Führung und Organisation gegeben. Dies soll dann in dieser Haltung ausgeführt
werden: Die Ältesten und Gemeindeleiter sollen die Gemeinde anhand der Heiligen
Schrift führen und leiten. Dabei sind sie sich aber bewusst, dass sie nicht qua Amt
eine eigene Personautorität besitzen, sondern allein durch das Wort Gottes die
Autorität Christi weitergeben. Ihre Autorität ist eine geliehene Autorität. Allein mit
dieser Grundhaltung ist biblische Gemeindeleitung möglich. Solange der
Gemeindeleiter das Wort in dieser Weise und mit dieser Haltung seinem Dienst
gegenüber recht austeilt, soll die Gemeinde darauf hören. Sie hören aber nicht auf
den Leiter, sondern auf das Wort Gottes. Die Worte des Leiters müssen mit diesem
übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, muss der Leiter sich anhand der Schrift
korrigieren oder – bei Uneinsichtigkeit – seinen Dienst aufgeben.
Weder die Diktatur, noch das monarchische Episkopat, noch die Demokratie (o.a.)
Strukturen sind biblisch. Es ist Monarchie bzw. Theokratie: Gott herrscht. Dies aber
tut er durch sein Wort. Freilich gebraucht er dazu Menschen wie z.B. Lehrer. Doch
die Autorität liegt nicht in diesen von Gott gebrauchten Menschen, sondern in dem
von ihnen verkündigten Wort Gottes.
Diese Ausführungen werden sicherlich auf Protest stoßen. Vor allem bei denen, die
dadurch ihre Autorität und eigenen Interessen innerhalb der Gemeinde gefährdet
sehen. Schon Luther bekam aus ähnlichen Gründen einen kräftigen Gegenwind, als
er dem katholischen Klerus und seiner selbsternannten theologischen
Monopolstellung das sola scriptura entgegenhielt.
Nicht Menschen, sondern allein die Schrift bestimmt den Glauben, die Lehre und das
Leben. Daher sollten Christen sich weder durch Vorwürfe noch von einer
unbegründeten „Einschüchterung“ einer anders denkenden „Gemeindeleitung“ von
dem Bekennen und Glauben der biblischen Wahrheiten abhalten lassen.
Hermeneutische Thesen (zur Leitung der Gemeinde durch das Wort)
1. Der Literalsinn (Wortsinn): Gottes Wort meint das, was es sagt. Nicht neben,
unter, über oder hinter den Buchstaben der Bibel findet sich Gottes Wort, sondern in
und mit den Buchstaben redet und offenbart sich Gott. Damit ist jede Auslegung,
welche nicht den Literalsinn beachtet, abzulehnen (feministische, kontextuelle,
befreiungstheolgische, psychologische, allegorische, außerbiblische Typologie usw.).
Der Literalsinn schließt verschiedene Schriftformen nicht aus (Prosa, Psalmen,
Briefe, Geschichtstexte etc.). Zudem bedeutet die Beachtung des Literalsinns auch,
dass die Bibel nicht wie ein Orakelbuch behandelt werden darf, bei dem man
Biblische Gemeindeleitung
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Aussagen aus ihren textlichen und historischen Kontexten herausreißt und willkürlich
direkt auf sich bezieht, obwohl die Aussagen eigentlich zu bestimmten Personen in
einer bestimmten Zeit (einmalig) getätigt wurden und nur für sie bestimmt waren. Der
Kanon der Bibel ist abgeschlossen und zeigt die Grenzen des Wortes Gottes und
damit des Redens des Geistes auf. Die Imperative der Schrift, an der wahren Lehre
„festzuhalten“, „zu verharren“, „nicht abzuweichen“, „zu bleiben“, „nicht darüber
hinaus zu gehen“ etc. machen u.a. diesen wichtigen theologischen Sachverhalt
deutlich.
2. Die Einheit und Vollständigkeit der Bibel: Durch die Theopneustie durch Gott bzw.
seinen Geist ist allein die Bibel Gottes eigenes Wort – und damit unfehlbar und wahr
wie er selbst. Daher widerspricht sich die Bibel nicht selbst oder vertritt
unterschiedliche theologische Positionen und Lehren, sondern ihre Lehre und
Offenbarung ist einheitlich und steht fest (ein Reich, welches mit sich selbst entzweit
ist, kann nicht bestehen). Daher legt sich die Schrift auch selbst aus. Schriftwort ist
mit Schriftwort auszulegen. Scheint eine Aussage schwer verständlich, wird diese
durch eine klare Stelle erleuchtet. Dies ermöglicht es die Bibel zu verstehen und
hütet uns sowohl vor falschen als auch vor pluralistischen Ansichten.
Dabei ist das Alte Testament heilsgeschichtlich von Christus und dem Neuen
Testament her auszulegen und zu verstehen, wenngleich natürlich der unmittelbare
historisch-theologische und textliche Kontext eines Bibelabschnitts ernst genommen
werden muss.
Man kann soteriologische Aussagen von z.B. ethischen Anweisungen unterscheiden
(aber nicht gegeneinander werten!), doch nie durch Sachkritik o.a. eine „Mitte der
Schrift“ oder einen „Kanon im Kanon“ postulieren.
3. Die Klarheit der Bibel: Gott will uns nicht im Dunkeln oder Unklaren lassen. Er will,
dass wir ihn und sein Wort verstehen. Sein Wort ist klar und ein Licht auf unserem
Weg. Somit ist es möglich, die Bibel als Ganzes zu verstehen. Ihre Klarheit bezeugt
sie selbst an vielen Stellen. Ohne die Klarheit wäre kein echter Glaube möglich. Auch
die vielen Aufforderungen zur Prüfung der Lehre wären nicht möglich. Luther
unterschied hier zweierlei Klarheiten der Schrift. Die „äußere Klarheit“ meint, dass es
prinzipiell jedem Menschen möglich ist, die Worte und Inhalte der Bibel zu lesen und
zu verstehen – er kann alles nachsprechen. Die „innere Klarheit“ meint, dass das
wirkliche Erkennen und Annehmen des Wortes Gottes nicht jedem, sondern nur den
erwählten Gläubigen möglich ist (dies gilt nicht nur für den Heilsglauben, sondern
auch für alle anderen theologischen Aussagen).
Eine Auslegung im Rahmen der Inspiration und Einheit der Bibel schließt aber die
Exegese der biblischen Texte als solche in ihrem historisch-theologischen und
textlichen Kontext mit ein. Dabei ist aber zu beachten, dass historische
Hintergrundinformationen nie hundertprozentig sicher sind und daher eine
Schriftstelle nicht überfremden dürfen. Der Sinn der biblischen Aussage muss aus
dem Wortlaut des Bibeltextes selbst erschlossen werden, weil Gott dafür gesorgt hat,
dass er in diesem zu finden ist. Die Klarheit der Schrift findet sich schon im Alten
Testament bezeugt (Dtn.4,1f; 6,4-9; 29,28ff; 30,11-14; 31,9ff; Ps.1,2; 19,7-11;
119,130 u.a.).
Das Verborgene <steht bei> dem HERRN, unserm Gott; aber das Offenbare <gilt>
uns und unsern Kindern für ewig, damit wir alle Worte dieses Gesetzes tun
(Dtn.29,28).
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Denn dieses Gebot, das ich dir heute gebiete, ist nicht zu unbegreiflich für dich und
ist <dir> nicht <zu> fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer wird
für uns in den Himmel hinaufsteigen und es uns holen und es uns hören lassen, dass
wir es tun? Und es ist nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer wird
für uns auf die andere Seite des Meeres hinüberfahren und es uns holen und es uns
hören lassen, dass wir es tun? Sondern ganz nahe ist dir das Wort, in deinem Mund
und in deinem Herzen, um es zu tun (Dtn.30,11-14).
Gerade diese Aussagen wenden sich gegen die Argumentation, Gottes Wort sei für
den einfachen Menschen nicht zu verstehen und daher auch nicht zu praktizieren.
Gott macht dadurch aber gerade deutlich, dass er diese „Ausrede“ nicht gelten lässt.
Denn alles was Gott offenbart hat, ist klar und deutlich zu verstehen und zu befolgen,
auch für alle späteren Generationen (d.h. „der garstige Graben der lang
zurückliegenden Geschichte“, den Lessing postulierte, trifft auf das Wort Gottes nicht
zu – dieses kann und soll auch Jahrhunderte später gelesen, gehört und verstanden
werden). Die Dinge, die wir nicht verstehen, hat Gott uns auch nicht offenbart. Diese
Aussagen gelten für das ganze Wort Gottes – für die ganze Heilige Schrift, denn
warum sollte Gott die Offenbarung im Alten Testament „klarer“ dargelegt haben als
die Botschaft des Neuen Testaments?
Zusätzlich ist zu beachten, dass Paulus diese Verse im Neuen Testament aufgreift
und auch auf die Botschaft des Evangeliums anwendet. Die Verweise auf Dtn.30,1114 gebraucht Paulus bewusst um einiges deutlich zu machen: Die Gerechtigkeit aus
dem Gesetz – aus der alttestamentlichen Heilsordnung – ist durch Christus abgelöst
(Röm.10,4-5). Daher ist eine Gerechtigkeit vor Gott durch diese Dinge nicht mehr
möglich – sie kann nicht (mehr) erreicht werden. An diese Stelle ist das Heil in
Christus durch den Glauben getreten. Die Aussagen bzgl. der alttestamentlichen
Heilsordnung aus Dtn.30,11-14 gelten auch für das Evangelium: Heil ist möglich, im
Alten Bund durch (a) die Erwählung Israels durch Gott (vgl. Dtn.7,1ff und 9,6f mit der
Formulierung „Sprich nicht in deinem Herzen …“ in Röm.10,6) und (b) das Gesetz
(„Wort Gottes“!) und die Opfer (Röm.10,5); im Neuen Bund durch Christus und das
Evangelium. In Röm.10,5ff macht der Apostel Paulus also deutlich, dass Christus
und sein Heil – das menschgewordene Wort Gottes (Joh.1,1ff; Hebr.1,1f) – nicht
unerreichbar im Himmel oder unzurückholbar im Abgrund verborgen sind, sondern:
„… ‘Das Wort ist dir nahe, in deinem Mund und in deinem Herzen.’ Das ist das Wort
des Glaubens, das wir predigen, …“ (Röm.10,8). Das Evangelium ist genauso nahe
und klar, wie auch schon das Heilswort des Alten Bundes.
Der Apostel Paulus stellt heraus, so wie alle anderen Autoren des Neuen Testaments
auch, dass das Evangelium klar ist und jegliche Veränderung daran zur Irrlehre führt.
Es ist sogar so klar, dass wenn auch ein Engel aus dem Himmel etwas anderes
lehren würde, dies aufgrund der klaren Worte der Apostel (also der Schrift) abgelehnt
werden könnte, ohne Angst haben zu müssen, man hätte damit ein direktes „Wort
vom Himmel“ verworfen. Dies ist der Grund, warum die häufige Mahnung zur Prüfung
in der Schrift zu finden ist (Gal.1,7f; 1.Joh.4,1ff; 2.Joh.9 u.v.a.). Prüfung wäre nicht
möglich, wenn das Evangelium nicht klar bezeugt wäre (Röm.4,22-25; 15,4;
1.Kor.10,1ff; Kol.3,16; 1.Tim.4,13; 2.Tim.3,15ff; 1.Petr.1,22ff). Auch kann es keine
Wiedergeburt, keinen echten, heilbringenden Glauben geben, wenn das Evangelium
nicht hundertprozentig rein gepredigt wird (1.Petr.1,23ff). Wo man also mit der
Klarheit des Evangeliums (der Schrift) nicht rechnet, kann man auch nicht mit
Bekehrungen und echtem Glauben rechnen. Sogar in Einzelfragen kann Paulus
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absoluten Gehorsam verlangen, da seine Worte klar sind und sein wollen (vgl.
1.Kor.14,37; 2.Thes.3,14f; Röm.16,17).
Das Neue Testament hat keine Probleme damit, dass die Ereignisse und die
Niederschriften des Alten Testaments schon Tausende bzw. Hunderte von Jahren
zurückliegen. Das Alte Testament wird als verbindliches Gotteswort ausgelegt und
angewandt und damit wird deutlich gemacht, dass man dieses trotz der weiten
Zeitabstände klar verstehen kann (vgl. Mt.21,42; 22,29 u.a.).
Die konkreten Briefe sollen auch von anderen Christen in anderen Gemeinden
gelesen (und verstanden) werden (vgl. Kol.4,16; Joh.20,30f; 2.Kor.1,13; Eph.3,4;
1.Tim.4,13; Jak.1,1.22-25; 1.Petr.1,1; 2,2; 2.Petr. 1,19; 1.Joh.5,13). Ein
Nichtverstehen oder Missverstehen liegt am Unglauben und an der Herzenshärtigkeit
der Menschen (vgl. Mk.4,10ff; Joh.5,45ff; 8,43f u.a.).
Stellen wie 2.Petr.3,15 oder 1.Kor.13,9.12 widerlegen nicht die Klarheit der Schrift: In
2.Petr.3,15 wird ein Verstehen nicht ausgeschlossen. Daneben bedeutet dort ein
Missverstehen „Verderben“ und Petrus scheint damit keine Christen zu meinen. In
1.Kor.13,8 sind mit „Erkenntnis(rede)“ weder die inspirierten und unfehlbaren
Aussagen des Neuen Testaments gemeint noch deren „Auslegung“. Hier ist vom
Kontext her klar von einer Geistesgabe die Rede. Diese Gabe wird aber von der
Gabe des Apostels oder eines Lehrers unterschieden. Sie steht in enger Verbindung
mit neutestamentlicher Prophetie und Zungenrede. Diese Gaben haben zumeist
keinen normativen Autoritätsanspruch und mussten geprüft werden. Zudem war
deren Inhalt keine Lehre, sondern sie hatten eine viel situationsbezogenere Intention
(z.B. Führung, Aufdeckung u.a.). Diese Gaben hatte auch Paulus, doch mussten
solche Prophetien und Erkenntnisse anhand der klaren Lehre geprüft (1.Thes. 5,20f)
und oft auch richtig interpretiert werden (vgl. Apg.16,9f; Apg.21 zu Agabus). Paulus
würde z.B. sicher seine Ausführungen und Inhalte des Römerbriefes nicht als
„Stückwerkerkenntnis“ bezeichnen, zu denen man auch unterschiedliche Meinungen
haben kann (vgl. Gal.1,5-11; 1.Thes.2,13; Apg.20,27 u.a.).
In Jak.3,1f meint „Straucheln“ nicht ein falsches Verstehen oder Weitersagen der
Lehre. Es geht hier nicht um Hermeneutik oder Exegese. Die Lehre damals war unter
den Aposteln völlig klar und unumstößlich. Damals gab es noch keine
unterschiedlichen Ansichten der Auslegung, welche diskutiert werden mussten, da
die Apostel die reine Lehre noch überwachten, und Jakobus selbst will hier nicht
seine Lehrautorität anzweifeln oder hinterfragen. Dieses „Straucheln“ bezieht sich
vom Zusammenhang her auf den Umgang mit der Zunge. Der nachfolgende Satz
„Wenn jemand nicht im Wort strauchelt“ zeigt dies deutlich. Der Lehrer, welcher Gott
lobt und sein Wort weitersagt, hat noch mehr Verantwortung darauf zu achten, was
er sagt (denn Gott will nicht, dass aus einem Mund sein Wort und Lob kommt und
gleichzeitig Hass und Fluch – V.10 [vgl. 1.Tim.3,8 „doppelzüngig“]; lt. Jak.1,19f.26;
2,1-3.12; 4,11 scheint dies dort so vorgekommen zu sein). Wer seinen Mund
beherrschen kann zeigt, dass er sein ganzen Leben im Griff hat (im Sinn von
1.Tim.2,1-3; Tit.1,5ff).
Luther unterschied die innere und äußere Klarheit:
Die äußere Klarheit der Schrift besagt, dass es eine philologisch-historische Exegese
der Schrift prinzipiell möglich macht, dass die Bibel in ihrem Wortsinn von allen
Menschen gelesen und „verstanden“ werden kann.
Die innere Klarheit der Schrift meint die von Gott geschenkte Annahme der
biblischen Botschaft im Glauben durch den Heiligen Geist, ein sich Verlassen – mit
seiner gesamten Existenz – auf die Worte und Zusagen Gottes in seinem Wort.
Diese innere Klarheit der Schrift ist natürlich an die äußere gebunden und mit ihr
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untrennbar verwoben, da es keine innere Klarheit geben kann ohne den Wortsinn der
Schrift. Diese Klarheit oder Erkenntnis ist aber eine Gabe Gottes, die methodisch
nicht zu ergreifen ist (theologisch-geistliche Erkenntnis ist immer eine Gabe Gottes
des Glaubens mittels des biblischen Wortes: Spr.1,23; Ps.19,8; 119,104.130;
Joh.17,8; Röm.10,17; 1.Kor.2,14; 2.Kor.4,3f; Eph.4,11; 2.Tim.3,15-17; 1.Petr.1,23ff;
4,10f). Luther sagte sogar: „Lieber keine Schrift als eine unsichere! Es ist sicherer,
wie die Laien ohne Bibel auszukommen, als eine unsichere zu haben“ (WA 8.113,35).
4. Der Heilige Geist wirkt durch das Wort der Bibel: Damit wird deutlich, dass Gott
durch sein machtvolles und geisterfülltes Wort rechten Glauben und rechte
theologische Überzeugungen – auch in Einzelfragen – im Glaubenden schaffen
kann. Gott schafft – wenn er es will – durch sein Wort einen Menschen, der recht
glaubt und die Bibel recht versteht. Sein lebendiges und machtvolles Wort setzt sich
gegen jegliches hinderliche Vorverständnis und auch gegen die Sündhaftigkeit des
Menschen durch, so dass diese Dinge keine Hindernisse für Gott darstellen, seinen
Kindern ein Verstehen seines Wortes zu sichern. Die heutige (auch bibeltreuevangelikale) Theologie traut Gott dies nicht zu (Vertreter dieser Theologie würden
sagen, dass sie dies nicht dem Menschen zutrauen).
Die Behauptung, der Heilige Geist müsse von innen oder neben dem Wort wirken,
damit man die Schrift recht auslegt, muss abgelehnt werden. Zwar schafft der Heilige
Geist rechte Überzeugungen, doch wirkt er dies nicht neben, sondern allein mit den
Worten der Heiligen Schrift. Der Heilige Geist hat sich an das Wort der Bibel
gebunden. Und durch diese eigene und gewollte Bindung des Geistes an das Wort
Gottes behält der Geist seine Freiheit und Souveränität: Er ist dadurch frei von dem
Missbrauch und der Willkür der Menschen, die sich immer wieder fälschlicher- und
pseudohafterweise ihre Irrlehren mit Berufung auf den „Geist“ autorisieren wollen.
5. Woran kann man erkennen, ob man die Bibel recht verstanden hat? SOLA ET
TOTA SCRIPTURA! Nur die Bibel allein ist Wahrheit und Prüfstein derselben. An ihr
hat sich jede Lehre oder „Meinung“ zu messen. Hält diese – egal von wem sie
vertreten wird – der Prüfung anhand der Schrift nicht stand, ist sie zu verwerfen.
Demut bedeutet nach der Bibel nicht den anderen mit seinen (falschen) Ansichten zu
tolerieren, sondern sich unter Gottes Herrschaft und Anspruch zu stellen, auch wenn
viele dies als arrogant (oder „nicht teamfähig“) bezeichnen.
Gottes Wort ist nicht von Gott selbst zu trennen (das solus Christus gibt es nicht
ohne das sola scriptura). Die eigentlichen Pseudo-Pharisäer und PseudoSchriftgelehrten sind Menschen, die das Wort Gottes mit äußerlich-frommen
Begründungen (Demut, „Heiliger Geist“ etc.) außer Kraft setzen oder umdeuten (vgl.
Jer.8,8; Mk.7,8-9.13). Jesus und die Apostel hielten uneingeschränkt an Gottes Wort
fest – sie sind wahre Schriftgelehrte im Sinne Gottes (vgl. Mt.23,34).
6. Die Gabe der Lehre: Gott hat manche Menschen dazu begabt zu lehren. Nicht
jeder Bibelleser hat die Fähigkeit und die Erlaubnis zu lehren (für Frauen gilt noch
eine besondere Einschränkung – 2.Tim.2,12-14; 1.Kor.14,34ff). Diese Gabe der
Lehre haben alle diejenigen, welche die Schrift und ihre Aussagen in ihrer
Gesamtheit kennen und recht erkennen und somit die Lehre der Bibel auch recht
austeilen können. Die Gabe der Lehre wird durch Lehre empfangen. Diese Gabe ist
also nicht eine homiletisch-rhetorische, sondern eine theologische Fähigkeit. Wie
bereits deutlich wurde, ist theologisch-geistliche Erkenntnis immer eine Gabe Gottes
des Glaubens mittels des biblischen Wortes. Daher meint „Gabe der Lehre“ auch
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keine habituelle (didaktische) Fähigkeit im Menschen, sondern zeigt sich in der
Kenntnis und im rechten Verstehen des Wortes Gottes. Die Gabe der Lehre besteht
darin, dass man die Lehre der Apostel (die Schrift) gelehrt bekommt (also kennt) und
theologisch richtig versteht und zuordnet. Die Gabe der Lehre kann also durch Lehre
weitergegeben werden. Diejenigen, welche die Lehre empfangen und in rechter
Weise erklärt bekamen und verstanden, sind Lehrer (vgl. 2.Tim.1,13f; 2,2; 3,14ff;
Hebr.6,12; Jak.3,1). Die Handauflegung in 1.Tim.4,14 bzw. 2.Tim.1,6 bedeutete zur
Zeit des NT die Übertragung des Lehrauftrages durch eine autoritative Lehrperson.
Wir sind deshalb füreinander da, damit wir uns mit unseren Gaben gegenseitig
helfen. Nicht jeder ist ein Lehrer und deshalb darf auch nicht einfach jeder Bibelleser
lehren (vgl. Jak.3,1). Schon Paulus lehrt gerade im Zusammenhang mit den Gaben,
dass man sich gegenseitig helfen soll (Eph.4,11-16; 1.Petr.4,10f). Zu beachten ist
aber, dass die Gemeinde allein durch das klare und machtvolle Wort Gottes regiert
wird (Apg.20,32). Es sind zwar Menschen, die in der Gemeinde lehren, dennoch hat
niemand in der Gemeinde in sich selber irgendeine Autorität („von Amts wegen“,
theol. Qualifikation oder Sympathie etc.). Ausnahmslos alles muss von der Heiligen
Schrift selber bestimmt werden. Voraussetzung dafür ist die selbstlose und demütige
Unterwerfung aller Gemeindemitglieder unter die alleinige Autorität, Kraft und Klarheit
der Heiligen Schrift (die auch eine Gabe Gottes ist!). Die Autoritätszusprüche
(apostolische Empfehlungsaussagen) im NT an damalige, konkrete Gemeindeleiter
(z.B. Hebr.13,7.17), können und dürfen nicht auf heutige „Gemeindeleiter“ übertragen
werden.
7. Der Umgang mit anderen Ansichten: Es muss nun die Frage gestellt werden, wie
man bei dieser hermeneutischen Sicht mit „anderen Ansichten“ umgeht, wenn man
davon ausgeht, dass Gottes geisterfülltes und machtvolles Wort objektive und rechte
Erkenntnis geben kann – wenn Gott dies will: Grundlage jeder Bibelauslegung ist das
biblische Prinzip, dass die Heilige Schrift in sich klar ist und sich selber auslegt. Dies
ist möglich und notwendig aufgrund der Einheit und Inspiration der Bibel. Der Geist
Gottes wirkt durch das Wort der Schrift und schafft – trotz Sündhaftigkeit und
falschen Vorverständnissen – rechten Glauben und rechte theologische Erkenntnis –
wo immer Gott dies will. Themen und Fragestellungen, die nicht die „Klarheit der
Schrift“ untergraben, können stehen gelassen werden. Dies sind z.B. nicht direkt in
der Schrift angesprochene, sondern von außen an die Bibel herangetragene
Fragestellungen (vor allem „äußerliche Formen“ betreffend wie z.B. bei der Taufe,
dem Abendmahl, der Gottesdienstgestaltung, Gemeindestrukturen, Rauchen,
Fernsehen u.v.a., wo man – innerhalb eines biblischen Rahmens und solang die
Soteriologie unbeeinflusst bleibt – viele Dinge stehen lassen kann und muss). Hier
handelt es sich um Dinge, die nicht direkt in der Schrift genannt oder vorgegeben
sind. Oft kann man aus den „indirekten Aussagen der Schrift“ trotzdem biblische
„Prinzipien“ entnehmen, die eine Antwort bzw. Richtlinie für solche „indirekten
Themenbereiche“ geben (z.B. Röm.14,1ff und 1.Kor.8-10 zur Frage nach dem
Umgang mit Alkohol, Rauchen oder dem Fernseher u.a.).
Dann muss man deutlich zwischen „Sünde“ und „Irrtum in der Auslegung“
unterscheiden. So ist es zwar ein exegetischer Irrtum, wenn man von einer
kollektiven Bekehrung des ethnischen Israels ausgeht, doch ist dies keine (direkte15)
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Dies möchte ich hier nur eingeschränkt betonen, da man trotzdem zu bedenken hat, dass eine falsche
Auslegung auch immer eine falsche Lehre ist und damit Unwahrheit beinhaltet und transportiert. Selbst
wenn die Frage nicht so „bedeutend“ ist oder nicht die Heilsfrage angreift, so handelt es sich trotzdem um
Unwahrheit. Dazu kommt noch, dass man diese falsche Ansicht oft auch noch als „Wort Gottes“
bezeichnet. Daher sollte eine falsche Ansicht auch für „kleinere Themen“ nicht einfach als irrelevant oder
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Sünde bzw. leitet auch niemanden (direkt) zur Sünde an. Dies betrifft auch andere
eschatologische Fragen u.a..
Anders sieht das bei Themen und Lehren aus, die den Bereich der Sünde und des
Gehorsams betreffen (Betrug, Ehescheidung und Wiederheirat, Homosexualität,
falsche dogmatische Lehren u.a.). Wenn man hier falsche Lehre glaubt und
vermittelt, so kann dies auf keinen Fall stehen gelassen werden.
Es gibt ein „Stehenlassen“ eines Bruders (oder mehrerer Geschwister) aus Rücksicht
vor ihrer „Schwachheit“ (1.Kor.8-10; Röm.14), weil sie noch keine völlige Erkenntnis
haben.
ungefährlich betrachtet werden. Wir sprechen hier ja nicht über eine Interpretation von irgendeinem
Autoren oder irgendeiner Literatur, sondern hier geht es um Gottes Wort! Die Unterscheidung von „Irrlehre“
und „Irrtum“ hilft zwar bei dieser Frage, doch muss man einfach bedenken, dass auch der (zumeist
unbeabsichtigte) Irrtum Unwahrheit beinhaltet und transportiert. Zu bedenken ist auch, dass die Grenze
zwischen Irrtum (z.B. die Erwartung einer kollektiven Bekehrung Israels) und Irrlehre (z.B. der Neue Bund
gilt nicht für die Gemeinde oder die Wiedereinführung von Opfern etc.) oft fließend ist. Wer für seine
Auslegung beansprucht, damit Gottes Wort in den Mund zu nehmen, der sollte daher genau schauen, ob
das Gesagte wirklich mit der Heiligen Schrift übereinstimmt.
Man muss dabei auch beachten, dass eine „deutliche“ Benennung von falschen Lehren bzw. Lehrer nicht
als „lieblos“ oder „angreifend“ bezeichnet werden darf. Für Jesus scheint es kein Widerspruch zu sein auf
der einen Seite die Nächstenliebe zu verlangen, aber andererseits seine theologischen Gegner als
„Otternbrut, Heuchler“ oder „übertünchte Leichen“ zu bezeichnen (vgl. Mt.23,33 u.a.). Ebenso reden die
Apostel von Heuchlern, faulen Bäuchen, Ohrenbläser, hohle Schwätzer (denen man den Mund stopfen
muss), abscheulich, befleckt, unvernünftige Tiere (zum Einfangen und Verderben geboren), Kinder des
Fluches, Hund, im Kot wälzende Sau usw. (vgl. Tit.1,10ff). Nach 2.Joh.9-11 soll man sich von falschen
Lehrern distanzieren, um sich nicht zu verunreinigen. Auch die Reformatoren haben hier deutliche Worte
gefunden, welche heute von der evangelikalen Welt sicherlich nicht als „gewinnend“ bezeichnet werden.
Sicher sollten wir nicht beleidigend reden, doch die Klarheit der Schrift und die Treue zu Gott und seinem
wahrhaftigen Wort verpflichtet uns, Klartext zu reden, damit der Glaube nicht verwirrt oder mit Grauzonen
und Kompromissen vernebelt wird. Jesus und die Apostel sind uns hier auch in dieser Sache Vorbilder.
Sie waren provokant und forderten die Massen mit Ihren klaren und deutlichen Lehren heraus. Diese
Haltung ist in der christlichen Welt zugunsten einer angeblich „dialogisch-gewinnenden“ Haltung
weitgehend verloren gegangen, indem man das „Ärgernis des Kreuzes“ und die „Torheit der Predigt“ für
die Gesellschaft entschärft hat. Dies gilt auch im gewissen Sinn für die innerchristliche Welt und Ihr
postmodern-pluralistischer und liberaler Umgang mit biblischen und unbiblischen Lehren.
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