Aus dem Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Computer-assistierte dreidimensionale Volumenbestimmung von Unterkieferzysten anhand Voxel-basierter Datensätze Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnheilkunde in der Medizinischen Hochschule Hannover vorgelegt von Franziska Nickel aus Wolfenbüttel Hannover 2013 Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 17.06.2014 Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. med. Christopher Baum Betreuer: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Horst Kokemüller Kobetreuer: Dr. med.dent. Marcus Stoetzer Referent: PD Dr. med. Christian von Falck Korreferent: Prof. Dr. med. Michael Jagodzinski Tag der mündlichen Prüfung: 17.06.2014 Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. med. dent. Harald Tschernitschek Prof. Dr. med. Matthias Fink PD Dr. med. Björn Jüttner Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Einführung 1 1.2 Definition 3 1.3 Allgemeines 3 1.4 Einteilung der Kieferzysten 4 1.5 Ätiologie 6 1.6 Pathogenese 6 1.7 Klinik und Diagnostik von Kieferzysten 8 1.8 Therapie von Kieferzysten 13 1.8.1 Zystostomie (Partsch I) 14 1.8.2 Zystektomie (Partsch II) 15 1.9 Untersuchte Zystenarten 17 1.9.1 Radikuläre Zyste 17 1.9.2 Follikuläre Zyste 18 1.9.3 Keratozystisch odontogener Tumor (Keratozyste) 20 1.10 Knochenaugmentationsmaterialien 1.10.1 1.11 2 Autogene Knochentransplantate (Autograft) 22 23 Fragestellungen 24 Material und Methode 26 2.1 Patientenauswahl 26 2.2 Kohorteneinteilung 26 2.3 Material 28 2.3.1 Exceltabelle 28 2.3.2 Digitaler Workflow der verwendeten Software 29 2.4 Methoden der Volumenberechnung 31 2.4.1 Voreinstellungen 32 2.4.2 Messvorgang von Methode 1 und Methode 2 35 2.5 Datenverarbeitung und statistisches Vorgehen 38 Inhaltsverzeichnis II 2.5.1 Deskriptive Statistik 38 2.5.2 Auswertende Statistik 39 3 Ergebnisse 3.1 Deskriptive Statistik - Beschreibung des Patientenkollektivs 43 43 3.1.1 Verteilung des gesamten Kollektivs 43 3.1.2 Häufigkeitsverteilung der Kohorten 44 3.1.3 Häufigkeitsverteilung innerhalb der Zystenarten 46 3.2 3.1.3.1 Erstzysten 47 3.1.3.2 Zweitzysten 49 Auswertende Statistik 3.2.1 Methodenvergleich 51 52 3.2.1.1 Vergleich von Mittelwert 1 und Mittelwert 2 52 3.2.1.2 Vergleich der einzelnen Messergebnisse beider Methoden 53 3.2.2 Zystenvolumen und Defektfüllung 56 3.2.2.1 Abhängigkeit zwischen autogener Osteoplastik von Zystenhöhlen und den untersuchten Einflussparametern 56 3.2.2.2 Korrelation zwischen autogener Osteoplastik von Zystenhöhlen und Zystenvolumina 4 Diskussion 4.1 Materialkritik 4.1.1 Patientenkollektiv 4.1.2 Vergleich der keratozystisch odontogenen Tumoren unter den 58 61 61 61 Kohorten 62 4.1.3 Vergleich der follikulären Zysten unter den Kohorten 63 4.1.4 Vergleich der radikulären Zysten unter den Kohorten 64 4.1.5 Zusammenfassung 65 4.2 Methodenkritik 65 4.2.1 Interpretation des Methodenvergleichs 65 4.2.2 Indikation der Zystenmessung im Unterkiefer 67 4.2.3 Vorteile dreidimensionaler Datensätze 68 Inhaltsverzeichnis 4.2.4 III Arbeitsaufwand der Volumenbestimmung in Abhängigkeit von der Zystenart 69 4.2.5 Ausreißer im Bland-Altman-Plot 70 4.2.6 Weitere Möglichkeiten der Zystenvermessung 71 4.3 4.2.6.1 Volumenbestimmung durch computergestützte Methoden 71 4.2.6.2 Bewertung der computergestützten Methoden 73 4.2.6.3 Zukunft: Segmentierungsalgorithmus 75 4.2.6.4 Volumenbestimmung durch die Injektion von Natriumchlorid 75 Ergebniskritik 77 4.3.1 Bedeutung des Cut-offs für die präoperative Zystendiagnostik 77 4.3.2 Ausreißer im Scatter Plot 79 4.3.3 Kritischer Wert 80 4.3.4 Zystenmorphologie 81 4.3.5 Zukunft: Tissue Engineering 86 4.4 Schlussfolgerungen 87 5 Zusammenfassung 91 6 Literaturverzeichnis 92 7 Abbildungsverzeichnis 101 8 Tabellenverzeichnis 102 9 Glossar 103 10 Curriculum vitae 105 11 Erklärung 106 12 Danksagungen 108 13 Anhang 110 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Einführung In keinem anderen Knochen des menschlichen Skeletts entwickeln sich Zysten so häufig wie im Kieferknochen [46]. Die Erklärung für das häufige Vorkommen liegt in der speziellen Entwicklung von Ober- und Unterkiefer begründet. Die Besonderheit ihrer embryonalen Genese besteht darin, dass es die einzigen zahntragenden Knochen des Körpers sind. Somit findet ausschließlich in den Kieferknochen die Ausbildung der ektodermalen Zahnanlagen statt. Nach Rückbildung der Zahnleiste oder der Hertwigschen Epithelscheide können Epithelreste zurückbleiben. Diese stellen potentiell einen Ausgang für die Entwicklung von Zysten dar. Kieferzysten, die aus Epithelüberbleibseln der Zahnentwicklung entstehen, werden deshalb als odontogene Zysten bezeichnet. Solche, deren Ursprung nicht mit Geweben des Zahnsystems assoziiert sind, nennt man nicht-odontogene Zysten. Das häufige Auftreten von zystischen Prozessen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich gab Anlass für diese Studie, in der die Betrachtung der Zyste als Volumen im Vordergrund stand. Bildgebende Verfahren bieten die Möglichkeit der präoperativen Orientierung über Kieferzysten. Sie geben wichtige Informationen über die Lokalisation und das Ausmaß von Zysten. Weiterhin kann die Nähe zu anatomischen Nachbarstrukturen begutachtet werden. Zur Verfügung stehen die konventionelle zahnärztliche Röntgendiagnostik zur zweidimensionalen Betrachtung von zystischen Raumforderungen sowie die Voxel-basierte radiologische Untersuchung in allen drei Raumebenen (Transversale, Koronare, Sagittale). Bisher wurden die Volumenberechnungen maßstabsgetreuen von Zysten dreidimensionalen genutzt und gaben Bildmedien damit nicht für Anlass, ihr Anwendungsspektrum genauer zu untersuchen. In dieser Studie wurde ein Kollektiv von 88 Patienten mit Unterkieferzysten retrospektiv betrachtet, das in den Jahren 2004 bis 2011 in der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Einleitung 2 Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover behandelt wurde. Bei allen Patienten wurde eine histopathologisch gesicherte odontogene Zyste entfernt. Die Berechnung der Zystenvolumina fand anhand der vorliegenden dreidimensionalen CTund DVT-Datensätze Computer-assistiert mit dem Programm iPlan 3.0.2 Volume (Brainlab®, Feldkirchen, Deutschland) statt. Für die Durchführung der Volumenbestimmung wurden zwei unterschiedliche Verfahren angewendet und miteinander verglichen. Die beiden Messmethoden wurden in Bezug auf die Umsetzbarkeit und Anwendbarkeit im klinischen Alltag untersucht, um letztlich die effizienteste Methode zu eruieren. Dabei wurde eine auf den ersten Blick exaktere, aber zeitaufwendigere Messung gegen ein einfacheres, zeitsparenderes Verfahren getestet, um die Präzision und Verlässlichkeit des Computerprogramms zu evaluieren. Ziel dieser Untersuchung war es weiterhin, anhand der Vermessungen von Zysten in allen drei Raumebenen ein Volumen zu definieren, ab welchem eine Defektfüllung des Lumens mit körpereigenem Knochen aus intra- oder extraoralen Entnahmestellen empfehlenswert erscheint. Die Entscheidung, ob eine Defektfüllung sinnvoll oder gar notwendig ist, basiert bisher größtenteils auf den Erfahrungswerten des Operateurs. Es galt herauszufinden, ob anhand der präoperativen, nicht-invasiven Volumenberechnung von drei untersuchten Zystenarten eine klinisch relevante Leitlinie für die optimale Behandlung erstellt werden kann. Somit könnte im Vorfeld Klarheit über den Therapieumfang für den Patienten geschaffen sowie Handlungssicherheit für den geplanten chirurgischen Eingriff auf Seiten des Operateurs aufgebaut werden. Die Bestimmung des bislang unberücksichtigten Volumens könnte zukünftig die präoperative, bildgebende Diagnostik ergänzen, um die angestrebte Therapie zu präzisieren und somit eine kostenbewusste Operationskapazitätsplanung zu ermöglichen. Einleitung 1.2 3 Definition Der Begriff Zyste (gr. Kystis = Blase) [31] bezeichnet einen pathologischen Hohlraum, der lumenwärts epithelial ausgekleidet ist. Die Begrenzung bildet eine bindegewebige Zystenwand, die als Zystenbalg definiert ist. Sie treten als ein- und mehrkammrige Gebilde sowohl im Knochen als auch in den Weichteilen auf. Das Lumen kann neben Flüssigkeit auch gasförmigen oder breiartigen Inhalt enthalten [45]. Das Vorhandensein von ein- oder mehrschichtigem Epithel unterscheidet die „echten“ Zysten von den Pseudozysten, deren pathologische Hohlräume epithelfrei sind [23, 27, 46, 62]. 1.3 Allgemeines Zysten im Kieferknochen oder in den Weichteilen des Kopf-Hals-Bereichs sind keine Seltenheit. Man geht davon aus, dass ca. 3% der erwachsenen Bevölkerung während ihres Lebens eine Zyste entwickeln [46]. Zysten sind von ihrer Eigenschaft her primär gutartig [27, 45] und zeigen mit einer Häufigkeit von 0,3 bis 2% [4] nur eine geringe Tendenz zur malignen Entartung [19, 46]. Die höchste Inzidenz der Erkrankung wird im Allgemeinen zwischen der zweiten und fünften Lebensdekade beobachtet [46]. Mit einem prozentualen Verhältnis von 58% zu 42% scheint das männliche Geschlecht darüber hinaus häufiger betroffen zu sein [27, 46]. Neuesten Studien zufolge ist die Entstehung von Zysten in Ober- und Unterkiefer mit einer Verteilung von 1,13 zu 1 annähernd gleich [77], wobei sich die Lokalisation der pathologischen Hohlgebilde innerhalb der beiden Kiefer unterscheidet. Während im Unterkiefer der Seitenzahnbereich prädestiniert ist, dominieren sie eher in der Frontzahnregion des Oberkiefers [27, 45]. Mit einer Häufigkeit von ca. 80% treten die odontogenen Zysten, die mit Epithelresten der unvollständig obliterierten Zahnleiste assoziiert sind, deutlich zahlreicher auf als die nichtodontogenen Zysten [12, 53]. Einleitung 4 Die Häufigkeit von Zysten gliedert sich wie folgt: Häufigkeit der Zystenart Häufigkeit in % Radikuläre und residuale Zysten 52,3 Follikuläre Zysten 16,6 Keratozysten 11,2 Nasopalatinale Zysten 11,0 Paradentale Zysten 2,5 Übrige Zysten 6,4 Tabelle 1: Häufigkeitsverteilung der Zystenarten in Prozent [46] 1.4 Einteilung der Kieferzysten Zysten lassen sich in der Literatur auf vielfältige Art und Weise klassifizieren. Zunächst einmal findet eine Unterscheidung der anteilig häufiger vorkommenden Kieferzysten von den Zysten der Weichteile statt [27]. Die Kieferzysten fächern sich wiederum unter pathogenetischen, topographischen, morphologischen und klinischen Aspekten auf. Im Folgenden stützt sich diese Arbeit auf die international anerkannte Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die auf pathohistologischen Gesichtspunkten basiert. Zum einen berücksichtigt diese international gültige Einteilung die Entstehungsursache, sodass entwicklungsbedingte von entzündungsbedingten Zysten unterschieden werden. Zum anderen gibt diese Gliederung Auskunft über das Ursprungsgewebe, sodass odontogene von nicht-odontogenen Zysten unterschieden werden. Auch das „Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information“ (DIMDI) gibt im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit regelmäßig die offiziellen Einteilungen im Gesundheitswesen heraus. Sie sind festgehalten in der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ [11] (10.Revision, Einleitung 5 German Modification, Version 2013; ICD-10-GM 2013, s. Anhang), die sich wiederum an der Einteilung der World Health Organisation (ICD-10-WHO 2013) orientiert. Die ICD-Codes dienen dabei als Verschlüsselung der Diagnose. Die erste Gliederung der Zysten aus dem Jahr 1971 geht auf die Oralpathologen Kramer, Pindborg und Shear zurück. Mehrfache Überarbeitungen führten bis zur noch heute größtenteils gültigen Fassung der WHO von 1992 [36]. Entwicklungsbedingte Entwicklungsbedingte Entzündungsbedingte odontogene Zysten nicht-odontogene Zysten odontogene Zysten Zysten des Ductus Radikuläre Zysten nasopalatinus (apikal, lateral, residual) Follikuläre Zysten Odontogene Keratozysten Nasolabiale- oder (Primordialzysten) nasoalveoläre Zysten Paradentale Zysten Gingivale Zysten bei Kindern (Epstein Perlen) Eruptionszysten Laterale parodontale Zysten Gingivale Zysten des Erwachsenen Glanduläre odontogene/ sialoodontogene Zysten Tabelle 2: WHO-Klassifikation der Zysteneinteilung von 1992 [37] Im Jahr 2005 erfolgte eine entscheidende Neuerung der bis dato entwicklungsbedingten odontogenen Keratozyste. Die Bezeichnung ist aufgrund des tumorartigen Verhaltens [46] der Keratozysten nicht mehr zeitgemäß. Hohe Rezidivraten sowie lokal aggressives Wachstum waren Gründe, den neu benannten „Keratozystischen odontogenen Tumor (KZOT)“ in die Gruppe der benignen epithelialen odontogenen Tumoren aufzunehmen. Einleitung 1.5 6 Ätiologie Voraussetzung für die Entwicklung einer Zyste im Kieferknochen sind Epithelkeime. Odontogene Zysten können ihren Ursprung zum einen aus Malassez-Epithelresten nehmen [15], die nach Rückbildung der aus innerem und äußerem Schmelzepithel bestehenden Wurzelscheide (Hertwigsche Epithelscheide) im Parodontalspalt verbleiben können. Zum anderen können auch oberflächlicher gelegene Serres-Epithelreste aus der obliterierten Zahnleiste Herkunftsort sein. Nicht-odontogene Zysten sind nicht mit Überresten der Zahnentwicklung assoziiert. Das in der Literatur gängige Synonym der fissuralen Zysten zeigt, dass es Unstimmigkeiten bezüglich ihrer Ätiologie und Pathogenese gibt, die noch nicht restlos geklärt sind [27]. Streng genommen gilt diese Bezeichnung nur für Zysten, die aus Epithelresiduen embryonaler Fusionslinien der Gesichtsfortsätze entstanden sind. Neuesten Erkenntnissen zufolge ist diese Theorie, die ursprünglich von Thoma aus dem Jahr 1937 [78] stammt, nicht mehr haltbar und zweifelt die Existenz fissuraler Zysten [15] an. In vielen Lehrbüchern besteht der Begriff weiterhin, aber schon die WHO-Klassifikation von 1992 [36] sowie die aktuelle Version aus dem Jahr 2005 [3] führt die viel diskutierte globulomaxilläre Zyste nicht mehr als eigene Entität auf. Vielmehr beschreibt sie die Lokalisation einer Zyste zwischen seitlichem Schneidezahn und Eckzahn [21]. Eindeutiger scheint die Bezeichnung dysontogenetisch für die zwei von der WHO anerkannten nicht-odontogenen Zysten. So entsteht die Zyste des Ductus nasopalatinus aus Epithelresiduen desselbigen und die nasolabiale (nasoalveoläre) Zyste aus embryonalen Zellsträngen des Tractus nasolacrimalis [46]. 1.6 Pathogenese Sowohl die Entstehung als auch die Wachstumsmechanismen sind teilweise hypothetischer Natur und noch nicht bis ins Detail ergründet [27, 46]. Einleitung Am 7 Beginn der Zystenentwicklung steht die Proliferation von im Kieferknochen zurückgebliebenen Zellnestern. Unspezifische länger andauernde Reize, die traumatisch oder entzündungsbedingt sein können, sind vermutlich dafür verantwortlich. Kieferzysten können Jahre bis Jahrzehnte unbemerkt bleiben. Grund dafür sind neben stetigen Wachstumsschüben auch Phasen der Stagnation, sodass eine außerordentlich langsame Größenzunahme resultiert. Die Progredienz des Wachstums beruht wahrscheinlich auf einem Zusammenwirken von osmotischen Vorgängen und mangelnder Abflussmöglichkeit über das lymphatische System [27]. Eine Flüssigkeitszunahme im Zystenlumen infolge hydrostatischer Druckdifferenzen führt zu einer enormen Drucksteigerung. Sie liegt in der Erhöhung der Teilchenzahl osmotisch wirksamer Substanzen [81] begründet, in der aktiven Sekretion [80] der auskleidenden Epithelzellen, sowie infolge intramuraler Gewebevermehrung [27]. Da der Zystenbalg als semipermeable Membran fungiert [82], kommt es zu einem Flüssigkeitseinstrom mit dem Ziel eines hydrostatischen Konzentrationsausgleichs. Bei den entzündlichen Kieferzysten ist nicht von einem autonomen Wachstum auszugehen [27]. Das Infiltrat ist reich an Lymphozyten und Plasmazellen. Diese gelten als Zeichen einer Autoimmunantwort und enthalten zu etwa 40% Immunglobuline [74]. Die chronische Balgentzündung steht als Wachstumsreiz im Vordergrund. Die daraus resultierenden Zerfalls- und Stoffwechselprodukte sammeln sich im Lumen an. Main [41] beschrieb hingegen, dass das Entstehen nicht entzündungsbedingter Kieferzysten mit jener Wachstumskinetik echter benigner Tumoren [82] assoziiert ist, welche nicht auf reaktiven Zelladaptationsvorgängen beruht. Als Folge steigenden Drucks überwiegt der Knochenabbau in der Zystenperipherie. Einen zudem fördernden Effekt bewirken Osteoklasten-stimulierende Faktoren aus Prostaglandinen, die von Leukozyten des Zystenbalgs sezerniert werden [27, 42]. Die sukzessive Anlagerung von Knochen seitens des Periosts zum appositionellen Einleitung 8 Knochenaufbau kann den beschleunigten Abbau nicht kompensieren. Folglich schreitet der Knochenverlust unaufhaltsam voran. 1.7 Klinik und Diagnostik von Kieferzysten Das fehlende oder späte Durchbrechen von Zähnen der 2. Dentition sowie scheinbar unerklärliche Zahnlockerungen oder Zahnkippungen können auf das Vorhandensein einer Zyste hindeuten. Häufig wird der Verdacht auf eine Kieferzyste jedoch als Zufallsbefund in einem Röntgenbild gestellt [46]. Grund dafür ist das langsame, symptomlose Wachstum, welches dem Patienten lange Zeit keine Beschwerden verursacht. Weder Schmerzen noch Rötungen deuten zunächst auf diesen pathologischen Prozess hin. Zysten, die nicht durch einen Zufallsbefund im Röntgenbild aufgefallen sind, werden daher erst bei großer Ausdehnung mit folgenden Symptomen klinisch sichtbar [46]: Knochenauftreibungen durch verdrängendes Wachstum Pergamentknistern („Dupuytrensche Geräusch“) bei Palpation durch Fraktur der minimierten Knochenlamelle Prall-elastische, fluktuierende Schwellung bei fehlendem Knochendeckel Zahnkippungen und Zahnlockerungen Entzündungszeichen bei sekundär infizierten Zysten Pathologische Frakturen Unerlässlich sollte die Sensibilitätsprobe sein, denn der entzündlich bedingten radikulären Zyste geht eine chronische apikale Parodontitis eines devitalen Zahnes voraus. Der Schwerpunkt der Zystendiagnostik liegt jedoch in der radiologischen Untersuchung [27], da sie sich auch bei fehlender klinischer Symptomatik hier viel früher manifestiert. Die Standardmethode zur Fokussuche stellt das Orthopantomogramm (OPT) dar [46]. Diese konventionelle zahnärztliche Röntgenaufnahme erlaubt einen Gesamtüberblick mit dem Ziel Einleitung 9 vier Bereiche (Kiefergelenke, Oberkiefer, Unterkiefer, Zähne) gleichzeitig abzubilden. Das OPT ist eine Panoramaschichtaufnahme (PSA) und entsteht in Bewegung durch Drehung von Röntgenröhre und Film- Foliensystem um drei verschiedene Rotationszentren. Diese Drehachsen befinden sich außerhalb der Abbildungsebene und haben die Aufgabe die Abbildungsschicht an den elliptisch geformten Kieferbereich anzupassen [14, 60]. Abbildung 1: Umlaufbahn eines Orthopantomogramms um die drei Rotationszentren (A, B, C) [61] „Mit freundlicher Genehmigung durch den Thieme Verlag“ Das Prinzip beruht darauf, dass alle Strukturen scharf abgebildet werden, die vom Strahlenbündel mit der gleichen Geschwindigkeit erfasst werden [14]. Die Schichtdicke beträgt im Frontzahnbereich etwa 0,9 cm und im Seitenzahnbereich etwa 2,8 cm [14]. Strukturen, die vor oder hinter der jeweils abgebildeten Schicht liegen und mit höherer oder niedriger Geschwindigkeit durchlaufen werden, verursachen Unschärfe und Verwischung [14]. Die Aufnahmetechnik bedingt, dass die Bildqualität durch Überlagerungseffekte negativ beeinflusst wird und keine präzise Abbildung der realen klinischen Situation möglich ist [49]. Die Aussagekraft ist demzufolge limitiert. Ein weiteres Problem ist die technisch begründete Ungenauigkeit in der Größenwiedergabe, bedingt durch einen Vergrößerungsfaktor zwischen 1,2 und 1,5 [61]. Demgegenüber steht die überlagerungsfreie dreidimensionale Computertomographie (CT) oder digitaler Volumentomographie (DVT). Darstellung mittels Einleitung 10 Abbildung 2: Orthopantomogramm aus der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der MHH Die Computertomographie profitiert durch ein eng eingegrenztes Strahlenbündel von der Rotationsbewegung von Röntgenröhre und Detektoren um den Körper. Auf diese Art und Weise werden mittels eines fächerförmigen Röntgenstrahls alle Strukturen als Querschnitt abgebildet [59]. Da sich der Patient während der Aufnahme im CT in Rückenlage befindet und in Schichtdicken von 1,0 mm untersucht wird, entsteht ein primär transversales (axiales) Schnittbild. Aus diesen Daten können die sagittale und koronale Ebene in Schichtdicken von 2,0 bis 4,0 mm rekonstruiert werden [40]. Durch die kontinuierliche Bewegung des Patienten im Zentrum der Röhre, kommt es zu einer spiralförmigen Umlaufbahn der Röntgenstrahlen. Neben einer lückenlosen Errechnung von dünneren Schichten verkürzt der Spiralmodus zudem die Untersuchungszeit. Abbildung 3: Spiralförmige Umlaufbahn eines Computertomogramms bei kontinuierlichem Tischvorschub [59] „Mit freundlicher Genehmigung durch Elsevier GmbH, Urban&Fischer Verlag“ Insgesamt steigert die Schnittbilddiagnostik in allen drei Raumebenen und die daraus rekonstruierbare dreidimensionale Darstellung in Verbindung Auflösungsvermögen die Bedeutung der CT gegenüber der OPT [59]. mit hohem Einleitung 11 Abbildung 4: Computertomogramm aus der Medizinischen Hochschule Hannover Hohes Ansehen erlangte die Digitale Volumentomographie seit ihrer Einführung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde im Jahr 1998 [61]. Ein rotierendes kegelförmiges Strahlenbündel erzeugt 360 Durchleuchtungsaufnahmen. Aus diesen wird das primäre Schnittbild, die axiale Schicht, rekonstruiert [58]. Sie bildet die Grundlage für die weitere computergestützte Rekonstruktion in der koronaren und sagittalen Ebene, um wie auch beim CT eine frei drehbare 3D-Darstellung zu erhalten. Abbildung 5: Kegelförmiges Strahlenbündel eines Digitalen Volumentomogramms [61] „Mit freundlicher Genehmigung durch den Thieme Verlag“ Die DVT wird als diagnostisches Hilfsmittel immer attraktiver. Grund dafür ist die im Vergleich zur CT geringere Strahlenexposition bei nahezu gleichwertiger Aussagekraft. Die Strahlenexposition ist vom Gerät abhängig, sodass der Mittelwert der effektiven Dosis mit einer großen Standardabweichung behaftet ist. Der Leitlinie für Dentale Volumentomographie der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sind die aktuellen Werte zu entnehmen [10]. So beträgt die mittlere effektive Dosis bei der herkömmlichen CT 788+/- 334 μSv und kann durch die Anwendung der DVT auf 221+/- 275 μSv reduziert werden. Einleitung Während Implantate 12 metallische zahnärztliche Aufhärtungsartefakte Restaurationen, (Scatters) im CT Osteosynthesematerialien verursachen und somit oder den Informationsgehalt maßgeblich einschränken, treten diese unerwünschten Effekte beim DVT nur in geringem Maße auf [58]. Die Indikationen der DVT entsprechen denen der CT. In den Bereichen Implantologie und Traumatologie sind dreidimensionale Bildmedien für die präund postoperative Diagnostik von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglichen eine Aussage über das Knochenangebot und die Lage wichtiger anatomischer Strukturen vor Implantationen, die Detektion von Raumforderungen im Knochen sowie die Planung von umfangreichen Eingriffen in der Fehlbildungs- und Rekonstruktionschirurgie [61]. Abbildung 6: Digitales Volumentomogramm aus der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der MHH Auf dem Gebiet der Zystendiagnostik sind die dreidimensionalen Bildmedien insofern ein wichtiges Hilfsmittel [72], da die Betrachtung der zystischen Raumforderung in allen drei Raumachsen (Transversale, Koronare und Sagittale) möglich ist. Insbesondere kann die Nachbarschaft zu anatomisch wichtigen Strukturen studiert werden. Weiterhin kann die größte Ausdehnung der Zyste in allen Ebenen durch Distanzberechnung zweier manuell im CT markierter Punkte bestimmt werden. Diese Abstandsmessung ist im OPT nur zweidimensional möglich und durch den Vergrößerungsfaktor nicht maßstabsgetreu. Erst durch einen definierten Körper zur Referenzmessung können Abstände errechnet werden. Im Hinblick auf die präoperative Planung chirurgischer Eingriffe wird das OPT zu Gunsten Einleitung 13 umfangreicherer Datensätze zunehmend als diagnostisches Hilfsmittel verdrängt. Dennoch wurde die Möglichkeit, die sowohl das CT als auch das DVT durch seine Dreidimensionalität bietet, bisher nicht für Volumenberechnungen von Zysten genutzt. Unter röntgenologischer Betrachtung zeichnen sich Kieferzysten meist durch eine scharf begrenzte Aufhellung aus [45]. Sie ist das Ergebnis einer Verdichtung des Randsaums, die auf progredienten aber langsamen Knochenumbauprozessen beruht. Die Lokalisation der meist rundlich bis ovalen Aufhellung kann einen ersten Hinweis auf die Art der Zyste geben. Schließt sie die Zahnkrone eines retinierten Zahnes ein, liegt der Verdacht einer follikulären Zyste nahe. Eine in das Lumen ragende Wurzelspitze lässt eine radikuläre Zyste vermuten. Auch die genaue Betrachtung des Parodontalspaltes ist ein wichtiges röntgendiagnostisches Mittel. Im Gegensatz zu den radikulären Zysten, bei denen der Parodontalspalt kontinuierlich in die Aufhellung übergeht, bleibt dieser bei den dysgenetischen „Pseudozysten“ bestehen. Weiterhin gibt das konventionelle Röntgenbild Auskunft über die Lagebeziehung der Zyste zu benachbarten Zahnwurzeln. Sie werden vielfach verdrängt, sodass sich die Zahnkronen gegeneinander neigen und nicht selten Wurzelresorptionen entstehen. Die unerlässliche und therapierelevante Beurteilung des umliegenden Gewebes, des Nervkanals und der Kieferhöhle lässt das Orthopantomogramm jedoch nicht ausreichend zu. Bei Kieferzysten von erheblicher Größe, deren Ausdehnung in die Kieferhöhle reicht oder die den Nervkanal aus ihrer physiologischen Lage verdrängt haben, sind aussagekräftigere Computertomographien oder digitale Volumentomographien indiziert. 1.8 Therapie von Kieferzysten Durch die Tatsache, dass Zysten durch progredientes Wachstum das umgebende Gewebe durch Druckatrophie, Resorption oder Verdrängung schädigen kann [46] und bei starker Ausprägung das Risiko einer pathologischen Kieferfraktur besteht [44], ist die chirurgische Behandlung das Mittel der Wahl [62]. Einleitung 14 Ziele einer jeden Zystenbehandlung sind: Vollständige Ausheilung der Erkrankung Weitgehende Schonung bzw. Wiederherstellung umliegender Gewebe Differentialdiagnostische Abgrenzung anderer Kiefererkrankungen durch histologische Diagnosesicherung Unabhängig von der Behandlungsmethode ist das „Restitutio ad integrum“ wünschenswert. Das heißt, dass die vollständige Regeneration des Knochens mit anschließend uneingeschränkter Funktion angestrebt wird. Die chirurgische Behandlung sollte unter sorgfältiger Schonung des N. alveolaris inferior sowie des N. lingualis durchgeführt werden, um dauerhafte Sensibilitätsstörungen zu verhindern. Sind die knöchernen Defekte ausgedehnter oder besteht sogar Frakturgefahr, können Stabilisierungsmaßnahmen das Risiko mindern. Möglich ist das Einbringen von körpereigenem Knochen, eventuell in Kombination mit Osteosyntheseplatten. Die Basis der Therapien bilden auch heute noch die Operationsverfahren nach Partsch I und Partsch II. 1.8.1 Zystostomie (Partsch I) Die primäre Intention der Zystostomie nach Partsch I [47], die bereits 1892 beschrieben wurde, liegt in der Schonung anatomischer Nachbarstrukturen. Durch Fensterung der Zyste wird sie zu einer Nebenbucht der Mundhöhle gemacht. Nach Eröffnung findet eine sofortige Druckentlastung statt, wobei der eigentliche Zystenbalg in-situ verbleibt. Das Zystenlumen wird zunächst tamponiert, bis die primäre Wundheilung abgeschlossen ist. Es folgt eine offene Nachbehandlung mithilfe eines Obturators, dessen größte Zirkumferenz nach und nach reduziert wird [27]. Dieser verhindert den erneuten Verschluss des Lumens. Auf diese Weise kommt es zu einer appositionellen, knöchernen Einleitung 15 Regeneration der Zystenhöhle. Ziel ist die Metaplasie des Zystenepithels in unverhorntes Plattenepithel der Mundhöhle. Die Zystostomie ist ein übersichtlicher und insbesondere gewebeschonender chirurgischer Eingriff. Der Verbleib des Zystenbalges bedeutet einen gleichzeitigen Schutz für angrenzende anatomische Strukturen. Dieses Verfahren findet vor allem bei größeren Zysten Anwendung, um das Risiko von Zahn- und Nervschädigungen zu minimieren. Für Patienten mit höherem Lebensalter oder solche, die unter vielfältigen allgemeinmedizinischen Problemen leiden, kann dieses Verfahren von Vorteil sein. Nachteilig hingegen ist die lange Nachbehandlungszeit, wobei im Erwachsenenalter auch keine vollständige knöcherne Defektfüllung zu erwarten ist [46]. Möglicherweise verbleibt eine Einsenkung im ehemaligen Bereich der Zyste, die sich durch Schleimhaut- oder Muskulaturüberlappungen wieder schließen könnte [62]. Somit ist das Risiko eines Rezidivs enorm erhöht. Ein weiteres Problem stellt die Probenentnahme dar. Dadurch, dass ein Großteil des Zystenbalges in situ verbleibt, steht nur ein kleiner Teil für die pathohistologische Untersuchung zur Verfügung [62], woraus falsche Ergebnisse resultieren können. 1.8.2 Zystektomie (Partsch II) Nachdem 1892 die Zystostomie erstmalig beschrieben wurde, folgte im Jahr 1910 ein weiteres Verfahren von Carl Partsch zur Behandlung von Zysten. Das Prinzip der Zystektomie nach Partsch II [48] liegt in der vollständigen Entfernung der Zyste samt Zystenbalg und hat die knöcherne Regeneration des ehemaligen Zystenlumens zum Ziel. Um den Kieferknochen nicht unnötig zu schwächen, sollte der Zugang möglichst klein gehalten werden. Dennoch sollte eine gründliche Enukleation des Zystenbalges gewährleistet sein. Dabei besteht die Forderung, diesen als Ganzes zu exstirpieren, um die Operation durch einen perforierten, erschlafften Zystenbalg nicht zu erschweren. Einleitung 16 Durch das Einbluten in die Zystenhöhle entsteht ein Blutkoagulum, über das es zunächst zu einer bindegewebigen, im Folgenden zu einer knöchernen Regeneration kommt. Bei größeren Zysten mit einem Durchmesser von mehr als 2 cm [45, 62] erhöht sich jedoch das Risiko einer sekundären Infektion, sodass Partsch diesen Eingriff nur für kleinere Zysten empfiehlt. Durch Retraktion verliert das Koagulum den Wandkontakt und lässt einen „infektionsgefährdeten serösen Randspalt“ [46] entstehen. Die Folge wäre eine Entfernung des Hämatoms mit offener Nachbehandlung im Sinne einer Zystostomie. Die Transformation des zuvor exstirpierten Zystenepithels ist dann jedoch nicht mehr möglich. Durch die autogene Spongiosaplastik oder dem Einsatz von allogenem, xenogenem oder alloplastischem Material kann diese Komplikation vermieden werden. Weiterhin muss die Zystektomie unter strenger Beachtung anatomischer Strukturen durchgeführt werden, da Nervschädigungen den Patienten dauerhaft beeinträchtigen können und die Gefahr der Kiefer- oder Nasenhöhleneröffnung besteht. Wesentlicher Vorteil gegenüber der Zystostomie ist die verkürzte Behandlungszeit, die sich in erster Linie auf die primäre Wundheilung von acht bis zehn Tagen beschränkt [46]. Zudem steht für die histologische Untersuchung die komplette Zyste zur vollständigen Aufarbeitung zur Verfügung. Nicht zuletzt die Minimierung der Rezidivgefahr macht die Zystektomie mehr und mehr zur „Therapie der Wahl“ [23] bei den meisten Zystenformen. Die ossäre Regeneration ist langwierig und nimmt selbst bei jungen Patienten in etwa zwei Jahre in Anspruch. Die maximale Neubildungsrate von 64% wird zwischen dem siebten und neunten Monat erwartet [27, 57]. In Abhängigkeit vom Volumen des Defizits, den individuellen Leistungen der Füllmaterialien und den spezifischen regenerativen Eigenschaften von Ober- und Unterkiefer kann die knöcherne Restitution großer Zystenhöhlen auch bis zu fünf Jahre dauern [68]. Während eine schnellere Osteoneogenese im lateralen Unterkiefer und Unterkieferast beschrieben wird, stellt man im anterioren Oberkiefer die ungünstigste Regeneration fest [29]. Vermutlich sind morphologische Gegebenheiten der Zyste Grund für diese Ungleichmäßigkeit. Denn während die Einleitung 17 ausgeprägte Kompakta des Unterkieferkörpers eher elliptische Zystenformen ermöglicht, entsteht eine im Vergleich zum Volumen relativ große Oberfläche. Die breite Kontaktfläche bietet ein gutes Revaskularisierungsvermögen und stellt den Ausgang einer raschen knöchernen Defektheilung dar. 1.9 Untersuchte Zystenarten Die nähere Erläuterung von Kieferzysten beschränkt sich auf die drei in dieser Studie analysierten und prozentual am häufigsten vorkommenden Zysten: 1.9.1 Radikuläre Zyste Mit einem Anteil von 52,3% [46] ist sie die am häufigsten diagnostizierte Zystenart des Kieferknochens [27]. Davon entwickeln sich in etwa 60% der radikulären Zysten im Oberkiefer, wobei der anteriore Kieferabschnitt als Prädilektionsstelle gilt. Sie kann sich in jedem Alter entwickeln [4], wobei die höchste Inzidenz Ihres Auftretens zwischen dem dritten und sechsten Lebensdezennium [46] liegt. Ausgang ist eine Pulpitis mit folgender Pulpanekrose oder Pulpengangrän, die durch Entzündungsmediatoren zu einer Stimulation verbliebender Malassez-Epithelreste im Parodontalspalt führt. Es manifestiert sich eine chronische apikale Parodontitis (apikales Granulom), die Vorstufe der radikulären Zyste [46]. Diese kann in Kontakt mit dem Foramen apikale (apikale Zyste) oder mit lateralen Seitenkanälen (laterale Zyste) stehen. Als Zeichen der Entzündung liegt in mitten der Zyste chronisch-entzündliches Infiltrat vor, sodass sich bei Eröffnung dieser ein gelblich-rahmiger Inhalt entleert [46]. Der Zystenbalg kann eine Dicke von bis zu 0,5 cm annehmen. Er besteht aus der subepithelialen Zone, der mehrschichtig unverhornten epithelialen Zystenwand sowie einer kollagenfaserreichen Bindegewebskapsel [27, 46]. Einleitung 18 Radiologisch ist das apikale Granulom differentialdiagnostisch nicht von einer radikulären Zyste zu unterscheiden. Die periapikale Aufhellung stellt sich als rundlich und scharf begrenzt dar, wobei der schuldige pulpentote Zahn in das zumeist einkammrige Lumen hineinragt. Wenn ihr Durchmesser radiologisch weniger als 6 bis 8 Millimeter beträgt und die bereits betroffene Läsionsfläche kleiner als 2 cm² ist, kann noch von einer chronischen apikalen Parodontitis ausgegangen werden [46]. In diesem Stadium ist die konservative endodontische Behandlung des verursachenden Zahnes unter Einhaltung engmaschiger Kontrollen indiziert. Eine spätere Wurzelspitzenresektion kann ebenso notwendig sein wie die Extraktion eines nicht erhaltungswürdigen Zahnes. Ein Ausbleiben der knöchernen Regeneration ist ein Zeichen des Misserfolges dieses konservativen Therapieversuches und fordert zugleich die chirurgische invasive Entfernung der Zyste. Die alleinige Entfernung des schuldigen Zahnes ist keine Therapiemöglichkeit. Das verbleibende, nun als radikuläre Residualzyste bezeichnete, pathologische Hohlgebilde [46] kann Ausgang für dysplastische Veränderungen bis hin zum intraössären Karzinom sein [30]. 1.9.2 Follikuläre Zyste Die follikuläre Zyste gehört laut WHO-Klassifikation zu den odontogenen entwicklungsbedingten Kieferzysten. Ihre Inzidenz liegt mit 16,6% an zweiter Stelle der Häufigkeitsverteilung. Retinierte und verlagerte Zähne stellen eine Disposition für die Entstehung dieser Zystenart dar. Sie entwickeln sich aufgrund einer Dysgenese des Schmelzorgans aus innerem und äußerem Schmelzepithel, wobei dieses mit dem Zystenbalg an der Schmelz-Zement-Grenze inseriert [27]. Ursächlich für ihre Genese sind entwicklungsgestörte Zahnkeime, deren physiologischer Zahndurchbruch aufgrund von Retention und Verlagerung gehindert ist [27, 46]. Auch genetische Faktoren werden in Betracht gezogen, da bestimmte Syndrome wie Dysostosis cleidocranialis, Klippel-Feil-Syndrom, Cherubismus sowie das Hunter-Syndrom mit vermehrtem Auftreten von follikulären Zysten assoziiert sind [27]. Weiterhin wird Einleitung 19 diskutiert, ob eine zystische Umwandlung der retikulierten Schmelzpulpa, die eine Hypoplasie des Schmelzes hervorruft, Ursache für die Entwicklung sein kann. Die Ätiologie follikulärer Zysten lässt aber auch entzündliche Vorgänge vermuten, die eine Stimulation der Zellen des Zahnsäckchens provozieren [27]. Die follikuläre Zyste tritt mehrheitlich zwischen der 2. bis 4. Lebensdekade [27, 46, 62] auf, wobei das männliche Geschlecht mit einem Verhältnis von 1,5 zu 1 häufiger betroffen ist [27, 70]. Die Inzidenz überwiegt im Unterkiefer. Dort sind es vor allem die Weisheitszähne, die follikuläre Zysten mit großen Ausdehnungen bis in den aufsteigenden Unterkieferast aufweisen können. Bevorzugt betroffene Zähne sind weiterhin die Eckzähne beider Kiefer, gefolgt von den dritten Molaren des Oberkiefers. Die follikuläre Zyste umschließt die Zahnkrone meist haubenförmig. Deshalb wird sie als zentraler (perikoronarer) Typ bezeichnet. Ebenso ist eine Lokalisation lateral, periradikulär [27] oder zirkulär [79] möglich. Der charakteristische, histologische Aufbau weist einen lockeren, kollagenfaserarmen Zystenbalg sowie zweischichtiges unverhorntes Plattenepithel auf. Da auch Epithelproliferationen im auskleidenden Epithel entzündeter follikulärer Zysten beobachtet werden, ist die Angabe über die Lokalisation der Zyste für den Pathologen zum Ausschluss einer sich ähnlich darstellenden radikulären Zyste äußerst wichtig [27]. Röntgenologisch erwecken sie nur dann eindeutig Verdacht, wenn sie als scharf begrenzte, meist einkammrige, perikoronare Aufhellung an retinierten Weisheitszähnen oder verlagerten Zähnen imponieren. Das Vorkommen anderer Lagetypen der follikulären Zysten erschwert die radiologische Befundung, sodass die endgültige Diagnose immer das Resultat aus pathohistologischer Untersuchung und klinischen Aspekten ist. Damit Zahnfollikel nicht fälschlicherweise als follikuläre Zyste chirurgisch entfernt werden, sorgte Pindborg 1974 [51] für eine einheitliche Regelung. Demzufolge handelt es sich nur dann um eine follikuläre Zyste, wenn die Distanz zwischen Zystenwand und Krone ein Maß von 2,5 mm überschreitet. Einleitung 20 1.9.3 Keratozystisch odontogener Tumor (Keratozyste) Bis zum Jahr 2005 wurde der keratozystisch odontogene Tumor (KZOT) als Keratozyste bezeichnet und laut WHO als odontogene entwicklungsbedingte Zyste klassifiziert. Diese Benennung wurde seit Einführung von Philipsen im Jahr 1956 [27] bis vor wenigen Jahren in der Literatur geführt. Die besonderen, mit keinen anderen Zysten vergleichbaren Eigenschaften gaben Anlass, die ehemalige Keratozyste von nun an als echten Tumor zu betrachten. Außerordentlich langsames aber lokal aggressives Wachstum zeichnen sie aus [27, 46]. Ihre Invasivität und hohe Neigung zu Rezidiven [50], die je nach Radikalität der Operation zwischen 2 bis 63% [46, 71] angegeben wird, erklärt die Umbenennung und die Neueinteilung in die Gruppe der benignen odontogenen Tumoren im Jahr 2005 [3]. Parallel dazu besteht die mehrfach revidierte WHO-Klassifikation von 1992 [37] fort, sodass die Keratozyste weiterhin als entwicklungsbedingte odontogene Zyste aufgeführt ist. Aufgrund der Gültigkeit von beiden internationalen Einteilungen werden die Begriffe keratozystisch odontogener Tumor und Keratozyste in dieser Arbeit synonym verwendet. Schließlich ist der Begriff der Keratozyste auch heute noch in klinischem Gebrauch. Die enorm erhöhte Rezidivrate im Vergleich zu anderen Kieferzysten liegt an der Fähigkeit, Mikrozysten auszubilden. Zellstränge aus dem auskleidenden Epithel wachsen in die umliegende Spongiosa und bilden dort sogenannte Satellitenzysten (Tochterzysten). Sie erschweren die vollständige Entfernung erheblich und sorgen auch noch nach 10 Jahren für wiederkehrende keratozystisch odontogene Tumoren. Nur engmaschige regelmäßige Kontrollen können Rezidive, die sich zumeist in den ersten fünf Jahren nach der Operation manifestieren [27, 28], frühzeitig entdecken. Da Keratozysten auch zu Plattenepithelkarzinomen entarten können [70], sind die Routineuntersuchungen von großer Wichtigkeit und werden empfohlen [75]. Der Häufigkeitsgipfel von Keratozysten findet sich zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr [32]. Auch hier erkranken Männer öfter als Frauen [46, 62]. Weiterhin ist der Unterkiefer Einleitung 21 dreimal so häufig betroffen wie der Oberkiefer, wobei Kieferwinkel und Molarenregion Prädilektionsstellen sind [27, 46, 62]. Vermehrt multilokuläres Auftreten sowie intrakavitäre Septierungen stellen besondere Merkmale von Keratozysten dar. Hieraus resultiert röntgenologisch eine mehrkammrige, girlandenförmige, wolkig imponierende Aufhellung. Als Zeichen der Lumenerweiterung durch das Wachstum von Tochterzysten in der Peripherie ist häufig keine glatte Begrenzung ersichtlich. Im Gegensatz zu radikulären und follikulären Zysten lassen osteolytische Prozesse unscharfe Ränder entstehen, die auch auf ein tumoröses Geschehen hindeuten können [27]. Gerade bei dieser aggressiven Zystenart, die durch die Ausbildung von Tocherzysten in den Weichteilen weiter wachsen kann [27], hat die histopathologische Aufarbeitung nach obligater Entfernung einen besonderen Stellenwert zur Diagnosesicherung [47]. Keratozystisch odontogene Tumoren zeichnen sich durch mehrschichtig verhorntes Plattenepithel aus. Es werden drei Unterklassen differenziert. Histologische Subtypen der Keratozyste [46]: I: II: breiteres, bis zu achtschichtiges Epithel mit Para- und Hyperparakeratose III: nur teilweise den Kriterien der Keratozyste entsprechend, aber keiner flaches, bis zu sechsschichtiges Epithel mit Para- oder Orthokeratose anderen Zystenart zuzuordnen Durch die Ausbildung von Satellitenzysten nimmt der keratozystisch odontogene Tumor eine Sonderstellung ein. Dies erklärt gleichermaßen die Fülle an Behandlungsmaßnahmen bei fehlendem einheitlichem Therapiekonzept [27]. Die Zystektomie ist in jedem Fall der Zystostomie vorzuziehen, die mit Rezidivraten von 38 bis 90% [46] unter Belassen des Zystenbalges keinen Erfolg erzielt. Um mit größerer Wahrscheinlichkeit potentielle Mikrozysten zu entfernen, können Radikaloperationen in Betracht kommen. Da sie für den Patienten aber mit außerordentlich funktionellen und ästhetischen Einschränkungen Einleitung 22 einhergehen und aufwändige plastische Rekonstruktionen verlangen, sollte auf diese Methode möglichst verzichtet werden [27]. Eine konservative Variante bietet das zusätzliche Ausfräsen der Zystenkavität nach Zystektomie. Das Anfrischen des Knochens hat die Entfernung von Mikrozysten zum Ziel. Gegenstand der Therapiekonzepte ist zudem die Zystektomie mit adjuvanter Anwendung der Carnoy-Lösung, die durch Voorsmit und Stoelinga [84, 85] postuliert wurde. Das Gemisch aus 1 ml Eisenchlorid, 1 ml Eisessigsäure, 3 ml Chloroform und 6 ml Alkohol erreicht eine intraoperative Gewebefixierung und erleichtert die Exkochleation der braun eingefärbten Gewebereste. Durch gesunkene Rezidivraten auf 1 bis 8,7% [7] erscheint diese Methode attraktiv. Jedoch findet dieses Verfahren aufgrund einer nachgewiesenen neurotoxischen Wirkung der Substanz kaum noch Anwendung [26]. Multiple keratozystisch odontogene Tumore können auch Ausdruck des Gorlin-GoltzSyndroms sein [4]. Diese auch als Basalzellnävussyndrom bezeichnete autosomal-dominant vererbbare Krankheit äußert sich durch multilokuläre Keratozysten in Verbindung mit zahlreichen Basaliomen und ist mit Anomalien des Skeletts vergesellschaftet [24]. 1.10 Knochenaugmentationsmaterialien Schon Partsch hatte festgestellt, dass die Heilung von Zystenhöhlen über das Blutkoagulum in der Regel komplikationslos verlaufen kann, wenn der Durchmesser nicht größer als 2 cm ist [48]. Bei Zysten größerer Ausdehnung besteht die Gefahr der sekundären Infektion. Das Blutkoagulum verliert als Folge der Retraktion und dem damit verbundenem Abreißen der Fibrinfäden den Wandkontakt [45, 67] und lässt einen Randspalt entstehen, der mit ausgespresstem serösen Exsudat gefüllt ist. Eine Einwanderung von Mesenchymzellen zur Bildung der Kapillaren ist behindert und stört die Regeneration. Aus diesem Grund werden bei größeren Zysten verschiedene Füllstoffe hinzugezogen. Für die Defektfüllung werden bevorzugt körpereigene Knochentransplantate genutzt sowie verschiedene Knochenersatzmaterialien (KEM). Einleitung 23 1.10.1 Autogene Knochentransplantate (Autograft) Nach wie vor ist die Transplantation von körpereigenem Knochen als „Goldstandard“ [69] anzusehen. Aufgrund dessen, dass Spender und Empfänger identisch sind, geht keine Gefahr von infizierten Ersatzmaterialien oder immunologisch bedingten Abstoßungsreaktionen aus. Die Voraussetzung einer vollständigen Integration ist durch die osteoinduktiven und osteokonduktiven Eigenschaften des autogenen Transplantats gegeben [63]. Die Einheilung durchläuft mehrere Phasen vom Prozess der Resorption bis hin zum schrittweisen Neuaufbau des Knochens. Zunächst sorgen die im Transplantat überlebenden Osteoblasten für den Beginn der Osteoneogenese. Durch das osteokonduktive Vermögen dient das autologe Transplantat als Leitschiene für Osteoklasten aus einsprossenden Gefäßen. Während das Füllmaterial sukzessive abgebaut wird, produzieren Osteoblasten neues Knochenmaterial. Sie haben sich unter dem Einfluss von wachstumsinduzierenden Proteinen (BMP= bone morphogenetic protein) aus pluripotenten Mesenchymzellen differenziert. Letztlich wird der frei transplantierte Knochen unter Belastung auch funktionell durch Umwandlung von Geflecht- zu Lamellenknochen integriert. Somit wird das körpereigene Transplantat im Laufe der Einheilung einmal vollständig umgesetzt [63]. Trotz des zum Teil notwendigen Zweiteingriffs zur Entnahme von autogenem Knochen aus operationsfernem Gebiet überwiegen die Vorteile dieser Möglichkeit zur Defektfüllung von Knochenhöhlen und macht sie zur idealen Transplantatform. Abhängig von dem benötigten Knochenvolumen muss die Entnahmestelle individuell gewählt werden. Lokoregional kann etwa 1 cm³ Knochen [83] gewonnen werden. Zur Verfügung steht der aufsteigende Unterkieferast, die Kinnregion, der Tuberbereich, die Spina nasalis anterior sowie die Crista zygomaticoalveolaris. Größere Knochenmengen bieten nur extraorale Spenderregionen wie z.B. der Tibiakopf oder die Beckenkammschaufel. Prinzipiell unterscheidet man drei verschiedene Formen der Transplantate: Kompakta-, Spongiosa- oder kortikospongiöse Transplantate. Während Kortikalistransplantate eine ausgezeichnete Fixation von Osteosynthesematerialien ermöglichen, bieten Einleitung 24 Spongiosatransplantate eine größere Oberfläche [69]. Ein großflächiger Kontakt zum ortständigen Knochen erzielt eine schnelle Revaskularisierung und somit eine zügige Einheilung. Durch den Einsatz von Knochenmühlen kann dieser Vorteil auch bei kortikalen Knochentransplantaten genutzt werden. Die Defektfüllung von Zystenhöhlen basiert vornehmlich auf der spongiösen Osteoplastik. Das poröse Material kann der individuellen Kavität entsprechend geformt und eingebracht werden. Während intraoral mittels Knochenschabern kortikospongiöse Knochenspäne gesammelt werden kann, stehen für die Gewinnung von Spongiosa aus dem Beckenkamm Knochenstanzen zur Verfügung. In der Literatur sind folgende ideale Eigenschaften von Knochenersatzmaterialien als wünschenswert beschrieben: Osteoinduktion, Osteokonduktion, Biokompatibilität, Porosität, Resorbierbarkeit, Belastungsstabilität, Formbarkeit, Sterilität sowie stabile, langfristige Integration von Implantaten [56]. Zurzeit vereint kein Knochenersatzmaterial so viele Fähigkeiten auf sich wie der körpereigene Knochen. Autogene Knochentransplantate sind somit bei gegebenen Voraussetzungen das Material der ersten Wahl [69]. In der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover ist sie ausschließlich Methode der Wahl. Alle Patienten dieser Studie haben körpereigenen Knochen erhalten. 1.11 Fragestellungen In der Literatur steht häufig beschrieben, dass es sinnvoll ist, große Kieferzysten mit Knochenmaterial zu versorgen. Eine genaue Definition der „großen“ Zyste gibt es jedoch nicht. In dieser Studie wird dargelegt, wie die Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover diese Frage klinisch handhabt und ab welchem Volumen körpereigener Knochen in das Zystenlumen eingebracht wurde. Die intraoperativ gefällte Entscheidung für oder gegen eine autogene Osteoplastik galt dabei als Einleitung 25 „Goldstandard“, sodass sich eine retrospektive Analyse der betroffenen Patienten ergab. Die Volumenbestimmung fand auf zwei verschiedenen Wegen Computer-assistiert statt. Anhand der zu Grunde liegenden Informationen werden Fragen in den folgenden zwei Bereichen beantwortet: I Methodenvergleich: Wie groß sind die Übereinstimmungen der Messergebnisse aus Methode 1 und Methode 2? Welche Methode ist für den klinischen Alltag in Bezug auf Anwendbarkeit, zeitlichem Aufwand und Benutzerfreundlichkeit besser geeignet? Ist es sinnvoll, die Volumenbestimmung von Zysten in die präoperative Diagnostik aufzunehmen? Welche weiteren Informationen kann die Software neben der Volumenberechnung noch liefern und wie können diese genutzt werden? II Zystenvolumen und Defektfüllung: Gibt es eine Korrelation zwischen Zystenvolumen und Defektfüllung mit körpereigenem Knochen? Ab welchem Volumen hat sich eine Zystektomie mit anschließender autogener Osteoplastik in der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover bewährt, sodass diese Vorgehensweise empfohlen werden kann? Gibt es eine Abhängigkeit zwischen autogener Osteoplastik von Zystenhöhlen und dem Alter oder Geschlecht des Patienten? Wird eine der untersuchten Zystenarten nach chirurgischer Entfernung besonders häufig mit Knochenmaterial versorgt? Material und Methode 26 2 Material und Methode 2.1 Patientenauswahl Das Kollektiv der vorliegenden Arbeit bestand aus 88 Patienten, die an einer radikulären Zyste, einer follikulären Zyste oder an einem keratozystisch odontogenen Tumor im Unterkiefer erkrankten. Die Zysten wurden in dem Zeitraum von 2004 bis 2011 durch Zystektomie entfernt. Mit dem Ziel der ossären Regeneration wurden die Zystenhöhlen entweder mit körpereigenem Knochen aufgefüllt, welcher von intraoral oder aus dem Beckenkamm gewonnen wurde, oder es wurde eine Knochenheilung über das Blutkoagulum angestrebt - sowohl mit als auch ohne Kollageneinlage. Um vergleichbare Ergebnisse zu erlangen, beschränkte sich die Volumenberechnung der Zysten auf einen Kiefer. Im Hinblick auf die Häufigkeitsverteilung von Kieferzysten wurde der primäre Datensatz auf die prozentual am zahlreichsten vorkommenden Zystenarten reduziert. Somit wurden nur die radikulären und follikulären Zysten sowie die Keratozysten erfasst und vermessen. Ein entscheidendes Auswahlkriterium war das Vorliegen einer qualitativ guten, dreidimensionalen Bildgebung in Form einer CT oder DVT. Von Interesse waren weiterhin folgende Angaben: Geburtsdatum, Operationsdatum, Geschlecht, Art der Zyste, Rezidiv, Region des Auftretens, Zystentherapie, intraoperatives Vorgehen in Bezug auf eine Defektfüllung mit autogenem Knochen. Es wird für die Studie nur bis auf das Jahr 2004 zurückgeblickt, weil die Daten der zuvor aufgenommenen Patienten bereits in Archiven gesichert sind, auf die nicht ohne weiteres zurückgegriffen werden konnte. 2.2 Kohorteneinteilung Aus dem Kollektiv der 88 Patienten hatten 17 Patienten zwei Zysten in der angegebenen Zeitspanne von acht Jahren. Von diesen 17 Patienten hatten neun Patienten zwei Zysten gleichzeitig, sieben der gleichen Art und zwei andersartige. Bei den restlichen acht Patienten Material und Methode 27 traten die beiden Zysten zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Diese gehörten jeweils zu der gleichen Zystenart. Der Datensatz wies nur fünf mögliche Rezidive auf. Sie kennzeichneten sich dadurch, dass sie in zeitlichem Abstand in der gleichen Region auftraten und gleicher Art waren. Mit der Vorüberlegung, dass Zweitzysten, unabhängig ob Rezidiv oder nicht Rezidiv, durch regelmäßige klinische und röntgenologische Nachkontrollen vermutlich frühzeitiger erkannt wurden als erstmalig manifestierte Zysten, wurde das Kollektiv in zwei Kohorten aufgeteilt. So konnte man vermuten, dass die Zweitzysten in einem frühen Stadium entdeckt wurden und demzufolge ein kleineres Volumen aufwiesen als Erstzysten, sodass eine Defektfüllung unwahrscheinlich wurde. Die vorliegende Studie evaluierte jedoch nicht vermeintlich große gegen kleine Zysten, sondern überprüft im Allgemeinen, ob eine Korrelation zwischen Zystenvolumen und Defektfüllung vorliegt. Die Einteilung der beiden Kohorten in Erst- und Zweitzyste wurde deshalb wie folgt gewählt: Erstzyste alle Patienten, die nur einmal eine Zyste hatten zzgl. alle Patienten, die zwei Zysten zu unterschiedlichen Zeitpunkten hatten und davon die zuerst aufgetretene Zyste Zweitzyste alle Patienten, die Zysten zu unterschiedlichen Zeitpunkten hatten und davon die später aufgetretene Zyste zzgl. alle Patienten, die zeitgleich zwei Zysten hatten und davon die größere Zyste zzgl. alle Patienten, die zeitgleich zwei Zysten hatten und davon die kleinere Zyste Tabelle 3: Einteilung des Patientenkollektivs Die Patienten, die nur einmal an einer Kieferzyste erkrankten, wurden eindeutig der Gruppe der Erstzysten zugeordnet. Patienten, bei denen sich zwei Zysten zu unterschiedlichen Zeitpunkten entwickelten, wurden ebenfalls eindeutig in Erst- und Zweitzysten unterteilt. Material und Methode 28 Die bereits erwähnten neun Patienten, bei denen zeitgleich zwei Zysten detektiert wurden, ließen sich auf konservative Art und Weise in die beiden Kohorten aufteilen. So wurde die kleinere der beiden Zysten in die Gruppe der Erstzysten aufgenommen. Hintergrund dieser Einteilung war, dass die Kohorte der Erstzysten demzufolge auch geringere Zystenvolumina enthielt. Falls in dieser Gruppe eine Kongruenz in Bezug auf eine autogene Osteoplastik zu erkennen war, traf dieser Zusammenhang mit großer Wahrscheinlichkeit für die größeren Zysten - die zum Teil in die Kohorte der Zweitzysten gehörten - ebenso zu. 2.3 Material 2.3.1 Exceltabelle Der Datensatz enthielt letztlich folgende Informationen: Zystenart: Keratozyste (1), Follikuläre Zyste (2), Radikuläre Zyste (3) Geschlecht: männlich (0), weiblich (1) Alter: Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Operation Therapie: Knochen ja (1), Knochen nein (2) Kohorte: Erstzyste (1), Zweitzyste (2) Region: entsprechend des Parodontalen Screening Index (PSI) für den Unterkiefer (UK) in den Sextanten S4 - S6. Der PSI bezieht sich eigentlich nur auf die Zähne und das Parodontium. Zur Vereinfachung gehört der jeweilige Knochenabschnitt jedoch mit in die Sextanten. Der aufsteigende UK-Ast sowie der UK-Winkel werden zu den Sextanten des Seitenzahnbereichs S4 bzw. S6 gezählt. Material und Methode 29 Abbildung 7: Einteilung der Sextanten S1-S6 [5] „Mit freundlicher Genehmigung durch Dr. med. dent. Wolfgang Bengel“ 2.3.2 Digitaler Workflow der verwendeten Software Die dreidimensionale Volumenbestimmung von Unterkieferzysten fand mithilfe des Computerprogramms iPlan 3.0.2 Volume (Brainlab®, Feldkirchen, Deutschland) [73] statt. Dieses Programm hat sich als Marktführer unter den Navigations- und Planungssoftwares der kraniofazialen Chirurgie etabliert, sodass es einen großen Stellenwert in der Computerassistierten Chirurgie (CAS) [16, 17, 33, 43, 76] einnimmt. Ursprünglich findet die Applikationssoftware iPlan, die aus zweidimensionalen Schichten eine 3D-Ansicht rekonstruiert, in der Traumatologie [22], Orbitachirurgie [34, 65, 90], Tumorchirurgie [64] sowie in der Wiederherstellung von kraniofazialen Fehlbildungen Anwendung. Der zugrundeliegende 3D-Volume-rendering-Algorithmus ermöglicht eine einheitliche dreidimensionale Visualisierung des Gesichtsschädels und vermittelt somit eine detailgetreue Wiedergabe der originalen anatomischen Situation. Anhand des virtuellen, aber realitätsnahen Modells werden präoperative Planungen möglich, die den Erhalt vitalen Gewebes und eine formgetreue Rekonstruktion zum Ziel haben. Material und Methode 30 Die Software ermöglicht unter anderem die Markierung von Tumorgrenzen mit den zugehörigen Sicherheitsabständen, um die Resektionsgrenzen festzulegen. Da Zysten röntgenologisch eine ähnliche raumfordernde Struktur aufweisen wie Tumorgewebe, lag die Überlegung nahe, die Software für die Volumenberechnung von Zysten zu nutzen und das Einsatzgebiet somit zu erweitern. Datentransfer Um die Unterkieferzysten des selektierten Patientenkollektivs Computer-gestützt mit dem Programm iPlan vermessen zu können, war zunächst ein Datentransfer mit anschließender Umwandlung und Ausrichtung der Datensätze nötig. Die CT-/DVT-Aufnahmen lagen als DICOM-Datensätze (Digital imaging and communication in medicine) vor und wurden aus dem hochschulinternen PACS (Picture archiving and communication system) generiert. Die Umwandlung der DICOM-Datensätze in Softwarekompatible x-brain-Formate geschah durch einen Preprocessing-Algorithmus, der darüber hinaus alle transversalen CT-/DVT-Schichten an der Frankfurter Horizontalen (FH) und der Mittelsagittalebene (MS) - der sogenannten FHMS - ausgerichtet hat [54]. Sinn und Zweck des Preprocessing-Algorithmus ist die Übertragung der Datensätze in die Software sowie die Standardisierung der Datensätze, um eine dreidimensionale Betrachtung unter generalisierten Voraussetzungen zu ermöglichen. Zur Sicherung von Quantität und Qualität der CT-/DVT-Datensätze wurde die Schichtmenge auf mindestens 100 und maximal 700 Schichten festgelegt. Die einzelnen Schichten hatten einen Abstand von höchstens 3 mm. Segmentierung Das Zystenvolumen wurde durch die Kennzeichnung der Zystengrenzen in allen drei Raumebenen der CT/DVT errechnet. Ein Segmentierungsalgorithmus ermöglichte die virtuelle Markierung der Zystenform. Das genaue Verfahren zur manuellen Durchführung [54] wird im folgenden Kapitel erläutert. Material und Methode 31 Interpolation Ein Interpolationsalgorithmus gewährleistete, dass die Zyste nicht in jeder einzelnen Schicht der CT/DVT eingezeichnet werden musste. Vielmehr generierte die Software durch diese Funktion automatisch die zwischenliegenden Schichten aus den eingezeichneten Hounsfield-Einheiten (HE). Wenn Knochen durch unpräzises Zeichnen fälschlicherweise als der Zyste zugehörig gekennzeichnet wurde und somit größere HE-Einheiten involviert waren, wirkte sich dieser Fehler demnach auch auf die Interpolation aus. Datenarchivierung Nachdem die Zyste markiert wurde und die Software aus diesen Informationen einen virtuellen Zystenkörper erstellt hatte, erfolgte die Sicherung der Datensätze auf einer lokalen Datenbank. Dafür wurden die x-brain-Formate pseudonymisiert, um sie im Folgenden zum Erhalt wissenschaftlicher Arbeit für zehn Jahre aufzubewahren. 2.4 Methoden der Volumenberechnung Die Volumina von 88 Unterkieferzysten wurden Computer-assistiert mit dem Programm iPlan 3.0.2 Volume (Brainlab®, Feldkirchen, Deutschland) berechnet. Damit dieser Studie repräsentative Volumengrößen zu Grunde lagen, wurde jede Zyste beider Kohorten dreimal vermessen. Die wiederholten Messungen ergaben letztlich einen Mittelwert für jede Zyste. Durch einen Methodenvergleich für die Volumenbestimmung sollte die Eigenleistung und Präzision des Computerprogramms evaluiert werden. Somit wurde ein weiterer Messdurchlauf unter Anwendung einer zweiten Vorgehensweise durchgeführt. Auch dieses Verfahren wurde dreimal pro Zyste angewendet. Die drei Einzelmessergebnisse beider Methoden wurden gemittelt, sodass jeweils ein Mittelwert pro Methode resultierte. Die Messgrößen der ersten Methode sind Zwischenergebnisse von Methode 2. Im Nachhinein Material und Methode 32 wurden beide Methoden statistisch analysiert, um zu prüfen, ob die Ergebnisse aus Methode 1 auch gleichzeitig mit einem Genauigkeitsverlust einhergingen. 2.4.1 Voreinstellungen Vor Beginn der Messung war die Orientierung über die Zyste im Unterkiefer sinnvoll. Dabei sollte die Zyste im Hinblick auf ihre Lokalisation und Ausdehnung begutachtet werden. Insbesondere angrenzende anatomische Nachbarstrukturen wie der Nervkanal oder Zahnwurzeln sollten studiert werden, um einschätzen zu können, inwiefern sie mit der Zyste Verbindung standen. Die Programmoption „Overview“ bietet für den Nutzer die Möglichkeit, sich einen Gesamtüberblick über das CT/DVT zu verschaffen: Feld 1 = Gesamtdarstellung Feld 2 = transversale Ebene Feld 3 = sagittale Ebene Feld 4 = koronare Ebene Abbildung 8: „Overview“ Der „Overview“ besteht aus vier Fenstern. In Feld 1 erscheint das CT/DVT, während in den anderen drei Feldern das Röntgenbild in der transversalen (axialen), sagittalen und koronaren Ebenen dargestellt wird. Es kann auf alle Felder zugegriffen werden. Eine Material und Methode 33 Veränderung des Achsenkreuzes in einem Feld wirkt sich auch auf die anderen Darstellungen aus. Somit konnte jeder Punkt des dreidimensionalen Datensatzes mittels Verschiebung des Achsenkreuzes erreicht werden und ermöglicht so einen präzisen Einblick in die diagnostisch relevante Struktur. In dem ersten Feld können zudem verschiedene Einstellungen ausgewählt werden, um den dreidimensionalen Datensatz zu betrachten. So kann das CT/DVT zum Beispiel knöchern und röntgenologisch dargestellt werden. Dabei lässt sich der Datensatz in alle Richtungen rotieren und erlaubt Einblicke, die keine klinische Untersuchung oder zweidimensionale Bildgebung leisten kann. Die Begutachtung des knöchernen Schädels ist durch die Auswahl „Bone“ oder „Bone/Vessels“ mit und ohne Weichteilsilhouette möglich und veranschaulicht eventuelle Knochendefekte. Jede Situation kann in Form eines Screenshots als Momentaufnahme festgehalten werden. So zeigt folgende Abbildung das über den gesamten Bildschirm vergrößerte DVT in der Bone/Vessels – Ansicht. Abbildung 9: „Overview“ – Vollansicht von Feld 1 Je nach Lokalisation und Größe können Zysten Knochenauftreibungen und -perforationen verursachen. Bei sorgfältiger Betrachtung der CT/DVT in der skelettalen Ansicht können Material und Methode 34 solche schon vor Einzeichnung der Zyste erkannt werden. Somit vermittelt das virtuelle, frei drehbare Knochenmodell dem Nutzer eine sehr genaue Vorstellung über die tatsächliche klinische Situation, die ihn in der Operation erwarten wird. Durch die Auswahl „Radiography“ erscheint das CT/DVT in der röntgenologischen Ansicht. Diese Darstellung gibt insbesondere Aufschluss über die Beziehung der Kieferzyste zu Zahnwurzeln und dem Nervkanal. Weiterhin kann die Lage der Zyste im Unterkieferkörper beurteilt und mögliche Septierungen erkannt werden. Vor allem noch wenig ausgeprägte Tochterzysten des keratozystisch odontogenen Tumors werden durch Rotation der röntgenologischen Darstellung leichter sichtbar. Es empfiehlt sich, den gesamten Umfang der Kieferzysten einmal in allen drei Ebenen „durchzuscrollen“, um fragliche Strukturen eindeutig als der Zyste zugehörig oder nicht zugehörig zu identifizieren. Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn die Zyste den Knochen perforiert und sich weitreichend ins Weichgewebe ausgedehnt hat. Insbesondere das DVT, das eine zuverlässige knöcherne Darstellung bietet, zeigt Schwächen bei der Weichgewebedarstellung. Dies galt es zu berücksichtigen. Nach gründlicher Betrachtung der vorliegenden Zystenhöhle begann ihre Segmentierung. Zunächst wurde unter dem Button „new object“ ein neues Objekt angelegt und benannt. Im Anschluss wurde eine Farbe ausgesucht, in der die Zyste markiert wurde. Verschiedene Voreinstellungen konnten die Segmentierung erleichtern und den Arbeitsaufwand verringern. Je nach Größe der Zyste konnte der Durchmesser des Pinsels individuell gewählt werden. Über den Button „Brush“ wurde seine Funktion aktiviert oder deaktiviert. Letztlich entscheidet der Nutzer subjektiv über die für ihn komfortabelste Einstellung, denn unabhängig von der Stiftgröße werden exakte Messungen erzielt. Unter Auswahl des Buttons „Eraser“ oder durch Halten der rechten Maustaste konnte zusätzlich ein „Radiergummi“ zu Hilfe genommen werden. Der Durchmesser konnte, wie auch die Pinselgröße, stufenlos gewählt werden. Überkonturierte Bereiche konnten somit schnell und einfach entfernt werden. Ein Häckchen im Feld „contours“ entschied darüber, ob die Zystenränder nur als Linie dargestellt werden Material und Methode 35 oder ob die eingegrenzte Fläche vollständig farblich ausgefüllt wird. Als nützlich hat sich die Einzeichnung als Kontur erwiesen. Auf diese Art und Weise kann sehr exakt überprüft werden, ob die Zyste im Randbereich über- oder unterdimensioniert ist. Wenn die Zyste komplett farblich dargestellt ist, kann man nur schlecht den röntgenologisch aufgehellten Bereich der Raumforderung nachverfolgen. 2.4.2 Messvorgang von Methode 1 und Methode 2 Nach Auswahl aller beliebigen Voreinstellungen begann die Segmentierung der Zyste in der transversalen Schicht mit dem Ziel der Volumenberechnung. Dafür wurde das Fenster „4Views“ geöffnet und die entsprechende Raumebene eingestellt. Die Aufnahmetechnik der CT/DVT bedingt, dass das primäre Schnittbild immer die axiale Schicht ist, sodass diese Ebene das höchste Auflösungsvermögen aufweist. Die Detektion der Kieferzyste ist demnach in der transversalen Ebene am eindeutigsten, sodass diese Raumachse stets Ausgangspunkt der Messung war. Von in Richtung kaudal-kranial (fußwärts-kopfwärts) kommend, wurde die Schicht eingestellt in der die Zyste erstmals als röntgenologische Aufhellung erschien. Dann wurde sie entlang der Grenze zum Knochen eingezeichnet. Die darauf folgende zweite und dritte Schicht wurden ausgelassen, denn durch die Markierung der Zyste in der vierten Schicht, interpoliert das Computerprogramm die zwischenliegenden Schichten. Danach wurden die nächsten vier Schichten aufgerufen, um auch dort nur die vierte Schicht einzuzeichnen. Dieser Vorgang wurde solange wiederholt bis die Zyste einmal vollständig in den relevanten transversalen Schichten markiert wurde. Dieses Verfahren kennzeichnete Methode 1. In der kommenden Abbildung ist die Option „4Views“ aufgerufen und zeigt die als Fläche eingezeichnete Zyste über vier transversale Schichten. Material und Methode 36 Abbildung 10: „4Views“ Im Fenster „Plan Content“ wurde die Zyste letztendlich aus den eingezeichneten Schichten berechnet und das ermittelte Volumen dort in der Einheit cm³ angegeben. 3D-Zystenkörper Volumen in cm³ Abbildung 11: Ausschnitt des Fensters „Plan Content“ Material und Methode 37 Weiterhin erschien die Kieferzyste entweder separat als dreidimensionaler Körper (cyst cloud), der frei rotiert werden konnte oder die markierte Zyste konnte durch Rückkehr zum „Overview“ in das CT/DVT projiziert werden. Durch die beschriebene Art und Weise wurden drei Messungen der Zyste durchgeführt. Alle drei Einzelmessergebnisse wurden im Nachhinein gemittelt, um das unbekannte Volumen so exakt wie möglich zu bestimmen. Die durch Methode 1 bestimmten Volumengrößen waren insofern keine Endergebnisse, da sie nur durch die Einzeichnung in den tranversalen Schichten zustande gekommen sind. Der Nutzer vernachlässigte dabei die sagittale und koronare Ebene und vertraute auf die Interpolation der Software iPlan. Um die Eigenleistung des Programms zu prüfen, mussten die Ergebnisse aus Methode 1 mit Volumengrößen verglichen werden, die unter Berücksichtigung aller Raumebenen errechnet wurden. Somit waren die Messgrößen aus Methode 1 Zwischenergebnisse und dienten als Grundlage für die Anwendung von Methode 2. Nachdem die Zyste durch Anwendung von Methode 1 in allen transversalen Schichten markiert und das vorläufige Volumen notiert wurde, begann die Korrektur in den noch fehlenden Raumachsen. Diese Nachbearbeitung kennzeichnete Methode 2 und hatte die exakte Volumenbestimmung der Kieferzyste zum Ziel. Die Option „4Views“ wurde aufgerufen, um nacheinander die sagittale und koronare Ebene einzustellen. Durch die vorherige Interpolation in der axialen Schicht wurden die farblichen Grenzen der Zyste mit in die anderen Raumebenen übernommen. Sie mussten nun in jeder Schicht überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Nach Wechsel der Ebenen erlischt der Interpolationsalgorithmus, sodass die Kontrolle in jeder einzelnen Schicht der Sagittalen und Koronaren nötig war. Sowohl über- als auch unterkonturierte Grenzen mussten angepasst werden, um folglich exakte Volumengrößen zu erhalten. Unter „Plan Content“ konnte schließlich das Volumen abgerufen werden, das durch die Einzeichnung in allen Ebenen errechnet wurde. Material und Methode 2.5 38 Datenverarbeitung und statistisches Vorgehen Die Datenerhebung fand mittels Mircosoft Office Excel 2007 statt. Die sich daran anschließende statistische Verarbeitung der vorliegenden Daten wurde mit den Programmen IBM SPSS Statistics 19 sowie SAS 9.2 durchgeführt. Die der Veranschaulichung dienenden Tabellen und Grafiken wurden ebenfalls in Mircosoft Office Excel 2007 oder IBM SPSS Statistics 19 erstellt. Diese Studie umfasste alle drei Teilbereiche der Statistik. Unter Verwendung der deskriptiven Statistik wurde der Datensatz zunächst beschrieben, zusammengefasst und visualisiert [9]. Durch Nutzung der explorativen Statistik wurden die Daten wiederum nach Auffälligkeiten und Zusammenhängen durchsucht, um aus ihnen Hypothesen aufzustellen [52]. Die induktive Statistik hatte dahingegen die Aufgabe, Hypothesen zu testen und Parameter zu schätzen, um von einer Stichprobe auf die Eigenschaften einer Grundgesamtheit schließen zu können. Für alle folgenden statistischen Vorgehensweisen wurde das Patientenkollektiv in seine beiden Untergruppen nach Erst- und Zweitzysten aufgeteilt. Dies gewährleistete, dass auch die Patienten, die zweimal an einer Zyste erkrankten, nur einmal als Fall unter den Merkmalen Alter und Geschlecht auftraten. 2.5.1 Deskriptive Statistik Um zunächst einen Überblick über das untersuchte Patientengut zu bekommen, wurde die Häufigkeitsverteilung in beiden Kohorten betrachtet. Es wurden sowohl in der Gruppe der Erstzysten als auch in der Gruppe der Zweitzysten alle kategoriellen Variablen in absoluten und relativen Häufigkeiten angegeben. Somit wurden die nominalskalierten Merkmale Zystenart, Geschlecht, Alter, Region und Knochen dargestellt. Entsprechend der höchsten Inzidenz des Auftretens von Zysten zwischen dem zweiten und fünften Lebensdezennium, enthielt der Datensatz nur wenige Fälle von Kindern bis zum Material und Methode 39 18.Lebensjahr. Um dennoch gleichstarke Gruppierungen zu erhalten, wurde das Alter durch Berechnung der Quartile in vier Kategorien aufgeteilt. Im Folgenden wurde nicht nur nach Erst- und Zweitzysten unterteilt, sondern weiterhin wurden die absoluten und relativen Häufigkeiten unter den einzelnen Zystenarten für die nominalskalierten Merkmale Geschlecht, Region, Knochen und Alter erfasst. Über die Häufigkeiten sollte die Repräsentanz des Kollektivs überprüft werden. 2.5.2 Auswertende Statistik Im Hinblick auf die beiden Hauptthematiken „I: Methodenvergleich“ und „II: Zystenvolumen und Defektfüllung“ wurde nur die Kohorte der Erstzysten betrachtet, die aus 71 Patienten bestand. Grund dafür war die konservativ gewählte Einteilung der Gruppen. So befanden sich in der Gruppe der Erstzysten auch Zweitzysten, die durch engmaschige Nachkontrollen vermutlich früh entdeckt wurden und somit kleinere Volumina aufwiesen als Erstzysten. Sollte die Untersuchung der Erstzysten auf einen Zusammenhang zwischen Zystenvolumen und autogener Osteoplastik schließen lassen, so traf diese Korrelation mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Gruppe der Zweitzysten zu. Denn in der Kohorte der Zweitzysten befanden sich größere Erstzysten, die durch ihr symptomloses Verhalten lange Zeit unerkannt blieben. Die Art der Gruppeneinteilung gewährleistete, dass unterschiedliche Volumengrößen in der Studie untersucht wurden und keine Selektion von kleinen und großen Zysten vorlag. Im Hinblick auf die Untersuchung von Zystenvolumina und ihre Defektfüllung wurden alle Merkmale, die Einfluss haben könnten, in Kategorien aufgeteilt. Schon für die deskriptive Statistik wurde das Alter kategorisiert. Aufgrund dessen, dass Quartile sensibler gegenüber Ausreißern sind als das arithmetische Mittel, wurden auch die Mittelwerte von Methode 1 und 2 in Quartile aufgeteilt. Material und Methode 40 Kategorie Methode 1 Methode 2 1 (Minimum – 0,25 Quartil) 0,0980- 1,8625 cm³ 0,0960- 1,8630 cm³ wiederholten 2 (0,25 Quartil – 0,5 Quartil) 1,8625- 3,1900 cm³ 1,8630- 3,2050 cm³ Messungen 3 (0,5 Quartil – 0,75 Quartil) 3,1900- 4,9170 cm³ 3,2050- 4,8980 cm³ 4 (0,75 Quartil – Maximum) 4,9170- 19,121 cm³ 4,8980- 19,000 cm³ Mittelwerte der Kategorie Altersquartil Alter 1 (Minimum – 0,25 Quartil) 8 – 27,5 Jahre 2 (0,25 Quartil – 0,5 Quartil) 27,5 – 42 Jahre 3 (0,5 Quartil – 0,75 Quartil) 42 – 55,25 Jahre 4 (0,75 Quartil – Maximum) 55,25 – 77 Jahre Kategorie Art 1 Keratozystisch odontogener Tumor 2 Follikuläre Zyste 3 Radikuläre Zyste Zystenart Kategorie Geschlecht M/W 0 männlich 1 weiblich Tabelle 4: Kategorisierung der Merkmale: Mittelwerte der wiederholten Messungen, Alter, Zystenart, Geschlecht Um den Einfluss eines der nominalskalierten Merkmale auf das Einbringen von körpereigenem Knochen zur Defektfüllung des Zystenlumens zu prüfen, wurde eine univariate logistische Regression durchgeführt. Dabei wurden die Merkmale Zystenart, Geschlecht, Alter und Mittelwert der wiederholten Messungen separat gegen die dichotome Zielgröße Knochen ja/nein getestet. Während die Kategorie „Knochen ja“ das intraoperative Einbringen von körpereigenem Knochen aus dem Beckenkamm oder von intraoralen Entnahmestellen beschrieb, waren unter der Kategorie „Knochen nein“ alle Maßnahmen zu verstehen, die keine autogene Material und Methode 41 Osteoplastik innehatten. Diese Zystenlumina regenerierten sich über die Organisation des Blutkoagulums, das in vielen Fällen durch Kollageneinlagen stabilisiert wurde. Auch Osteosyntheseplatten fanden vielfach Anwendung, um frakturgefährdete Kieferregionen zu versorgen. Welche der genannten Variablen Einfluss auf die Defektfüllung hatten, wurde mithilfe des Wald-Chi-Quadrat-Tests (χ²-Tests) [87] dargelegt. Dieser untersucht Abhängigkeiten von Merkmalen und stellt somit mögliche Zusammenhänge fest [39]. Die Nullhypothese lautete: „Es gibt keinen Einfluss zwischen autogener Defektfüllung und der betrachteten Variable.“ P-Werte die kleiner als 25% waren (p < 0,25) wurden als signifikant angesehen, um als Entscheidungskriterium für die Verwendung des Merkmals in einer anschließenden multivariaten logistischen Regression zu dienen. Hierbei wurde wiederum der χ²-Test angewendet, um diesmal die Interaktion zweier vorselektierter Variablen in Bezug auf die binäre Zielgröße Knochen ja/nein zu überprüfen. Bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,1 konnte die Nullhypothese: „Es gibt keinen Einfluss zwischen zwei Variablen und autogener Defektfüllung“ abgelehnt werden. Nachdem die Einflussparameter im Hinblick auf mögliche Zusammenhänge geprüft wurden, war ein Methodenvergleich Gegenstand der statistischen Auswertung. Um die Übereinstimmung der beiden Messmethoden zu prüfen, wurden zwei verschiedene Modelle angewandt. Zum einen wurden die Mittelwerte von Methode 1 und Methode 2 für einen gepaarten t-Test [8] verwendet. Dieser sollte die Methoden über die Differenzen der gemittelten Messwerte, die beim gleichen Kollektiv erhoben wurden, vergleichen. Der Differenzenschätzer wurde mit dem zugehörigen 95%-Konfidenzintervall sowie dem Standardfehler und der Standardabweichung angegeben. Die Nullhypothese lautete: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Methode 1 und Methode 2“, wobei das Signifikanzniveau bei 5% lag. Aufgrund dessen, dass dieser statistische Test nur die durchschnittlichen Differenzen der Mittelwerte (Verzerrung) berücksichtigte, hätte eine falsche Beurteilung des Material und Methode 42 Methodenvergleichs resultieren können. Von entscheidender Bedeutung war insbesondere die Streuung der einzelnen Messwertepaare, sodass zusätzlich die grafische Methode nach Bland and Altman [6] durchgeführt wurde. Es ist ein Verfahren, das sowohl die Verzerrung, als auch die Streuung der Vergleichsdaten beachtet und somit das Verfahren der Wahl für die Veranschaulichung und Quantifizierung von Methodenvergleichen ist [25]. Der Differenzenschätzer gab auch hier den bestmöglichen unbekannten Parameter wieder. Sein Standardfehler sowie das zugehörige 95%-Konfidenzintervall und der p-Wert wurden angegeben. Die errechneten Übereinstimmungsgrenzen (limits of agreement) wurden für die Zeichnung des entsprechenden Bland-Altman-Plots benötigt und gaben den Bereich an in dem sich 95% der Werte befanden. Des Weiteren sollte das Zystenvolumen berechnet werden, ab welchem mit großer Wahrscheinlichkeit eine autogene Osteoplastik durchgeführt wurde. Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, fand die Receiver Operating Characteristics (ROC)- Kurve [20] Anwendung. Durch Gegenüberstellung der Wertepaare von Sensitivität und Spezifität konnte bei gleichzeitiger Visualisierung der bestmögliche Parameterwert ermittelt werden. Die Sensitivität wird auch als Richtig-Positiv-Rate bezeichnet [35]. In dieser Studie gab sie den Anteil unter allen mit Knochen versorgten Patienten an, der zu Recht eine Defektfüllung nach Zystektomie erhielt. Dementsprechend verstand man hingegen unter Spezifität die Fähigkeit Zystenlumina zu erkennen, die keiner Defektfüllung bedurften. Somit gab die Sensitivität den Anteil der Patienten an, der korrekt als negativ eingestuft wurde und tatsächlich keine autogene Osteoplastik benötigte. Für die Güte eines diagnostischen Tests, sollten folglich Sensitivität und Spezifität möglichst hoch sein [1]. Der Youden-Index [88] ist definiert als Sensitivität + Spezifität -1. Mithilfe dieses Index konnte der optimale Grenzwert berechnet werden, an dem Sensitivität und Spezifität maximal wurden. Daraus wurde schließlich der Cut-off-Wert bestimmt. Dieser Wert gab demzufolge an, ab welchem Volumen die Zystenhöhle - unter Beachtung von Sensitivität und Spezifität in der Abteilung für MKG-Chirurgie der MHH mit körpereigenem Knochen versorgt wurde. Ergebnisse 43 3 Ergebnisse 3.1 Deskriptive Statistik - Beschreibung des Patientenkollektivs 3.1.1 Verteilung des gesamten Kollektivs Unter den 88 Patienten, die in dieser Studie retrospektiv betrachtet wurden, befanden sich 57 Männer und 31 Frauen. Die prozentuale Verteilung kann dem folgenden Diagramm entnommen werden. Abbildung 12: Geschlechterverteilung unter den Erstzysten Der Altersdurchschnitt lag bei 41,57 Jahren. Die Standardabweichung betrug 18,30 Jahre. Der jüngste Patient war acht Jahre alt. Der älteste Patient war 77 Jahre alt. Unter den Männern lag der Altersdurchschnitt bei 45,54 Jahren, bei den Frauen hingegen bei 34,26 Jahren. Die Boxplots bilden jeweils die Altersverteilung sowie die Altersverteilung in Zusammenhang mit der Geschlechterverteilung ab. Ergebnisse 44 Abbildung 14: Abbildung 13: Altersverteilung des Altersverteilung des gesamten Patientenkollektivs Patientenkollektivs gesamten Abbildung Abbildung 14: 13: Altersverteilung Altersverteilung unter unter den den Geschlechtern des Geschlechtern des gesamten gesamten Patientenkollektivs Patientenkollektivs Die Verteilung der Zysten innerhalb des Kiefers war in den Regionen S4 und S6 annähernd gleich. So waren 40 Zysten (45,5%) in S4 und 42 Zysten (47,7%) in S6 zu verzeichnen. Nur sechs Zysten (6,8%) entwickelten sich in der Region S5. 3.1.2 Häufigkeitsverteilung der Kohorten In Kapitel 2.2 wurde bereits die Einteilung der Kohorten beschrieben. Es handelte sich um 71 Erstzysten und 17 Zweitzysten. Ergebnisse 45 Für beide Gruppen wurden Häufigkeitstabellen erstellt, in denen die absoluten und relativen Häufigkeiten der Merkmale Zystenart, Altersquartil, Region, Geschlecht und Knochen angegeben wurden. 1) Häufigkeitsverteilung unter den Erstzysten: Kategorie Abs. Häufigkeit Prozent 1 (Keratozyste) 25 35,2 2 (Follikuläre Zyste) 30 42,3 3 (Radikuläre Zyste) 16 22,5 Abs. Häufigkeit Prozent 1 (8 – 27,5 Jahre) 17 23,9 2 (27,5 – 42 Jahre) 14 19,7 3 (42 – 55,25 Jahre) 22 31,0 4 (55,25 – 77 Jahre) 18 25,4 Abs. Häufigkeit Prozent S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 35 49,3 S5 (Zähne 33 - 43) 6 8,5 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 30 42,3 Abs. Häufigkeit Prozent 0 (männlich) 49 69,0 1 (weiblich) 22 31,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Prozent 1 (kein Knochen) 39 54,9 2 (Knochen) 32 45,1 Zystenart Kategorie Altersquartil Kategorie Region Kategorie Geschlecht Knochen Tabelle 5: Häufigkeitsverteilung unter den Erstzysten Ergebnisse 46 2) Häufigkeitsverteilung unter den Zweitzysten: Kategorie Abs. Häufigkeit Prozent 1 (Keratozyste) 8 47,1 2 (Follikuläre Zyste) 8 47,1 3 (Radikuläre Zyste) 1 5,9 Abs. Häufigkeit Prozent 1 (8 – 27,5 Jahre) 5 29,6 2 (27,5 – 42 Jahre) 5 29,6 3 (42 – 55,25 Jahre) 3 17,4 4 (55,25 – 77 Jahre) 4 23,5 Abs. Häufigkeit Prozent S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 5 29,4 S5 (Zähne 33 - 43) 0 0,0 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 12 70,6 Abs. Häufigkeit Prozent 0 (männlich) 8 47,1 1 (weiblich) 9 52,9 Kategorie Abs. Häufigkeit Prozent 1 (kein Knochen) 12 70,6 2 (Knochen) 5 29,4 Zystenart Kategorie Altersquartil Kategorie Region Kategorie Geschlecht Knochen Tabelle 6: Häufigkeitsverteilung unter den Zweitzysten 3.1.3 Häufigkeitsverteilung innerhalb der Zystenarten Innerhalb der drei analysierten Zystenarten wurden die Häufigkeiten für die Merkmale Alter, Region, Geschlecht und Knochen berechnet. Auch hier wurde zwischen beiden Kohorten unterschieden. Ergebnisse 47 3.1.3.1 Erstzysten 1) Keratozystisch odontogener Tumor Diese Gruppe bestand aus 25 Patienten. Die kleinste Keratozyste hatte ein Volumen von 0,282 cm³. Die Größte hingegen wies ein Volumen von 14,112 cm³ auf. Im Durchschnitt waren die keratozystisch odontogenen Tumoren im Vergleich zu den beiden anderen Zystenarten mit 5,012 cm³ die ausgedehntesten pathologischen Hohlgebilde. Kategorie Altersquartil Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (8 – 27,5 Jahre) 11 44,0 2 (27,5 – 42 Jahre) 2 8,0 3 (42 – 55,25 Jahre) 6 24,0 4 (55,25 – 77 Jahre) 6 24,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 12 48,0 S5 (Zähne 33 - 43) 1 4,0 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 12 48,0 Region Kategorie Geschlecht Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 0 (männlich) 16 64,0 1 (weiblich) 9 36,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (kein Knochen) 9 36,0 2 (Knochen) 16 64,0 Knochen Tabelle 7: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den KZOT 2) Follikuläre Zyste Die 30 untersuchten follikulären Zysten dieser Gruppe umfassten einen Volumenbereich von 0,096 cm³ bis zu 19,001 cm³. Im Mittel waren diese Zysten 4,003 cm³ groß. Ergebnisse 48 Kategorie Altersquartil Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (8 – 27,5 Jahre) 3 10,0 2 (27,5 – 42 Jahre) 8 26,7 3 (42 – 55,25 Jahre) 11 36,7 4 (55,25 – 77 Jahre) 8 26,7 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 17 56,7 S5 (Zähne 33 - 43) 0 0,0 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 13 43,3 Region Kategorie Geschlecht Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 0 (männlich) 22 73,3 1 (weiblich) 8 26,7 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (kein Knochen) 20 66,7 2 (Knochen) 10 33,3 Knochen Tabelle 8: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den FZ 3) Radikuläre Zyste Das Durchschnittsvolumen der radikulären Zysten dieser aus 16 Patienten bestehenden Gruppe erreichte ein Volumen von 3,271 cm³. Die kleinste bzw. größte analysierte radikuläre Zyste wies ein Volumen von 0,270 cm³ bzw. 10,617 cm³ auf. Ergebnisse 49 Kategorie Altersquartil Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (8 – 27,5 Jahre) 3 18,8 2 (27,5 – 42 Jahre) 4 25,0 3 (42 – 55,25 Jahre) 5 31,3 4 (55,25 – 77 Jahre) 4 25,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 6 37,5 S5 (Zähne 33 - 43) 5 31,3 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 5 31,3 Region Kategorie Geschlecht Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 0 (männlich) 11 68,8 1 (weiblich) 5 31,2 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (kein Knochen) 10 62,5 2 (Knochen) 6 37,5 Knochen Tabelle 9: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den RZ 3.1.3.2 1) Zweitzysten Keratozystisch odontogener Tumor Das durchschnittliche Volumen unter den acht in dieser Gruppe befindlichen Keratozysten betrug 3,624 cm³ und umfasste insgesamt einen Volumenbereich von 0,357 cm³ bis 12,099 cm³. Ergebnisse 50 Kategorie Altersquartil Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (8 – 27,5 Jahre) 3 37,5 2 (27,5 – 42 Jahre) 1 12,5 3 (42 – 55,25 Jahre) 2 25,0 4 (55,25 – 77 Jahre) 2 25,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 1 12,5 S5 (Zähne 33 - 43) 0 0,0 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 7 87,5 Region Kategorie Geschlecht Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 0 (männlich) 4 50,0 1 (weiblich) 4 50,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (kein Knochen) 5 62,5 2 (Knochen) 3 37,5 Knochen Tabelle 10: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Zweitzysten unter den KZOT 2) Follikuläre Zyste Im Mittel betrug das Volumen in dieser Gruppe, die aus acht follikulären Zysten bestand, 3,339 cm³. Ergebnisse 51 Kategorie Altersquartil Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (8 – 27,5 Jahre) 2 25,0 2 (27,5 – 42 Jahre) 3 37,5 3 (42 – 55,25 Jahre) 1 12,5 4 (55,25 – 77 Jahre) 2 25,0 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit S4 (li. UK-Winkel – Zahn 34) 3 37,5 S5 (Zähne 33 - 43) 0 0,0 S6 (Zahn 44 – re. UK-Winkel) 5 62,5 Region Kategorie Geschlecht Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 0 (männlich) 3 37,5 1 (weiblich) 5 62,5 Kategorie Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit 1 (kein Knochen) 6 75 2 (Knochen) 2 25 Knochen Tabelle 11: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Zweitzysten unter den FZ 3) Radikuläre Zyste In die Gruppe der Zweitzysten gehörte weiterhin eine radikuläre Zyste mit einem Volumen von 0,825 cm³. Sie entwickelte sich bei einem Mann, der dem zweiten Altersquartil angehörte und demzufolge zwischen 27,5 und 42 Jahren alt war. Diese Zyste war im linken Unterkieferkörper (S4) lokalisiert, und ihr Lumen wurde nach Durchführung der Zystektomie nicht mit Knochen einer körpereigenen Spenderregion aufgefüllt. 3.2 Auswertende Statistik Die Analyse der auswertenden Statistik beschränkte sich auf die 71 Patienten aus der Kohorte der Erstzysten. Die Hauptthematiken „I: Methodenvergleich“ und „II: Zystenvolumen und Defektfüllung“ werden im folgenden Ergebnisteil evaluiert. Ergebnisse 52 3.2.1 Methodenvergleich 3.2.1.1 Vergleich von Mittelwert 1 und Mittelwert 2 Die Mittelwerte aus beiden Methoden wurden für einen verbundenen t-Test genutzt. Es handelt sich um ein Testverfahren, das der Überprüfung von aufgestellten Hypothesen dient. Der t-Test traf anhand der Differenz der Messwerte eine Aussage darüber, ob sich zwei Gruppen von Messwerten voneinander unterscheiden. Da beide Methoden am gleichen Kollektiv angewandt wurden, handelte es sich um einen verbundenen (gepaarten) t-Test. In diesem Fall lautete die Hypothese: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Methode 1 und Methode 2“. Das Signifikanzniveau lag bei 5%, sodass die Hypothese für p-Werte > 0,05 beibehalten werden konnte. durchschnittl. Standard- Standard- 95% -Konfidenz- Differenz abweichung fehler intervall in cm³ in cm³ in cm³ in cm³ 0,0157 0,0716 0,0085 Vergleich p-Wert Mittelwert 1 - -0,0012 0,0327 0,0681 Mittelwert 2 Tabelle 12: Ergebnisse des verbundenen t-Tests für Mittelwert 1 und 2 Der obigen Tabelle sind die berechneten Werte zu entnehmen. Die durchschnittliche Messwertdifferenz lag bei 0,0157 cm³ mit einer Standardabweichung von 0,0716 cm³ und einem Standardfehler von 0,0085 cm³. Somit wichen die Volumenwerte, die durch Methode 1 und 2 ermittelt wurde, im Schnitt um 0,0157 cm³ ab. Das 95%Konfidenzintervall mit den Werten -0,0012 cm³ und +0,0327 cm³ stellte den Vertrauensbereich um die errechnete durchschnittliche Differenz dar, in dem der wahre Parameter zu 95% lag. Der zuvor festgelegte Toleranzbereich von 2 cm³, um den herum Schwankungen des wahren unterschritten. Zystenvolumens akzeptiert wurden, blieb demzufolge Ergebnisse 53 Der p-Wert von 0,0681 lag über dem Signifikanzniveau von 5%, sodass die Nullhypothese: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Methode 1 und 2“ beibehalten werden konnte. 3.2.1.2 Vergleich der einzelnen Messergebnisse beider Methoden Der t-Test prüft die Gleichheit der Mittelwerte über ihre durchschnittliche Differenz, die auch als Verzerrung bezeichnet wird. Um die Übereinstimmung von Messmethoden beurteilen zu können, ist die zusätzliche Einbeziehung der Streuung nötig. Diese statistische Maßzahl beachtet die Differenzen der einzelnen Messwertpaare und hat somit, im Gegensatz zum reinen Mittelwertvergleich, eine größere Aussagekraft bezüglich der Analyse zweier Methoden. Das Verfahren der Wahl für Methodenvergleiche bietet das grafische Verfahren nach BlandAltman. Dieses statistische Modell berücksichtigt sowohl die Verzerrung als auch die Streuung und visualisiert individuelle Abweichungen und Ausreißer in einem Bland-AltmanPlot. Vergleich Differenzen- Standard- 95% -Konfidenz- schätzer fehler intervall in cm³ in cm³ in cm³ 0,01579 0,01119 p-Wert Methode 1 - -0,00653 0,03811 0,16270 Methode 2 Tabelle 13: Ergebnisse des Methodenvergleichs nach Bland-Altman Der Differenzenschätzer gab den bestmöglichen unbekannten Parameter an. Er sagte aus, dass die einzelnen gegeneinander gemessenen Zystenvolumina eine durchschnittliche Abweichung von 0,01579 cm³ vom wahren Wert aufwiesen. Dieser Wert stimmte nahezu exakt mit der durchschnittlichen Mittelwertdifferenz aus dem gepaarten t-Test überein (Tabelle 12). Demzufolge wiesen die Methoden zur Bestimmung der Ergebnisse 54 Unterkieferzystenvolumina im Schnitt einen gleichermaßen geringen Unterschied auf. Das zugehörige 95%- Konfidenzintervall lag bei -0,00653 cm³ und +0,03811 cm³ bei einem Standardfehler von 0,01119 cm³. Die Nullhypothese:„ Es gibt keinen Unterschied zwischen Methode 1 und Methode 2“ wurde bei einem p-Wert von 0,1627 beibehalten, da er das Signifikanzniveau von 5% deutlich überstieg. Die Visualisierung liefert der Bland-Altman-Plot: Auf der Ordinate (Methode1-Methode2) wurden die gemittelten Differenzen der einzelnen Volumenmesswerte für jeden Patienten aufgetragen, die anhand beider Methoden bestimmt wurden. Die Abszisse (Methode1-Methode2/2) repräsentierte hingegen die einzelnen Mittelwerte für jeden Patienten, die nach Anwendung von Methode 1 und 2 berechnet wurden. Gemäß der unterschiedlichen Kieferzysten, die in dieser Studie vermessen wurden, handelte es sich um Volumengrößen von minimal 0,098 cm³ (Mittelwert 1) bzw. 0,096 cm³ (Mittelwert 2) und maximal 19,121 cm³ (Mittelwert 1) bzw. 19,000 cm³ (Mittelwert 2). Entsprechend der Anzahl wiederholter Messungen gaben verschiedene Farben die drei Messungen wieder. Für die Ermittlung der Übereinstimmungsgrenzen (limits of agreement) in denen sich 95% aller Messwerte befanden, wurde die Formel d +/- 1,96 x s angewandt. Der Parameter d steht für den Differenzenschätzer und s für die Varianz, welche die Verteilung um den Differenzenschätzer angibt. Durch Einsetzen der zuvor aus beiden Methoden ermittelten Varianz von 0,1633 cm³ in die genannte Formel ergab sich eine untere Grenze von -0,3043 cm³ sowie eine obere Grenze von +0,3359 cm³. Die im Plot visualisierten Übereinstimmungsgrenzen (grob gestrichelte Linien) gewährleisteten einen genauen Überblick darüber, inwieweit die restlichen 5% vom Differenzenschätzer und dem angrenzenden Toleranzbereich abwichen. Weiterhin wurden die Nulllinie (durchgezogene Linie) Differenzenschätzers (fein gestrichelte Linie) eingezeichnet. sowie die Linie des Ergebnisse 55 Abbildung 15: Bland-Altman-Plot für den Methodenvergleich Der Bland-Altman-Plot stellte als Punktewolke vor allem die Verteilung bzw. Ballung der Messergebnisse um die Null- und Differenzenschätzerlinie dar. Weiterhin zeigte der Plot auf, bei welchen Zystenvolumina Ausreißer zu verzeichnen waren. Aufgrund der geringen Verzerrung von 0,01579 cm³ hatten die beiden Linien nur einen minimalen Abstand voneinander. Die Nulllinie beschreibt den Idealfall, in dem beide Methoden exakt die gleichen Ergebnisse erzielen. Unter Begutachtung von Abbildung 15 fiel die Annäherung der ermittelten Werte an die Nulllinie und den bestmöglichen unbekannten Parameter auf. Insbesondere bei Volumengrößen von bis zu etwa 3 cm³ waren kaum Abweichungen zu verzeichnen. Die Werte unterlagen Schwankungen von weniger als 0,1 cm³. Das sprach zum einen für die hohe Übereinstimmung der Methoden, zum anderen für die Genauigkeit der durch die Software iPlan bestimmten Zystenvolumina. Ergebnisse 56 In dem Volumenbereich bis 3 cm³ war nur ein Ausreißer zu verzeichnen. Dieser betraf eine erste Messung (blauer Kreis) und lieferte für eine Zyste mit einem Volumen von ca. 1,8 cm³ einen Wert, der um etwa 0,1 cm³ kleiner war als der Differenzenschätzer. Für Zystenvolumina, die größer als 3 cm³ waren, konnten vermehrt Streuungen für alle wiederholten Messungen beobachtet werden. Bei diesen Abweichungen handelte es sich aber um Streuungen, die die Übereinstimmungsgrenzen von -0,3043 cm³ und +0,3359 cm³ nicht überschritten. Dabei schien es jedoch keine Steigerung der Abweichungen in Abhängigkeit der Zystengröße zu geben. Drei Messergebnisse wichen deutlich von der Nulllinie ab und befanden sich außerhalb der Übereinstimmungsgrenzen. Der größte Ausreißer konnte bei einer Zyste mit einem Volumen von etwa 11,5 cm³ festgestellt werden. Dieser wurde im Rahmen einer ersten Messung ermittelt und wies ein um ca. 1 cm³ größeres Volumen auf. Jedoch liegt selbst diese Schwankung in dem zuvor festgelegten Toleranzbereich für die Grenzen der Zystenberechnung von 2 cm³. Die zwei weiteren Ausreißer, die in einer ersten und zweiten Messung zu verzeichnen waren, schwankten um ca. +0,4 bis +0,5 cm³ um die Nulllinie. 3.2.2 Zystenvolumen und Defektfüllung 3.2.2.1 Abhängigkeit zwischen autogener Osteoplastik von Zystenhöhlen und den untersuchten Einflussparametern Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Einbringen von körpereigenem Knochen und den Parametern Zystenart, Geschlecht, Alter und den Mittelwerten der wiederholten Messungen gab, wurde eine univariate logistische Regression durchgeführt. Um mögliche Abhängigkeiten zu detektieren, wurde der Wald-Chi-Quadrat-Test (χ²-Tests) angewandt. Dieser testete jede genannte Variable gegen die dichotome Zielgröße Knochen ja/nein. Die Nullhypothese lautete: „Es gibt keinen Einfluss zwischen autogener Defektfüllung Ergebnisse 57 und der betrachteten Variable.“ Das Signifikanzniveau wurde auf 25% festgelegt. Alle Variablen, deren p-Werte kleiner als 0,25 waren, waren somit signifikant und wurden in einer anschließenden multivariaten logistischen Regression näher betrachtet. Variable p-Wert Zystenart 0,0657 Geschlecht 0,9652 Alter 0,0747 Mittelwert der wiederholten Messungen 0,0111 Tabelle 14: Abhängigkeit eines Einflussparameters auf Knochen ja/nein Der Wald-Chi-Quadrat-Test (χ²-Tests) veranschaulichte, dass die Mittelwerte der wiederholten Messungen, also letztlich das Volumen der Kieferzysten, mit einem p-Wert von 0,0111 einen Einfluss auf die Defektfüllung von Zystenhöhlen mit autogenem Knochen hatten. Ferner konnte die Nullhypothese auch für die Parameter Zystenart (p = 0,0657) und Alter (p = 0,0747) abgelehnt werden. Demgegenüber verdeutlicht der p-Wert von 0,9652, dass die autogene Osteoplastik von Zystenhöhlen unabhängig von dem Geschlecht des Patienten angewandt wurde. Die anschließende multivariate logistische Regression berücksichtigte folglich nur die bereits vorselektierten Variablen: Mittelwerte der wiederholten Messungen (Volumen), Zystenart und Alter. Die Nullhypothese: „Es gibt keinen Einfluss zwischen zwei Variablen und autogener Defektfüllung“ konnte bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,1 abgelehnt werden. Variablen p-Wert Zystenart und Alter 0,7882 Alter und Mittelwerte 0,2728 Zystenart und Mittelwerte 0,0922 Tabelle 15: Abhängigkeit zweier Einflussparameter auf Knochen ja/nein Ergebnisse 58 In diesem Fall prüfte der angewendete Wald-Chi-Quadrat-Test (χ²-Tests) die Interaktion zweier Merkmale auf die binäre Zielgröße Knochen ja/nein. Die p-Werte verdeutlichten, dass die Nullhypothese nur für die Variablen „Zystenart und Mittelwerte“ (p = 0,0922) abgelehnt werden konnte. Hingegen schien es statistisch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen den Merkmalen „Zystenart und Alter“ (p = 0,7882), sowie „Alter und Mittelwerten“ (p = 0,2728) zu geben. 3.2.2.2 Korrelation zwischen autogener Osteoplastik von Zystenhöhlen und Zystenvolumina Die Receiver Operating Characteristics (ROC)- Kurve war das zu Grunde liegende statistische Verfahren, um diesen Aspekt zu beurteilen. Abbildung 16: ROC-Kurve für die Mittelwerte beider Methoden Ergebnisse 59 Die ROC - Kurve ergab sich aus der Gegenüberstellung von Spezifität und Sensitivität. Alle möglichen Wertepaare wurden gegeneinander aufgetragen und mithilfe des Youden-Index der optimale Grenzwert bestimmt. Für beide Methoden erreichte der Youden-Index sein Maximum bei einer Sensitivität von 0,730 und der Differenz aus 1-Spezifität= 0,333. Der zugehörige Cut-off-Wert lag bei 3,205. Folglich wurden exstirpierte Zystenlumina, die ein Volumen von mindestens 3,21 cm³ aufwiesen, unter Berücksichtigung von Sensitivität und Spezifität, intraoperativ mit körpereigenem Knochen versorgt. Der entsprechende Scatter Plot visualisiert, ob und vor allem bei welchen Volumengrößen eine Abweichung vom ermittelten Cut-off Wert zu verzeichnen war. Abbildung 17: Scatter-Plot für die Mittelwerte 2 mit dem Cut-off Ergebnisse 60 Alle Patienten, die keine autogene Osteoplastik erhielten, werden durch rote Kreise repräsentiert. Die grünen Kreise stellen alle Patienten mit knöcherner Defektfüllung dar. Idealerweise hätte der Cut-off eine Trennungslinie dargestellt – die roten Kreise würden sich links befinden, die grünen Kreise rechts. In dieser Studie liegen jedoch eine verringerte Sensitivität und Spezifität vor. Somit befinden sich auch links vom Cut-off Patienten, deren Zystenvolumina kleiner als 3,21 cm³ waren und dennoch mit körpereigenem Knochen versorgt wurden. Hingegen befinden sich rechts vom Cut-off Patienten, deren Zystenvolumina größer als 3,21 cm³ waren und ohne autogene Osteoplastik versorgt wurden. Aus welchen Gründen diese Entscheidungen getroffen wurden, muss in der Diskussion ebenso evaluiert werden. Die Entscheidung, ob das Einbringen von Knochen sinnvoll ist oder nicht, wurde stets intuitiv vom Operateur getroffen. Da die vorliegende Studie auf retrospektiven Daten beruht und zum Operationszeitpunkt noch keine Volumenbestimmung stattfand ergibt sich somit eine Evaluation des subjektiven Vorgehens. Diskussion 61 4 Diskussion 4.1 Materialkritik 4.1.1 Patientenkollektiv Da es keine vergleichbare Studie gibt, die durch die Auswertung dreidimensionaler Bildmedien die Volumenberechnung von Kieferzysten untersucht, gibt es auch keine Fallzahl, an der eine Orientierung hätte stattfinden können. Das Kapitel 3.1 beschreibt die grundsätzliche Verteilung innerhalb des untersuchten Patientenpools. Die Analyse der deskriptiven Statistik bestätigte, dass der Ausschnitt von 88 Patienten eine repräsentative Gruppe darstellt, da dieses Kollektiv im Hinblick auf Verteilungen und Häufigkeiten in den Bereichen Durchschnittsalter und Geschlechterverteilung den allgemeinen Literaturangaben zu Kieferzysten entsprach. Da sich diese Studie auf den Unterkiefer beschränkte, konnte keine vergleichende Aussage zum Oberkiefer bezüglich Häufigkeit und Lokalisation von Zysten getroffen werden. Jedoch konnte bestätigt werden, dass der Unterkieferseitenzahnbereich, der in der Literatur als Prädilektionsstelle [27] gilt, offensichtlich häufiger betroffen war als der Unterkieferfrontzahnbereich. So entwickelte sich in der Region S5 nur sechsmal eine Zyste, wohingegen in den Regionen S4 und S6 40 bzw. 42 Zysten diagnostiziert wurden. Der Hauptunterschied zwischen diesem Patientengut und den allgemeinen Literaturangaben lag in der Häufigkeitsverteilung der Zystenarten. Zwar konzentrierte sich diese Arbeit auf die drei Zysten mit der höchsten Prävalenz, jedoch formierten sie sich in diesem Kollektiv in einer anderen Rangfolge. Während allgemein betrachtet die radikuläre Zyste unter allen erkrankten Personen mit 52,3% [46] die häufigste Kieferzyste darstellt, war es in diesem Kollektiv hingegen die follikuläre Zyste mit 42,3%. In der Literatur ist die follikuläre Zyste mit 16,6% die zweithäufigste Kieferzyste, die mit 11,2% von den Keratozysten gefolgt wird. Das analysierte Diskussion 62 Patientengut wies mit einer relativen Häufigkeit von 35,2% am zweithäufigsten Keratozysten auf. Die radikulären Zysten bildeten mit 22,5% den geringsten Anteil. Diese verschobenen Relationen liegen vermutlich darin begründet, dass Kliniken wie die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover anspruchsvollere und umfangreichere Krankheitsbilder behandeln. Kieferzysten sind oft Zufallsbefunde auf zahnärztlichen Röntgenbildern. Insbesondere dann, wenn die Zyste bereits große Ausmaße angenommen hat und möglicherweise eine Affektion des Nervkanals oder eine Destruktion umliegender Gewebe stattgefunden hat, werden diese Patienten in Kliniken überwiesen. Dort stehen entsprechende bildgebende Verfahren sowie umfangreiche Therapieoptionen zur Wahl, die das Behandlungsspektrum unter anderem auf die Augmentation mit autogenem Knochen erweitert. Letztlich resultieren daraus prozentuale Verhältnisse, die von den üblichen Verteilungen abweichen. Die statistische Auswertung ergab, dass vor allem die follikulären Zysten sowie die keratozystisch odontogenen Tumoren große Volumina erreichen können, die einer Defektfüllung mit körpereigenem Knochen bedurften. Solch ein invasiver Eingriff, der unter Umständen mit der Entnahme von Beckenknochen einhergeht, kann nur in einer Klinik für MKG-Chirurgie durchgeführt werden. Dahingegen werden radiologisch eindeutige radikuläre Zysten mit kleinen Volumina auch in oralchirurgischen Praxen entfernt. 4.1.2 Vergleich der keratozystisch odontogenen Tumoren unter den Kohorten Erstzysten Der Altersgipfel für das Auftreten dieser Zystenart wird zwischen dem 20. und 30.Lebensjahr [46, 62] angegeben. Mit einem prozentualen Verhältnis von 44% erkrankten auch in dieser Kohorte die 8- bis 27,5-jährigen am häufigsten. Das männliche Geschlecht sowie die Lokalisation im Kieferwinkel- und Molarenbereich gelten als Prädilektion [27, 46, 62]. Mit 64% schien das vermehrte Auftreten von Keratozysten bei Männern dieser Studie ebenso Diskussion 63 bestätigt wie das zahlreiche Vorkommen dieser Zystenart im rechten und linken Unterkieferkörper. So waren die Regionen S4 und S6 mit jeweils 48% gleichermaßen häufig betroffen. Weiterhin ergab die Auswertung, dass diese aggressive Zystenart, deren durchschnittliches Volumen in der vorliegenden Studie 5,012 cm³ aufwies, mit 64% weitaus am häufigsten mit körpereigenem Knochen versorgt wurde. Bei 16 von 25 Patienten entschieden sich die Chirurgen intraoperativ für eine autogene Osteoplastik. Zweitzysten Im Gegensatz zur Kohorte der Erstzysten, in der eine Keratozyste in der Region S5 zu verzeichnen war, entwickelten sich alle Zysten dieser Gruppe im rechten oder linken Unterkieferkörper. Mit 87,5% war die Region S6 jedoch deutlich häufiger betroffen als die Region S4. Auch hier nahm das erste Altersquartil mit 37,5% den größten Anteil ein. Ein Unterschied zwischen den Geschlechtern war hingegen nicht zu erkennen. Das im Vergleich zur Kohorte der Erstzysten auf 3,625 cm³ gesunkene durchschnittliche Volumen wirkte sich scheinbar auf die Defektfüllung mit körpereigenem Knochen aus. Von acht erkrankten Personen wurden nur drei mit einer autogenen Osteoplastik versorgt. 4.1.3 Vergleich der follikulären Zysten unter den Kohorten Erstzysten Die Regionen S4 und S6 beinhalteten auch den Bereich der Weisheitszähne, die oft retiniert sind. Die Regionen S4 und S6 waren mit relativen Häufigkeiten von 56,7% und 44,3% auch in dieser Studie am häufigsten betroffen. Männer sind laut Literatur im Verhältnis 1,5 zu 1 häufiger betroffen als Frauen [27]. In der vorliegenden Studie bestand die Gruppe aus 22 Männern und acht Frauen, welches einem noch deutlicheren Verhältnis von 2,75 zu 1 entsprach. Das Häufigkeitsmaximum liegt zwischen dem 2. und 4. Lebensdezennium [27, Diskussion 64 46, 62], wohingegen das Altersquartil der 42- bis 55,25-jährigen dieses analysierten Patientengutes mit 37,5% den größten Anteil einnahm. Unter den 30 Patienten, deren Zystenhohlräume im Mittel 4,003 cm³ groß waren, wurde ein Drittel der exstirpierten Zystenlumina mit autogenem Knochen versorgt. Zweitzysten Auch in dieser Gruppe waren die acht follikulären Zysten nahezu ausgeglichen in den Regionen S4 und S6 verteilt. Mit 37,5% stellte die Kategorie der 27,5 bis 42 Jahre alten Patienten den größten Anteil dar und enspricht somit den Literaturangaben. Die Geschlechterverteilung hingegen widerspricht mit mit fünf Frauen und drei Männern den allgemeinen Angaben. Das Durchschnittsvolumen der follikulären Zysten dieser Kohorte lag bei 3,339 cm³, wobei nur ein Viertel der Patienten eine knöcherne Defektfüllung erhielt. 4.1.4 Vergleich der radikulären Zysten unter den Kohorten Erst- und Zweitzysten Die höchste Inzidenz des Auftretens von radikulären Zysten liegt zwischen der 30. und 60. Lebensdekade [46]. Auch in dieser Studie war die dritte Kategorie, welche die 42- bis 55,25jährigen repräsentiert, am häufigsten betroffen. Darunter befanden sich 11 Männer und fünf Frauen, sodass das Verhältnis auf Seiten des männlichen Geschlechts lag. Die Zysten waren recht gleichmäßig in den Regionen S4 – S6 lokalisiert. Schließlich kann potentiell jeder Zahn in gleichem Maße von einer kariösen Läsion betroffen sein. Bei Fortschreiten derselbigen kann eine Pulpitis induziert werden, wobei die daraufhin folgende und unbehandelte apikale Parodontits den Wegbereiter für das Entstehen einer radikulären Zyste darstellen kann. Das durchschnittliche Volumen betrug 3,271 cm³. Von 16 Zystenhöhlen wurden nur sechs mit körpereigenem Knochen versorgt. Diskussion 65 Aufgrund dessen, dass die Kohorte der Zweitzysten nur eine radikuläre Zyste beinhaltete, war ihre statistische Auswertung und Überprüfung auf Zusammenhänge wenig sinnvoll und darüber hinaus nicht aussagekräftig. 4.1.5 Zusammenfassung Die wenigen zu verzeichnenden Abweichungen in Bezug auf die in der Literatur beschriebenen Häufigkeiten und Verteilungen sind vor allem in der Kohorte der Zweitzysten durch eine zu geringe Fallzahl zu erklären. So konnte die Aufteilung von 17 Zweitzysten in drei Untergruppen keine ausreichende Anzahl liefern, welche die Charakteristiken von Zysten aufzeigen könnte. Die Evaluation der Ergebnisse aus der deskriptiven Statistik und ihre Interpretation für die Kohorte der Erstzysten ergaben nur minimale Unterschiede zu literaturbasierten Angaben. Das spricht sowohl für die Aussagekraft des analysierten Patientengutes als auch für seine Repräsentanz, um erworbene Erkenntnisse auch auf die Allgemeinheit übertragen zu können. 4.2 Methodenkritik 4.2.1 Interpretation des Methodenvergleichs Die vorliegende Studie beschreibt erstmalig ein Verfahren zur Bestimmung von Unterkieferzystenvolumina anhand Voxel-basierter Datensätze. Es gibt weder ein etabliertes Verfahren zur Durchführung noch Veröffentlichungen darüber, ob die Software iPlan exakte, repräsentative Ergebnisse auf dem Gebiet der Zystenvermessung liefern kann. Die Kapitel 3.2.1.1, sowie 3.2.1.2 geben Auskunft über die Ergebnisse der statistischen Auswertung, die im Hinblick auf die Vergleiche zwischen Methode 1 und Methode 2 der Volumenberechnung erhoben wurden. Sowohl der verbundene t-Test (Tabelle 12) als auch das gemischte Modell nach BlandAltman (Tabelle 13) lieferten p-Werte, die über dem Signifikanzniveau von 5% lagen. Diskussion 66 Demzufolge konnte die Nullhypothese: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Methode 1 und Methode 2“ beibehalten werden. Der Vergleich der einzelnen wiederholten Messungen zeigte mit einem p-Wert von 0,1627 ein noch deutlicheres Ergebnis als der reine Mittelwertvergleich mit einem p-Wert von 0,0681. Daraus resultierte, dass beide Methoden die mittels iPlan durchgeführt wurden, geeignet sind, präzise und zuverlässige Messergebnisse zu erzielen. Entsprechend dem Bland-Altman-Plot lag die durchschnittliche Abweichung vom wahren unbekannten Zystenvolumen lediglich bei 0,0157 cm³. Da beide Varianten zur Volumenbestimmung von Unterkieferzysten genaue Werte berechneten, konnten sekundäre Gesichtspunkte wie die Anwendbarkeit der Software und der zeitliche Aufwand der Vermessung die Evaluation ergänzen. Im Hinblick auf die routinemäßige Integration der Volumenberechnung zur Ergänzung der präoperativen Diagnostik von Kieferzysten ist vor allem eine einfache Methode erstrebenswert. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss für die Etablierung des Verfahrens im klinischen Alltag möglichst günstig sein. Unter diesem Aspekt kommt insbesondere die Methode in Betracht, die durch die größere Zeitersparnis besticht. Der Vorteil von Methode 1 liegt eindeutig in der schnelleren Durchführbarkeit. Die Zyste wird nach genauer virtueller Inspektion ausschließlich in der transversalen Ebene und dort nur in jeder vierten Schicht eingezeichnet. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung ergaben, dass man durchaus auf die exakte Interpolation der Software iPlan in der koronaren und sagittalen Raumebene vertrauen kann. Der naheliegende Verdacht, dass die Messergebnisse von Methode 1 im Vergleich zur umfangreicheren Methode 2 mit einem Genauigkeitsverlust einhergehen, bestätigte sich nicht. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Methode 1 die zeit- und arbeitsaufwändigere Methode 2 überflüssig macht, welche durch die manuelle Korrektur alle Ebenen und alle dargestellten Schichten berücksichtigt. Zudem verlangt sie in größerem Maße die Geschicklichkeit, Sorgfalt und Präzision des Nutzers während des Segmentierungsvorgangs. Diskussion 67 4.2.2 Indikation der Zystenmessung im Unterkiefer Die vorliegende Studie beschäftigte sich mit Zysten, die sich im Unterkiefer manifestierten. Zum einen konnten im Datenarchiv der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover in den Jahren 2004 bis 2011 geringfügig mehr behandelte Zysten des Unterkiefers retrospektiv ausfindig gemacht werden. Zum anderen sprechen zystenspezifische Gründe für den Einsatz der Methodik zur Volumenberechnung und der anschließenden Verwendung gewonnener Erkenntnisse im Unterkiefer. Das Hauptargument, Unterkieferzystenvolumina im Gegensatz zu Zystenvolumina des Oberkiefers zu ermitteln, lieferte die Anatomie der betroffenen Strukturen. Zysten, die sich im Seitenzahnbereich des Oberkiefers entwickeln, infiltrieren häufig die Kieferhöhle. Je nachdem wie lange das meist symptomlose Wachstum vorangeschritten ist, stülpt sich die Zyste mehr oder weniger stark in die Kieferhöhle hinein. Die Zyste kann trotz enormer Ausdehnung in die Kieferhöhle jedoch nur zu einer geringen Knochenosteolyse führen. Das berechnete Volumen ist in diesem Fall kein Maß dafür, wieviel Knochen benötigt wird. Im Gegensatz zum Unterkiefer ist hier schließlich keine knöcherne Versorgung des Raumes nötig, den die Zyste vor ihrer Entfernung eingenommen hat. Unter Umständen sind neben einer Zystantrostomie keine weiteren rekonstruktiven chirurgischen Maßnahmen notwendig. Demzufolge wird eine in der Kieferhöhle befindliche Zyste, die durch die physiologische Knochenstruktur begrenzt ist und keine formgebenden Defizite hinterlässt, nach Zystektomie nicht wieder als vollständiges Volumen aufgefüllt. Ein weiteres Argument für die Vermessung von Zysten des Unterkiefers liegt darin, dass dieser als Prädilektionsstelle unter den follikulären Zysten und den keratozystisch odontogenen Tumoren gilt. Insbesondere diese beiden Zystenarten können große Volumina erreichen und somit weitaus häufiger versorgungsbedürftig sein als andere Zystenarten. So wies die größte Keratozyste in dem vorliegenden Kollektiv ein Volumen von 14,112 cm³ auf und die ausgedehnteste follikuläre Zyste ein Volumen von 19,001 cm³. Beide Zystenhöhlen wurden mit körpereigenem Knochen zur Defektfüllung versorgt. Auch die Diskussion 68 statistische Auswertung bestätigte die häufige Durchführung der autogenen Osteoplastik mit einem Anteil von 64% unter den Keratozysten. Weiterhin verfügt der Unterkiefer durch den Verlauf des N. alveolaris inferior im Nervkanal über eine wichtige anatomische Struktur, deren Schutz und Kontinuitätserhalt einen hohen Stellenwert hat. Die Vermessung der Zyste geht unvermeidlich mit einer genauen Orientierung über den Verlauf und die Beziehung zum Zystenkörper einher. Die Segmentierung bietet auch weniger erfahrenen Chirurgen den Vorteil, sich einen präzisen Einblick in die tatsächliche anatomische Situation zu verschaffen. 4.2.3 Vorteile dreidimensionaler Datensätze Voxel-basierte Datensätze bildeten die Basis der vorliegenden Arbeit. Da diese Untersuchung das Volumen von Zysten analysierte, kamen für die Auswertung nur Bildmedien in Frage, die eine räumliche Darstellung zuließen. Somit schloss sich die Verwendung der PSA als Vertreter der konventionellen zahnärztlichen Röntgenaufnahme aus, sodass die dreidimensionalen Bildgebungen (CT/DVT) in den Focus rückten. Neben der Tatsache, dass ausschließlich diese Bildmedien für eine adäquate Durchführung der Volumenbestimmung von Zysten geeignet waren, überzeugten die 3D-Röntgenbilder auch in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Der Vorteil lag in der räumlichen Zuordnung aller anatomischen Strukturen, sodass genaue Informationen über die Lokalisation pathologischer Auffälligkeiten resultierten. Die Begutachtung der Datensätze in allen drei Raumebenen gab einen virtuellen aber realitätsnahen Einblick in die klinische Situation. Im Gegensatz zum OPT, das ohne Referenzpunkt keine maßstabsgetreue Abbildung ist, besteht beim CT und DVT nicht das Problem eines Dimensionsverlustes. Sie können eine 1:1-Darstellung liefern. Die Überlegenheit von dreidimensionalen Bildgebungen gegenüber der zweidimensionalen Röntgentechnik bei der radiologischen Untersuchung von Unterkieferzysten zeigte eine Diskussion 69 Studie aus Munksgaard (Dänemark) [38]. In dieser Untersuchung wurden 12 Zysten des Unterkiefers mittels Orthopantomographie (OPT), Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) betrachtet, wobei die vorhandenen CT-Aufnahmen durch zwei Programme in ein Standard- und ein Dental-CT transformiert wurden. Bewertet wurden folgende Parameter: Darstellung der Unterkieferanatomie, des Mandibularkanals, der Kortikalismitbetroffenheit und des Zystenvolumens. Die statistische Auswertung ergab für das CT in allen analysierten Bereichen ein signifikant besseres Ergebnis (p < 0,001). Darüber hinaus überzeugte unter den Computertomographien insbesondere das Dental-CT bei der Visualisierung des Nervkanals (p < 0,02) und der umgebenden Kortikalis (p < 0,02). So kamen sie zu dem Ergebnis, dass die dreidimensionalen Datensätze durch die präzise Kenntnis und Beurteilung der vestibulooralen Richtung des Unterkieferkörpers sowie der Knochenqualität die chirurgischen Leistungen in einigen Fällen verbessern können. 4.2.4 Arbeitsaufwand der Volumenbestimmung in Abhängigkeit von der Zystenart Unabhängig davon, welche Methode genutzt wurde, war der korrekte versierte Umgang mit dem Computerprogramm wichtig. Weiterhin ist die richtige Befundung der CT-/DVTDatensätze im Hinblick auf das Erkennen der pathologischen Zystenstruktur Grundvoraussetzung für präzise Volumenbestimmungen. Wie bereits erwähnt, beeinflussten individuelle Gegebenheiten den zeitlichen Aufwand der Vermessung. In der Masse konnte mit wenigen Ausnahmen das Volumen von radikulären Zysten am schnellsten bestimmt werden. Diese wurden gefolgt von den follikulären Zysten. Die Segmentierung der keratozystisch odontogenen Tumoren nahm häufig die meiste Zeit in Anspruch. Das lag zum einen darin begründet, dass das Volumen von radikulären Zysten oftmals kleiner war als das der Keratozysten und es somit weniger Schichten zu vermessen gab. Zum anderen waren es aber auch typische Charakteristiken von Zysten, die den Zeitaufwand modulierten. Diskussion 70 Radikuläre Zysten lieferten meist scharf begrenzte radiologische Aufhellungen, die tropfenförmig an der Wurzelspitze lokalisiert waren. Werden sie früh erkannt, sind die Volumina klein und unter Umständen ist nur der schuldige Zahn affektiert. Somit konnte die Segmentierung ungehindert von involvierten Zahnwurzeln oder dem Nervkanal stattfinden und führte sehr schnell zum Ergebnis. Follikuläre Zysten verlangten dagegen oftmals etwas mehr Zeit zur Vermessung. Zwar waren auch sie in der Regel scharf begrenzt und oval, was die Markierung erleicherte, doch ist stets die Krone eines retinierten Zahnes umgeben. Die typische Manifestation im Kieferwinkelund Molarenbereich bedeutete gleichzeitig eine gewisse Nervnähe. Es war darauf zu achten, dass die Aufhellung des transversal angeschnittenen Nervkanals nicht fälschlicherweise als der Zyste zugehörig eingezeichnet wurde. Die Aussparung von involvierten Zahnanteilen, Nachbarzähnen oder dem Mandibularkanal ist deshalb als aufwendiger einzustufen. Durchschnittlich nahm die Volumenbestimmung der Keratozysten die größte Zeitspanne in Anspruch. Die Vermessung wurde dadurch erschwert, dass sich diese Zystenart röntgenologisch durch unscharfe, mehrkammrige, girlandenförmige Aufhellungen auszeichnete. Die wolkig erscheinende Struktur sowie die intrakavitären Septierungen hatten unterschiedliche Transluzenzen innerhalb der Raumforderung zur Folge, sodass die Morphologie der Keratozysten häufig nicht auf den ersten Blick eindeutig ersichtlich war. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der zeitliche Aufwand der Vermessung Schwankungen unterlegen ist, die von den individuellen morphologischen Zystenstrukturen abhängig sind. 4.2.5 Ausreißer im Bland-Altman-Plot Bei der Auswertung des Bland-Altman-Plots fielen drei Ausreißer auf (Abbildung 15). Bei diesen Messergebnissen handelte es sich um Diskrepanzen, die über die Übereinstimmungsgrenzen von -0,3043 cm³ und +0,3359 cm³ hinausgingen. Sie kamen bei Diskussion 71 den wiederholten Messungen von großen follikulären Zysten zustande und wichen in etwa um 0,4 cm³, 0,5 cm³ und um 1 cm³ vom wahren unbekannten Volumen ab. Die Abweichungen verteilten sich zweimal auf die erste und einmal auf die zweite von je drei Messungen. In Anbetracht dessen, dass sich alle anderen Messungen innerhalb der limits of agreement befanden und insbesondere bei den kleineren Zystenvolumina bis 3 cm³ nur minimale Schwankungen um den Differenzenschätzer zu verzeichnen waren, lag hier vermutlich ein Anwenderfehler vor. Der korrekte Umgang mit der Software und die Nutzung derselbigen erfordert eine gewisse Übung und Routine. Zu Beginn der Studie könnte dieser Aspekt die Fehlerquelle für die drei Ausreißer darstellen. Nach mehrfacher Anwendung kam es zu einem stetigen Anstieg der Lernkurve für die Durchführung der Zystensegmentierung, sodass sich die anfänglichen Schwierigkeiten schnell relativierten. Die nahezu identischen Werte aus dem t-test von 0,0157 cm³ für die durchschnittliche Abweichung (Tabelle 12) und dem Differenzenschätzer aus dem Bland-Altman-Plot von 0,01579 cm³ (Tabelle 13) bestätigten, dass die Ergebnisse durch den Lerneffekt seitens des Anwenders während der Durchführung nicht weiter negativ beeinflusst wurden. 4.2.6 Weitere Möglichkeiten der Zystenvermessung 4.2.6.1 Volumenbestimmung durch computergestützte Methoden Neben den beiden Methoden zur Volumenberechnung von Unterkieferzysten, die in dieser Arbeit verglichen wurden, bietet die Software weitere Optionen, um das Ausmaß von Zysten zu bestimmen. A) Expandierender Block Für dieses Verfahren wird der CT-/DVT-Datensatz zunächst genau betrachtet. Es empfiehlt sich, die größte Ausdehnung der Zyste in der Koronaren oder Sagittalen aufzusuchen, um dort manuell durch die Markierung zweier Punkte jeweils Höhe und Breite der Zyste zu Diskussion 72 bestimmen [73]. Anschließend kann eine der Zyste ähnliche geometrische Figur ausgewählt werden. Die Software bietet einige vordefinierte Formen wie z.B. Zylinder, Kugeln oder Vierecke. Bei komplexeren Zystengestalten kann die Kontur auch in minimierter Form eingezeichnet werden, um selbst einen Körper zu konstruieren. Nach Auswahl der geometrischen Form kann diese zentral in die zu berechnende pathologische Struktur gelegt werden. Die vorherige Distanzberechnung ermöglicht es, dem Körper die entsprechenden Größen zuzuordnen. Wenn das Ausmaß der Zyste in der Koronaren gemessen wurde, kann nach „Durchscrollen“ der Sagittalen oder Transversalen ebenfalls die Tiefe der Zyste abgeschätzt werden. Letztlich kann man die Figur (z.B. Zylinder) um die eingegebenen Werte (Längen) dreidimensional expandieren lassen. Aufgrund dessen, dass der dreidimensionale Körper die individuelle Zystengestalt entweder über- oder unterkonturiert, ist jedoch eine nachträgliche Korrektur in allen Schichten einer Ebene nötig. B) Seed-Brushing Eine andere Option der Volumenbestimmung bietet das Seed-Brushing [73]. Bei diesem Verfahren wird die Zyste im CT-/DVT-Datensatz aufgesucht, um diese in einer beliebigen Ebene als grobe Struktur zunächst zu erfassen. Diese Markierung geschieht manuell durch den Anwender und ermöglicht eine von geometrischen Figuren unabhängige eigene Segmentierung. Diese ausgewählte Fläche repräsentiert nun die inkludierten Bereiche und wird in der Farbe Orange dargestellt. Im Programmfenster „Overview“ können wiederum unter gleichzeitiger Betrachtung aller Ebenen die eingeschlossenen Bereiche gegebenenfalls erweitert bzw. minimiert werden. Im nächsten Schritt wird die inkludierte Fläche präzisiert, indem die Funktion des Exkludierens ausgewählt wird. Durch ihre Aktivierung können Strukturen, die nicht der Zyste angehören, wieder ausgeschlossen werden. Diese blau markierten Areale müssen genauso wie die orangen inkludierten Diskussion 73 Bereiche in allen Schichten und Ebenen korrigiert werden. Als Endergebnis erhält man das Volumen der inkludierten Fläche. C) Thresholding Durch Nutzung der Hounsfield-Einheiten (HE) kommt das Thresholding in Betracht [18, 55]. Nach Begutachtung des Datensatzes wird eine Kugel hineingelegt, welche die röntgenologische Aufhellung der Zyste umfasst [73]. Im „Overview“ kann die korrekte Dimensionierung und Positionierung der Kugel durch die gleichzeitige Darstellung aller Raumebenen kontrolliert werden. Dieser begrenzte Raum wird als Region of interest (ROI) bezeichnet und enthält zunächst ein breites Intervall von HE-Einheiten. Das weitere Vorgehen liegt darin, die Kugel durch Verschiebung der HE-Einheiten so zu beeinflussen, dass nur noch die der Zyste zugehörige Fläche segmentiert bleibt. Folglich verliert die Kugel ihre Form, während die Markierung nun mehr und mehr die eigentliche Zystenmorphologie annimmt. Alle Bereiche in der ROI, die die gleichen HE-Einheiten aufweisen wie die Zyste, ihr aber nicht angehören, werden fälschlicherweise segmentiert und müssen durch manuelles Nachzeichen bzw. Radieren im Nachhinein korrigiert werden. 4.2.6.2 Bewertung der computergestützten Methoden Der expandierende Block, das Seed-Brushing sowie das Thresholding sind bereits bekannte und in der Anwendung von iPlan geläufige Verfahren. Bisher kamen diese Methoden vor allem bei der Planung in der Tumorchirurgie zum Einsatz. Alle drei Methoden erscheinen ebenfalls vielversprechend, um das Volumen von Kieferzysten zu bestimmen. Fraglich bleibt jedoch, ob die berechneten Werte auch nahezu exakt den tatsächlichen Volumina entsprechen. Denn im Hinblick auf die Präzision des Segmentierungsvorgangs bleibt Methode 1 weiterhin überlegen. Diskussion 74 Der expandierende Block ist vor allem deshalb kritisch zu betrachten, da wachsende geometrische Körper keinesfalls die Morphologie einer Zyste annehmen können. Die nachträgliche Korrektur erscheint sowohl arbeitsaufwendig als auch zeitintensiv und kann bestenfalls ein näherungsweise genaues Ergebnis liefern. Auch bei Anwendung des Seed-Brushings sind zunächst durch das grobe manuelle Inkludieren und Exkludieren keine exakten Zystenvolumina zu erwarten. Die Werte nähern sich erst dann der realen Größe, je mehr Aufwand zum Definieren der ein- und ausgeschlossenen Flächen betrieben wird. Die Nutzung der erfolgversprechendsten HE-Einheiten beim Thresholding bezüglich Genauigkeit und erscheint Schnelligkeit. hingegen Insbesondere am die Volumenbestimmung von radikulären und follikulären Zysten, die sich durch einen sklerosierenden Randsaum zumeist scharf begrenzt darstellen, nimmt vermutlich nur wenig Zeit in Anspruch. Andererseits könnten die unterschiedlichen Transluzenzen innerhalb von Keratozysten ein Problem darstellen. Als Erstbeschreiber auf dem Gebiet der dreidimensionalen Volumenbestimmung von Kieferzysten wurde in der vorliegenden Arbeit jedoch die Methode angewandt, die mit größtmöglicher Sicherheit präzise Volumenergebnisse erzielte. Es ist davon auszugehen, dass Methode 1, die alle Ebenen und zystenrelevanten Schichten berücksichtigte, das höchste Potential für exakte Volumenbestimmungen bot. Methode 1 wurde somit zur Grundlage der vorliegenden Arbeit. Andernfalls resultiert letztlich eine falsche Aussage in Bezug auf die Frage, ob Zystenvolumina und autogene Osteoplastik miteinander korrelieren. Vorstellbar wäre, die Verfahren des expandierenden Blocks, des Seed-Brushings und des Thresholdings in weiterführenden Untersuchungen im direkten Vergleich mit Methode 1 zu evaluieren. Somit wären Gegenüberstellungen in den Bereichen Genauigkeit, Anwendbarkeit und Schnelligkeit der Verfahren möglich. Diskussion 75 4.2.6.3 Zukunft: Segmentierungsalgorithmus Die Genauigkeit und Präzision der Volumenbestimmung durch die beiden untersuchten Methoden konnte anhand dieser Studie bestätigt werden. Für die Zukunft ist demzufolge ein erweitertes Verfahren wünschenswert, das bei gleichbleibender Zuverlässigkeit der Ergebnisse den gegenwärtigen Methoden in Bezug auf Schnelligkeit und Anwenderfreundlichkeit überlegen ist. Erstrebenswert ist ein Segmentierungsalgorithmus, der allein durch die einzige Markierung der Zyste in zwei Raumebenen ein präzises Volumen berechnet und eine realitätsnahe Zystengestalt konstruiert. Dabei sollte die Markierung in der Sagittalen und Transversalen genügen, da jede Raumebene für sich eine zweidimensionale Information enthält und die dritte Ebene somit automatisch konstruiert wird. So gibt die sagittale Ebene Auskunft über die anatomischen Strukturen bezüglich Höhe und Breite, während die transversale Achse neben der Breite auch Angaben über die Tiefe liefert. Für den Nutzer bestünde daher der präoperative Arbeitsaufwand lediglich in der einmaligen Segmentierung der Kieferzyste in zwei Raumachsen. Dieser Softwarefortschritt würde den zeitlichen Aufwand auf ein Minimum reduzieren und den Kosten-Nutzen-Faktor begünstigen. Folglich würde die Volumenbestimmung von Zysten in der präoperativen Diagnostik durch die Kombination aus einfacher Durchführbarkeit und hoher Zeitersparnis an Attraktivität gewinnen. 4.2.6.4 Volumenbestimmung durch die Injektion von Natriumchlorid Im Rahmen einer Studie aus Wuhan (China) [89] wurde im Jahr 2011 eine weitere Methode zur Volumenberechnung von Zysten durchgeführt. In der Untersuchung mit dem Titel „Changes in bone density and cyst volume after marsupialization of mandibular odontogenic keratocysts (keratoystic odontogenic tumors)” konnte in erster Linie beobachtet werden, wie sich die Knochendichte im Zystenlumen nach Zystostomie verhält. Untersucht wurden 53 Patienten, die eine Keratozyste im Unterkiefer aufwiesen. Die Zystendurchmesser variierten zwischen 4,1 und 11 cm und betrugen im Mittel Diskussion 76 5,4 cm. Evaluiert wurden Röntgenbilder, die jeweils einen, drei und sechs Monate postoperativ angeordnet wurden. Welches Volumen die Zysten zum Zeitpunkt der radiologischen Kontrolle aufwiesen, wurde durch die Injektion von Natriumchlorid (NaCl) in die durch eine offene Nachbehandlung therapierte Zystenhöhle gemessen. Zu beachten ist jedoch, dass in dieser Studie nicht die exakte Ermittlung des Zystenvolumens im Vordergrund stand. Vielmehr sollte das antiproportionale Verhalten von Knochendichte und Zystenvolumen überprüft werden. Es sollte aufgezeigt werden, inwiefern die Knochenregeneration nach einer Zystostomie voranschreitet. Die Intention der vorliegenden Dissertation lag hingegen darin, anhand einer reproduzierbaren, einfachen, schnellen und vor allem nicht-invasiven Methodik präzise Zystenvolumina zu bestimmen. Diese Voraussetzungen sind durch die Injektion von Flüssigkeit nicht gegeben. Zum einen gibt es sowohl bei der Zystostomie als auch bei der Zystektomie immer einen Zugang zum Lumen, der je nach Lokalisation und Operateur individuell in seiner Größe variiert. Über diesen entweicht Flüssigkeit, sodass keine vollständige Füllung der Zyste sichergestellt werden kann und das wahre injizierte Volumen unbekannt bleibt. Zum anderen ist dies ein invasiver Eingriff, der zeitgleich mit der definitiven Zystenentfernung einhergeht. Der Wunsch nach Handlungssicherheit für den Patienten und den Chirurgen vor allem im präoperativen Gespräch ist damit nicht mehr gegeben. Ein weiterer Aspekt der gegen die Etablierung dieses Verfahrens spricht, liegt in der subjektiven Durchführung der Technik. Eine Methode die evaluiert wird, muss stets unter identische Bedingungen durchgeführt werden, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Bei der Injektion von Flüssigkeit mit dem Ziel das Volumen einer Zyste zu bestimmen, liegen die Fehlerquellen zum einen in der Anwendung unterschiedlicher Stempeldrücke. Zum anderen in der individuellen Resorption durch die umliegenden Gewebe. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Verwendung der Software iPlan zur Volumenberechnung von Kieferzysten der oben beschriebenen Injektionsmethode überlegen ist. Es ist kein invasiver Eingriff nötig, sodass das Verfahren theoretisch beliebig oft Diskussion 77 angewendet werden kann. Die Computer-assistierte Berechnung liefert bei richtiger Nutzung exakte reproduzierbare Ergebnisse und verlangt nur geringe Vorkenntnisse im Umgang mit der Software. 4.3 Ergebniskritik 4.3.1 Bedeutung des Cut-offs für die präoperative Zystendiagnostik Nachdem in Kapitel 3.2.2.2 ausführlich auf die Berechnung und die Interpretation des Cutoffs eingegangen wurde, kann nun ihre klinische Relevanz näher betrachtet werden. Die retrospektive Analyse des ausgewerteten Patientenkollektivs ergab einen Cut-off von 3,21 cm³. Daraus folgt, dass dieses Zystenvolumen in der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover unbewusst als eine Art Schnittstelle für eine autogene Osteoplastik der exstirpierten Zystenhöhlen galt. Da dieser Wert durch die nachträgliche Auswertung von Patientendaten berechnet wurde, basiert er auf individuellen Entscheidungen der Operateure und spiegelt Erfahrungswerte wieder. Jedoch musste beachtet werden, dass dieser Cut-off mit einer Sensitivität von 73,0% und einer Spezifität von 66,6% behaftet war. Die diagnostische Güte lag demzufolge deutlich unter dem angestrebten Idealwert von 100%. Daraus folgte, dass der Cut-off von 3,21 cm³ kein Grenzwert ist, der für die Therapie von Zysten grundsätzlich gelten kann. Durch die verringerte Sensitivität und Spezifität war das errechnete Volumen nicht aussagekräftig genug, um als Leitlinie für oder gegen eine obligate Defektfüllung mit körpereigenem Knochen etabliert werden zu können. Aufgrund dessen, dass die Sensitivität mit 73,0% einen im Vergleich zur Spezifität höheren Prozentsatz aufwies, kann dennoch eine Empfehlung für eine Orientierung an diesem Wert ausgesprochen werden. Die Sensitivität gibt stets den Anteil der Kranken an, der korrekterweise als krank erkannt wurde. In der vorliegenden Dissertation umfasste er demnach alle Patienten, die im Hinblick auf den Grenzwert berechtigterweise eine autogene Diskussion 78 Osteoplastik erhielten. Somit wurde in Anbetracht der Sensitivität von 73,0%, die für den hausinternen Cut-off von 3,21 cm³ galt, in den meisten Fällen intuitiv die richtige Entscheidung getroffen. Medizinisch betrachtet ist es weniger schwerwiegend, eine Therapie für den Patienten zu wählen, die mit hoher Sicherheit zum Erfolg führt. Der gegenteilige Fall, in dem der Patient unterversorgt bleibt, ist kritischer zu sehen. Daher ist im Fall der Zystektomie mit anschließender autogener Knocheneinlagerung eine aussagekräftige Sensitivität höherwertig einzustufen als eine hohe Spezifität. Wird unnötigerweise ein Zystenlumen, das kleiner als 3,21 cm³ ist, mit Knochenmaterial aufgefüllt, sind per se neben den Risiken des Zweiteingriffs keine Konsequenzen für die Zystenhöhle zu erwarten. Hingegen birgt das Unterlassen eines laut Cut-off defektfüllungsbedürftigen Zystenlumens das Risiko einer sekundären Infektion oder einer Fraktur des geschwächten Knochens. Für diesen Fall würden weitere chirurgische Maßnahmen notwendig werden. Sicherlich muss bei fraglicher Indikationsstellung abgewägt werden, ob das Risiko eines Zweiteingriffs für die Entnahme aus körpereigenen Spenderregionen tragbar ist. Jedoch birgt die unversorgte Zystenhöhle ebenso Gefahren. In den eben angesprochenen Grenzfällen handelt es sich um Zystenvolumina von +/- 3,21 cm ³. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich der Zweiteingriff zur Knochengewinnung bei Zysten dieser Größenordnung vermutlich vor allem auf die risikoarme lokoregionale Entnahme von partikulierten Knochenstanzen beschränkt. Wird dennoch das Heben eines Beckenspans erforderlich, sind die Risiken dieser geplanten Operation durch eine sorgfältige Anamnese sowie eine atraumatische Operationsweise unter sterilen Bedingungen sicherlich besser überschaubar als die Folgen eines infizierten Zystenlumens. Im Zweifelsfall stellt die Defektfüllung grenzwertiger Zystengrößen mit autogenem Knochen bei Patienten mit unauffälliger allgemeinmedizinischer Anamnese, bei denen keine schwerwiegenden Komplikationen zu erwarten sind, die eleganteste und sicherste Therapie dar. Diskussion 79 Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse resultiert, dass die Entfernung von Kieferzysten nach wie vor eine gewisse klinische Bewandtnis verlangt. Wenn die präoperative Volumenbestimmung angewandt wird, kann eine Orientierung an dem ermittelten Volumen von 3,21 cm³ stattfinden. Die Aussagekraft des Cut-offs ist jedoch niedriger einzustufen als die Erfahrung und das Wissen des Operateurs. Ihm stehen zum einen Informationen bezüglich der Anamnese und den allgemeinmedizinischen Risiken zur Verfügung. Zum anderen kennt er klinisch die intraoperative Situation. Das Computerassistiert errechnete Volumen kann diese wichtigen Informationen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. 4.3.2 Ausreißer im Scatter Plot Durch Begutachtung des Scatter Plots (Abbildung 17) fiel auf, dass es auf beiden Seiten des Cut-offs Ausreißer zu verzeichnen gab. Folglich wurden sowohl Zysten mit kleineren Volumina als 3,21 cm³ mit körpereigenem Knochen versorgt, während einige größere Zysten ohne weitere Defektfüllung verblieben. Als Grund dafür wurden individuelle Gegebenheiten vermutet. Denkbar ist, dass die lokale anatomische Situation des perizystischen Gewebes die Möglichkeit für eine enorale Entnahme partikulierten Knochens bot. Insbesondere bei der Zystektomie einer kleinen follikulären Zyste im Unterkieferwinkel oder einer radikulären Zyste in der anterioren Unterkieferregion kann meist problemlos peripher Knochenspäne gewonnen werden. Diese Entnahme geht nicht mit einer Schwächung der Spenderregion einher. Auf der anderen Seite wurde zum Teil bei ausgedehnten Zysten auf eine autogene Osteoplastik verzichtet. Vermutlich sind multiple Kofaktoren sowie die subjektive Erfahrung des Operateurs der Grund, weshalb das Risiko einer Unterkieferfraktur oder einer gestörten Wundheilung über das konventionelle Blutkoagulum als vernachlässigbar beurteilt wurde. Diskussion 80 Möglich wäre, dass intraoperativ eine infizierte Zystenhöhle vorgefunden wurde. Unter diesen Bedingungen ist eine Defektfüllung mit autogenem Knochen wenig erfolgversprechend, da mit hohen Verlustraten gerechnet werden muss. 4.3.3 Kritischer Wert In seinem Buch von 1910 beschrieb Partsch erstmals die Methodik der Zystektomie [48], die auch unter der Bezeichnung Partsch II bekannt ist. Auch heute noch richtet sich die oralchirurgische Literatur [27, 45] nach seiner Empfehlung, die Zystektomie nur bei Zysten bis zu einem Durchmesser von 2 cm durchzuführen. Aufgrund befürchteter Wundheilungsstörungen und Sekundärinfektionen, sei bei größeren Zysten die bereits 1892 beschriebene Zystostomie [47] indiziert. Erst durch Maßnahmen der Defektfüllung, die zeitgeschichtlich vom „Schulte-Koagulum“ [66] bis zu heutigen körpereigenen und körperfremden Augmentationsmaterialien reichen, konnte das Indikationsgebiet der Zystektomie erweitert werden. Unter der Annahme einer kugelförmigen Gestalt mit einem Durchmesser von 2 cm beträgt das mathematisch errechnete Volumen 4,19 cm³. Der retrospektiv ermittelte Cut-off dieser Studie lag bei 3,21 cm³, welches wiederum einem Kugeldurchmesser von 1,83 cm entspricht. Anhand dieses vereinfachten Modells konnte die Aussage von Partsch, nur Zysten mit einem Durchmesser von maximal 2 cm geschlossen zu behandeln, bekräftigt werden. Der auf der Basis von CT-/DVT-Aufnahmen Computer-gestützt berechnete Wert von 1,83 cm stimmte näherungsweise mit dem kritischen Wert von 2 cm überrein. Demzufolge ist sowohl eine Orientierung an dem historischen Grenzwert von Partsch als auch an dem technisch bestimmten Cut-off-Volumen von 3,21 cm³ durchaus begründet und sinnvoll für die Therapieplanung. Sicherlich dreht sich die Entscheidung durch die heutigen Möglichkeiten weniger um die Frage, ob eine Zystostomie oder Zystektomie durchgeführt wird. Heute wie auch in Zukunft Diskussion 81 stellt sich die Frage: „Defektfüllung ja/nein“, wobei die genannten Werte eine gute Orientierung bieten können. 4.3.4 Zystenmorphologie Das Cut-off-Volumen von 3,21 cm³ konnte sich mangels ausreichender Aussagekraft nicht als Leitlinie etablieren, jedoch lag die Überlegung nahe, die gewonnenen Erkenntnisse aus der Zystensegmentierung anderweitig zu nutzen. Aufgrund dessen, dass die Zyste bei ihrer Entfernung zumeist nicht in ihrer Kontinuität erhalten bleibt bzw. ihre Eröffnung Teil der Therapie ist, kann die virtuelle Gestalt neue Erkenntnisse in Bezug auf die Zystenmorphologie liefern. Unter der Programmoption „Plan content“ konnte nicht nur das Zystenvolumen abgerufen werden, sondern es wurde die virtuelle Gestalt des eingezeichneten Objekts (cyst shap) dargestellt. Durch Rotation des Objekts konnte die Kieferzyste aus allen Perspektiven betrachtet werden, um so die genaue Morphologie der Zyste zu studieren. Wie bereits in Kapitel 2.4.1 beschrieben, konnte die Zystengestalt im Fenster „Overview“ zudem in die knöcherne oder röntgenologische Ansicht des Kiefers projiziert werden. Bei der praktischen Durchführung der Volumenbestimmung für das untersuchte Patientenkollektiv zeichneten sich zystentypische Merkmale ab, die größtenteils mit den radiologischen Kennzeichen der drei analysierten Zystenarten übereinstimmten. So stellte sich die plastische Morphologie der radikulären Zysten, wie auch röntgenologisch als Negativ beschrieben, zumeist als einkammrige runde bis tropfenförmige Struktur dar. Ihre größte Zirkumferenz lag im mittleren bis unteren Teil des Unterkieferkörpers. Die ins Lumen ragende Wurzelspitze konnte durch Rotieren des Objekts eindeutig erkannt werden. Die Besonderheit der Gestalt von follikulären Zysten lag dagegen in dem haubenartigen Aufsitzen dieser Zystenart um die Krone retinierter Zähne. Diese tatsächliche klinische Situation konnte im OPT oder nativen CT/DVT nur vermutet werden, wohingegen dieses Diskussion 82 Merkmal nach korrekter Zystenmarkierung anschaulich visualisiert werden konnte. Die folgenden Screenshots zeigen dieses Merkmal auf: Abbildung 18: Follikuläre Zyste in der knöchernen Ansicht Abbildung 19: Follikuläre Zyste in der radiologischen Ansicht Diskussion 83 Abbildung 20: Segmentierte follikuläre Zyste in der Koronaren Die Keratozysten hingegen bildeten oftmals abstrakte vielgestaltige Zystenmuster verschiedenster Ausprägung. Durch die Mehrkammrigkeit der Zystenhöhle ähnelte die Morphologie einer wolkenartigen Struktur. Im Gegensatz zu radikulären und follikulären Zysten, die meist eine gleichmäßige Oberfläche zeigten, wies die Gestalt der keratozystisch odontogenen Tumoren Einschnürungen und Strikturen auf, die vermutlich das Resultat aus dem Wachstum von Satellitenzysten waren. Gerade Keratozysten, die sich ungehemmt im aufsteigenden Unterkieferast manifestiert hatten, ergaben nach Einzeichnung eine beeindruckende komplexe Gestalt. Diskussion 84 Abbildung 21: Keratozyste in der knöchernen Ansicht mit Weichteilsilhouette Abbildung 22: Keratozyste im „Overview“ Nach Segmentierung und Interpolation der Zyste durch die Software können die Programmfenster in Form von Screenshots abfotografiert werden. Diese Option gab Anlass für die Überlegung, dem Pathologen neben der Gewebeprobe auch einen Screenshot zur Verfügung zu stellen, der die Morphologie der Zyste vor ihrer Diskussion Entfernung 85 zeigt. Die histologische Aufarbeitung der Operationspräparate ist zur Diagnosesicherung und vor allem zum Ausschluss des aggressiven keratozystisch odontogenen Tumors von großer Wichtigkeit. Unter Umständen liegen aber nur unzureichende Probenentnahmen oder ungenügende klinische Angaben der betroffenen Kieferregion vor. Diese lassen keinen eindeutigen Befund zu, sodass falsche Ergebnisse resultieren können. Die bildliche Übermittlung der Informationen über Morphologie und Lokalisation der Zyste könnte die Befunderhebung der Pathologen erleichtern und präzisieren, um Irrtümer zu vermeiden. Histologisch ähneln sich die radikulären und die entzündeten follikulären Zysten, da sie mit Epithelproliferationen einhergehen, die auch in radikulären Zysten vorzufinden sind. Ohne klinische Angabe von Seiten des Chirurgen, ob und welche Zähne betroffen sind bzw. welcher Kieferabschnitt in den zystischen Prozess involviert ist, ist eine Unterscheidung kaum möglich [27]. Der Screenshot könnte fälschliche Diagnosen dieser Zystenarten bei richtiger und adäquater Markierung vermeiden. Ebenso können klinisch als follikulärer Genese verdächtigte Zysten histologisch auch Keratozysten darstellen. Dieser Irrtum kann dann auftreten, wenn sich unentdeckte Keratozysten mit dem Zahnsäckchen retinierter oder im Durchbruch befindlicher Zähne vereinen und sogenannte follikuläre Keratozysten entstehen lassen [27]. Da sich intraoperativ der Verdacht auf eine follikuläre Zyste erhärtet, sobald diese in Beziehung zum koronaren Anteil von Zähnen steht, kann ein keratozystisch odontogener Tumor in dieser Situation eventuell unerkannt bleiben. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein Screenshot hilfreich für die anschließende histologische Aufarbeitung des Präparates sein kann. Die Aussagekraft ist aus dem Grund so hoch, da der Screenshot viele wichtige Informationen gemeinsam übermittelt. Der Pathologe erhält auf einen Blick Auskunft über Größe und Volumen der Zyste, über ihre Gestalt sowie ihre Lokalisation im Knochen und darüber, ob und welche Zähne betroffen sind. Diskussion 86 In Zukunft könnten Kieferzysten unter anderem durch einen Screenshot dokumentiert werden, um diesen zusammen mit der Gewebeprobe der Pathologie zur Verfügung zu stellen. Wird präoperativ keine Zystenmarkierung durchgeführt, kann die Segmentierung bei unklarem histopathologischen Befund auch nachgeholt werden, wenn die daraus gewonnenen Informationen zur Diagnosefindung beitragen. Der Vorteil liegt demzufolge darin, dem Pathologen ohne zusätzlichen Zeitaufwand einen präzisen Eindruck über die tatsächliche klinische Situation zu gewähren. Der Pathologe kann damit einen Bezug zwischen Probe und Patient herstellen. Die Screenshots könnten zudem als permanentes Dokument mit in die Akte aufgenommen werden, da sie vor allem im Hinblick auf eventuell wiederauftretende Zysten Vergleiche bieten können und Beobachtungen des Rezidivierungsmusters zulassen. 4.3.5 Zukunft: Tissue Engineering Sind Volumen und Gestalt der Kieferzyste bekannt, kann präoperativ eine Einschätzung darüber erfolgen, ob und wieviel Knochen zur Defektfüllung entnommen werden muss. Idealerweise könnte bei ausgedehnten Zysten die virtuelle Zystengestalt in Zukunft als dreidimensionale Schablone für die Rekonstruktion dienen. Anhand dieses Musters könnte ein formgetreues Knochentransplantat aus geeigneten Regionen entnommen werden. Eine ähnliche Methode beschreibt der klinische Fall einer spanischen Studie, in welcher die mandibuläre Keratozyste eines 51-jährigen Patienten durch segmentale Resektion entfernt wurde [2]. Anhand einer CT wurde vor der Operation ein 3D-Modell des voraussichtlich entstehenden Defektes im Unterkiefer erstellt. Zeitgleich zur Entfernung des Mandibularsegments konnte schließlich simultan anhand der vorgefertigten Schablone das kongruente Knochentransplantat aus dem Beckenkamm entnommen werden. Im Gegensatz zu diesem Fall könnte das zukünftige Bestreben darin liegen, möglichst kleine Traumata zu evozieren, um die radikalen Segmentresektionen durch passgenaue Diskussion Transplantate 87 zu optimieren. Formgetreue, der Zystenmorphologie entsprechende dreidimensionale Vorlagen könnten die Verschnittmengen mit dem Ziel einer reduzierten Entnahmemorbidität minimieren. Auch wenn der Zugangsweg einer zirkulär von Knochen begrenzten Zystenhöhle für das Einbringen eines größengleichen Transplantats nach bukkal erweitert werden müsste, bestünde der Vorteil der verminderten Komplikationsrate. Bei der Anwendung dieses passgenauen Prinzips könnten postoperative Risiken wie Wundheilungsstörungen oder Hämatombildungen an den Grenzflächen, die zur Infektion des Zystenlumens führen könnten, minimiert werden. Weiterhin könnte das Forschungsgebiet des Tissue Engineerings die Methode formgetreuer Knochentransplantate erweitern, ergänzen bzw. optimieren. Denkbar wäre, das Anzüchten von Gewebe aus Periostzellen und Knochenmarksstromazellen [56, 69] dahingehend zu nutzen, partikulierten oder auch passgenauen kompakten Knochen außerhalb des Körpers in der erforderlichen Menge herzustellen [86]. Durch vorherige Volumenbestimmung der Kieferzyste mithilfe der Software iPlan und anschließender Konstruktion der virtuellen Zystengestalt stünden die nötigen Informationen für einen Gewebeersatz zur Verfügung. Durch Nutzung des Tissue Engineerings könnte in Zukunft ein Zweiteingriff zur Entnahme autogenen Knochens überflüssig werden. Die damit verbundenen intra- und postoperativen Komplikationen, welche insbesondere eine Gefahr für allgemeinmedizinisch vorbelastete Risikopatienten darstellen, entfallen folglich für die Spenderregion. 4.4 Schlussfolgerungen Im Laufe des Lebens tritt bei etwa 3% der erwachsenen Bevölkerung eine Zyste des Kiefers oder der Weichteile im Kopf- und Halsbereich auf. Die Erkrankung zählt somit zu den häufigeren Malformationen, sodass die Diagnostik und Therapie von Kieferzysten ein wichtiger und geläufiger Bestandteil der chirurgischen Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist. In der Diagnostikphase stehen die dreidimensionalen bildgebenden Verfahren (CT, DVT) der konventionellen zweidimensionalen Röntgentechnik (OPT) voran. Das OPT ist lediglich in Diskussion 88 der Lage, grob orientierende Aussagen zu liefern. Die genaue Lokalisation der Zyste, insbesondere in der transversalen Dimension, ihre räumliche Ausdehnung und Nähe zu anatomisch wichtigen Nachbarstrukturen wie dem Mandibularkanal oder der Zahnwurzeln, kann nur durch 3D-Verfahren visualisiert werden. Die Therapie von Kieferzysten basiert auch heute noch auf den Grundsätzen von Partsch. Durch die Möglichkeit der Defektfüllung sowie die stetige Weiterentwicklung bezüglich der zur Verfügung stehenden Materialien rückt die offene Behandlung im Sinne der Zystostomie mehr und mehr in den Hintergrund. Aus diesem Grunde wertet die vorliegende Arbeit Zysten aus, die mittels Zystektomie entfernt wurden. Da sich das operative Vorgehen im Wesentlichen auf die Erfahrungswerte des Chirurgs stützt, steigt der Bedarf nach einem objektiven Konzept der Zystenbeurteilung. Dieses könnte auch weniger erfahrenen Kollegen präoperativ eine Entscheidungshilfe bieten. Zudem könnte intraoperativ für Handlungssicherheit gesorgt werden und Operationskapazitäten könnten besser kalkuliert werden. Das bislang unberücksichtigte Zystenvolumen gab somit Anlass zur näheren Untersuchung mit dem Ziel, Parallelen und Abhängigkeiten bezüglich der Therapie anhand bereits versorgter Patienten aufzufinden. Diese Studie, die sich auf die retrospektiven Daten von 88 Patienten mit Unterkieferzysten stützte, konnte die Präzision der angewendeten Software bestätigen. iPlan erwies sich als geeignetes Programm, um anhand Voxel-basierter Bildmedien zuverlässige und reproduzierbare Volumina zu berechnen. Für die Volumenbestimmung wurden zwei verschiedene Computer-assistierte Verfahren durchgeführt. Die hohe Genauigkeit beider Messvarianten konnte durch zwei unterschiedliche statistische Methodenvergleiche festgestellt werden. Da die Anwendung beider Messmethoden zu präzisen Ergebnissen führte, konnte letztlich das effizientere Verfahren empfohlen werden. Methode 1, bei der die Zystensegmentierung arbeitsaufwendig. in Die der transversalen Ebene Verlässlichkeit des, die genügt, ist weniger Segmentierung zeit- und unterstützenden, Interpolationsalgorithmus war so hoch, dass keine Korrektur in den anderen Raumachsen nötig war. Die arbeitsintensivere Methode 2 erwies sich als überflüssig. Diskussion 89 Positiv zu bewerten war weiterhin die benutzerfreundliche Software. Sie zeichnete sich durch ihre einfache Handhabung sowie ihre ausgezeichnete Grafik aus. Die stufenlose Rotation der Achsen erlaubte auf virtueller Ebene einen detailgetreuen Einblick in die tatsächliche anatomische Situation, sodass mögliche Komplikationen schon vor dem operativen Eingriff erfasst und im Verlauf vermieden werden könnten. Bezüglich der Frage ab welchem Zystenvolumen eine Defektfüllung mit autogenem Knochen vorgenommen wurde, erwies sich das errechnete Cut-off-Volumen von 3,21 cm³ als nicht aussagekräftig genug. Der Wert ist mit einer Sensitivität von 73,0% und Spezifität von 66,6% behaftet und kann daher nicht in Form einer Leitlinie für die Defektfüllung in der Zystentherapie etabliert werden. Im Hinblick auf die Empfehlung von Partsch, die Zystektomie lediglich für Zystendurchmesser von maximal 2 cm anzuwenden, bietet der Cutoff dennoch eine gute Orientierung. Im vereinfachten Kugelmodell betrug der Durchmesser einer Zyste, die dem Cut-off-Volumen entsprach, 1,83 cm und stimmte somit näherungsweise mit dem kritischen Wert von Partsch überein. In Anbetracht des medizinischen Fortschritts für Augmentationsmaterialien konnte dieser Grenzwert, der im ursprünglichen Sinne die Indikation von Zystostomie und Zystektomie beeinflusste, nunmehr als Schnittpunkt bei der Entscheidung für oder gegen Maßnahmen der körpereigenen Defektfüllung verstanden werden. Da die Software eine ausgezeichnete Grafik lieferte, konnte die Zystenmorphologie genau studiert werden. Klinisch bleiben Zysten bei ihrer Entfernung zumeist nicht in ihrer Kontinuität erhalten, sodass die virtuelle Betrachtung ihrer Struktur Einblicke in die komplexe Morphologie der pathologischen Hohlgebilde liefern konnte. Weiterhin könnte ein Screenshot als Momentaufnahme alle für den Pathologen wichtigen und für die Diagnose nötigen klinischen Informationen gemeinsam liefern. Der Screenshot gibt auf einen Blick Auskunft über die Lokalisation der Zyste im Kiefer, ihre Ausdehnung und ihre Beziehung zu Nachbarzähnen. So könnten Übermittlungsfehler, die auf fehlende oder ungenaue klinische Angaben zurückzuführen sind, vermieden werden. Zudem könnten Diskussion 90 dokumentarisch in der Akte aufbewahrte Screenshots die Möglichkeit bieten, aufgetretene Rezidive zu vergleichen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die nicht-invasive Volumenbestimmung von Unterkieferzysten ein hilfreiches zusätzliches Verfahren in der präoperativen Diagnostik darstellt. Die Verfügbarkeit der Software iPlan sowie einer qualitativ guten CT/DVT ist Grundvoraussetzung für die Durchführung der Zystensegmentierung, die durch die zeitsparende Methode 1 empfohlen werden kann. Auch wenn das errechnete Volumen als rationale Zahl keinesfalls die Erfahrung der Chirurgen oder den operativen Situs ersetzen kann, wird der Anwender allein durch den Vorgang der Segmentierung mit der Kieferzyste konfrontiert. Er setzt sich zwangsläufig mit der genauen Morphologie auseinander, sodass mögliche Probleme schon vor dem Eingriff detektiert werden können. Es ist anzunehmen, dass die dreidimensionale Begutachtung und Berechnung von Zysten insbesondere dann in den klinischen Alltag integriert wird, wenn die Entnahme passgenauer Knochentransplantate oder die biologische Herstellung von qualitativ gleichwertigem Gewebeersatz ein Teil der routinemäßigen, sicheren und erfolgreichen Option der Zystentherapie wird. Zusammenfassung 91 5 Zusammenfassung Die vorliegende Studie beruhte auf retrospektiv erhobenen Daten von 88 Patienten mit Unterkieferzysten, die im Zeitraum von 2004 bis 2011 durch Zystektomie in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover entfernt wurden. Es galt herauszufinden, ob die Volumenberechnung von Unterkieferzysten wertvolle Informationen liefert und somit Teil der präoperativen Diagnostik werden sollte. Die Volumenberechnung fand durch zwei Methoden Computer-assistiert mithilfe der Planungs- und Navigationssoftware iPlan 3.0.2 Volume (Brainlab®, Feldkirchen, Deutschland) statt. Diese Untersuchung belegte, dass die Volumenergebnisse beider Verfahren keine statistisch signifikanten Unterschiede aufwiesen. Dieser Aspekt bestätigte die Verlässlichkeit des Interpolationsalgorithmus von iPlan, der Teil der weniger zeit- und arbeitsintensiven Methode 1 (Autosegmentierung in der Transversalen) war. Die manuelle Korrektur der Zystengestalt in der koronaren und sagittalen Ebene, wie sie in Methode 2 durchgeführt wurde, erwies sich als überflüssig. Die vorliegende Studie ergab weiterhin, dass die Zysten des analysierten Kollektivs ab einem Volumen von 3,21 cm³ mit autogenem Knochen gefüllt wurden. Dieser Cut-off-Wert erwies sich als nicht aussagekräftig genug, um in Form einer Leitlinie für die Defektfüllung in der Zystentherapie etabliert werden zu können. Vielmehr bestätigte der Wert die bereits seit über 100 Jahren geltenden Grundsätze der Zystentherapie von Partsch. In Anbetracht dessen, dass die Volumenberechnung weder die Erfahrung der Operateure noch den klinischen operativen Situs ersetzen kann, bietet dieses nicht-invasive Verfahren dennoch die Möglichkeit, die präoperative bildgebende Diagnostik zu ergänzen. Der Messvorgang konfrontiert den Anwender zwangsläufig mit der Lage und Ausdehnung der Zyste, sodass ihre dreidimensionale Morphologie genau studiert werden kann. Die Angabe des Volumens gibt darüber hinaus eine Orientierungshilfe bei der Entscheidung über eine potentielle Notwendigkeit zur Defektfüllung und somit auch über eine kostenbewusste Operationskapazitätsplanung. Literaturverzeichnis 92 6 Literaturverzeichnis 1. Abel U. Bewertung diagnostischer Tests. Stuttgart: Hippokrates Verlag; 1993. 2. Balan M, Popescu E, Dumitraş CG, Ciofu M, Boişteanu O, Costan VV. The value of 3dimensional model in the reconstruction of mandibular segment defect. Observations in a clinical case. Rev Med Chir Soc Med Nat Iasi. 2011 Jan-Mar;115(1):227-231. 3. Barnes I, Eveson JW, Reichart P, Sikransky D. World Health Organization, classification of tumors, pathology and genetics. Head and neck tumors. Lyon: IARC Press; 2005. 4. Becker J. Epitheliale Zysten. In: Reichart PA, Hausamen JE, Becker J, Neukam FW, Schliephake H, Schmelzeisen R, Hrsg. Curriculum Zahn, Mund- und Kieferkrankheiten, Chirurgie Band II. Berlin: Quintessenz-Verlag GmbH; 2009. pp. 115-130. 5. 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Abbildungsverzeichnis 101 7 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Umlaufbahn eines Orthopantomogramms um die drei Rotationszentren (A, B, C) [61] .................................................................................................... 9 Abbildung 2: Orthopantomogramm aus der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der MHH .............................................................................10 Abbildung 3: Spiralförmige Umlaufbahn eines Computertomogramms bei kontinuierlichem Tischvorschub [59]................................................................10 Abbildung 4: Computertomogramm aus der Medizinischen Hochschule Hannover ............. 11 Abbildung 5: Kegelförmiges Strahlenbündel eines Digitalen Volumentomogramms [61] ....... 11 Abbildung 6: Digitales Volumentomogramm aus der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der MHH .............................................................................12 Abbildung 7: Einteilung der Sextanten S1-S6 [5] ..................................................................29 Abbildung 8: „Overview“ .......................................................................................................32 Abbildung 9: „Overview“ – Vollansicht von Feld 1 .................................................................33 Abbildung 10: „4Views“.........................................................................................................36 Abbildung 11: Ausschnitt des Fensters „Plan Content“ .........................................................36 Abbildung 12: Geschlechterverteilung unter den Erstzysten .................................................43 Abbildung 13: Altersverteilung des gesamten Patientenkollektivs .........................................44 Abbildung 14: Altersverteilung unter den Geschlechtern des gesamten Patientenkollektivs .........................................................................................44 Abbildung 15: Bland-Altman-Plot für den Methodenvergleich ...............................................55 Abbildung 16: ROC-Kurve für die Mittelwerte beider Methoden ............................................58 Abbildung 17: Scatter-Plot für die Mittelwerte 2 mit dem Cut-off ...........................................59 Abbildung 18: Follikuläre Zyste in der knöchernen Ansicht ...................................................82 Abbildung 19: Follikuläre Zyste in der radiologischen Ansicht ...............................................82 Abbildung 20: Segmentierte follikuläre Zyste in der Koronaren.............................................83 Abbildung 21: Keratozyste in der knöchernen Ansicht mit Weichteilsilhouette ......................84 Abbildung 22: Keratozyste im „Overview“ .............................................................................84 Tabellenverzeichnis 102 8 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Häufigkeitsverteilung der Zystenarten in Prozent [46]............................................ 4 Tabelle 2: WHO-Klassifikation der Zysteneinteilung von 1992 [37] ........................................ 5 Tabelle 3: Einteilung des Patientenkollektivs ........................................................................27 Tabelle 4: Kategorisierung der Merkmale: Mittelwerte der wiederholten Messungen, Alter, Zystenart, Geschlecht..................................................................................40 Tabelle 5: Häufigkeitsverteilung unter den Erstzysten ...........................................................45 Tabelle 6: Häufigkeitsverteilung unter den Zweitzysten.........................................................46 Tabelle 7: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den KZOT .......................47 Tabelle 8: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den FZ ............................48 Tabelle 9: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Erstzysten unter den RZ............................49 Tabelle 10: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Zweitzysten unter den KZOT ...................50 Tabelle 11: Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Zweitzysten unter den FZ ........................51 Tabelle 12: Ergebnisse des verbundenen t-Tests für Mittelwert 1 und 2................................52 Tabelle 13: Ergebnisse des Methodenvergleichs nach Bland-Altman ...................................53 Tabelle 14: Abhängigkeit eines Einflussparameters auf Knochen ja/nein ..............................57 Tabelle 15: Abhängigkeit zweier Einflussparameter auf Knochen ja/nein ..............................57 Glossar 103 9 Glossar OPT Orthopantomographie PSA Panoramaschichtaufnahme CT Computertomographie DVT Digitale Volumentomographie WHO World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation MHH Medizinische Hochschule Hannover MKG Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information ICD International statistical classification of diseases and related health problems s.Anhang siehe Anhang DGZMK Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde μSv Mikrosievert mm Millimeter ml Milliliter KEM Knochenersatzmaterial BMP Bone morphogenetic protein HIV Humanes Immundefizienz Virus BSE Bovine spongiforme Enzephalopathie Mio Millionen AAA-Knochen Autolysed antigene extracted allogenic bone TCP Trikalziumphosphate UK Unterkiefer OK Oberkiefer zzgl. zuzüglich PSI Parodontaler Screening Index CAS Computer-assistierte Chirurgie 3D Dreidimensional DICOM Digital imaging and communication in medicine Glossar 104 PACS Picture archiving and communication system FH Frankfurter Horizontale MS Mittelsagittalebene HE Hounsfield-Einheiten ROI Region of interst STL Stereolithographie SPSS Statistical Package of the Social Sciences SAS Statistical Analysis System ROC Receiver Operating Characteristics KZOT Keratozystisch odontogener Tumor FZ Follikuläre Zyste RZ Radikuläre Zyste DGZMK Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde abs. absolut re. rechts li. links % Prozent cm Zentimeter cm³ Kubikzentimeter z.B. zum Beispiel Pat.ID. Patientenidentifikationsnummer bzw. beziehungsweise MT Magnetresonanztomographie NaCl Natriumchlorid Prof. Professor Dr. med. Doktor der Medizin Dr. med. dent Doktor der Zahnmedizin M.Sc. Math. Master of Sciene Mathematik Erklärung 106 11 Erklärung Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 der Promotionsordnung Ich erkläre, dass ich die der Medizinischen Hochschule Hannover zur Promotion eingereichte Dissertation mit dem Titel: Computer-assistierte dreidimensionale Volumenbestimmung von Unterkieferzysten anhand Voxel-basierter Datensätze in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover unter Betreuung von Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Horst Kokemüller mit der Unterstützung durch Herrn Dr. med. dent. Marcus Stoetzer ohne sonstige Hilfe durchgeführt und bei der Abfassung der Dissertation keine anderen als die dort aufgeführten Hilfsmittel benutzt habe. Die Gelegenheit zum vorliegenden Promotionsverfahren ist mir nicht kommerziell vermittelt worden. Insbesondere habe ich keine Organisation eingeschaltet, die gegen Entgelt Betreuerinnen und Betreuer für die Anfertigung von Dissertationen sucht oder die mir obliegenden Pflichten hinsichtlich der Prüfungsleistungen für mich ganz oder teilweise erledigt. Ich habe diese Dissertation bisher an keiner in- oder ausländischen Hochschule zur Promotion eingereicht. Weiterhin versichere ich, dass ich den beantragten Titel bisher noch nicht erworben habe. Erklärung 107 Ergebnisse der Dissertation wurden in folgenden Publikationsorganen veröffentlicht: Unter dem Titel „Advances in assessing the volume of odontogenic cysts and tumors in the mandible: A retrospective clinical trial“ (Autoren: M. Stoetzer, F. Nickel, M. Rana, J. Lemound, D. Wenzel, C. von See, N.-C. Gellrich) wurden bereits Teilergebnisse dieser Dissertation am 20.04.2013 in der Fachzeitschrift „Head and face medicine“ veröffentlicht. Weitere Teilergebnisse wurden unter dem Titel „Management of cystic defects of the lower jaw depending on cyst volume – A retrospective study“ (Autoren: M. Stoetzer, M. Rana, F. Nickel, D. Wenzel, C. von See, N.-C. Gellrich, H. Kokemüller) am 18.10.2013 in der Fachzeitschrift „Minerva Stomatologica" angenommen. Ein Kurzvortrag wurde auf dem Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt am 08.11.2013 gehalten: M. Stoetzer; F. Nickel; H. Kokemüller: „Defektfüllung von Unterkieferzysten in Abhängigkeit vom Volumen – eine retrospektive Untersuchung-“ Ein Poster mit dem Titel „Defektfüllung von Unterkieferzysten in Abhängigkeit vom Volumen – eine retrospektive Untersuchung-, wurde im Januar 2014 auf der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Mayrhofen sowie auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Kieferchirurgie im Mai 2014 in Bad Homburg präsentiert. Hannover, den ________________ _______________________ Danksagungen 108 12 Danksagungen Ich danke Herrn Universitätsprofessor Dr. med. Dr. med. dent. Nils-Claudius Gellrich, Ärztlicher Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover, sowie Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Horst Kokemüller für die Überlassung des interessanten Themas dieser Dissertationsschrift und die stets freundliche und kollegiale Betreuung. Großartig. Dieses ausdrucksstarke Wort beschreibt am treffendsten die Unterstützung, die ich durch Herrn Dr. med. dent. Marcus Stoetzer erfahren habe und prägt ausnahmslos den Verlauf jeder Promotionsphase. Ich bedanke mich von ganzem Herzen für seinen zeitlichen Einsatz, die zielgerichteten Diskussionen, die stets offene Tür sowie die wertvollen Ratschläge, die zum raschen Gelingen dieser wissenschaftlichen Arbeit geführt haben. Sein Engagement weckte in kürzester Zeit mein Interesse und meine Freude für das Fachgebiet der Oralchirurgie. Vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit und die freundschaftliche Betreuung. Ein herzliches Dankeschön möchte ich weiterhin an Herrn Dr. med. Dr. med. dent. Majeed Rana aussprechen. Die fachkundige und geduldige Einweisung in das Computerprogramm sowie die wochenlange Bereitstellung seines Arbeitszimmers trugen in hohem Maße zur reibungslosen Fertigstellung der vorliegenden Arbeit bei. Vielen Dank für die stetige Hilfsbereitschaft und die angenehme Arbeitsatmosphäre. Ich bedanke mich bei meiner Schwester Jasmin Tacke, bei meinem Schwager Nicolas Tacke sowie bei meinem guten Freund und Zahnarzt Jörg Bertelmann für die schnelle Durchsicht der Dissertation und die Hilfe bei der Gestaltung des Layouts. Vielen Dank für die liebevolle Unterstützung. Danksagungen 109 Ich danke Frau Daniela Wenzel (M.Sc. Math.) für die kompetente Beratung in allen Fragen zur statistischen Auswertung sowie die Unterstützung zur korrekten Durchführung. Schlussendlich möchte ich auf diesem offiziellen Weg meinen Eltern danken, die mir die akademische Ausbildung ermöglichten und mich mit Nachsicht und Verständnis durch das Studium begleitet haben. Vielen Dank Mama und Papa. Anhang 110 13 Anhang ICD-10-GM Version 2013 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10. Revision Version 2013 Mit Aktualisierung vom 9.11.2012 Kapitel XI Krankheiten des Verdauungssystems (K00-K93) Krankheiten der Mundhöhle, der Speicheldrüsen und der Kiefer (K00-K14) K04Krankheiten der Pulpa und des periapikalen Gewebes K04.8 Radikuläre Zyste Inkl.: Zyste: apikal (parodontal) periapikal residual, radikulär Exkl.: Laterale parodontale Zyste (K09.0) K09Zysten der Mundregion, anderenorts nicht klassifiziert Inkl.: Läsionen mit den histologischen Merkmalen sowohl einer aneurysmatischen Zyste als auch einer anderen fibroossären Läsion Exkl.: Radikuläre Zyste (K04.8) Anhang 111 K09.0Entwicklungsbedingte odontogene Zysten Inkl.: Zyste: Dentitions- Follikulär Gingiva- lateral parodontal primordial Zahndurchbruchs- K09.1Entwicklungsbedingte (nichtodontogene) Zysten der Mundregion Inkl.: Zyste: nasolabial [nasoalveolar] nasopalatinaler Gang [Canalis incisivus] K09.2Sonstige Kieferzysten Inkl.: Zyste des Kiefers: aneurysmatisch hämorrhagisch traumatisch o.n.A. Exkl.: Latente Knochenzyste des Kiefers (K10.0) Stafne-Zyste (K10.0) K09.8Sonstige Zysten der Mundregion, anderenorts nicht klassifiziert Inkl.: Dermoidzyste Epidermoidzyste Lymphoepithelialzyste Mund Epstein-Epithelperlen K09.9Zyste der Mundregion, nicht näher bezeichnet Anhang 112 K10Sonstige Krankheiten der Kiefer K10.0Entwicklungsbedingte Krankheiten der Kiefer Inkl.: Latente Knochenzyste des Kiefers Stafne-Zyste Torus: Mandibularis palatinus Kapitel II Neubildungen (C00-D48) Gutartige Neubildungen (D10-D36) Inkl.: Morphologieschlüsselnummern mit Malignitätsgrad /0 D16Gutartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels D16.4-Knochen des Hirn- und Gesichtsschädels Exkl.: Unterkieferknochen (D16.5) D16.41 Kraniofazial Inkl.: Knochen der Augenhöhle Os: ethmoidale frontale occipitale parietale sphenoidale temporale Anhang 113 D16.42 Maxillofazial Inkl.: Gesichtsknochen o.n.A. Maxilla Nasenmuschel Oberkiefer Os: nasale zygomaticum Vomer D16.5Unterkieferknochen Inkl.: Mandibula