Von derVision - 25 Jahre Brandenburg baut

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Es war Ausgangspunkt, Herz und Mitte nicht nur der Stadt, auch des
ganzen »Gesamtkunstwerks« Potsdam von Stadt, Schlössern und Gärten
und der umgebenden reizvollen Landschaft. In kaum einem anderen
Bauwerk in Brandenburg ist so viel Geschichte geschrieben worden,
kaum ein anderes Gebäude hatte derartig viele prominente Besucher.
Hier wurde das Toleranzedikt von Potsdam 1685 verkündet, hier die
Allgemeine Schulpflicht erstmalig in Europa eingeführt, hier wurde erstmalig in Deutschland die Folter und die Pressezensur abgeschafft.«
Dr. Hans-Joachim Kuke · Verein Potsdamer Stadtschloss e. V.
Vo n de r Visi o n zur Wi rklichk eit · der N eue Landtag in Potsd a ms Mitt e
»Das Potsdamer Stadtschloss war für Potsdam der eigentliche Anfang.
Vision
Wirklichkeit
Von der
zur
der Ne ue Landtag in Po ts d ams Mitte
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Von der Vision zur Wirklichkeit
der Neue Lan d tag i n Potsdams M i tte
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Von der Vision zur Wirklichkeit
d e r N e u e L andtag i n Potsdams M itte
Herausgegeben vom
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg
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INHALT
6Vorwort
Dr. Helmuth Markov
AUSSEN HISTORISCH – INNEN MODERN
Der Siegerentwurf
10 Grußwort
Jann Jakobs
54
12Einführung
Christian Wendland
DAS WUNDER VON POTSDAM
Standortentscheidung und Vergabeverfahren
28Ein Blick zurück
Christoph Siegler und Thomas Schubert
gehen auf Zeitreise
EINE MASSGESCHNEIDERTE
LÖSUNG FÜR BRANDENBURG
Öffentlich-private Partnerschaft
und Vertrags­controlling
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40
er Stadtplaner
D
Andreas Goetzmann begleitete für
die Stadt Potsdam das ÖPP-Verfahren
45
Die öffentlich-private Partnerschaft
48
Die Vertragsbeauftragte
des Landes Brandenburg
Marianne Kliem und ihr Team waren
für das Vertragscontrolling in der Planungsund Bauphase zuständig
illkommen im modernsten Parlament
W
der Republik
Dr. Detlef Voigt, Direktor des Landtags
56Moderner Baumeister der alten Schule
Prof. Peter Kulka verbindet im neuen
Landtag Geschichte mit Baukultur
und Philosophie
60
Moderner Landtag in barockem Kleid
68Räumliche und funktionale Herausforderungen
72Die Gesamtplanungskoordinatorin
Architektin Daniela Dünnemann steuerte
die komplette Planung
ZWISCHEN BEGEISTERUNG
UND ABLEHNUNG
Die öffentliche Meinung als Herausforderung
78Spannungsfeld Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Sigrid Sommer
DIE KONTUREN WERDEN SICHTBAR
Vorarbeiten, Rohbau und Dach
98
Die Vorarbeiten
104 D
er Mann für alle Fälle
Rohbauprojektleiter Michael Spahr wurde
zum Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter
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109 Der Rohbau
DIE LICHTE WELT DER MODERNE
Das Innere des neuen Landtags
DIE VISION IST WIRKLICHKEIT
Der neue Landtag in Potsdams alter Mitte
120 Das Kupferdach
160Ein schönes und umfangreiches Projekt
Die Bauingenieurin Birte Wöstenberg
gehörte zum Team für Gesamtplanung
und Koordination
214 In der IT-Welt des Landtags zu Hause
Holger Nitzsche ist Referatsleiter des Landtags für Haustechnik und IT
121 Sechs Fragen an Hasso Plattner
164 Großzügig, hell und modern
122Unter Dach und Fach
Sandro Hilmes ist zuständiger Bauleiter
für Dächer bei der BAM
172 Der Plenarsaal – Herzstück des Landtags
117 E
in Polier hat Aufgaben wie ein Computer
Frank Schmidt war als Bauführer für den
Rohbau zuständig
in Original mit Ecken und Kanten
181 E
Wolfgang Behrens war der Oberpolier
auf der Landtagsbaustelle
ALTER GLANZ IN NEUER UMGEBUNG
Die historischen Teile
128 Die historische Fassade
err über 9 000 Kubikmeter Sandstein
135 H
Klaus Böhlitz war beim Landtagsneubau
für die Fassade zuständig
138Eine tolle Aufgabe
Volkmar Hillig leitete die Natursteinarbeiten
an der Fassade
142Die Spolien
148Höchste Qualität
Kathrin Lange kümmerte sich für die Stiftung
Preußische Schlösser und Gärten (SPSG)
um die Originalteile
152 Das Knobelsdorff-Treppenhaus
218Von der Schlüsselübergabe
bis zur ersten Plenarsitzung
232Die Schlossbewohnerin
Ingrid Semmrich wohnte als Kind
mit ihren Eltern im linken Seitenflügel
des Fortunaportals
EIN OFFENES HAUS FÜR DIE BÜRGER
Kunst am Bau und öffentliche Nutzung
ine gute Zusammenarbeit
186 E
Gerrit Große war Vorsitzende der Kunstund Ausstattungskommission des Landtags
und betreute den Wettbewerb »Kunst am
Bau«
ANHANG
238 Danksagung, Gastbeiträge
239 Bildnachweis
240Impressum
190 Kunst am Bau
194 »Entschieden differenziert«
Florian Dombois gewann den Wettbewerb
»Kunst am Bau«
198Güldene Idee
Annette Paul belegte den zweiten Platz
beim Kunstwettbewerb für den Landtag
203 Raum für die Öffentlichkeit
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Vorwort
Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger,
liebe Gäste des Landes Brandenburg und der Landeshauptstadt Potsdam,
das Land Brandenburg hat mitten in der Landeshauptstadt Potsdam einen neuen Landtag errichtet. Das allein
ist schon ungewöhnlich in einer Zeit, in der alle anderen
15 Bundesländer längst einen dauerhaften Ort für ihre
Parlamente gefunden haben. Doch der neue Landtag
Brandenburgs in Potsdam ist auch in weiterer Hinsicht
ein besonderer Bau.
Wie Ihnen dieser Bildband anschaulich zeigt, ist der Landtagsneubau ein außergewöhnliches Gebäude, weil er
eine Brücke zwischen Geschichte und Moderne schlägt;
ein – wie ich finde – gelungener Übergang zwischen
dem Ort am historischen Alten Markt und der Bestimmung des Hauses. Der Bau lehnt sich mit seiner Hülle an
die äußere Form des Knobelsdorff´schen Stadtschlosses
der preußischen Kurfürsten und Könige und späteren
deutschen Kaiser an, das hier einst stand. Dabei wurden
auch erhaltene Bauteile des einstigen Schlosses verwendet, damit für künftige Generationen die Brüche der
Geschichte greifbar bleiben. Zugleich ist es ein Gebäude,
das mit seinem modernen Inneren den Funktionen und
Anforderungen eines heutigen Parlaments gerecht wird.
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Christoph Weiser, Präsident des Landesrechnungshofs;
Elona Müller-Preinesberger, Beigeordnete der Stadt Potsdam;
Landtagspräsident Gunter Fritsch; Finanzminister Helmuth Markov;
Architekt Peter Kulka und Alexander Naujoks, Vorstandsvorsitzender
der BAM Deutschland AG (v. l. n. r.), bei der Übergabe des
symbolischen Transponderschlüssels zum neuen Landtagsgebäude
am 10. Oktober 2013.
Hier treten mitten in der Landeshauptstadt die frei gewählten Abgeordneten des Landes Brandenburg im
deutschlandweit modernsten Parlamentsgebäude zusammen.
Das Bauwerk ist aber auch deshalb ein besonderes
Symbol, weil es nicht nur der künftige Ort für Debatten
in Brandenburg ist, sondern selbst das Ergebnis eines
jahrelangen, intensiven Meinungsaustausches verkörpert. Gut 15 Jahre diskutierten Bürgerinnen und Bürger
sowie die Volksvertreterinnen und Volksvertreter in der
Landes­hauptstadt Potsdam und im Land Brandenburg,
ob die nach der politischen Wende vom Landtag bezogene einstige Kriegsschule auf dem Brauhausberg –
der ehemalige Sitz der SED-Bezirksleitung – dauerhaft
für die Zwecke eines Parlamentes hergerichtet wird.
Oder ob es eines neuen Parlamentsbaus bedarf. Und
wenn ja, wo dieser zu errichten sei.
Zugleich gab es leidenschaftliche Diskussionen in Potsdam, ob das einstige Stadtschloss wiedererrichtet werden soll. Während viele Bürgerinnen und Bürger die historische Mitte der Stadt wieder aufbauen wollten, gab es
auch Stimmen gegen die Neuerrichtung eines Schlosses
in Potsdam.
Während heute oft über Politikverdrossenheit oder mangelnde Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger diskutiert
wird, zeigt dieser Diskurs genau das Gegenteil: eine
lebendige Demokratie! Diese steht nicht nur Brandenburg gut zu Gesicht, sondern sie passt auch wunderbar
zur Bestimmung des Landtagsneubaus am Alten Markt
– sie ist gewissermaßen Motivation und Auftrag zugleich
für die gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter.
Denn mit dem Landtagsneubau ist ein Gebäude genau
für diesen Zweck entstanden: ein Ort der Debatten, ein
Ort der Meinungsäußerung, ein Ort der Meinungsbildung.
Die Abgeordneten aus allen Regionen Brandenburgs
ringen hier um die für das Land wichtigen Entscheidungen – und verabschieden an diesem Ort Gesetze und
Beschlüsse für das Land.
Nach den mitunter leidenschaftlich geführten Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern
eines Parlamentsneubaus sowie zwischen jenen, die
das einstige Stadtschloss in Potsdams Mitte wiedererrichten wollten und jenen, die das ablehnten, stand ein
Kompromiss: Nach einer Grundsatzentscheidung für
einen Neubau beschloss der Brandenburger Landtag
im Mai 2005, sein neues Parlamentsgebäude am Alten
Markt auf dem Grundriss des alten Schlosses errichten
zu lassen. Ein Kompromiss nach gut 15 Jahren Diskussion, der ebenfalls gut zu diesem Ort passt. Gehört doch
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nicht nur die Debatte, sondern auch das Aufeinanderzugehen zu einer lebendigen, funktionsfähigen Demokratie.
Der Weg von der Vision zur Wirklichkeit eines neuen
Landtags war geebnet, doch der Weg dieses Baus
blieb auch weiterhin etwas Besonderes: Aufgrund der
großzügigen Spende von Professor Hasso Plattner im
Jahr 2007 über 20 Millionen Euro war es möglich, die
historische Fassade des einstigen Stadtschlosses an
dem Neubau nachzuempfinden. Vier Jahre später gab
der Softwareunternehmer eine weitere Spende, um ein
Kupferdach auf dem Landtag zu errichten, wie es einst
das Stadtschloss besaß. Dieser Beitrag ist hoch wertzuschätzen. Die beeindruckende Kulisse der neuen,
alten Mitte der Landeshauptstadt ist damit enorm bereichert, ja: beschenkt worden. Über Generationen hinweg wird dieses neue Wahrzeichen der Landeshauptstadt sichtbar und erlebbar sein. Dafür gilt Hasso Plattner
unser Dank!
Verglichen mit den jahrelangen Vorbereitungen auf den
Bau, ist dieses Gebäude geradezu in einer Rekordbauzeit entstanden. Nachdem wir 2011 den Grundstein legten, konnten wir im Herbst 2013 bereits den Schlüssel
für dieses besondere Gebäude an den Landtag überreichen. Dazwischen hat der Auftragnehmer – die BAM
Deutschland AG – 25 000 Kubikmeter Beton verbaut,
und wir als Auftraggeber haben einige schwere Steine
aus dem Weg geräumt. Die Debatten in der Öffentlichkeit
blieben dem Bau treu: Während die einen sich mehr Anlehnung an das einstige Stadtschloss wünschten, war es
den anderen zu viel Preußen. Um viele Details wurde
gerungen, die dieses Buch ausführlich beschreibt.
Der neue Landtag ist aber nicht nur das Ergebnis gelebter Demokratie und eine Brücke zwischen der Geschichte und der Moderne – der Bau brachte auch
Menschen verschiedenster Berufe und Herkunft zusammen. Dieser Bildband porträtiert Einige von ihnen.
Von dem bekannten Architekten Peter Kulka über den
Polier Frank Schmidt bis zur gelernten Steinbildhauerin
und studierten Restauratorin Kathrin Lange, die die Leiterin der Skulpturenwerkstatt der Stiftung Preußische
Schlösser und Gärten ist. Von dem Rohbauprojektleiter
Michael Spahr über die Künstlerin Annette Paul bis zum
verantwortlichen Bauingenieur für das Dach, Sandro
Hilmes, oder auch zur langjährigen Projektleiterin des
Finanzministeriums, Marianne Kliem.
Damit erlaubt das Buch, sich dem Gebäude und seinen
Geschichten auch über die Personen zu nähern, die an
seinem Bau beteiligt waren. Und es hält die besondere
Entstehung des Gebäudes in ausdrucksstarken Bildern
fest. Besonders danke ich Ingrid Semmrich, die als Kind
im Potsdamer Stadtschloss wohnte und für dieses Buch
private Fotos zur Verfügung stellte. Ebenso gilt der Dank
all jenen, die an diesem wunderbaren Buch mitgewirkt
haben, hervorgehoben sei der Potsdamer Architekt Christian Wendland, der die Leserinnen und Leser in die Geschichte dieses Ortes am Alten Markt einführt.
Speziell richtet sich der Dank an die Vielen, die beim
Landtagsneubau auf die eine oder andere Weise mitgewirkt haben: an die engagierten Bürgerinnen und
Bürger, die Abgeordneten des Landtags und der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam sowie deren Planer und Entscheidungsträger. Und
natürlich an die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, die
Künstlerinnen und Künstler und nicht zuletzt an die beteiligten Architektinnen und Architekten. Ich kann sie hier
nicht alle nennen, möchte aber allen herzlich für ihren
Beitrag danken! Dieses Buch ist auch ein Dankeschön
für alle, die dazu beigetragen haben, dass aus einer
Vision Wirklichkeit wurde.
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Blick aus dem Innenhof auf Fortunaportal
und Nikolaikirche, November 2012
Ich selbst wurde während des Baus oft gefragt, wie es
sich anfühlt, zuständiger Minister für den Parlamentsneubau mit historisch nachempfundener Fassade und gleichzeitig Vertreter der Partei zu sein, die gegen die Wiedererrichtung des Potsdamer Stadtschlosses war. Abgesehen davon, dass es bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht in erster Linie um die eigenen Empfindungen,
sondern um die Umsetzung der vom Landtag getroffenen
Entscheidungen geht, halte ich den neuen Landtag für
ein wunderbares Symbol für die lebendige Demokratie
in Brandenburg. Ja, die Vision ist Wirklichkeit geworden!
Nicht als reiner Wiederaufbau des Stadtschlosses, nicht
als purer moderner Neubau, sondern als Kompromiss
aus den gesellschaftlichen und politischen Diskussionen.
Und: Das Ergebnis, das Bauwerk kann sich wirklich sehen lassen! Ein solches Parlamentsgebäude kann sich
jedes Bundesland nur wünschen. Ich lade alle Brandenburgerinnen und Brandenburger ein, diesen Landtag als
den ihren anzunehmen. Denn in erster Linie ist es Ihr
Gebäude!
Dr. Helmuth Markov
Minister der Finanzen des Landes Brandenburg
in dieser Funktion zuständig für den Landtagsneubau
Potsdam, 18. Januar 2014
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Einführung
Christian Wendland
Das Potsdamer Stadtschloss in der Weimarer Republik, wichtigste Stätte der Potsdamer Stadtverwaltung
Das Rathaus am Alten Markt
Vom Mittelalter bis in die Neuzeit befand sich an der
Stelle des heutigen Potsdamer Alten Rathauses der
Sitz der städtischen Verwaltung. Sie war in einem massiv
gebauten kleinen Rathaus am Alten Markt untergebracht.
Die Stadt Potsdam ist durch die königliche Städteordnung vom 26. Oktober 1722 direkt der Verwaltung
von König Friedrich Wilhelm I. (1688, reg. 1713 – 1740)
unterstellt – genauso wie die Residenzstadt Berlin als
»Immediatstadt«. Damit sind die letzten Selbstverwaltungsrechte der Stadt aufgehoben. Der König bestellt
den Bürgermeister, den Kämmerer und die drei Ratsherren. Mit dem Bau des friderizianischen Alten Rathauses 1753 bis 1755 auf königliche Kosten ist die
Stadtverwaltung in einem repräsentativen Neubau untergebracht. Baumeister und Architekt ist Jan Bouman
(1706 – 1776). Die Fassade hat Bouman im Auftrag des
Königs nach einem nicht realisierten Palazzo-Entwurf
des Renaissance-Architekten Andrea Palladio von 1564
zu gestalten. Den Turmaufbau mit dem vergoldeten Atlas
fügte Bouman nach Motiven des »Stadthuis« seiner
Geburtsstadt Amsterdam hinzu.
Das Potsdamer Stadtschloss um 1910, Ansicht von Süden.
Im Vordergrund der Neptunteich mit der großen Neptungruppe in
der Schlossachse sowie die Kuppel der St. Nikolaikirche
im Hintergrund.
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Am Alten Markt: in der Bildmitte das Alte Rathaus, in dem
die Stadtverordneten von 1809 bis 1919 tagten, rechts das
hohe Palais Barberini, in dessen Saal im Obergeschoss
über den Arkaden nach der Novemberrevolution 1919 die ersten
demokratisch gewählten Abgeordneten abstimmten, bevor sie
1920 in das Potsdamer Stadtschloss links in die neuen Abgeord­
netenbüros und den neuen Sitzungssaal einziehen konnten.
Bürgerlicher Neuanfang
Die neue Städteordnung vom 19. November 1808 sorgt
auch in Potsdam für einen bürgerlichen Anfang, eine
Selbstverwaltung der Stadt. Die »Ordnung für sämtliche
Städte der Preußischen Monarchie mit dazu gehöriger
Instruktion, Behufs der Geschäftsführung der StadtVerordneten bei ihren ordentlichen Versammlungen«
haben der Freiherr vom und zum Stein und Johann
Gottfried Frey verfasst. Die erste Wahl zu einer Potsdamer Stadtverordnetenversammlung findet nach dieser
Neuerung am 12. März 1809 statt. 60 Stadtverordnete
werden gewählt. Am 20. März 1809 treten sie zu ihrer
ersten Sitzung im Saal des »Holländischen Hauses« in
der Lindenstraße 54 zusammen, denn im Rathaus am
Alten Markt gibt es keinen so großen Raum; ein solcher
wird allerdings noch 1809 fertiggestellt. Bis zum Sommer 1847 tagen die Stadtverordneten hier und beschließen am 28. August desselben Jahres, künftig – gemäß
einer »Allerhöchsten Kabinettsorder« vom 24. Juli 1847
– diese Sitzungen teilweise auch öffentlich durchzuführen. Ein Novum für Preußen – heute allgemeine Praxis.
Bis 1918 finden die Versammlungen der Stadtverordneten weiter im Alten Rathaus statt. Doch bereits 1898
hatten die Stadtverordneten aufgrund der zunehmenden öffentlichen Verantwortung für die wachsende Bevölkerung beschlossen, das Nachbarhaus Am Alten
Markt 1, und 14 Jahre später, 1912, das große Doppel-
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wohnhaus Humboldtstraße 5/6, den Palast Barberini,
für die Aufgaben der Potsdamer Stadtverwaltung anzukaufen und für diese zu nutzen.
Die Demokratie in Potsdam beginnt im Stadtschloss
Nach der Novemberrevolution 1918 tagt die Stadtverordnetenversammlung Potsdams noch in der alten Besetzung am 17. November 1918 erstmalig im Saal des
Palasts Barberini. Am 28. November dankt Kaiser Wilhelm II. ab. Er geht nach dem Kriegsende und der Novemberrevolution ins Exil in die Niederlande und wohnt
dort im Haus Doorn. Die Wahl zur Nationalversammlung
erfolgt am 19. Januar 1919. Gemäß der neuen Verordnung vom 24. Januar 1919 zur Regelung des Gemeindewahlrechts wird am 2. März Potsdams neue Stadtverordnetenversammlung in »allgemeinen, unmittelbaren
und geheimen Wahlen« gewählt. Nach den Wahlergebnissen der Märzwahl kommen die neuen Stadtverordneten am 18. März 1919 im Palast Barberini zusammen.
Etwa drei Monate später legt Stadtbaurat Hans Dreves
der Stadtverordnetenversammlung eine Beschlussvorlage vor. Sie beinhaltet die zukünftige Unterbringung der
Stadtverordneten einschließlich der notwendigen Abgeordnetenbüros der beteiligten Parteien im Stadtschloss.
Der neue Sitzungssaal soll im nordöstlichen Kopfbau
untergebracht werden, in dem die Architekten Georg
Mohr, Reinhold; Dreves, Hans; Trembich (Zeichner):
Potsdam, Stadtschloss, Teilgrundriss mit Eintragung des
Sitzungssaals mit einer Empore für Gäste und die Presse
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Eine
maßgeschneiderte
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für Brandenburg
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Der Stadtplaner
Andreas Goetzmann begleitete für die Stadt Potsdam das ÖPP-Verfahren
»Aus städtebaulicher Sicht ist der Landtagsneubau in
der äußeren Hülle des früheren Stadtschlosses die einzige Chance für die Potsdamer Mitte und der entscheidende Impuls für die Stadt gewesen«, sagt Andreas
Goetzmann, der für die Stadt Potsdam die öffentlichprivate Partnerschaft (ÖPP) zwischen dem Land Brandenburg (Ministerium der Finanzen) und der BAM
Deutschland AG begleitet hat. Goetzmann war abseits
der Zuordnungen der Kontaktmann für Potsdam und
zuständig für das Baugenehmigungsverfahren.
Der Fachbereichsleiter Stadtplanung und Stadterneuerung ist durch und durch Stadtplaner: Nach dem Grundstudium der Architektur in Braunschweig und Aachen
mit dem Schwerpunkt Städtebau wechselte er nach
Dortmund und machte sein Diplom in Raumplanung.
»Architektur war ein Unfall«, erzählt er. Von Anfang an
habe er Stadtplanung studieren wollen, doch die Studienplatzvergabe zwang ihn zu dem Umweg. »Baukonstruktion, Bauchemie und Baustoffkunde fand ich ganz
furchtbar, nur die plastische Gestaltung war da quasi
ein Lichtblick für mich«, erinnert sich Goetzmann, der
schon nach dem ersten Semester nach Aachen wechselte, wo Peter Zlonicky von 1971 bis 1976 Professor war.
»Ich wollte unbedingt zu ihm«, sagt Goetzmann. Schon
früh hatte er sich fürs Bauen interessiert, viel gelesen,
kannte den Stadtplaner und Architekten Zlonicky aus
der Fachliteratur. 1976 wurde Zlonicky an die Technische
Universität Dortmund berufen: Dort leitete er bis zu seiner
»
Es heißt allgemein,
das habt ihr aber gut
hingekriegt, das ist gelungen.
Und dazu noch schneller
als Berlin!
«
Emeritierung im Jahr 2000 das Fachgebiet Städtebau
und Bauleitplanung. Goetzmann folgte dem Professor
nach Dortmund, arbeitete an dessen Lehrstuhl als studentische Hilfskraft und nach seinem Diplom im Büro
Zlonickys. Spätestens dort wurde ihm aber klar, dass
Stadtplanung die demokratische Legitimation braucht
und er absolvierte ein Städtebaureferendariat als Zusatzausbildung im höheren Verwaltungsdienst in Düsseldorf.
Sein Fachwissen gepaart mit einer fundierten Verwaltungskenntnis hat ihm nicht nur den Einstieg in die
öffentliche Verwaltung erheblich erleichtert, sondern
ihn auch prädestiniert, Verwaltungsabteilungen aufzubauen und zu steuern. In Essen hat er ein neu eingerichtetes Referat aufgebaut, war danach zuständig für
einen größeren Stadtteil. Anschließend wurde er stellvertretender Amtsleiter in Leverkusen.
Von dort aus hat sich der zweifache Vater später nach
Alternativen umgeschaut. Bedingung war, weiter in der
öffentlichen Verwaltung zu arbeiten. Außerdem sollte
eine neue Stelle nicht mehr als eine Stunde Fahrzeit
von seinem Wohnort in Leverkusen entfernt sein. »Ich
war als Kind und Jugendlicher durch die gesunde Unstetigkeit meines Vaters nie länger als sieben Jahre an
einem Ort, aber eigentlich immer im Rhein-Ruhr-Gebiet«, erzählt er. Sein Vater war Pfarrer, zunächst in
Wuppertal, dann in Oberhausen, dann wieder in Wuppertal, dazwischen ein Jahr in Amerika, wo Andreas
Goetzmann ein Jahr lang zur Grundschule ging und anschließend »kein Wort Deutsch mehr konnte«. Anschließend zog es die Familie nach Mönchengladbach, später
nach Essen. Andreas Goetzmann ist ein Stadtkind, das
Gebiet an Rhein und Ruhr war sein Zuhause, dort wollte
er bleiben.
Doch es kam anders: Im Herbst 1995 blätterte er auf
der Fahrt in den Urlaub in der »Bauwelt« und entdeckte
eine öffentliche Ausschreibung für eine Stelle in Potsdam. Er dachte: Wenn schon weg, dann nach Potsdam.
Und so bewarb er sich; während des Karnevals 1996
lag dann die Einladung zum Vorstellungsgespräch im
Briefkasten. Am 17. Juni 1996 fing er in Potsdam an,
allerdings erst zur Probe. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte ihm dazu geraten, weil man »in Potsdam
mit der Überlebensfähigkeit von Wessis in der Verwaltung schlechte Erfahrungen gemacht hatte«. Es war
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Sommer, ein sehr heißer, Goetzmann saß im achten
Stock unterm Dach ohne wirksame Dämmung, der
Schweiß lief in Strömen: »Ich war glücklich! Die Stadt
war tierisch anstrengend, aber genau das wollte ich damals«, erinnert er sich. Er blieb und gestaltete Potsdam
planerisch, städtebaulich und baugenehmigungstechnisch entscheidend mit.
Ein wichtiges Thema war das Weltkulturerbe mit allen
Problemen und Vorteilen. »Die Atmosphäre war anfangs
vergiftet«, so Goetzmann, Potsdam stand schon beinahe
auf der Roten Liste. »Es war klar, dass die planerischen
Probleme nicht im Welterbekomitee, sondern in Potsdam
gelöst werden müssen«, sagt Goetzmann, der froh ist,
dass gestritten wurde und wird und intensive fachliche
Auseinandersetzungen stattfanden. Die UNESCO-Welterbe-Geschichte Potsdams ist eine Erfolgsgeschichte,
an der Goetzmann erheblich beteiligt war.
Fast alle Baubeigeordneten hat er kommen und gehen sehen. Detlef Kaminski, Michael Stojan, Elke von
Kuick-Frenz und Matthias Klipp, der 2009 ins Amt kam.
Zweimal hat er das Amt des Baubeigeordneten kommissarisch geleitet, zweimal sich selber darum beworben. Doch heute ist er froh, dass daraus nichts wurde.
√ Stadtplaner
Andreas Goetzmann
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»Das Amt ist ein politisches, ich bleibe lieber auf der
fachlichen Verwaltungsebene«, sagt er. Intrigen und Politik sind nicht sein Fall. Und wohl auch deshalb hat er
beim Landtagsneubau die fachliche Aufgabe für Potsdam übernommen. Und er hat es gut gemacht.
»Das Wettbewerbsverfahren unterlag höchster Geheimhaltung«, so Goetzmann. Das ging sogar so weit,
dass bei der sogenannten »Vorprüfung« der AnbieterEntwürfe ein anonymes Büro in Berlin als Treffpunkt
vereinbart war. Das für das Verfahren zuständige Büro
»phase eins« hatte eine Büroetage gemietet, an der kein
Name stand, den Beteiligten wurde nur die Adresse mitgeteilt. »Es gab ein immenses Interesse, es ging um
hohe Investitionssummen, die Entwürfe unterlagen deshalb grenzenloser Geheimhaltung«, erklärt Goetzmann.
Die ersten Entwürfe erzeugten allgemeine Ratlosigkeit
Vor dem Baustart gab es archäologische Grabungen,
um Spuren der etwa 500-jährigen Burg- und Schlossgeschichte
auf dem Landtagsgrundstück zu sichern.
und blieben in der Schublade. Nachdem dann Hasso
Plattner das Geld für die historische Fassade in Aussicht
gestellt hatte, ging das Verfahren in die zweite Runde.
Es musste weitergehen und es musste sichergestellt
werden, dass nicht Verfahrensfehler Klagemöglichkeiten eröffnen. Am Ende war klar: Die BAM mit Peter Kulka
soll es machen.
»Dann ging alles sehr schnell, wir haben eiligst auf
die Baugenehmigung hingearbeitet«, erinnert sich Goetz­
mann und ergänzt: »Es gab zum Teil haarige Auseinandersetzungen, viele Widersprüche gegen Auflagen, es
ging schließlich um Geld, um Zeit, um historische Substanz.« Doch schließlich versuchten die Beteiligten,
das schwierige Projekt in ruhigere Bahnen zu lenken.
»Verzögerungen gab es anfangs durch die Archäologie,
die der Veränderung des Projektes nachgeführt werden
musste, und durch die Grundwasserabsenkungen.«
Doch der Zeitplan insgesamt könne sich durchaus sehen lassen.
Die öffentlichen Auseinandersetzungen über Details
wie das Kupferdach hatten laut Goetzmann keinen großen Einfluss auf den Zeitplan oder die Planung im Einzelnen. »Aber ganz am Anfang war die Initiative von
›Mitteschön‹ wichtig, als die Stadtverordneten in Potsdam zweimal gegen den Bebauungsplan abgestimmt
haben und so die Entwicklung der Potsdamer Mitte auf
der Kippe stand«, sagt er. Hier seien die Bürger entscheidend gewesen.
Für Andreas Goetzmann ist der Bau auch nach dessen
Fertigstellung noch nicht abgeschlossen. »Mich beschäftigt jetzt intensiv die Frage nach der Nutzung der öffentlichen Flächen im Umfeld«, sagt er. Gemeint sind damit
künftige Veranstaltungen, die im Innenhof und in der Umgebung möglich sein sollen, aber zugleich auf die Parlamentsarbeit Rücksicht nehmen müssen. Während der
Bauphase hatte dafür niemand Zeit. Eine weitere Aufgabe ist die Gestaltung bzw. Fertigstellung des Umfelds,
die Wiederherstellung der Stadt entlang der Alten Fahrt.
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Doch auch das läuft gut. Die Diskussionen in Potsdam
wurden außerhalb der Stadt kaum wahrgenommen,
glaubt Goetzmann. »Es heißt allgemein, das habt ihr
aber gut hingekriegt, das ist gelungen. Und dazu noch
schneller als Berlin!«
In Potsdam ist baulich noch viel zu tun, Andreas
Goetzmann wird die Entwicklung auch in den nächsten
Jahren städtebaulich und planerisch begleiten. 17 Jahre ist er nun in Potsdam, weitere sieben werden folgen.
Vielleicht wird es am Ende sogar ein Vierteljahrhundert
als Fachbereichsleiter im Stadtplanungsamt, seit 2012
auch als Leiter der Stadterneuerung. Doch er braucht
auch Ruhepausen, die er gerne zum Skifahren und
Radfahren nutzt: »Jedenfalls in einem Urlaub im Jahr
mache ich eine mehrtägige Radtour«, lächelt er und
schaut dabei über die Dächer von Potsdam – aus seinem Büro in der achten Etage.
√ Fortuna wacht über den Neubau.
Die vergoldete Statue krönt das 2002
wiederhergestellte Fortunaportal, den alten
und neuen Zugang zum Innenhof.
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DIE ÖFFENTLICH-PRIVATE PARTNERSCHAFT
Das neue Landtagsgebäude für Brandenburg wurde in
öffentlich-privater Partnerschaft umgesetzt. Planung, Bau,
Finanzierung und der Betrieb des Gebäudes für 30 Jahre
lagen bzw. liegen in der Verantwortung eines privaten
Investors, der BAM PPP Landtag Potsdam Projektgesellschaft mit ihrem Nachunternehmer BAM ImmobilienDienstleistungs GmbH (BAM ID). Die geplanten Baukosten betrugen rund 120 Millionen Euro, die der Auftragnehmer teilweise vorfinanziert hat. In dieser Summe
ist die Spende der Hasso-Plattner-Förderstiftung zur
Rekonstruktion der historischen Fassade bereits enthalten. Später kam noch eine weitere Spende Hasso
Plattners hinzu, die es ermöglichte, das Dach in Kupfer
anstatt wie vorgesehen in Zink einzudecken.
baut werden. Die BAM ID ist für 30 Jahre Betreiber des
neuen Landtags. Das Land Brandenburg ist zwar Eigentümer von Grundstück und Gebäude, zahlt während der
vereinbarten Nutzungsphase aber ein Nutzungsentgelt
sowie die Raten für die geleistete Zwischenfinanzierung des Baus an den privaten Partner. Der Betreiber
ist auch für das Gebäudemanagement verantwortlich.
Er muss also für Betrieb, Instandhaltung, Bauunterhalt,
Schönheits- und Kleinreparaturen, Gewährleistung,
Energiemanagement, Reinigung, Winter- und Gärtnerdienste, Entsorgung und die Bewirtschaftung der Tiefgarage sorgen. Der Vertrag enthält außerdem die Garantie, dass der Landtag nach Ablauf dieser Zeit in gutem
Zustand an das Land Brandenburg übergeben wird.
Der Landtag ist »Mieter« für 30 Jahre
Die vertraglich vereinbarten Bauleistungen umfassten
rund 15 000 Quadratmeter Nutzfläche inklusive eines
Plenarsaals, eines Präsidialbereichs, Sitzungsräumen,
Arbeitsräumen für Fraktionen, Abgeordnete und die Landtagsverwaltung, einer Bibliothek, eines Medienzentrums
und einer Cafeteria. Zusätzlich sollte eine Tiefgarage ge-
Vertragscontrolling und Baubegleitung durch den Auftraggeber
Mit der Vertragsunterzeichnung im September 2009
ging die planerische und bauliche Verantwortung auf
den Auftragnehmer, die BAM-Gruppe über. Der Neubau
des Landtags war das zweite Hochbauprojekt, welches
das Land Brandenburg im Wege einer öffentlich-privaten Partnerschaft realisierte. Im Unterschied zum ersten
ÖPP-Projekt, dem Neubau des Ministeriums der Finanzen, gestaltete sich die Umsetzung des Landtagsneubaus
nicht nur aufgrund seiner Komplexität und besonderen
√ Der Siegerentwurf
von Peter Kulka im Modell
Die beiden Vertragspartner des ÖPP-Projekts:
Finanzminister Helmuth Markov und der Vorstandsvorsitzende
der BAM Deutschland AG Alexander Naujoks
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Anforderungen, sondern auch durch die zahlreichen
Diskussionen über das Vertragssoll deutlich schwieriger.
Vor allem im Sinne der im Projektvertrag vereinbarten
partnerschaftlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit begleitete die Projektgruppe Landtagsneubau
das Projekt. Ab 2012 war sie als Stabsstelle Landtagsneubau direkt dem für den Neubau zuständigen Finanzminister unterstellt. Dabei unterstützte sie die BAM in
regelmäßigen Gesprächen mit Vertretern der Landeshauptstadt Potsdam und deren Sanierungsträger zu
den Fragen der Baugenehmigung, Planung und Bauausführung. Auch hatte die Stabsstelle sicherzustellen,
dass der Neubau fristgemäß und ordnungsgemäß errichtet wird, so wie es im Projektvertrag vereinbart war.
Weiterhin war sie für die Abstimmung der Aufbau- und
Ablauforganisation mit allen Zuständigkeiten und Schnittstellen verantwortlich. Gleiches gilt für Freigaben und
Entscheidungsprozesse mit dem privaten Partner unter
Einbeziehung des Nutzers. Bei all diesen Dingen musste jeweils die Funktionalität, Ausstattung und architektonische Qualität des Landtagsgebäudes einschließlich
dessen Bewirtschaftung sichergestellt werden.
√ Auch eine Tiefgarage mit 166 Kfz-Stellplätzen
gehörte zu den vereinbarten Bauleistungen.
Die BAM ID ist für 30 Jahre Betreiber des Gebäudes und
damit auch für die Instandhaltung, den Bauunterhalt,
Reparaturen, Gewährleistung und Reinigung verantwortlich.
Die Stabsstelle prüfte die vom privaten Partner erarbeiteten Planunterlagen auf Vertragskonformität, stimmte
ergänzende Nachforderungen des Nutzers im laufenden Planungs- und Bauprozess mit dem privaten Partner ab und bewertete jeweils die Auswirkungen auf die
Betriebskosten. Auch wenn die klassische Terminsteuerung des Bauablaufs durch den privaten Partner abzudecken war, gab es bei Änderungen während der Bauausführung oft Abstimmungsbedarf.
Die weiterhin große öffentliche und politische Resonanz des Projekts erforderte eine umfangreiche Betreuung durch die Stabsstelle. So mussten unter anderem diverse parlamentarische Anfragen und Anfragen
vonseiten der Presse beantwortet werden.
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Die Vertragsbeauftragte des Landes Brandenburg
Marianne Kliem und ihr Team waren für das Vertragscontrolling in der Planungs- und Bauphase zuständig
»
Es hat sich gelohnt,
für die entstandene,
innen konsequent moderne
Lösung zu streiten...
Zur Arbeit der Stabsstelle gehörte
auch die Bearbeitung von Presseanfragen.
«
»Vertragsbeauftragte des Auftraggebers«, so lautet die
offizielle Bezeichnung für die Funktion, die Marianne
Kliem beim Landtagsneubau innehat. Sie ist damit in
allen Fragen Ansprechpartnerin für das Land Brandenburg, insbesondere für dessen zuständiges Ministerium
der Finanzen. Ein umfangreiches Aufgabenfeld, für das
Marianne Kliem seit August 2010 verantwortlich ist; zuvor lag dieses Amt in den Händen Wolfgang Bösches,
der es wiederum von Christoph Siegler übernommen
hatte. Marianne Kliem legt Wert darauf, dass sie diese
komplexen Aufgaben nicht alleine bewerkstelligen kann,
sondern nur im Team, das alle Kompetenzen abdecken
muss. Die kleine Projektgruppe, die im Laufe der Bauphase zu einer dem Finanzminister direkt unterstellten
Stabsstelle wurde, sowie externe Berater waren auf allen
Gebieten im Auftrag des Landes zuständig für Architektur und Hochbau, Gebäudetechnik, Vertragscontrolling,
Qualitätskontrolle, Verhandlung von Zusatzleistungen
und auch für die Abstimmungen mit den späteren Nutzern, dem Landtag Brandenburg sowie der Landeshauptstadt Potsdam zum Landtagsumfeld. »Nach Unterzeichnung des Vertrages hatten wir die Einhaltung der Vereinbarungen zu gewährleisten, aber es gab auch Dinge, die
nicht ausreichend vertraglich gesichert waren«, erklärt
Marianne Kliem. Mit der BAM Deutschland AG und der
Landtagsverwaltung mussten intensive Gespräche zur
Ergänzung der Planung geführt und Einigungen oft in
engem Zeitrahmen gefunden werden, um den Baufortschritt gewährleisten zu können.
In vielen Bereichen der Ausführungsplanung und ihrer
Realisierung galt es, Konkretisierungen abzustimmen
und zu verhandeln. »Fassaden, Dach, Behindertengerechtigkeit, Bauzeit und Mehrkosten waren Themen, die
uns ständig begleiteten«, erinnert sich Marianne Kliem.
»Bei den historischen Fassaden lief alles wie geplant,
hier gab es trotz einer großen Zahl von Anforderungen,
auch bezüglich der Wiederverwendung von Originalelementen, keine Mehrkosten.«
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Die Beschäftigten der Stabsstelle Landtagsneubau
vor dem fertigen Gebäude
Exemplarisch für die Schwierigkeit mancher Abstimmungen steht das Kupferdach. Ursprünglich war für das
Landtagsgebäude ein Dach aus Titanzink vorgesehen.
Da sich die Potsdamer Bürger in Anlehnung an den originalen Schlossbau für ein Kupferdach aussprachen, vereinbarte das Finanzministerium mit der BAM und dem
Verein Potsdamer Stadtschloss, dass die Planungen
für ein Kupferdach zunächst parallel zur Vertragsausführung in Titanzink erfolgen sollten. Ein Kupferdach sollte dann ausgeführt werden, wenn die Mehrkosten durch
Spenden finanziert werden könnten. Denn landesseitig
war hierfür kein Geld eingestellt, der Projektvertrag über
die Ausführung als Zinkdach längst geschlossen. Erst als
die BAM begann, das Dach in Zink auszuführen, wurde
die Entscheidung für das Kupferdach durch die Spende
von Hasso Plattner herbeigeführt. »Das Kupferdach ist
die richtige Lösung und der Parlamentsneubau in der
historischen Hülle heute kaum mehr vorstellbar«, findet
Marianne Kliem.
Seit 1993 ist Marianne Kliem in der öffentlichen Bauverwaltung des Landes tätig, die nach der Wende neu
gegliedert und strukturiert wurde. »Es gab anfangs mehrere Bauämter, die für einzelne Bereiche zuständig waren«, erklärt sie. Viele Landesliegenschaften hat sie betreut, wie die Umbauten und Sanierungen der Ministerien
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Ralf-Dieter Lankamp, der Leiter
der Stabsstelle, verschließt die Zeitkapsel
für die Grundsteinlegung.
in der Heinrich-Mann-Allee 107, den Neubau der Landesvertretung für Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in Berlin und die bauliche Neuordnung und Sanierung von Ministerien in der Henning-von-TresckowStraße. Doch auch als erfahrene Architektin in Sachen
Landesliegenschaften sagt sie, dass beim Landtagsgebäude die Anforderungen erheblich höher waren. »Dies
ergibt sich aus den hohen Standards eines Landtags,
der Synthese von moderner Innengestaltung und historischer Fassade, der erstmals in diesem Umfang gewählten Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft,
der Größe des Gebäudes und nicht zuletzt dem besonderen öffentlichen Interesse.«
Städtebaulich sei der Landtag in der originalgetreuen
Nachbildung der Knobelsdorff’schen Barockfassade für
die Stadt von zentraler Bedeutung, und rückblickend sei
trotz und auch wegen aller Auseinandersetzungen ein
beeindruckendes Ergebnis erzielt worden. Das Innere
des Gebäudes bestimmt nun ein jedoch hochmoderner
Landtag. »Ich erinnere mich an viele interessante, aber
auch kontroverse Diskussionen mit dem Architekten
Professor Peter Kulka, die häufig über technische Fragen hinausgingen. Wir waren über die prägende ästhetische und kulturelle Bedeutung des Baus stets einig,
jedoch verlangt die Umsetzung der architektonischen
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Ziele unter Beachtung aller Randbedingungen gelegentlich ein hartes Ringen aller Beteiligten«, so Marianne
Kliem. Viele Abstimmungsgespräche mussten geführt
und auch Änderungswünsche der Nutzer und des Architekten berücksichtigt werden. »Es hat sich gelohnt, für die
entstandene, innen konsequent moderne Lösung auch
manchmal zu streiten«, resümiert sie.
Generell ließen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten der öffentlich-privaten Partnerschaft angesichts der Komplexität eines solchen Baus
nicht vermeiden. Viele Diskussionen seien deshalb notwendig, einige jedoch vermeidbar gewesen. Die konstruktive Herangehensweise des Nutzers half in vielen
Fällen, die notwendigen Kompromisse zu schließen. Mit
dem Landtag habe es eine sehr transparente Zusammenarbeit gegeben, regelmäßig wurde bei den Präsidiumssitzungen über den Sachstand berichtet.
Zu seiner Entlastung hatte das Präsidium eine Kunstund Ausstattungskommission eingesetzt, die neben Fragen zu Kunst am Bau insbesondere die nutzerrelevanten
Fragen der Bemusterung zu bearbeiten und entscheiden
hatte. Auch hier war die Stabsstelle beratend tätig: so zum
Beispiel bei den zahlreichen Bemusterungen, bei der Ausstattung des Plenarsaals und der Sitzungsräume sowie
bei der Ausgestaltung des historischen Treppenhauses.
Marianne Kliem im Gespräch
mit dem Künstler Florian Dombois
Auch der Wettbewerb »Kunst am Bau« lief über den
Tisch des Projektteams. Das Verfahren musste neben
den laufenden Abstimmungen zur Baumaßnahme vorbereitet werden, was zeitlich nicht immer einfach war.
Das Ergebnis des Kunstwettbewerbs stand Mitte 2012
fest. Aus über 100 Arbeiten wurden drei Siegerentwürfe
ausgewählt, von denen nunmehr zwei Entwürfe realisiert werden. »Ich bin gespannt auf die öffentliche Auseinandersetzung mit den beiden Kunstwerken, die nun
Teil des Brandenburger Landtags werden.«
Im September 2013 erfolgte die Abnahme des Gebäudes. Seit diesem Zeitpunkt laufen Restarbeiten, die
für die Stabsstelle neben der Überwachung der Beseitigung der Abnahmemängel, der abschließenden Verhandlung von Zusatzleistungen und der Abrechnung
von Leistungen auch die Begleitung der Bestandsdokumentation umfassen. Und auch die Baudokumentation
wird hier erarbeitet. Sie ist der zweite Teil der zweibändigen Publikation, die Zeugnis ablegt über den komplexen Landtagsneubau in historischer Hülle in der Mitte
Potsdams und sein Entstehen.
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Außen
historisch
modern
innen
D er Si e g e r ent wu r f
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Willkommen im modernsten Parlament der Republik
Dr. Detlef Voigt, Direktor des Landtags
Um den Standort und die Gestaltung des Landtagsneubaus für den Landtag Brandenburg als Versammlungsund Arbeitsort der Abgeordneten ist lange gerungen,
am Bauwerk selbst viereinhalb Jahre intensiv gearbeitet worden. Es präsentiert sich nunmehr als moderner
Parlamentsbau in der nach historischem Vorbild rekonstruierten Kubatur und Fassade des einstigen königlichen Schlosses. Diese bauliche Verquickung von Neuem
und Altem, dieser von monarchisch-barocker Opulenz
und demokratisch-zeitgemäßer Schlichtheit geprägte
Entwurf birgt ein erhebliches Spannungsverhältnis und
wurde viel diskutiert. Freilich kann am Zweck des Gebäudes und auch an der Sinnhaftigkeit des Vorhabens im
Ergebnis kein Zweifel bestehen. Mit einer zu Brandenburg passenden Direktheit ist die Westfassade gewissermaßen der Deutlichkeit halber mit dem Schriftzug der
Potsdamer Künstlerin Annette Paul »Ceci n’est pas un
château« geschmückt. Wohl wahr: Dies ist kein Königsschloss, sondern ein Parlamentsgebäude und damit
der Versammlungsort der gewählten Abgeordneten des
Brandenburger Landtags. Die Abgeordneten verfügen
nunmehr über einen Versammlungsort im historischen
Zentrum der Landeshauptstadt, der gerade durch sein
historisches Äußeres städtebaulich präsent ist. Vor allem
aber wird er durch seine funktionale Gestaltung im Innern
den verfassungsrechtlichen Aufgaben und Funktionen
unseres Landesparlaments gerecht. Die hier umgesetzten Bauprinzipien der Offenheit, Klarheit und Transparenz symbolisieren die Maximen, auf denen unser Bundesland als demokratisch organisiertes Staatswesen
gründet. Davon profitiert auch die Landtagsverwaltung
mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die ihr zukommende Rolle, die Arbeit der Abgeordneten zu unterstützen und ihnen in allen ihren Aufgaben zur Seite zu
stehen, findet nun seine angemessene Fortsetzung und
Ergänzung in den modernen baulichen und räumlichen
Gegebenheiten.
Der Landtag als Landesparlament [von franz. parler –
reden] ist ein Ort der öffentlichen Debatte, der Rede und
Gegenrede, der Auseinandersetzung und der Entscheidungsfindung. Darum ist das bauliche Herzstück des
Landtags der Plenarsaal. Im neuen Plenarsaal werden
die Abgeordneten sich erstmals in einem Raum versammeln können, der eigens für diese Aufgabe entworfen und
gebaut wurde. Die halbrunde Anordnung der Sitze, die
von der Besuchertribüne vollständig überblickt werden
kann, versinnbildlicht die Bedeutung der demokratischen Entscheidung, die aus der Mitte der versammelten Abgeordneten getroffen wird – so, wie die Verfassung es vorsieht.
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Aber auch außerhalb des Plenarsaals werden die Abgeordneten, die Fraktionen und die sie unterstützende
Landtagsverwaltung zukünftig in Räumen arbeiten können, die einem modernen Parlamentsbetrieb angemessen sind. Beispielhaft für die politische Arbeit des Landtags seien hier die Sitzungen seiner Ausschüsse genannt.
Die Ausschusssitzungen können, um ein technisches Bild
heranzuziehen, gewissermaßen als Maschinenräume
des parlamentarischen Prozesses angesehen werden.
Der Landtag Brandenburg hat sich zu Beginn der fünften Wahlperiode dazu entschlossen, neben den bereits
von Verfassungs wegen öffentlichen Plenarsitzungen
auch die Sitzungen der Fachausschüsse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hier wird um die Details einer
Gesetzesnovelle gerungen, hier kommen Fachleute und
Betroffene zu Wort, hier kommt es zu wichtigen Weichenstellungen für die Schlussabstimmung. Den Abgeordneten stehen für diese Beratungen drei geräumige Sitzungssäle zur Verfügung, die es den interessierten
Besuchern und Medienvertretern weit besser als bisher
ermöglichen, an den Ausschusssitzungen teilzunehmen
und den Beratungen zu folgen.
Indes sollen die Bürgerinnen und Bürger nicht ausschließlich die Zuschauer der Politik bleiben, die im
neuen Gebäude auf schönerer Bühne und vor gefälligerer Kulisse dargeboten wird. Sie sind im architektonischen Konzept des neuen Landtags nicht nur gelegentliche Besucher, sondern selbst Nutzer des Gebäudes,
denen mit den Ausstellungsflächen und dem Infoterminal im Foyer, dem Besuchergruppenraum und der öffentlich zugänglichen Landtagskantine Räumlichkeiten
zur Verfügung stehen.
Zwar zeichneten das Ministerium der Finanzen und die
BAM Deutschland AG für den Landtagsneubau als Projekt in öffentlich-privater Partnerschaft als Bauherren
verantwortlich. Der Planungs- und intensiver noch der
Bauprozess wurden jedoch von der Landtagsverwaltung begleitet und mitgestaltet.
weil der Landtag seine politische Arbeit bis in den Dezember 2013 hinein im alten Gebäude fortsetzte. Aber
dennoch Herausforderungen, denen sich die Landtagsverwaltung gerne und, wie ich denke, erfolgreich gestellt hat.
Wir wünschen uns, dass die Bürgerinnen und Bürger
den neuen Landtag als »ihr Haus« annehmen und werden
uns nach Kräften bemühen, die Offenheit des politischen Prozesses im Parlament für sie erlebbar zu machen. Die ästhetische Attraktivität des neuen Landtagsgebäudes, die bewusst die eines »offenen Hauses« ist,
wird viel dazu beitragen.
In einem engen Kooperationsverfahren konnten so die
planerische und baufachliche Erfahrung des Ministeriums der Finanzen und das Wissen der Landtagsverwaltung um die parlamentarischen Abläufe und ihre
Voraussetzungen in die konkrete Gestaltung des Parlamentsgebäudes einfließen. Möblierung, Einrichtung
der Technik, Probeläufe und der Umzug selbst waren
allesamt Herausforderungen – nicht zuletzt deshalb,
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Moderner Baumeister der alten Schule
Professor Peter Kulka verbindet im neuen Landtag Geschichte mit Baukultur und Philosophie
Die Moderne ist Geschichte. In ihr und mit ihr ist der
Architekt Peter Kulka groß geworden. »Es kann nicht
darum gehen, Geschichte wegzuwerfen«, sagt Peter
Kulka und meint damit die ganze Geschichte. Die Vorgabe des Bauherrn für den brandenburgischen Landtag war, das Gebäude weitestgehend in der äußeren
Gestalt des Potsdamer Stadtschlosses zu errichten,
verbunden mit der modernen Nutzung im Inneren als
Parlamentsgebäude. Eine Herausforderung, der sich
Kulka stellte und auf seine Art löste: »Ich wusste, dass
ich ein Konzept brauche, sonst bin ich verloren«, sagt
Kulka. Seine Idee: Außen historisch und innen modern
mit einfachen, klaren Grundrissen. Bescheidenheit und
Schlichtheit waren seine Maxime für innen mit viel Licht
und viel Weiß, so wie am Beginn der Moderne. »Das ist
übrigens nicht neu gewesen«, betont Peter Kulka, der
gebürtige Dresdner. August der Starke habe immer dann
am besten bauen lassen, wenn er kein Geld hatte und
die Räume weiß gelassen hat. Kulka verweist also mit
seiner Formen- und Sprachfarbe im Inneren gleich auf
mehrere Traditionslinien, auch auf sakrale, denn in Herrnhut, der Brüdergemeine mit Stammsitz in der Oberlausitz,
sind die Kirche und die Säle schlicht weiß ohne Schmuck,
die Gemeindemitglieder gleichberechtigt in fröhlichem
Glauben.
»
Wir haben uns beim
Entwurf die Frage gestellt:
Was hätte Knobelsdorff
an unserer Stelle gemacht,
wenn er sich dieser Aufgabe
hätte stellen müssen?
«
Peter Kulka ist Ästhet. Er versteht Schönheit nicht als
oberflächliche Glätte und Unverletztheit, sondern schlicht
als Wahrheit, die auch Verletzungen einschließt. Die
Potsdamer Sucht, die Stadt schöner machen zu wollen,
als sie je war, steht für Kulka im Widerspruch zu einer
lebendigen Stadt, die Spuren der Geschichte hat und
haben muss. »Ich bin gegen Geschichtsfälschung«, sagt
der Architekt, der sich selbst als Baumeister der alten
Schule versteht. Er baut mit kulturellem Anspruch – und
mit philosophischem. Er fand es furchtbar, dass bei Bau­
herr und Bauträger immer die Kosten im Vordergrund
standen und diese Diskussionen wenig Raum für Baukultur ließen. Die Gründung der Kunst- und Ausstattungs­
kommission, die das »Parteiengezänk aufbrach«, das
Baukultur-Manko der Bauherrn ausfüllte und den Architekten unterstützte, empfand er als sehr wohltuend.
Mit der Kunst- und Ausstattungskommission wurde auch
die weiße Welt ein wenig farbiger, die Stühle und der
Teppichboden erstrahlen nun in einem hellen Rot.
Der Landtag ist gebaute Philosophie, auch eine Art
moralische Anweisung für die Nutzer. Nicht nur der Plenarsaal selber, sondern auch die Blicke von innen nach
außen sollen bei den Abgeordneten bei aller Reinheit
des Raumes dafür sorgen, dass diese den Blick ins
Leben behalten. Gleich gegenüber liegt der Lustgarten
mit dem Hotel Mercure quasi als die Gegenüberstellung
zweier Welten in Potsdam: Stadtschloss und DDRNutzbau. Der Blick vom Flur geht in die Breite Straße
und damit durch die Stadt mit Studentenwohnungen,
den Büros der Industrie- und Handelskammer, Wohnhäusern aus der Barockzeit und Hochhäusern an dem
Garnisonkirchenstandort und dem Marktcenter vorbei
bis in die Achse nach Sanssouci: Gebäude und Zeitschichten. Im Plenarsaal führt die bronzene Doppeltür
hinaus und mahnt die Abgeordneten, dass alle durch
eine Tür hinein- und durch eine andere Tür wieder hinausgehen müssen. »Vor diesem Hintergrund sollen hier
Beschlüsse gefasst werden«, wünscht sich der Architekt, der sich oft gefragt hat, wie Knobelsdorff mit der
Aufgabe umgegangen wäre. »Wir haben uns beim Entwurf die Frage gestellt: Was hätte Knobelsdorff an unserer Stelle gemacht, wenn er sich dieser Aufgabe hätte
stellen müssen?«
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